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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Agenda 2010 - Meine Mutti arbeitet für 1 Euro pro Stunde (!)


Dunkeltier
2004-03-06, 17:17:02
Meine Mutter ist seit längerer Zeit arbeitslos, will aber unbedingt arbeiten. Da sie vom Arbeitsamt keine Stelle vermittelt kriegt, wird sie laufend in Lehrgänge und sonstigen scheiß reingesteckt (damit das Arbeitsamt einen Arbeitslosen weniger hat, denn Menschen in Fortbildungen und Lehrgängen gelten nicht als arbeitslos). Ursprünglich ist sie gelernte Industriekauffrau, vor kurzen hat sie eine Lehre bei der AWO als Altenpflegerin begonnen (mit 47 Jahren!). Da ist sie nun auch gekündigt worden. Der Witz ist - sie ist da jetzt wieder angestellt. Und zwar als Industriekauffrau, für einen Euro pro Stunde! Wohngeld und der ganze andere Scheiß wurde ihr auch gestrichen... Man, das halte ich im Kopf nicht aus. Zum Vergleich, ich komme auf ca. 10,50 Euro Lohn die Stunde. Ich arbeite im ÖPNV.

Wie kann man nur so billig arbeiten gehen, ich meine damit kann man sich doch nicht den Lebensstandard sichern?! Aber sie muß, sonst werden ihr die Bezüge gestrichen. Wenn das die schöne neue Arbeitswelt ist, dann guten Nacht Deutschland. Meine Mutter ist irrwitzigerweise auch noch der Meinung, dies alles hätte sie noch der Kohlregierung zu verdanken. Obwohl die Zumutbarkeitsgrenze von der SPD so dermaßen tief gelegt wurde. Und was den gelockerten Kündigungsschutz angeht, so sehe ich gerade in meiner Firma viele Leute die gehen (mit Geld rausgelockt oder einfach rausgeekelt). Und keine neuen werden eingestellt, die Mehrarbeit wird auf die noch restlichen verbliebenden Mitarbeiter verteilt. Verkehrte Welt...

Franklin
2004-03-06, 17:35:23
Auf dem Bau gibt es doch auch Mindestlöhne, da nicht? Auf jeden Fall sollte sie den Job ablehnen, das bringt nichts und macht noch andere normal bezahlte Arbeitsplätze kaputt.
Sie sollte der Gewerkschaft mal einen Tip geben was da abgeht.
Das ist so nicht in Ordnung und vom Stundenlohn indiskutabel!

Gast
2004-03-06, 17:45:49
Original geschrieben von Dunkeltier
Meine Mutter ist irrwitzigerweise auch noch der Meinung, dies alles hätte sie noch der Kohlregierung zu verdanken. Obwohl die Zumutbarkeitsgrenze von der SPD so dermaßen tief gelegt wurde.
halb richtig
die cdu ist dafür verantwortlich
die cdu verlangte in den verhandlungen mit der spd die absenkung der zumutbarkeitsregeln *grrr*
ebenso wäre die gesundheitsreform nicht so drastisch ausgefallen.
aber jetzt ist natürlich die spd an allem schuld :-/
ich will jetzt hier keinesfalls die spd in irgendeiner form verteidigen, aber die cdu ist nunmal an der härte der gesetze mitschuld

obiger Gast
2004-03-06, 18:16:45
Union erwägt verschärftes Tarif- und Arbeitsrecht

Die Führungen von CDU und CSU erwägen laut einem Zeitungsbericht eine drastische Verschärfung des Tarif- und Arbeitsrechts.

Ein Beschlussentwurf für die Tagung der Parteipräsidien an diesem Sonntag sehe unter anderem die Forderung vor, den Kündigungsschutz für Neueinstellungen für vier Jahre komplett zu streichen, berichtet die "Berliner Zeitung". Außerdem sollten die fortdauernde Tarifbindung bei Austritt eines Unternehmens aus dem Arbeitgeberverband sowie die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen aufgehoben werden. Betriebliche Bündnisse für Arbeit sollten weitaus einfacher möglich sein und das Arbeitsstättenrecht für Kleinbetriebe aufgehoben werden. Für die Ladenöffnungszeiten von Montag bis Samstag sei die Aufhebung aller Regelungen vorgesehen.

Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hermann-Josef Arentz, kritisierte die Vorschläge: "Der Entwurf missbraucht die miserable Wirtschaftslage, zu einem Generalangriff auf Arbeitnehmerrechte." Dies sei völlig unannehmbar.

http://www.ftd.de/pw/de/1078565309640.html?nv=hptn

Dunkeltier
2004-03-06, 18:24:19
Jo, habe das gerade mitbekommen, was die CDU plant. Das schlägt den Fass den Boden aus. Bei der nächsten Wahl wähle ich entweder PDS oder irgend 'ne braune Partei. Mir reichts langsam, wie uns die 'Volksvertreter' verschaukeln. Egal ob Bürgermeister-, Landtags- oder Bundestagswahl...

Im übrigen kann meine Mutter die Arbeit nicht ablehnen, weil ihr sonst wie schon gesagt die Bezüge gestrichen werden. Einfach nur Lohndumping.

obiger Gast
2004-03-06, 18:37:45
auch sat1 geguckt? ;)

war früher auch mal spd-wähler, dann grüne, dann rückten beide immer mehr zur "mitte"; jetzt bin ich pds-wähler
ich kapier nicht, wieso die pds weiter bei 4-5% rumdümpelt, und die leute (wähler) alle zur cdu überlaufen. alle wissen, dass die cdu noch tiefere einschnitte bei sozialleistungen u.a. vornehmen will, aber die leute laufen zu ihr über, als gäb's da für die ersten 1.000 ex-spd-wähler ne politikerrente http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/sad/shakehead.gif

WTC
2004-03-06, 20:17:21
Original geschrieben von Dunkeltier
Und keine neuen werden eingestellt, die Mehrarbeit wird auch die noch restlichen verbliebenden Mitarbeiter verteilt. Verkehrte Welt...

tja, wenn du siehst was in der stadt abgeht. als beispiel stadt frankfurt: immer mehr angestellte werden entlassen, keine kommen dazu, weil sie so wenig geld hätten.
Mein Cousin arbeitet da und er musste jetzt den job von 3!!! Mitarbeitern übernommen! 3 stück wurden entlassen und er muss sie (gleichwertig) ersetzen!! Und der hammer: sie kriegen immer die neueste technik, alle beamten wurden jetzt mit black berry pdas ausgestatte! die dürfen kostenlos e-mails schreiben, im internet surfen etc!! bezahlt alles die stadt (von den steuergeldern)...

er hatte in zwei wochen 80 überstunden gemacht!!

Na dann: ein hoch auf deutschland!! wenn unsere entwicklung so weiter geht -> gute nacht!

maximAL
2004-03-06, 20:40:25
also wenn das mit dem einen euro stundenlohn tatsächlich ein normales arbeitsverhältnis sein soll (nicht zb. ehrenamtlich mit aufwandsentschädigung), dann kann man dagegen sicher was tun.

http://www.zeit.de/2004/11/Mindestlohn
Als eine Art generelle Untergrenze für Löhne gilt außerdem die Sozialhilfe, deren Höhe allerdings je nach individuellem Bedarf, Wohn- und Familiensituation variiert. Für Jobs, deren Bezahlung unter Sozialhilfeniveau liegt, werden kaum deutsche Mitarbeiter zu finden sein. Für Langzeitarbeitslose wird diese Untergrenze mit den neuen Regeln im kommenden Jahr aber deutlich abgesenkt. Ein alleinstehender Westdeutscher bekommt dann pauschal 345Euro plus Wohngeld. Dieser Satz wird gekürzt, wenn er ein Jobangebot ablehnt. Allerdings: Liegt die Bezahlung mindestens 30 Prozent unter dem ortsüblichen Lohn, ist das sittenwidrig. Zu einer solchen Arbeit kann niemand gezwungen werden.

Kenny1702
2004-03-06, 21:41:26
Original geschrieben von Dunkeltier
Und zwar als Industriekauffrau, für einen Euro pro Stunde! Wohngeld und der ganze andere Scheiß wurde ihr auch gestrichen...
Mal im Ernst, da passt was nicht zusammen. Ich habe da das dumpfe Gefühl, daß etwas in deiner Geschichte noch fehlt. Nach deiner Rechnung müßte sie weit über 80h/Woche arbeiten, das scheint seltsam zu sein (auf den ersten Blick zumindest).

Lokadamus
2004-03-07, 01:23:00
mmm...

