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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fotoreportage Tschernobyl 2003/2004


FormatC
2004-04-02, 12:21:42
Die Tochter eines Physikers, zum Zeitpunkt der Katastrophe wohnte sie 130Km vom Kraftwerk entfernt, fuhr mit ihrer Kawasaki durch das Sperrgebiet.

http://www.angelfire.com/extreme4/kiddofspeed/



Noch zwei Artikel dazu:

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/on/17091/1.html

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,293656,00.html


Ich sehe gerade meinen Denkfehler in der Überschrift, könnte den bitte ein Moderator korrigieren?

KingKonga
2004-04-02, 12:35:39
Finde den Bericht sehr interresant und bin auch geschockt, wie es dort aussieht

sCu`
2004-04-02, 12:38:44
Großartig!Sehr schöner Bericht!

(del)
2004-04-02, 12:42:05
heftig. das ist schon eine bewegende sache. die leute, von einem tag auf den anderen, einfach evakuiert und alls zurückgelassen. ist mir schon ziemlich nahe gegangen.

carcass
2004-04-02, 12:49:18
Ziemlich geil der Bericht. Irgendwie lässt mich das Gefühl nicht los das ich mir dabei (allein zumindest) in die Hosen geschissen hätte ;)

Ich find die Sache auch irgendwie erschreckend weil die Bilder halt total autentisch sind bzw. von einer Privatperson gemacht wurden.

BlueRaven
2004-04-02, 12:51:54
ist ja extrem in 900 Jahren soll es wieder sauber sein, das ist ja verdammt umheimlich und sowas haben wir auch in Deutschland stehen "Atomkraftwerke".

Extrem unheimlich :(



bye
BlueRaven

FormatC
2004-04-02, 12:52:37
Ich finde die Bilder ergreifend. Gibt einen kleinen Einblick wie es aussehen könnte, wenn es den Homo Sapiens Sapiens nicht mehr gibt.

Endorphine
2004-04-02, 13:03:21
Es gibt auch Reportagen zum Thema im deutschen Fernsehen. Ich weiss nicht inwiefern es legal ist, aber man findet Mitschnitte davon im eDonkey2000-Netzwerk.

"Tschernobyl - Der Millionensarg"
"1986 - Der Super-GAU von Tschernobyl"

Wer sich für die wissenschaftliche Seite der Geschichte interessiert: (PDF) http://www.grs.de/chernobyl/de/grs-de.pdf Bilder gibt's ebenfalls: (PDF) http://www.nsa.grs.de/tabledata/upload/582_allpicsg.pdf

p.s. Mal sehen, wann Sailor Moon hier vorbeikommt ;).

Stirling
2004-04-02, 13:05:03
Unglaublich beeindruckende Bilder, wirklich bizarr, das wirkt irgendwie wie in einem SF-Film, als ob das Leben vom einen Moment auf den anderen stehengeblieben ist (tragischerweise triffts das ja recht gut).
Sehr sehenswert.

Endorphine
2004-04-02, 13:19:29
Original geschrieben von BlueRaven
ist ja extrem in 900 Jahren soll es wieder sauber sein, das ist ja verdammt umheimlich und sowas haben wir auch in Deutschland stehen "Atomkraftwerke".

Extrem unheimlich :( Wir haben in Deutschland keine RBMK-Reaktoren mit positivem Gasblasenkoeffizient. Wenn bei deutschen Reaktoren aus irgendeinem Grund die Kühlung versagt verringert sich die Aktivität und die Reaktion bricht von selbst zusammen. Zudem haben deutsche Reaktoren auch alle ein Containment (Schutzhülle um den Reaktor), der beim Tschernobyl RBMK fehlt. Der RBMK in Tschernobyl hat nur über dem Reaktor einen "biologischen Schild" in Form einer sehr grossen dicken Betondecke, der jedoch bei der Knallgasexplosion 1986 einfach hochgeschleudert wurde.

Bei den deutschen Reaktoren muss man sich keine Gedanken machen. Wenn ihr euch mit dem Thema befasst werdet ihr nur schlaflose Nächte bekommen wegen Kernkraftwerken wie dem in Ignalina, Litauen: http://www.reyl.de/tschernobyl/osteuropa/ignalina.html Die Seite des KKW Ignalina: http://www.iae.lt/

Das Problem bei Unfällen ist ja, dass sie sehr große Gebiete betreffen. Die deutschen Reaktoren sind sicher, wenn nicht gar mittlerweile die sichersten der Welt. Das sieht aber in Osteuropa und teilw. Frankreich ganz anders aus. Deshalb ist der propagierte deutsche Kernkraftausstieg auch so ein Unsinn. Wenn die dann fehlende Grundlastversorgung dann z. B. von Temelin in der Tschechei oder gar noch billiger aus KKW vom Typ Tschernobyl in Osteuropa eingekauft wird haben wir durch unseren Kernkraftausstieg genau das Gegenteil von dem erreicht, was wir wollen: Sicherheit vor Unfällen in Kernkraftwerken. Lustigerweise scheint eine ganz große Masse von Deutschen anzunehmen, dass
(1) unsere KKW unsicher sind und
(2) durch die Stilllegung deutscher KKW irgendetwas in Europa oder gar global verändert werden könnte

Satariel
2004-04-02, 14:01:54
Habe das ganze mir schon letztes mal angesehen. Irgendwie zunächst "schön", es vermittelt ein Gefühl von Freiheit, aber die Bilder am Ende haben mich dann doch ziemlich tief berührt...

Hörn
2004-04-02, 14:06:38
@FormatC:
danke für den Link, einmalig dieser "Reisebericht".

Oft kann die junge Frau diese Trips aber nicht durchziehen, ihre normale Lebensdosis hat sie den Dosimeterwerten nach schon lange erreicht.
Ihr Vater hätte vielleicht noch den Hinweis für einen Mund- und Nasenschutz bringen können, Isotope in der Lunge sind normalerweise sehr ungesund...:(

Bilder von den Typen (Town Guards...)in ihren "Schutzräumen" an den Checkpoints hätten mich noch sehr interessiert.

FormatC
2004-04-02, 14:16:52
Danke für deine Informationen Endorohine, wieder was gelernt. Ich hoffe aber deine Daten stammen nicht aus dem Mund der deutschen Atomwirtschaft ;).

RaumKraehe
2004-04-02, 14:47:13
Ich kannte persönlich einige Menschen die bei den Aufräumarbeiten mitgemacht hatte. Mehr muss ich wohl nicht sagen.

Peppo
2004-04-02, 17:06:22
Original geschrieben von Mayday
heftig. das ist schon eine bewegende sache. die leute, von einem tag auf den anderen, einfach evakuiert und alls zurückgelassen. ist mir schon ziemlich nahe gegangen.

Ja mir auch... Beeindruckend und surreal zugleich.

RaumKraehe
2004-04-02, 17:18:54
Ich will keine Panic verbreiten aber: Also die Radioaktive-Wolke Tschernobyls in die Nähe von Deutschland kam waren für 3 Tage die Filme im ORWO-Werk in Berlin Belichtet. Quelle: Ehemaliger Produnktionsleiter bei ORWO. Diesen kenne ich persönlich. Ich glaube die wenigsten werden ausprechen wie krass die Katastrophe wirklich war. Es wurde die bis zu 10000-Fache Menge an radioaktiver Strahlung freigesetzt als bei der Hiroschima und Nagasaki-Bombe zusammen. Inoffizielle Stimmen sprechen von bis zu 300.000 Toten an den folgen von Tschernobyl.

Im Übrigem muss der Sarkopharg in der nächsten Zeit erneuert oder abgebaut werden!! Es war von Anfang an klar das er max. 30 Jahre halten würde.

