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Duran
2004-03-25, 17:57:28
RECHTE FUSSBALLFANS

"Ungeheuerliches Totschweigen"

Von Andreas Kröner

Unter den deutschen Fußballfans wächst eine üble Brut. Immer unverhohlener machen sich Rechtsradikale mit Schlachtrufen und rassistischen Einlagen in den Stadien bemerkbar. Während britische Clubs das Thema offensiv angehen, verdrängen DFB und Vereine das Thema. Experten warnen: "Uns drohen italienische Verhältnisse."

Hamburg - Das Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern ist als Stimmungshölle berüchtigt. Kommentatoren sprechen ehrfurchtsvoll vom "Hexenkessel Betzenberg" oder dem "Pfälzer Fußballtempel". Bei Nando Rafael hingegen hält sich die Begeisterung in Grenzen: Als der Angolaner beim Auswärtsspiel in Kaiserlautern zum 1:0 für Hertha BSC Berlin traf, tönt lautes Urwaldgebrüll aus der Westkurve. "Scheiß Nigger", "Bimbo", "Afrika für Affen" bekam der farbige Berliner Stürmer zu hören. Neben vereinzelten "Sieg Heil"-Rufen sangen einge FCK-Fans Lieder wie "Wir hassen die Türkei" oder "Wir bauen eine U-Bahn - von Ausschwitz nach Berlin".

Leider sind derartige Geschehnisse keine Einzellfälle, auch bei Hertha besitzt die rechte Fanszene eine traurige Tradition: "Es gibt eine relativ stabile Gruppe von Hardcore-Fans, doch der von den offiziellen Berliner Vertretern allzu gern übersehene rechtsradikale Touch geht seit 1990 bis weit in die sitzplatzzahlende Mitte", sagt Detlev Claussen, Professor für Gesellschaftstheorie, Kultur- und Wissenschaftssoziologie. Der Ordinarius von der Universität Hannover mit den Arbeitsschwerpunkten Antisemitismus, Nationalismus und Rassismus beobachtet, dass "die nach 1990 hinzugekommene ostdeutsche neue Mittelkasse das Publikum keineswegs weltoffener gemacht hat. Auch in der Polemik gegen Ex-Trainer Huub Stevens waren ausländerfeindliche Tendenzen nicht zu überhören."

"Bei jedem Verein der Ersten und Zweiten Liga gibt es eine Gruppe von 10 bis 100 Leuten, die erkennbar rechtsradikal sind", sagt Gerd Dembowski vom Aktionsbündnis Aktiver Fußballfans (Baff). Beunruhigender sei jedoch vor allem das systematische Einsickern rechtsextremer Inhalte in die Alltagskultur der Fanszene, es etwickeln sich Subkulturen. "Die Nazis sind cleverer geworden, haben eigene Modemarken und neue Zeichen entwickelt." Allgemein hat sich die "Signalsprache der meisten Fangruppen nach rechts außen verlagert", stellt Claussen fest. Viele tragen die Zahl 88 als Code für "Heil Hitler", das Hakenkreuz in leicht abgewandelter Form und machen Handzeichen, von denen viele dem Hitler-Gruß auffallend ähnlich sind. "Man braucht sich nicht in die Tasche lügen, die Gruppen oder zumindest die 'opinion leaders' wissen genau, was sie da machen", so Claussen.

"Bereits in den Achtzigern haben Nazi-Ideologen wie Kühnen versucht, die Fanclubs zu unterwandern", analysiert der Rassismus-Experte, "leider gibt es viele Beispiele, wo das bestens funktioniert hat. Oft handelt es sich um adoleszente Jugendliche, die labil und deshalb sehr leicht anzusprechen sind." Köder sei meist nicht der Inhalt, sondern zunächst ein einheitsstiftender Gewalt-Thrill. Über Themen wie Frauen- oder Schwulenfeindlichkeit entwickle sich mit der Zeit ein Lokalchauvinismus. "Das funktioniert nach dem Motto: 'Wir sind harte Frankfurter Jungs und ihr seid nur eine zusammengekaufte Söldnertruppe'", erläutert Claussen.

Im Zeitalter des globalisierten Fußballs birgt diese Einstellung enormes Konfliktpotential: Während sich die Bundesligamannschaften zu multikulturellen Arbeitsgemeinschaften entwickeln, rutschen immer mehr Fangruppen an den rechten Rand ab. DFB und Vereinen ist die Dimension des Problems anscheinend nicht bewusst. Aus Angst vor der Beschädigung des Produkts Fußball bekämpft man die gröbsten Auswüchse möglichst unbemerkt. Das leidige Thema soll auf keinen Fall in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden.

Als der DFB einen Anti-Rassismus-Paragraph in die Stadion-Ordnungen der Bundesligisten festschrieb, bekam davon niemand etwas mit. "Anstatt sich in einer Pressekampagne offen gegen rechte Fans auszusprechen, schickte der DFB klammheimlich einen Brief an die Vereine", schimpft Baff-Sprecher Dembowski, "offensichtlich besteht bei den Herren weder Bewusstsein noch ein kontinuierliches Interesse an diesem Thema. Wenn sich nicht manchmal Fangruppen bei den Clubs über rechte Gesänge beschwerten, würde wahrscheinlich gar nicht passieren."