Das Prob ist, man muss sich erstmal anschauen, wieviel Geld es als Sozi allgemein gibt (bekomme insgesamt ca. 700 Euro), hab bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet, mein Rücken bedankt sich alle paar Tage dafür, hab dort netto 680 Euro ausgezahlt bekommen, wenn ich jetzt für 1 Euro die Stunde arbeiten gehen, würde ich wohl ca. 750 - 850 Euro verdienen, sowas gibt es in HH schon seit einiger Zeit, nennt sich Hamburger Arbeit und versucht Langzeitarbeitslose wieder einzugliedern (als Empfangsdame und ähnliche Jobs). Dort gibt es wenigstens die Option, das man nach 3 Monaten mehr Geld pro Stunde verdient, immerhin etwas ... wegen SPD/ CDU, es musste damals, 1999?, ein Wechsel passieren, die SPD hatte auch gute Ideen, war aber zu blöd, diese richtig umzusetzen und Schröder gebe ich persönlich die grösste Schuld an der derzeitigen Misere, er hat einfach den Fehler gemacht und damals gesagt "Wir müssen sparen", hätte er gesagt, "Der Staat muss sparen" wäre alles in Ordnung gewesen, nur "Wir" sind/ ist das Volk und das spart doch schon ganz gut, wo es nur geht ("Geiz ist geil" :freak: ) ...

darph
2004-03-07, 12:12:11
Die böse SPD. :rolleyes:

http://pix.darph.net/faz_cdu_hirenfire.jpg

Aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung von heute. Die übrigens von CDU Mitgliedern geleitet wird. Aber selbst die werden von Tag zu Tag kritischer, wenn man sich mal so die Kommentare durchliest...

Und sowas wird gewählt.

gerry7
2004-03-07, 14:11:09
Hier ist die Technik auch ganz nett.
Man gliedert einen Teilbetrieb aus, nimmt dann die Aufträge der Mutterfirma raus.
Nach der Pleite werden die die selben Jobs mit 20-30% weniger Lohn wieder angeboten.

Dazu dann ein Spruch eines "Sozialpolitikers"
******* Die Beträge der gesetzlichen plus die Einzahlungen über Riester reichen nicht, bitte noch mehr absicheren ********

Bei einstelligen Eurobeträgen die Stunde, na prima.

darph
2004-03-07, 14:36:34
Das deutsche Rentenversicherungssystem basiert auf drei Säulen: der gesetzlichen Rentenversicherung, der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge. Die gesetzliche Rentenversicherung, der mit 80 % - Anteil stärkste Bestandteil des Systems, beruht auf dem Umlageprinzip. Dabei entrichtet die Gruppe der Beitragszahler (Beschäftigte) für die Leistungsempfänger (Rentner) Beiträge. Zwangsweise ergibt sich daraus der Generationenvertrag. Dieser kann jedoch nur bei der Annahme der positiven Bevölkerungsentwicklung richtig funktionieren. Es ist also ein ausgewogenes Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern notwendig. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, ergeben sich Probleme bei der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung. "Aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland erscheint bei gleichzeitiger Beibehaltung der gegenwärtigen Leistungsstruktur die Erfüllbarkeit des Generationenvertrages stark gefährdet." Immer weniger Berufstätige müssen immer mehr Rentner versorgen. Die Ursache dafür liegt in der alternden Gesellschaft, d.h. eine höhere Lebenserwartung wird von einem Rückgang der Geburten begleitet. Die Entwicklung der Bevölkerung wird von 81,8 Mio (1995) zunächst auf 82,6 Mio (2010) ansteigen, dann jedoch bis 2040 auf 72,0 Mio fallen. Der Generationenvertrag als Ausdruck sozialer Solidarität sollte jedoch nicht überanstrengt werden. Es wird somit mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen gefordert. Diese kann sowohl durch eine Entlastung der jungen Generation im Rahmen des Umlageverfahrens als auch durch die Vorbereitung der privaten Altersvorsorge erreicht werden. Zu der Problematik der demographischen Entwicklung kommt die hohe Arbeitslosigkeit hinzu, die ähnliche Wirkungen hat. Während heute 57 Rentner von 100 Beitragszahlern versorgt werden, wird 2030 ein Verhältnis 100 zu 100 erwartet.