Problematisch an der ganzen Atom-Enregie sind auch nicht mehr nur die Kraftwerke. Ich glaube auch das Kraftwerke in Deutschland recht sicher sind. Aber was ist mit dem Müll. Und was ist mit dem Müll der beim Aufbereiten des anderen Mülls ensteht? Dieser Müll ist das eigentlich Problem. Das ist ein Suppe die Hoch-Radioaktiv ist. Durch die hohe Anreicherung von spaltbarem Material muss diese Suppe ständig gekühlt, gerühert werden. Und das ca. 10000 Jahre. Dadurch das mann das Zeug ständig rühren und kühlen muss kann mann es auch nicht einfach in Glass gießen und irgend wo verbuddeln. Ich meine da sollte mann doch wirklich mal überlegen.

Um die Insel Novaja Semlja im Norden Russlands liegen ca. 7500 Fässer mit Hoch-Radioaktives Material einfach im Meer und müssten in den nächsten Jahren durchrosten .. alles Abfall aus der Strom-Produktion. Geil nicht. Aber Atomkraft ist doch richtig schön und vor allen Dingen sauber. ;)

Ich will hier nicht nur die Russen anklagen. Jedes Land das Atom-Kraft betreibt weiß das es das Abfall-Problem nicht lösen kann. Tja wohin damit auch?

Schiller
2004-04-02, 19:53:24
Echt beeindruckend und erschreckend zugleich. Ich selbst habe Verwandte, die bei den "Aufräumaktionen" mithelfen mussten, weil sie von der Armee gezwungen wurden. Niemand von ihnen wusste worauf sie sich eigentlich einlassen. Mein Vater wollte sogar freiwillig dort hin, aus Unwissenheit, aber zum Glück wurde ihm das strickt abgeraten, denn zu dem Zeitpunkt hatte er schon eine Familie. Es wurde ihm nicht der Grund für das Abraten gesagt. Wieso wohl?!

Gast
2004-04-02, 20:15:29
Den Tieren scheint es zumindest zu gefallen ;).
Da laufen bestimmt schon Wölfe mit 2 Köpfen rum :D.

RaumKraehe
2004-04-02, 20:38:18
Original geschrieben von Schiller
Echt beeindruckend und erschreckend zugleich. Ich selbst habe Verwandte, die bei den "Aufräumaktionen" mithelfen mussten, weil sie von der Armee gezwungen wurden. Niemand von ihnen wusste worauf sie sich eigentlich einlassen. Mein Vater wollte sogar freiwillig dort hin, aus Unwissenheit, aber zum Glück wurde ihm das strickt abgeraten, denn zu dem Zeitpunkt hatte er schon eine Familie. Es wurde ihm nicht der Grund für das Abraten gesagt. Wieso wohl?!

Mhm .. die Personen die ich kenne haben sich durch das Geld verblenden lassen. Also freiwillig. Aber was währe ohne sie passiert? Ich kann leider nich beurteilen in wie weit viele gezuwungen wurden. Aber ich kann mir vorstellen das viele der "Bau-Soldaten" nach Tschernobyl mussten. :(

Das stellt sich mir eine krasse Frage. In wie weit ist eigentlich die Bevölkerung eines Landes das Atomkraftwerke betreibt auch für die folgen von Unfällen verantwortlich. Wenn mann davon ausgeht das die Mitarbeiter des Kraftwerkes innerhalb von 72 Stunden, nach der Katastrophe gestorben sind, spricht nicht für einen normalen Job. Und irgend jemand muss es ja tun? Oder muss nicht? Ich weiß passt nicht in den Thread.

Auch die Radioaktivität konnte einfach nicht verschwiegen werden. Vieleicht ein bis zwei Tage. Aber spätestens nach dieser Zeit werden sich unabhängige Messstationen über merkwürdige Werte gewundert haben.

Schiller
2004-04-02, 20:40:59
Original geschrieben von RaumKraehe
Mhm .. die Personen die ich kenne haben sich durch das Geld verblenden lassen. Also freiwillig. Aber was währe ohne sie passiert? Ich kann leider nich beurteilen in wie weit viele gezuwungen wurden. Aber ich kann mir vorstellen das viele der "Bau-Soldaten" nach Tschernobyl mussten. :(

Das stellt sich mir eine krasse Frage. In wie weit ist eigentlich die Bevölkerung eines Landes das Atomkraftwerke betreibt auch für die folgen von Unfällen verantwortlich. Wenn mann davon ausgeht das die Mitarbeiter des Kraftwerkes innerhalb von 72 Stunden, nach der Katastrophe gestorben sind, spricht nicht für einen normalen Job. Und irgend jemand muss es ja tun? Oder muss nicht? Ich weiß passt nicht in den Thread.

Auch die Radioaktivität konnte einfach nicht verschwiegen werden. Vieleicht ein bis zwei Tage. Aber spätestens nach dieser Zeit werden sich unabhängige Messstationen über merkwürdige Werte gewundert haben.

Ich weiß leider auch nicht inwieweit sie gezwungen wurden. Ich müsste das mal nachforschen. Meinem Vater wurde ja auch Geld angeboten bzw. es wurde allgemein Geld angeboten, also eine Arbeit auf freiwilliger Basis.

RaumKraehe
2004-04-02, 20:41:29
Original geschrieben von Gast
Den Tieren scheint es zumindest zu gefallen ;).
Da laufen bestimmt schon Wölfe mit 2 Köpfen rum :D.

Ich finde es nicht sonderlich witzig. Die Neugeborenen der Mütter die während oder nach Tschernobyl Kinder bekommen haben möchtest du nicht sehen. Glaubs mir.

Das du wenig Mutationen bei Tieren siehst, so wie in "SiFi"-Filmen, wird wohl eher daran liegen das viele der Mutationen die geboren werden einfach nicht lebensfähig sind.

RaumKraehe
2004-04-02, 20:44:03
Ich weiß leider auch nicht inwieweit sie gezwungen wurden. Ich müsste das mal nachforschen. Meinem Vater wurde ja auch Geld angeboten bzw. es wurde allgemein Geld angeboten, also eine Arbeit auf freiwilliger Basis.

__________________





Ja und so weit ich weiß richtig viel Geld. bis zu 600 Rubel die Woche?!?! .. Das ist zumindest das was ich gehört hatte. Aber das ist sehr viel für damalige Zeiten.

Sorry vergessen zu quouten .. =)

Schiller
2004-04-02, 20:46:28
Original geschrieben von RaumKraehe
Ich weiß leider auch nicht inwieweit sie gezwungen wurden. Ich müsste das mal nachforschen. Meinem Vater wurde ja auch Geld angeboten bzw. es wurde allgemein Geld angeboten, also eine Arbeit auf freiwilliger Basis.

__________________





Ja und so weit ich weiß richtig viel Geld. bis zu 600 Rubel die Woche?!?! .. Das ist zumindest das was ich gehört hatte. Aber das ist sehr viel für damalige Zeiten.

Sorry vergessen zu quouten .. =)

Ich erkundige mich und versuche mal genauere Informationen zu erlangen. ;)

baker
2004-04-02, 20:58:42
das ist echt nur surreal.....wie in dem film...ähm...28 days later am anfang. mich würde aber auch mal das innere des reaktors interessieren, obwohl das ja nicht zu bewerkstelligen ist. aber da wird es mit sicherheit einiges noch nie gesehenes geben.

RaumKraehe
2004-04-02, 21:07:27
Original geschrieben von baker
das ist echt nur surreal.....wie in dem film...ähm...28 days later am anfang. mich würde aber auch mal das innere des reaktors interessieren, obwohl das ja nicht zu bewerkstelligen ist. aber da wird es mit sicherheit einiges noch nie gesehenes geben.

Öhm .. schau dir mal das PDF der ersten Seite an.

baker
2004-04-02, 21:22:25
Original geschrieben von RaumKraehe
Öhm .. schau dir mal das PDF der ersten Seite an.


naja neue, um zu sehen, was sich dort entwickelt hat.

