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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Studieren auf Lehramt an Gymnasien?


Fantasio
2003-12-03, 13:24:03
Hallihallo,

ich würde gerne auf Lehramt studieren, was momentan vom Umfeld als Kamikaze-Aktion gesehen wird. Manches macht mich dann doch stutzig, allerdings ist das Interesse größer. Gibt es hier jemanden, der das schon studiert, oder gar es vorhat, genauso wie ich es habe? :)
Wenn nicht, was würde eurer Meinung nach dagegen sprechen?
Was sollte man charakterlich mitbringen um dafür geeignet zu sein?

Bitte haltet den Thread sauber und lasst mal das Lästern über Lehrer außen vor. Ich wäre sehr erfreut wenn ihr eure persönliche Meinung zu solche einem Studiengang posten würdet.

Besten Dank

DDM_Reaper20
2003-12-03, 15:12:12
Ich bin angehender Lehrer (Geschichte/Englisch).

Mitbringen solltest Du Geduld und Umsicht, schon für das Studium. Je nach Fächern, die Du studieren willst, solltest Du schon mal nachfragen, wie's mit Fremdsprachenkenntnissen ausschaut (z.B. Latinum für Geschichte).

Grundsätzlich gilt: Nicht verschrecken lassen.

Für das Studium solltest Du 8 Semester einplanen (Minimum), dann noch 2 Jahre Referendariat. Während des Studiums wirst Du relativ wenig mit Pädadogik zu tun haben, abgesehen von einigen Veranstaltungen und mindestens 2 Fachpraktika, ein betreutes 2wöchiges (generell mit mindestens 1 Stunde Unterricht in jedem Deiner beiden Fächer) und ein 4-wöchiges (da darfst Du erwarten, häufiger unterrichten zu dürfen).

Wann Du diese Praktika machst, bleibt Dir überlassen, aber je eher Du das machst, desto eher findest Du heraus, wie's Dir liegt, vor einer Klasse zu stehen. [Tipp: Mach' es während der Vorlesungsfreien Zeit -- eine Unterrichtsstunde vorzubereiten kann locker 2-4 Zeitstunden in Anspruch nehmen!]

Nervosität an sich ist NICHT verkehrt; ein bißchen nervös ist (fast) jeder Lehrer.

Das Studium an sich ist nicht viel anders als bei Magister-Leuten, abgesehen vom eingangs erwähnten Pädagogik-Zusatzstudium und der Tatsache, daß Du Dich weniger stark spezialisieren mußt.

Wenn Du Spaß daran hast, mit Kindern/Jugendlichen zu arbeiten, ist das definitiv was für Dich.

Wenn nicht, auch nicht weiter wild: Das 1. Staatsexamen, an der Uni abzulegen, gilt ungefähr so viel wie die Magister-Prüfung.

Das Studium an sich kann mehr oder weniger hart werden, je nach persönlichen Lernzielen und Arbeitseinsatz, aber das Referendariat wird auf jeden Fall hart, wenn Du ein vernünftiges 2. Staatsexamen machen willst (Zulassung zum Lehramt).

Ansonsten mal auf die Uni stiefeln und mit der Studienberatung sprechen, die geben Dir gerne Tipps. :)

MfG
DDM_Reaper20

Anárion
2003-12-04, 21:03:06
Stehe momentan, quasi "pausierend", mich im Namen des Staates für Mutter Natur aufopfernd, noch eine größere Zeitspanne lang vor dem Studium und liebäugele ebenfalls mit einem Lehramt an Gymnasien. Ja, unterrichten möchte ich, und das möglichst lehrreich und phantasievoll. Beibringen möchte ich und mehr als nur vermitteln! Liebes Deutschland, das mich so liebevoll und sorgsam aufgenommen hat: Hier steht er, dein inzwischen ausgewachsener, wenn auch nicht gerade großer, Zögling und möchte dir nun seine Dankbarkeit erweisen und dazu beitragen, daß deine Kinder und all die, die du trägst und heranwachsen siehst, in eine geistig höhere und tiefsinnigere Zukunft geführt werden. Habe mir bestimmt nicht viel vorgenommen. =)