Wichtig für das Funktionieren der Altersvorsorge ist die Beachtung aller drei Säulen des Systems. So sollten bei der genannten Problematik auch Lösungen in der privaten und betrieblichen Rentenversicherung gesucht werden. "Wenn die gesellschaftliche Solidarität, die die Grundlage der Umlagefinanzierung sei, nicht überfordert werden solle, dürfe die gesetzliche Rentenversicherung eine zwar wichtige, aber eben nur eine Säule der Altersvorsorge sein."

http://www.wiwi.uni-frankfurt.de/Professoren/ritter/veranstalt/ss98/avwl/teil2/thema2.htm 3.1

Es ist schon komisch, daß einige meinen, der Staat alleine sei für die Altersversorgung zuständig. Das war noch nie der Gedanke. Lediglich die Existenzsicherung im Alter übernimmt die "staatliche Barmherzigkeit". Nicht mehr und auch nicht weniger.

gerry7
2004-03-07, 15:18:30
Original geschrieben von darph
Es ist schon komisch, daß einige meinen, der Staat alleine sei für die Altersversorgung zuständig. Das war noch nie der Gedanke. Lediglich die Existenzsicherung im Alter übernimmt die "staatliche Barmherzigkeit". Nicht mehr und auch nicht weniger.

Nur wenn ich das Geld das ich in die Gesetzlich einzahle selbst anlegen könnte, brauchte ich noch nicht mal Riester.

So aber zahle ich ein um ein totes Staatliches System am Tropf zu lassen.

Entweder ganz oder gar nicht.

"staatliche Barmherzigkeit" so ein Schwachsinn, dafür zahle ich Jahrzehntelang ein ein.

Annator
2004-03-07, 15:30:52
Ich sag dazu nur: Mann freu ich mich auf die Bundestagswahl!

darph
2004-03-07, 15:34:03
Original geschrieben von gerry7
"staatliche Barmherzigkeit" so ein Schwachsinn, dafür zahle ich Jahrzehntelang ein ein.
Den Begriff habe ich mir nicht ausgedacht.

Natürlich würdest du mit den Zinsen besser fahren. Stellt sich halt noch die Frage ob das nicht eh von der Inflation gefressen wird.

Aber dein Vorschlag ist natürlich toll.
Ganz: Verrat mir mal, wie das bei der aktuellen demographischen Entwicklung zu machen ist? Wenn wir mal behaupten, daß das Durschschnittseinkommen bei... 2000 Euro liegt. Davon werden 20% für Die Rente einbehalten. Das sind 400 Euro. Zur Zeit ernähren ungefähr 2 Verdiener einen Rentner. Das wären 800 Euro, wenn alle gleich viel bekommen würden. (Tatsache ist: Manche mehr, manche weniger, weil es abhängig ist, was man vorher verdient hat/eingezahlt hat). Damit kann man recht ordentlich leben. So. Ca. 2030 werden 1 Arbeiter 1 Renter versorgen. 400 Euro. Das geht, nicht gut, aber es geht. (Ich persönlich muß sogar mit weniger auskommen.) 2060 allerdings...
Gar nicht: Es gibt Leute, die eben geistig nicht für hochbezahlte Jobs geeignet sind. Die verrichten "niedere" Abeiten, die außerdem noch schlecht bezahlt sind. Das ist so. Arme und Dumme gibt es in jeder Gesellschaft, da kann man auch nicht viel gegen tun, das muß auch nicht unbedingt was mit Ausnutzen usw zu tun haben. Manche Leute sind halt nunmal dumm - das ist keine Beleidigung, sondern eine Tatsache. Nur, sag mir mal, womit ein Straßenkehrer seine Altersversorgung sichern soll?

gerry7
2004-03-07, 16:17:09
Original geschrieben von darph
Den Begriff habe ich mir nicht ausgedacht.
Manche Leute sind halt nunmal dumm - das ist keine Beleidigung, sondern eine Tatsache. Nur, sag mir mal, womit ein Straßenkehrer seine Altersversorgung sichern soll?

Dann sollte mal das ganze Konzept durchdacht werden, denn mit dem besagten Euro hast du auch so oder so 0 Chance.

Ich kenne auch kein Allheilmittel gebe ich gerne zu.
Aber auf unserem jetzigen Weg, (Kommerz, immer mehr Wachstum, Jung-und-Schön Wahn, Geld bestimmt die Wertigkeit einer Person) kann man allen die bis 50 nicht Wohlhabend, Chef oder Star sind, gleich eine Selbsttötung anbieten. Denn wer über 50 als "Standardarbeiter" darf denn noch arbeiten?

Bei der Arbeitsquote der Ü50 sind im Europa ganz am Schluß.