Endorphine
2004-04-02, 21:41:11
Original geschrieben von RaumKraehe
Im Übrigem muss der Sarkopharg in der nächsten Zeit erneuert oder abgebaut werden!! Es war von Anfang an klar das er max. 30 Jahre halten würde. Ja, dieser Irrglaube hält sich immer noch hartnäckig in der Öffentlichkeit. Mit dieser Annahme werden immer noch Millionenbeträge nach Kiew überwiesen, an denen sich dann Einzelne bereichern. Du solltest dir unbedingt mal die Reportage "Tschernobyl - Der Millionensarg" ansehen. Im ehemaligen Reaktor des Blocks 4 kann man heute einigermaßen gefahrlos herumlaufen. Lebensgefährlich ist dort nur der bauliche Zustand der Anlage selbst. Aber schau dir die Reportage an, sonst glaubst du es wahrscheinlich nicht... Ein deutscher Physiker ist dort drin gewesen und hat mal untersucht, was mit den ganzen Geldern passiert die dort hinfliessen.

Das Problem ist wohl auch dass kaum jemand weiss, dass eine tatsächliche Kernschmelze über den gesamten Reaktor aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht stattgefunden hat. Das ist ohnehin schwierig da ein RBMK-Reaktor quasi aus vielen kleinen Einzelreaktoren besteht (im Betrieb austauschbarer Brennstoff, einer der Vorteile des Typs). Beim Experiment 1986 sank die thermische Leistung des Reaktors zu stark ab, so dass Moderatorstäbe unter die Sicherheitsreservegrenze ausgefahren wurden. Der RBMK ist nun wie gesagt ein System von vielen einzelnen unabhängigen Brennstäben. In einzelnen Bereichen gab es bereits Überhitzungserscheinungen durch das Experiment, anderswo war die Reaktion quasi zum Erliegen gekommen.

Das Experiment sah vor die Hauptkühlmittelpumpen mit der Auslaufenergie der Turbine zu betreiben, um zu untersuchen, ob das Kraftwerk bei einem Ausfall der externen Stromversorgung aus eigener Kraft so lange unter Kontrolle bleiben kann bis die Notstromversorgung hochgefahren ist.

Der Reaktor war vor dem Unglück kaum moderiert, da die thermische Leistung stark abgefallen war (der Grund dafür ist mir nicht bekannt, hängt vielleicht mit der Verspätung des Experiments zusammen, weil die planmäßige Abschaltung nicht eingehalten wurde weil der Block in der Nacht auf Befehl aus Kiew länger am Netz bleiben musste). In einzelnen Bereichen lief die Reaktion sehr schnell, in anderen war sie praktisch schon tot. Der Fehler der Bedienmannschaft (die gar nicht die für das Experiment vorgesehene Schicht war, s. o.) war nun, dass der Reaktor für die thermische Leistung zu stark gekühlt war und das Wasser nicht mehr vollständig verdampfte. Die Kühlung läuft aber nur wenn der Reaktor das Wasser verdampft. Dann kam das Experiment und nur noch die Auslaufenergie der Turbine erzeugte Strom für die Kühlwasserpumpen. Ergo sank die Kühlwasserversorgung. Ab da an begann dann die Leistung kontinuierlich anzusteigen bis zur unkontrollierten Leistungsexkursion.

Um das Experiment durchführen zu können musste der Havarieschutz abgeschaltet werden, was auch gemacht wurde. Das war auch ein Auslöser für den Unfall. Menschen reagieren im Ernstfall viel zu langsam. Als dann der Bedienmannschaft angezeigt wurde, dass die thermische Leistung rasant anstieg hatten die von Hand die Notabschaltung eingeleitet. Durch einen Konstruktionsfehler der Regelstäbe wurde die Reaktion beim Einfahren der Stäbe in den Reaktor jedoch noch mal kurz beschleunigt (Graphitspitzen). Das war dann der Todesstoss. Leistungsexkursion durch die Graphitspitzen -> starker Temperaturanstieg im Kern -> Verformung der Regelstabbahnen so dass diese steckenblieben -> Reaktor unkontrollierbar. Dann bildete sich aus dem Wasser Knallgas und der Reaktor explodierte.

Das ist nun der entscheinde Punkt. Nach der Version des Unfalls hat's eine Kernschmelze gar nicht gegeben, da der grösste Teil des Reaktors durch die Knallgasexplosion auseinandergeflogen ist und die Reaktion dann augenblicklich zum erliegen gekommen ist. Gebrannt hat dann das Graphit, angeheizt durch den restlichen Brennstoff der noch im Reaktorgebäude lag. Durch die Rauchwolke und den Auswurf bei der Explosion hat sich praktisch alles in der Umgebung des Reaktors verteilt, so das IM REAKTOR nur noch ein geringer Bruchteil radioaktives Material verblieben war. Und das ist heute schon längst nicht mehr drin.

Den Zustand kann man auch in der Reportage sehen: vom Reaktor ist nichts mehr im Sarkophag. Da ist nichts mehr drin, was man vor der Nachwelt einschliessen müsste. Weil aber jeder glaubt dass da noch was drin ist (wie du auch) fliessen mit dieser Angst dort Millionenbeträge hin, die einen zweiten Sarkophag für die Ewigkeit bauen wollen. Dieses Geld versickert aber in der Ukraine irgendwie, gebaut wird dort jedenfalls nichts. Ein Teil des Geldes geht auch in Planungsbüros in Westeuropa, auch das deckt die Reportage auf.

Bei einer tatsächlichen Kernschmelze ohne die Knallgasexplosion hätte sich der Reaktor auch durch den Boden gefressen, der Reaktor hat ja kein Containment unten sondern nur oben den biologischen Schild. Durch den Graphitbrand war's zwar trotzdem sehr heiss (deshalb auch die "Elefantenfüsse" aus geschmolzenem Material in den Stockwerken unter dem Reaktor, aber es war nicht so heiss wie bei einer fiktiven Kernschmelze. Noch Monate nach dem Unfall konnte flüssiger Stickstoff unter den Reaktor gefüllt werden. Zur Kühlung.

Wenn der ganze Brennstoff im Reaktor geschmolzen wäre und drinnen geblieben wäre hätte man auch niemals die anderen Blöcke inkl. des direkt daneben liegenden dritten Blockes bis fast 2000 weiterbetreiben können.

Selbst wenn der Sarkophag heute einstürzt gibt's maximal ne unbedeutende radioaktive Staubwolke durch die kontaminierten Gebäudeteile. Eine radioaktive Wolke wie '86, als noch Teile des Reaktors und der Graphit unter freiem Himmel brannten ist nicht mehr möglich, der gesamte Reaktor hat sich ja in der Umgebung verteilt (duch Auswurf bei der Explosion und durch den Abbrand).

Was wir brauchen wäre eher ein Unternehmen was den ewigen Geldzufluss für den zweiten Sarkophag stoppt und das Geld lieber in fachgerechte Aufräumarbeiten und Dekontaminierung des Geländes steckt. Da liegt nämlich das Umweltproblem. Nicht mehr im Reaktorgebäude. Das weiss aber leider kaum jemand, deshalb -> Reportage gucken. :)

Das Posting ist etwas langatmig geworden, ich finde die Materie aber sehr interessant und habe mich deshalb etwas damit beschäftigt. Dennoch ist natürlich alles vorgetragene nur Halbwissen was auf Quellen anderer beruht möchte ich noch anmerken. Schaut euch einfach das verlinkte Material (PDFs) und die beiden Reportagen an. =)

Darkchylde24
2004-04-02, 21:55:19
Krass!
Gut das zu wissen. Vielen dank für den langen Post. Ich interessiere mich allgemein auch für solche Dinge.. werde mir auf jedenfall die Reportage besorgen

Endorphine
2004-04-02, 22:07:37
Saug dir noch die beiden PDFs von der GRS, die ich auf der letzten Seite verlinkt habe. :)

Wichtig bei der ganzen Geschichte ist wohl auch, wirklich _alles_ kritisch zu betrachten. Jede Information. Keine Paranoia, aber kritische Betrachtung. Wie viel gelogen wurde und wie dann wieder mit der Angst der Leute Profit gemacht wird sieht man ja schon an der ersten Reportage "Tschernobyl - Der Millionensarg".

RaumKraehe
2004-04-02, 22:50:38
@ Endorphine .. was ist mit meinen anderen Argumenten.