Habe meine persönliche Studienberaterin, beim Arbeitsamt, schon kontaktiert und um einen Termin zum Beratungsgespräch erbeten. Hellauf begeistert und mich anspornend, so hat sie am Telefon reagiert. Welch wirkungsvolles pädagogisches Mittel! Dein Posting hier hat mich gleich ein wenig schlauer gemacht; mächtigen Dank dafür, auch wenn ich Fantasia das Dankeschön vorrausnehme (Entschuldige! :)). Hatte bei meinen Referaten in der Schule keinerlei Probleme mich vor breitem Publikum zu artikulieren. Die Nervosität bei den Vorträgen hielt immer nur bis zum 3.Wort und verschwand alsbald darauf, wenn auch der Nachhall meinte, sich hin und wieder einmischen zu müssen. Ist aber auch wirklich Übungssache und nichts Neues.
Ein Lehramt aber, ist ja schon ein ganzes Stück anspruchsvoller was die Didaktik angeht und gerade da rutscht mir das Herz doch noch etwas in die Hose. Man trägt einiges mehr an Verantwortung und keiner steht hinter einem, eifrig und fröhlich (oder nicht) berichtigend, wie es an so mancher Schulstunde geschah, wenn der Lehrer dies tat (War aber meistens ganz gut, und auf die Mitschüler hab’ ich eh nie gehört :bäh: ).
Kennt man ja, wie man sich fühlt, wenn man der Ansicht ist, es mit einem „schlechten“ Lehrer oder einer schlechten Lehrerin zu tun zu haben. Jaja, (un)berechtigte Angst eines Jungspunds in Anbetracht seiner Zukunft.
So sicher, wie sich das jetzt anhört ist es nicht, und eher ein Symptom der Orientierungsphase, in der ich mich gerade befinde. Ich bin am Entscheiden zwischen einem technischen Studium und einem Lehramt in Deutsch und Englisch. Hoffe doch, daß ich dir bei etwaigen weiteren Fragen, eine PM schicken darf :). Danke nochmals!

DDM_Reaper20
2003-12-05, 00:26:14
Kein Thema, frag' ruhig. Gerne auch per e-mail (sebastian.laubinger@web.de)!

Vorträge allein sind's nicht. :) Zwar ist der "Lehrervortrag" die beliebteste Unterrichtsform ("Frontalunterricht"), weil es dem Lehrer die größte Kontrolle über den Unterrichtsablauf gibt, aber eben auch die (nach Meinung mancher Pädagogen) am wenigsten ergiebige.

Ein Lehrer muß auch SCHWEIGEN können -- nämlich dann, wenn er (sie) eine Frage in den Raum gestellt hat & auf eine Antwort wartet. Schweigen ist peinlich, aber auch den Schülern -- und irgendeiner macht schon den Mund auf. =)

Das Studium selber ist, wie ich schon geschrieben habe, relativ schülerfern (von Fachdidaktik, Praktika und Pädagogik-Seminaren mal abgesehen), und praktisch genau wie ein Magister-Studium. Vorteil: Man lernt, als Wissenschaftler zu arbeiten, und das auf einem Niveau, das man generell an der Schule nicht brauchen wird.

Nachteil: Nicht schülernah genug. Dafür ist dann das Referandariat gedacht. 2 Jahre Sandwich zwischen Schülern und Lehrern.

Wahrscheinlich wirst Du auf Leute stoßen, die Dir dümmliche Phrasen um die Ohren hauen werden, á la, "Wow, 28 Stunden die Woche und dann die Füße hochlegen" (--> Klar, Unterricht bereitet sich von alleine vor, und Schüler unterrichten ist ja ganz streßfrei (lol)). "Die vielen Ferien -- faule Sau!" (--> Dafür ist der Streß im Beruf sehr beachtlich, und ich kenne viele Lehrer, die ihre Ferien zur Weiterbildung nutzen.) "Versuch's doch mal mit ehrlicher Arbeit!" (--> "Möchtest Du mal 'ne Doppelstunde halten? Danach biste tot!"

Für jemanden, der noch nie unterrichtet hat (was viel schwieriger als ein bloßes Referat ist), sind 2 Stunden Unterricht am Stück Streß pur. Es kann sehr viel Spaß machen, ist aber trotzdem ermüdend.

Humor ist nützlich, über sich selbst lachen können fast Pflicht, und besonders gut ist es, wenn Du Bemerkungen und Störversuche nicht als persönlichen Angriff begreifst, sondern entweder als bloßes Austesten oder als Versuch, der Autoritätsperson auf den Zahn zu fühlen. Das dicke Fell kommt dann irgendwann.

Praktika würde ich nach der Zwischenprüfung machen, dann ist man ein bißchen weiter weg von der Schule, und bei 'ner Fremdsprache ist dann das Niveau generell soviel höher, daß man mit Schülern dahingehend keine Probleme mehr hat. ;)

Gruß
Reaper

jörgle
2003-12-07, 18:09:30
Entscheidend ist auch, an welcher Hochschule Du studieren willst. Erfahrung an der HU-Berlin --> katastrophal, zum Kotzen und es wird in Zukunft schlimmer werden. Wartezeit auf ein Referendariatsplatz = 3 Jahre (Stellenabbau). Empfehlung --> suche Dir eine Pädagogische Hochschule z.Bsp. Heidelberg sonst könnte ein Lehramtsstudium schon mal 8-10 Jahre dauern.