Auch Classen ist empört über das "ungeheuerliche Totschweigen" und verweist auf das Beispiel England. Hier setzte die Regierung eine Kommission ein, die das Thema offensiv anging. Heute hat jeder Verein einen Beauftragen, rassistische Auswüchse werden konsequent bekämpft und in den Stadien kommt es kaum mehr zu Anfeindungen gegenüber ausländischen Spielern. "Von diesem Engagement könnte man sich in Deutschland eine Scheibe abschneiden", fordert Claussen, "aber hier stimmen sie in der Hauptstadt rechte Lieder an, der Innenminister sitzt als Ehrenmitglied auf der Haupttribüne und niemand unternimmt was. Das ist doch bizarr!" Bei jedem Feuerwerkskörper ermahne der Stadionsprecher die Fans, aber bei ausländerfeindlichen Gesängen ergreift nur sehr selten jemand das Wort.

"Es entwickelt sich eine flächendeckende Bewegung, die sich bei weitem nicht auf die Bundesliga beschränkt", warnt Claussen, "in manchen Zwei-Liga-Stadien ist die Situation noch schlimmer, da ist die Reichskriegsflagge noch das seriöseste." Außerdem gebe es Kontakte zu rassistischen Anhängern im Ausland: In Spanien verbreiten Fangruppen wie die Ultras von Real Madrid Angst und Schrecken, in Argentinien trauen sich mittlerweile lediglich kampffähige Jugendliche ins Stadion und in Serbien waren Fans am Bürgerkrieg beteiligt. In Osteuropa sei es völlig normal, berichtete kürzlich Stuart Dykes vom Netzwerk "Football Against Racism in Europe", dass "massenhaft Bananen auf den Platz fliegen, wenn ein farbiger Spieler an den Ball kommt."

"Auch Italien ist ein gutes Beispiel für das, was passieren kann, wenn man rassistische Fans duldet", sagt Claussen. In den letzten fünf Jahren hat sich die Fanszene dort immer mehr radikalisiert, heute "kauft der Präsident in Verona keine schwarzen Spieler mehr und in Rom randalieren die Fans solange, bis ein Spiel abgebrochen wird und erpressen so die Steueramnestie für ihrer Vereine." Derart extrem wie in Italien sei die Lage in Deutschland zwar noch nicht, sagt Claussen, "aber die Tendenzen sind klar erkennbar. Doch hier tun alle so, als ginge sie das nichts an. Diese Haltung kann noch verheerende Auswirkungen haben."

Quelle: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,292273,00.html

Duran
2004-03-25, 17:59:00
Das hier ist nochmal ein ganzes Stück heftiger :(:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,291662,00.html

Der Sandmann
2004-03-26, 10:26:00
Ich schäme mich echt in Grund und Boden das solche Leute auch Deutsche genannt werden müssen.

Gast
2004-03-26, 11:19:41
Ist SS Lazio Rom nicht von Mussolini gegründet worden?
Ich glaube da dürfen heute immernoch keine Schwarzen im
Verein spielen.

DrumDub
2004-03-26, 13:03:13
Original geschrieben von Gast
Ist SS Lazio Rom nicht von Mussolini gegründet worden?
Ich glaube da dürfen heute immernoch keine Schwarzen im
Verein spielen.

ob lazio rom von mussolini gegründet wurde, weiß ich nicht. bei der nachwuchspielern ist afaik auch ein schwarzer dabei, aber in der ersten mannschaft spielt keiner. auf jeden fall ist es schon krass, dass lazio ca. 10.000 ultras hat, die extrem rechts sind. zu empfehlen ist die reportage vom bbc "hooligans - netzwerk der gewalt". das ganze ist aber beileibe keine neue entwicklung, wie die massenmedien jetzt mal wieder behaupten:

artikel von 1999:
http://www.nadir.org/nadir/periodika/jungle_world/_99/50/35a.htm

artikel von 2001:
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/ci/nf/75/35.html

Mähman
2004-03-27, 15:18:57
Nicht sehr erfreulich, was man hier so liest, aber auch nichts Neues. Es gibt eben leider sehr viele Fanatiker auf dieser Welt, nicht nur rechtsextreme. Schade eigentlich, dass nicht alle Menschen nur an ein Fussballspiel gehen, um dieses zu geniessen. Die Spieler selber sind auch bei sehr umstrittenen Spielen oft fairer als sogenannte "Fans", dies gibt schon zu denken.

Boris
2004-03-28, 01:54:00
Original geschrieben von Duran
Das hier ist nochmal ein ganzes Stück heftiger :(:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,291662,00.html

also wenn in einer belgischen manschaft 17 von 25 spielern schwarz sind und von der elfenbeinküste kommen dann sollte es einem wirklich zu denken geben ;)

MadManniMan
2004-03-28, 07:04:40
Steinigt mich nicht, aber da muß ich Boris recht geben. Gerade für kleinere Städte sind die Fußballclubs nicht einfach nur "ihre Vereine", sondern dort spielen auch "ihre Jungs".

Und ganz ehrlich - so sehr ich Ostdeutscher bin, ich kann mich einfach nicht so wirklich für Energie Cottbus freuen :ratlos:

Und wer schießt in unserer deutschen Nationalmannschaft die Tore? Oliver Neuville oder Gerald Asamoah...

{655321}-Hades
2004-03-28, 09:56:53
Wie neu ;)

Guckt euch mal beim HSV um, wenn der spielt hast du das gegenteilige Publikum zum St. Pauli.

Und ich sage euch, dass ist keine Chemotherapieselbsthilfegruppe.

Wie ich in einer meiner Lieblingskneipen feststellen konnte fährt ein Teil der lokalen NPD immer zu den HSV-Spielen. Und danach kommen sie immer hagelvoll in eben diese Kneipe ;(

Boah, die Jungs nerven X-D