Das Problem ob und wie und wieviel dort wirklich verbrannt expoldiert ist wird wohl nicht heraus zu bekommen sein.

Die Frage des Sarkophags wurde schon vor dem Bau in Russland sehr kontrovers diskutiert. Ich gebe die Meinung wieder die schon vor dem Bau eher der Mehrheit der Wissenschaftler anhingen. Es ist sinnlos.

Aber selbst wenn eben nur alles in die Athmosphäre und Umwelt geblasen wurde und der Reaktor eben nicht mehr radioaktiv sein soll. Um so schlimmer. Um so mehr liegt dort warscheinlich noch rum und belasten Jahrhunderte die Umwelt.

Und nach den off. Bildern die es gibt kann ich nicht beurteilen in wie weit sich da was in den Boden gefressen hatt. Auf jeden Fall sind Spuren sehr großer Hitze-Einwirkungen zu sehen. Teilweise ist der Kern doch einfach nur zusammengeschmolzen. Der dabei enstehendene Sog nach oben dürfte wirklich SEHR VIELE radiokative Parktikel in die Umwelt geblasen haben. Das hast du recht.

Und glaub mir ich bin eigentlich nicht dafür bekannt gutgläubig Leuten hinterher zu rennen.

Die Frage von mir zu dir währe: Glaubst du auch den Kampfstrategien der Bundeswehr im Falle eines Atom-Krieges ;)


Es ist natürlich logisch das dort keine wirkliche Thermonukleare-Reaktion stattgefunden hat, so wie bei einer Atom-Bombe. Ansonsten währe von den anderen Reaktoren nichts übrig geblieben.

Endorphine
2004-04-02, 23:00:59
Aus genau diesem Grund sollte man das viele Geld, was mit der Angst der Menschen für die Sarkophag-II Planung (! gebaut wird dort momentan _gar nichts_, alles Geld versickert vorher in diversen Kanälen) gesteckt wird in Aufklärung der Menschen stecken und in die Sicherung und Abschaltung der noch verbleibenden KKW in Osteuropa. Insbesondere in Ignalina. Da das KKW Ignalina jetzt in der EU liegt haben wir dort zumindest Einfluss, dass die Abschaltung sauber über die Bühne geht, ohne dass die Anlagen in ärmere Länder mit noch bestehenden RBMKs exportiert werden. Dann wäre nämlich wieder nichts gewonnen.

Ich frage mich sowieso mit welchen Scheuklappen die Leute hier in Deutschland durch die Gegend rennen, die beim Sicherheitsstandard unserer Kraftwerke die Abschaltung durchgesetzt haben, während in Frankreich weiterhin ein ganz großer Teil (IIRC 30% oder mehr, ich kenne die genaue Zahl jetzt nicht) der Grundlast durch Kernspaltungsreaktoren gedeckt wird. In Tschechien wurde ja in den letzten Jahren auch eine sehr große WWER-Anlage in Betrieb genommen (auch russischer Typ, aber keine Tschernobyl RBMK-Bauweise). Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern ist/war übrigens auch ein WWER-Kraftwerk.

Solange nicht alle Länder international an einem Strang ziehen bringt die Abschaltung einzelner nationaler KKWs gar nichts. Nur ideologische Selbstbeweihräucherung. Ich möchte auch gar nicht erst daran denken was mit den U-Booten der russischen Kriegsmarine mit ihren Kernspaltungsreaktoren und Atomsprengkopfraketen passiert, wenn die weiter in Murmansk etc. vor sich hinrosten. Die "Kursk" ist da ja nur der Anfang gewesen, und die war noch das modernste U-Boot...

RaumKraehe
2004-04-02, 23:06:03
Damit hats du vollkommen recht. Habe noch ein bischen an meinem Beitrag editiert. Aber wie gesagt. Eine Thermonukleare-Reaktion in einem Raktor währe die Super-Mega-Katsthrophe. Obwohl ich nicht weiß ob es überhaupt möglich ist.

Aber was ist mit dem Müll?

Endorphine
2004-04-02, 23:19:37
Original geschrieben von RaumKraehe
Die Frage von mir zu dir währe: Glaubst du auch den Kampfstrategien der Bundeswehr im Falle eines Atom-Krieges ;) Wie meinst du das jetzt? Imho ist auch die SDI der Amerikaner nur Fassade. Atombomben funktionieren durch Abschreckung, nicht durch ihren Einsatz. Der erste der diese Waffen einsetzt zerstört damit auch sich selbst...

Kriege werden auch weiterhin konventionell ausgefochten. Ich hoffe das jedenfalls. So dumm kann niemand sein, Atombomben wirklich einzusetzen. Die Globalisierung bringt die Menschen aller Nationen und Völker ja auch näher zusammen, so dass die Wahrscheinlichkeit für einen Atomkrieg imho sinkt. Original geschrieben von RaumKraehe
Es ist natürlich logisch das dort keine wirkliche Thermonukleare-Reaktion stattgefunden hat, so wie bei einer Atom-Bombe. Ansonsten währe von den anderen Reaktoren nichts übrig geblieben. Ich weiss nicht, ob das so logisch ist. Den meisten scheinbar nicht, alle Welt nimmt an, dass der Reaktor noch da ist. Dass die nukleare Wolke über Europa sich auch irgendwie aus irgendwelchen Teilchen gebildet haben muss scheint kaum jemand verstanden zu haben. Ich vertrete die Meinung dass sich der Reaktorinhalt einfach durch die Knallgasexplosion verteilt hat. Der Rest ist dann mit den Graphitblöcken abgebrannt und hat sich über die Luft in der ganzen Welt verteilt.

Auf jeden Fall ist im Block 4 heute nichts mehr was man dort noch unter einen neuen Sarkophag der Superklasse verstecken müsste. Das viele Geld wäre in anderen Projekten sicher besser angelegt. Es könnte z. B. auch mal was in die Verschrottung von russischen U-Booten fliessen, bevor es dort zu einem grossen Unfall kommt. Dort sind ja nicht nur Kernspaltungsreaktoren sondern auch Atombomben an einem Platz vereint. Und das ganze noch im Wasser, so dass sich der ganze Mist bei einem großen Unfall in den Weltmeeren verbreitet. Auf dem Land bleibt der Müll ja wenigstens auf dem Boden liegen und verteilt sich nur etwas durch die Luft. Im Wasser haben wir dann durch die Meeresströmungen imho ein ganz grosses Problem...

Darkchylde24
2004-04-03, 01:50:12
Ein sinnreicher Gast-Kommentar in einem bis dato anspruchsvollem Thread *kopfschüttel

Sailor Moon
2004-04-03, 03:09:39
@Endorphine: Im Prinzip OK ;-) - aber ich muß etwas widersprechen (naja - wirklich widersprechen eigentlich nur in Bezug auf den Einschluss). Einmal rein formal (postiver Dampfblasenkoeffizient ist auch bei einem RBMK nicht immer gegeben), das andere mal betrifft es den Einschluß, schließlich noch die Sicherheit westlicher Anlagen.
Aber wie immer gilt: Ich beanspruche keine Allwissenheit, auch wenn der Text jetzt wohl doch lang werden wird *args*. Das ganze soll jetzt auch keine direkte Antwort sein, sondern einfach nochmal ein paar Details, so gut wie es mir möglich ist (ich bin kein Reaktorphysiker) erläutern:

Natürlich handelt es sich bei Tschernobyl um einen Reaktortyp mit (zumeist) positiver Reaktivitätsrückwirkung (Einschränkung: Siehe weiterer Text). Dies alleine war allerdings nicht unfallentscheidend.
Wichtig war zunächst der Scram Effekt, der durch die Steuerstabkonstruktion hevorgerufen wird.
Man muß sich klarmachen, dass bei voll ausgezogenem Stab eine Wassersäule entsteht. Die Neutronenabsorbtionswirkung von Wasser ist bei einem RBMK dessen Moderationswirkung überzuordnen, da der eigentliche Moderator ja das Graphit ist.
Der ORM-Wert, also die betriebliche Reaktivitätsreserve lag kurz vor dem Unfall nur noch bei 7 Stäben (!), ein Verstoß auch gegen die damaligen Vorschriften.
Allerdings wurde dem ORM-Wert damals nur betriebliche Bedeutung zugeschrieben, um z.B. lokale Xenonvergiftungen kompensieren zu können.
Dabei gab es in Ignalina (die zwei größten RBMK Anlagen, mit je 1500MW elektrisch; wäre die Havarie in Tschernobyl nicht passiert, gäbe es jetzt auch RBMKs mit 2400MW elektrisch => Dies war der dreistufige Realisierungsplan) beim Anfahren von Block 1 bereits einen Reaktivitätsstörfall, der leider nicht an die Bedienmannschaften weitergegeben wurde.
Zurück zu den Steurstäben:
In einem Zustand, bei dem nahezu alle Stäbe vollständig gezogen sind, beträgt die positive Reaktivitätsrückwirkung beim Einfahren ca. 0,5 Beta, im Normalbetrieb kein Problem. Und auch das ist wichtig: Ein RBMK ist nicht in allen Betriebszuständen positiv im Sinne des Dampfblasenkoeffizienten. Bei der Erstbeladung sind zusätzliche Absorber vorhanden, aber gerade bei dem in Block 4 bestehendem mittleren Abbrand (der Block ging 83 in Betrieb), kommt es bei völliger Verdampfung des Kühlmittels zu einer positiven Rückwirkung. Die ist aber nicht unbedingt so dramatisch schnell wie in Tschernobyl.
Nach den historischen Worten von Igor Kerschenbaum (Leitstandsmaschinist) "Das Ozilloskop ist an!" um 01.23.04 (Testbeginn) vergingen nur rund 54 Sekunden bis zur Zerstörung der aktiven Zone.
Was war also noch geschehen?
Im Rahmen des Testes, bei dem die Auslaufenergie eines Turbosatzes genutzt werden sollte, um die Kühlmittelpumpen weiter zu betreiben, war der Reaktor in einen sehr instabilen Zustand mit instationärer Xenon Vergiftung gefahren worden.
Zunächst war alles nach Plan verlaufen, allerdings forderte der Lastverteiler in Kiev weiter Leistung an, so dass das Abfahren auf 700-1000MW thermisch (Versuchsbereich) unterbrochen wurde und man bei 1600MW thermisch verharrte. Ein Turbosatz war bereits abgeschaltet. Dies ist noch nicht kritisch, führt jedoch auch schon zur stärkeren Xenon Bildung (ein Neutronengift, welches aber nach wenigen Stunden auch wieder zerfällt).
Allerdings fuhr man dann den Reaktor später bis auf 500MW thermisch hinunter, durch einen Bedienfehler sogar bis nahe 0MW (1% Leistung). Zu diesem Zeitpunkt war der ORM Wert bereits unterschritten (26, zum Anfahren waren jedoch mindestens 30 verbliebene Stäbe vorgeschrieben), der Reaktor hätte nicht wieder angefahren werden dürfen. Dennoch entschied man sich (namentlich Antolij Djatlow) die Leistung einigermaßen zu stabilisieren, auf ca. 200MW thermisch, was keinesfalls im Versuchsprogramm vorgesehen war.
"Am 26. April um 1 Uhr morgens, wurde die Leistung des vierten Blocks auf Befehl und unter dem Druck des stellvertretenden Chefingenieurs, A.S. Djatlow, auf einem Niveau von 200MW thermisch stabilsiert. Die Vergiftung des Reaktors mit Spaltprodukten setzte sich fort und machte eine weitere Erhöhung der Leistung unmöglich..".
Dies führt zum entscheidenden Problem: Es sind nahezu alle Steuerstäbe gezogen. Zudem wurden in Übereinstimmung mit dem Versuchsprogramm 4 weitere Kühlmittelpumpen zugeschaltet (so das 4 Pumpen als Last am Turbosatz liefen und dann auslaufen sollten, die restlichen 4 sollten die Kühlung weiter sicherstellen => Normalbetrieb: 4 Hauptkühlmittelpumpen in Betrieb), was zu unzulässig hohen Durchsätzen bei geringer Leistung führte.
In diesem Zustand betrug der Void Effekt** etwa 5 Beta (!).
Gemäß Versuchsprogramm wurde nun der verbliebende Turbosatz vom Netz genommen. Der Kühlmitteldurchfluß verlangsamte sich, die Leistung stieg aufgrund des genannten Void Effektes. Zunächst langsam. Etwa 40 Sekunden nach Versuchbeginn hat sich Akimov dann gegen seinen Chef durchsetzen können und führt die Notabschaltung durch. Dabei fahren alle nicht im Kernbereich befindlichen Steuerstäbe ein. Und genau hier kommt es dann zur Katastrophe. Die neutronenabsorbierende Wassersäule wird ersetzt und zwar zunächst durch die Graphitspitzen der Steuerstäbe (diese sollen im Normalbetrieb die Neutronenbilanz verbessern). Also eine zusätzliche Moderationswirkung, das Gegenteil von dem, was man erreichen wollte. Durch die Hitzeeinwirkungen haben sich die Kanäle nun so verformt, dass die Steuerstäbe nach ca. 2,5 Meter stecken bleiben, etwa 1/3 der Strecke, somit sind fast nur die Graphitspitzen in der aktiven Zone, der Scram Effekt wird wirksam.
Der Reaktor wird im oberen Bereich ("Um 1.22.30 wurde durch den Rechner Skala die Leistungsdichteverteilung und die Lage der Absorberstäbe ausgedruckt. Hier ist anzumerken, dass der Rechner etwa 7-10 Minuten rechnet, also den Zustand der Anlage ungefähr 10 Minuten vor der Explosion ausgab. Über den Querschnitt der aktiven Zone war das Neutronenfeld ausgebeult, über die Höhe hatte es im mittleren zwei Maxima, wobei die Leistungsdichte im oberen Teil höher lag***.") prompt überkritisch, zusätzlich kommt es zu Knallgasverpuffungen durch die Reaktion des Zirkaloy (Ummantelung der Brennstäbe) mit Wasser (Sauerstoff wird entzogen).
Der obere biologische Schild wird abhoben, dabei reißen alle Kommunkationsleitungen ab.

Was nun folgt ist unfaßbares Leid und ich verneige mich vor den Leistungen von Feuerwehr, Liquidatoren und Operatoren. Sicher haben einige der Letzteren zu dem Unglück beigetragen, allerdings auch mehr als teuer dafür bezahlt und in den ersten Stunden dafür gesorgt, dass nicht noch schlimmeres passierte. Die Hauptschuld sehe ich nach wie vor bei dem Reaktordesign und den verantwortlichen Vorgesetzten (Bruchanow, Djatlow, Fomin).

Fast unfaßbar: Die Legende vom intakten Reaktor. Djatlow war zunächst davon ausgegangen ("Mist, da ist doch irgendwo Knallgas explodiert...Aber wo...Sieht ganz nach dem SUS Havariebehälter aus"), dass der Reaktor intakt ist. So versuchte man verzweifelt bis in die Morgenstunden, Wasser einzuspeisen. Dabei überflutete man die Kabelkanäle mit hochradioaktivem Wasser (diese Kanäle erstrecken sich über die gesamte Anlage, somit war das Gefährungspotential enorm: "Sie wollen nicht glauben, dass er zerstört ist, dass das Wasser nicht in ihn eindringt, sondern, den nuklearen Müll mit sich fortspülend, in die Kelleretagen gelangt, die Kabeltrassen und die Hochspannungsverteiler überschwemmt und damit die Gefahr eines totalen Spannungsausfalls für die drei drei übrigen in Betrieb* befindlichen Blöcke heraufbeschwört..."). Später wurde es mühevoll abgepumpt. Erst mit dem Besuch einer Spezialistengruppe, bestehend u.a. aus Vertretern von NIKIET, dem RBMK Konstrukteur, wurde gegen Nachmittag des 26. Aprils klar, dass der Reaktor zerstört ist. Durch das herumliegende Reaktorgraphit eigentlich schon längst ersichtlich, zumal die Strahlung spür- und meßbar war (wobei es zunächst kaum Meßgeräte gab, noch weniger welche mit geeignetem Meßintervall => die meisten gingen nur bis 1000 Mikroröntgen, zeigten demenstprechend immer Maximalausschlag; mit "spürbar" meine ich zum einen die ausgelösten Symptome, sowie den Berichten zufolge metallischen Geschmack auf der Zunge und starken Ozongeruch), Proskurjakows, Kudrjawzews und später Sitnikows Berichte (alle der akuten Verstrahlung erlegen) ja auch vorlagen: "...und erläutern Akimow und Djatlow die Lage. Ihre Gesichter und Hände sind rotbraun gebrannt. Dieselbe Färbung zeigt ihre Haut unter der Kleidung, was sich dann schon bald in der medizinischen Station herausstellt...den Zentralsaal gibt es nicht mehr, erklärt Proskurjakow. Die Explosion hat alles zerstört. Über uns war nur noch Himmel. Aus dem Reaktor kommt Feuerschein...Leute da habt ihr bestimmt nicht richtig hingesehen, erwidert, die Worte in die Länge ziehend, Djatlow dumpf. Da hat irgendwas am Boden gebrannt und ihr habt gedacht, das sei der Reaktor..."
Aber in gewisser Weise kann man es zumindest nachvollziehen; man wollte es einfach nicht wahrhaben.
Viele Mitarbeiter sind so völlig unnötig zu tödlichen Untersuchungen in den Zentralsaal (~20.000 Röntgen!) aufgebrochen.
Akimov (Schichtleiter) ist zusammen mit Toptunow übrigens noch bis morgens in Block 4 geblieben um die Kühlwasserversorgung des nicht mehr existenten Block 4 zu sichern "Akimow und Toptunow sind rotgbraun gebrannt, das ständige Erbrechen hat ihnen das Innerste nach außen gekehrt...Mit Toptunew dringt er in den Raum der Zuspeiseaggregate auf Kote +24 der Reaktorabteilung ein...Wasser mit radioaktivem Brennstoff bedeckt den Fussboden, hier herrscht eine Aktivität von 5000 Röntgen pro Stunde". Beide haben die Katastrophe nicht überlebt.

Das vielleicht bis hier zum groben Ablauf der Katastrophe. Buchtip wie immer an dieser Stelle: "Verbrannte Seelen" von Grigori Medwedew. Mehr als 300 Seiten zum Erschaudern.

Nun zum zweiten Punkt, Stichwort Einschluss. Ziel des orginären Einschlusses war es, weitere Emmissionen zu verhindern und einen Weiterbetrieb von Block 3 zu ermöglichen. RBMKs werden üblicherweise in Doppelblockanlagen, getrennt nur durch das Hilfsanlagengebäude, betrieben.
Tschernobyl Block4 gehörte mit seinem Zwilling schon zur verbesserten zweiten Generation mit partitiellem Sicherheitseinschluß.
Beim Unglück wurden natürlich zunächst die Edelgase ausgetrieben, also Krypton und Xenon.
Die Anteile der leichtflüchtigen Cäsium- und Jodisotope liegen bei ca. 33% des Kerninventars.
Die schwerflüchtige Nuklide sind nur zu einem sehr geringen Teil freigesetzt worden, ein Richtwert besagt etwa 4-5%.

Ich kenne den ARTE Bericht, in dem Herr Pflugbeil sich in den Einschluß begeben hat. Dieser Bericht ist mit absoluter Vorsicht zu genießen.
Sicher ist, dass der Kernbrennstoff nicht mehr in der ursprüngliche Form vorliegt, sondern sich mit den abgeworfenen Materialien (Sand, Dolomit, Blei) verbunden hat und dann als Lava in die tieferen Räume geflossen ist (z.B. Bereich des Abblasebeckens).
Übrigens hat sich nicht nur die obere Kernplatte abgehoben (Gewicht: ~3000 Tonnen), auch die unteren Strukturen senkten sich um ~4Meter (unterer biologischer Schild). Der Reaktorschacht selbst ist heute leer. Eine erneute Anmoderation der Kernbrennstoffes ist durch den Vermischungszustand fast ausgeschlossen, wichtig, da sich im unteren Bereich auch noch viel Wasser befindet und Regenwasser eindringt.
Zudem befindet sich eine beträchtliche Staubmenge im Innern des Einschlusses, der Einschluss verhindert also auch eine Aerosolbildung.
Ich will mich an der Stelle gar nicht lange aufhalten und zwei seröse Quellen zitieren.
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zunächst die GRS:
"Die räumliche Verteilung des Kernbrennstoffs ist ungefähr bekannt. In den unteren Räumen liegen etwa 100 bis 130 Tonnen. Da viele dieser Räume nach dem Unfall teilweise oder vollständig mit Beton verfüllt wurden, ist eine genauere Bestimmung dieser Massen schwierig. 50 bis 80 Tonnen Brennstoff werden im zerstörten Reaktorsaal und in der nördlichen Kaskadenwand vermutet. Dazu kommen etwa 20 Tonnen abgebrannter Brennelemente, die beim Unfall außerhalb des Reaktors im Abklingbecken lagerten."

Eine Stellungnahme von Prof. Borowoi:
Was ist von der These Tschetscherows zu halten, es sei wesentlich mehr abgebrannter Brennstoff in der aktiven Phase des Unfalls aus dem explodierten Reaktor freigesetzt worden als die etwa 4 %, die in der einschlägigen Literatur sowie in offiziellen Dokumenten der Ukraine zu finden sind. Dementsprechend wären im heutigen Sarkophag wesentlich weniger als die restlichen etwa 96 % an abgebranntem Brennstoff enthalten. Diese These vertrat Tschetscherow in einer Dokumentation von Sabine Kemper et al., die am 18. Januar 2002 in arte und am 3. Februar 2002 im ZDF ausgestrahlt wurde.

=> Zur These Tschetscherows äußerte sich der international angesehene Wissenschaftler, Prof. Borowoi, in einer Stellungnahme auf Grund einer Vorschau auf die Sendung in arte. Prof. Borowoi ist seit 1986, dem Jahr der Katastrophe, als einer der verantwortlichen Wissenschaftler maßgeblich an der Untersuchung des Reaktorunfalls und speziell der Verteilung und des Verbleibs der brennstoffhaltigen Materialien beteiligt. Auszüge aus seiner Stellungnahme:
K. Tschetscherow ist weder von seiner Ausbildung noch von der Tätigkeit her, die er im Kurtschatow-Institut bis 1986 ausgeübt hat, ein "Experte für Kernphysik"… Er war 1986 für ungefähr 20 Tage in Tschernobyl und kam dann erst wieder Ende 1988 dorthin, nachdem die wichtigsten Bewertungen über den Brennstoff und die inneren Baukonstruktionen bereits gemacht worden waren.
…Untersuchungen (im üblichen Sinne) konnte Tschetscherow aufgrund seiner Ausbildung nicht durchführen. Er nahm visuelle Beobachtungen vor. Er erwies sich als recht kühner Erkundungsexperte.
Tschetscherow wurde 1996 auf Beschluss der Direktion aus dem Experten-Gremium, das vom Kurtschatow-Institut zum Interdisziplinären Wissenschaftlich-Technischen Zentrum (IWTZ) "Einschluss" abgestellt wurde, ausgeschlossen. Der Grund waren ständige Spekulationen in den Massenmedien über die Tschernobyl-Fragen, die das IWTZ in eine peinliche Lage brachten.
Ein Beispiel für solche Spekulationen ist, dass der Tschernobyl-Unfall vom KGB der UdSSR inszeniert worden sei. Der Beweis: "Ich sah mit eigenen Augen die gelben Spuren von Trinitrotoluol (Sprengstoff), das nach der Explosion auf der Lavaoberfläche zurückblieb." Obgleich er sehr gut wusste, dass Dutzende Analysen der gelben Substanz durchgeführt worden waren, die eindeutig zeigten, dass es sich dabei um Uransalz handelte…
Seit 1992 hat er die Idee zu beweisen, dass im "Einschluss" praktisch kein Brennstoff zurückblieb. Zunächst bewies er, dass im Objekt 30 t davon sind, dann 20 t, jetzt ist er, wie aus dem Beitrag hervorgeht, bei 10 t angekommen. Viele Monate dauerten die Versuche, ihm zu erklären, dass man mit einfachen (und oberflächlichen) Beobachtungen nicht bestimmen kann, wie viel Brennstoff sich unter dem Beton und in den unzugänglichen Ruinen befindet. Aber, wer nicht sehen will, der sieht auch nichts. Ihm wurde aufgezeigt, dass Zehntausende Analysen von Bodenproben, die in der Ukraine, in Russland und Belarus sowie in anderen Ländern genommen wurden, zeigen, dass weniger als 5% des Brennstoffs ausgestoßen wurden und über 95% im "Einschluss" verblieben sind. Er antwortete wiederholt, der Brennstoff schwebe in feinster Verteilung bis heute (10-15 Jahre später) in der Atmosphäre.
In den letzten Jahren (1994 - 2001) haben Dutzende Objektbegehungen von Erkundungsgruppen, Hunderte Analysen von Proben und Bohrkernen, Fotos und Videomaterial bestätigt, dass wir im Inneren des "Einschlusses" ungefähr 150 t Brennstoff ausgemacht haben und zu weiteren 30 t bisher nicht vorgedrungen sind.
Außerdem hat sich durch die Auswertung dreier unabhängiger integraler Methoden (einer thermischen, einer weiteren durch Cäsium-Abreicherung der Lava und einer chemischen) ergeben, dass allein in den brennstoffhaltigen Massen in den Räumen auf der 9-Meter-Kote ca. 90 t Brennstoff enthalten sind. In allen normativen Dokumenten, sogar in den Regierungsdokumenten der Ukraine, werden diese Ziffern verwendet.
Tschetscherow behauptet: "Viele Jahre hielt der sowjetische Geheimdienst dieses Material in geheimen Archiven unter Verschluss." Seit 1989 wurden alle Arbeiten zum "Einschluss" auf Anweisung des Ministeriums nicht mehr vertraulich behandelt. Es gibt keinerlei Geheimnisse. Und das Fotomaterial Tschetscherows: das sind Fotos, die er aus den Unterlagen der "komplexen Expedition" und dem IWTZ entwendet hat, die von Dutzenden Aufklärern gemacht wurden und offen zugänglich in unseren Archiven liegen. Keinerlei Geheimdienste hatten mit ihnen zu tun.
"Gemeinsam gehen sie (red. Anm.: gemeint sind die Herren Pflugbeil und Tschetscherow) in den zerstörten Reaktor um herauszufinden, ob der Neubau eines zweiten Schutzmantels über dem zerstörten Reaktor in Wahrheit überflüssig ist."
Wie einfach das doch ist! In den zerstörten Reaktor gehen, die nächsten 2000 - 3000 Rad (red. Anm.: Nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung der Strahlendosis: 100 Rad = 1Gray) abbekommen und die Wahrheit feststellen. Wozu die Arbeit von Hunderten Menschen über 15 Jahre, wozu die gewaltigen finanziellen Ausgaben - zahlen Sie einen kleinen Teil des Geldes an Tschetscherow und er wird alles herausfinden. Zahlen Sie, genieren Sie sich nicht! Und er wird alle bloßstellen, vom KGB bis zur Atomlobby.

Die These vom verschwundenen Brennstoff wird in der Dokumentation für arte/ZDF durch nichts belegt, außer durch eine Inaugenscheinnahme durch die Herren Tschetscherow und Pflugbeil in Anwesenheit eines Kamerateams. Diese oberflächliche Prüfung vermag die Ergebnisse vielfältiger internationaler wissenschaftlicher Untersuchungen in keiner Weise in Frage zu stellen. Verglichen mit dem riesigen Volumen, das vom Sarkophag umschlossen wird, ist das Volumen des verbliebenen Brennstoffs mit 190 Tonnen verschwindend gering. Gemäß der in der GRS vorliegenden Informationen über das Innere des Sarkophags kommen alle seriösen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass etwa 95-97% des ursprünglichen radioaktiven Inventars im Reaktorgebäude verblieben sind. Dies wird auch durch Projekte zur Situation im und um das zerstörte Reaktorgebäude, an denen die GRS beteiligt ist, bestätigt.
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Mit ihrer Meinung stehen Tschetscherow und Pflugbeil (den ich ansonsten eigentlich schätze, da er sich sehr kritisch mit Kernenergie in Osteuropa auseinandergesetzt hat) übrigens sehr alleine da, d.h. obengennate Quellen geben nur einen kleinen Einblick.
Natürlich bin ich auch noch nicht dort gewesen, so muß jeder selbst entscheiden welche Variante ihm glaubwürdiger erscheint. Insofern unerstütze ich ein neues Shelter Projekt. Wobei meine Meinung wohl kaum in irgendeiner Form zur Entscheidungsfindung beitragen wird *g*; mal sehen was aus dem neuen Shelter wird, projektiert ist das ja schon ewig (und der alte Einschluss ein einziger Flicken).

Zur Sicherheit:
Auch westliche Druckwasseranlagen sind vor der Gefahr einer Kernschmelze nicht gefeit. Auch die Bildung von Wasserstoff bei hohen Temperaturen ist ein Problem.
Da ich das Ganze vor kurzem erst dargelegt habe, zitiere ich mich selbst ;-):
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Zitat1:
"...ich will keine Panikmache betreiben (und bin auch kein Öko mit Gesundheitslatschen ;-) ), dennoch ist eine Kernschmelze auch in westlichen Druckwasserreakoren ein denkbares Szenario (und deshalb auch im Auslegungsstörfall vorgesehen).
Harrisburg hat dies sicher eindrucksvoll bewiesen.
Damals kam man mit einem blauen Auge davon, sah sich aber einer Situation gegenübergestellt, die man nie vorhergesehen hatte => nämlich der Bildung von Wasserstoff aus der Reaktion der Zirkoniumumantellung der Brennstäbe und Wasser unter hohen Temperaturen.
Bevor Rekombinationsgeräte installiert werden konnten (im Containment herrschten zu diesem Zeitpunkt absolut tödliche Bedingungen), explodierte die Blase.
Das Containment war auf die doppelte Stärke ausgelegt, also kein Problem. Leider bildete sich danach noch eine wesentlich größere Blase, die dann allerdings von selbst verschwand.
Ein zweites Problem ist die Abführung der Nachzerfallswärme, in Harrisburg wurde die Schmelztemperatur von Uran nur um 100 Grad verfehlt. Danach hilft dann übrigens auch kein Containment mehr, der Uranbrei frißt sich dann durch ("China Syndrom").
Der EPR ist hier ein Ansatz, mit integriertem Kernfänger, mehr Sicherheit zu schaffen, doch kommt dieses Konzept viel zu spät.
Was ich damit sagen will: In einem so komplexen System können immer wieder Situationen entstehen, an die zum ersten mal gedacht wird, wenn sie geschehen."
[=> Auch hier gilt natürlich: Ich will die großen Sicherheitsunterschiede zwischen RBMK und westlichem Reaktordesign nicht verkennen, aber dennoch liegt es mir am Herzen auch mal auf die Risiken "guter" Anlagen hinzuweisen.]
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Zitat2:
"[Harrisburg]...Und selbst wenn man es nur wirtschaftlich betrachtet: Eine Katastrophe...erst drei Jahre später gelang es mit Kameras überhaupt einen Einblick in den Reaktor zu bekommen; vom Rückbau gar nicht zu sprechen.
[...]
Ich erinnere auch noch mal an die beinahe Havarie in Biblis Block A (16. + 17. Dezember 1987).
Zudem nimmt der Wartungsbedarf der Anlagen mit dem Alter immer mehr zu (Problem: Die Anlagen werden ja erst mittelfristig überhaupt gewinnträchtig, müssen also auch eine Weile laufen), die Kosten steigen weiter, oder die Sicherheit sinkt. Besonders Siedewasseranlagen sind betroffen.
Insgesamt unterstütze ich die Ausstiegsbemühungen der Bundesregierung. Alternativen müssen eh gefunden werden [...] die Hoffnung die Uranreserven durch schnelle Brüter zu strecken, hat sich inzwischen verflüchtigt.
Zudem ist das mit der Sauberkeit der Kernenergie so eine Sache. Der Uranabbau ist extrem umweltschädlich und die Englagerung nicht geklärt (in Rußland ist das ganz einfach: So wurden im St. Petersburger KKW im Zwischenlager mal eben die Sicherheitsabstände halbiert, frei nach dem Motto: "des paßt scho").
Besonders wirtschaftlich ist das ganze eh nicht (aber wir importieren ja fleißig), insonfern ist der mittelfristige Ausstieg richtig, Alternativen müssen nun gezielt gesucht werden.
Im übrigen haben Großkraftwerke, bzw. Mehrblockanlagen einen entscheidenden Nachteil (neben, zugegebenermaßen, all der Faszination, die diese riesigen Anlagen ausstrahlen können): Der SuperGAU in Tschernobyl führte einen Tag nach dem Unglück (unverantwortlicherweise wurden Block 1+2 erst 24 Stunden nach dem Unfall abgeschaltet) mal eben zu einem Wegfall von 4000MW im ukainischen Lastverteiler; und zwar bis der Einschluß fertiggestellt war.
[=> Keine Frage, ob Pro oder Contra Kernenergieausstieg ist eine Frage, die man sich nur selbst beantworten kann; insonfern habe ich keinerlei Probleme mit anderen Meinungen, bzw. akzeptiere sie selbstredend]
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Von den Problemen und Risiken, die aus einem wie in den 70ern prognostiziertem (aber Gott sei Dank nie eingetretenem) Boom von schnellen Brütern herrühren würde gar nicht zu sprechen. Das sind ebenfalls Hochrisikoanlagen.

Zweifelsfrei -und insofern hat Endo natürlich Recht- bleibt aber natürlich festzuhalten, dass ein großer Unterschied zwischen einem RBMK, und sei es auch in dritter Generation, und einem westlichen Druckwasserreaktor besteht.

Aber der RBMK Typ ist nicht der einzige Hochrisikoreaktor in Osteuropa. Es verbleiben ebenfalls Anlagen des Typs WWER 440-240 (Duckwasserreaktor, kein Containment, wesentlich unsicherer als der Typ 213 - obwohl auch der ohne Containment).
Den WWER 440-213 und WWER 1000 (mit Containment) halte ich für relativ sicher, den Rummel um Temelin kann ich deswegen nicht wirklich verstehen, der sollte eher um Bohunice, zumindest V1, gemacht werden. Temelin ist ein WWER 1000, die Leittechnik wurde von Westinghouse nachgerüstet.
Der 1000MW Turbosatz ist etwas problematisch, da nicht ausreichend während der Ruhephase konserviert und zudem sehr selten (üblicherweise 2x500MW), das wär es aber im Prinzip schon.

Etwas provokant formuliert: Es gibt selbst in Deutschland durchaus Anlagen, die unter dem Sicherheitsniveau von Temelin liegen, defintiv. Das bezieht sich jetzt aber nicht auf alle Anlagen des Typs WWER 1000. Gegenbeispiel wäre die gigantische 6 Block Anlage in Saporoschje. Wartung ist eben mit der wichtigste Faktor überhaupt.

Nach dem Unglück wurden die verbleibenden RBMK Anlagen übrigens ertüchtigt und Betriebsvorschriften geändert. Wenngleich eine Wiederholung der Geschehnisse vom 26. April so nun sehr unwahrscheinlich ist, ist alleine der riesige Graphithaufen ein Wahnsinn. Wenngleich ich zugeben muß, dass diese Anlangen optisch sehr beeindruckend sind (und übrigens auch im Normalbetrieb erhebliche Emmissionen aufweisen).
Konkret:

- Feste Absorber

- Erhöhung der Urananreicherung von 2,0 auf 2,4%

- statt einem ORM Wert von 30 gilt heute ein ORM Wert von 43-48 als Minimum

- Das Ausfahren der Steuerstäbe wurde begrenzt => Es gibt keine Wassersäule mehr im unteren Kernbereich

- Die Einfahrgeschwindigkeit wurde erhöht (jetzt "nur" noch 12-14 Sekunden), zusätzlich gibt es 24

- Schnellabschaltstäbe, die nicht eingefahren werden, sondern fallen (in ca. 2,5 Sekunden)

=> Im Endeffekt wurde erreicht, dass der positive Voideffekt bei den Anlagen inzwischen nur noch bei max. etwa 0,8 Beta liegt.

Besonders für Anlagen der ersten Generation (Kursk 1+2, St. Petersburg 1-4) sind weitere Maßnahmen projektiert gewesen. Dies umfaßte u.a. die Errichtung eines eigenständigen Notkühlsystems, welches die 1. Generation nicht (!) aufwies.

Es ist also einiges unternommen worden. Die genannten Maßnahmen wurden übrigens sehr rasch nach der Havarie ersonnen, d.h. sie lagen auch schon vor dem Unglück vor; auch das...Wahnsinn :-(

Das ungute Gefühl bleibt, genau wie die Bilder der Liquidatoren, die mit Handschaufeln Brennstoffragmente und Reaktorgraphit von den Dächern und Gelände geräumt haben. Seit 1986 hat mich das nie wirklich losgelassen, mit ein Grund warum ich mich seit Jahren besonders mit Kernenergie in Osteuropa auseinadersetze. Sehr interessant und gleichzeitih höchst erschreckend.

Ich glaube der Beitrage ist recht lang geworden, d.h. ich breche hier jetzt erstmal ab und gratuliere demjeningen, der bis zum Ende duchgehalten hat :-)

Gruß

Denis

________
*tatsächlich war Block 3 noch bis zum Morgen in Betrieb, bevor ihn dann der Blockleiter Bagdasarow eigenverantwortlich abschaltete; im übrigen war sein Handeln damals äußerst hilfreich: So standen im Block 3 im Gegensatz zum Havarieblock 4 (!) Atemschutzmasken und Kaliumjodidtabletten zur Verfügung, da fragt man sich schon, warum dies im angrenzenden Block 4 nicht der Fall war; die Blöcke 1+2 wurden erst in den frühen Morgenstunden des 27. Aprils abgeschaltet...unglaublich aber wahr

**beschreibt den positiven Dampfblasenkoeffizienten

***ganz entscheidende Erkenntnis: Die Explosion hat nicht in der gesamten Aktiven Zone stattgefunden, zumal Videoaufnahmen am Tag danach noch deutlich Kernbrennstoff in Block 4 erkennen lassen (Fragmente um den Block herum sowieso):
"...so hatte sich im oberen Teil der aktiven Zone ein Gebiet gebildet, das die Form einer abgeplatteten Kugel mit einem Durchmesser von etwa 7 Metern und einer Höhe von etwa 3 Metern hatte. In diesem Teil der aktiven Zone (der etwa 50 Tonnen wiegt) entstand auch vor allem die prompte Kritikalität und die darauf folgende Leistungsexkursion. Hier kam es zuerst zur Krise des Wärmeaustausches, hier wurden die Brennstäbe zerstört, zerschmolzen und verdampft. Eben dieser Teil der aktiven Zone wurde durch die Knallgasverpuffung in hohe Schichten der Atmosphäre geschleudert..."

P.S. Ja Endo, du hast es geahnt, irgendwie kann ich mich dem Thema nicht mehr entziehen ;-) - wobei solche soliden Diskussionen (hatten wir ja auch schonmal bei hartware) seltsamerweise wirklich nur in Computer Boards vorkommen; wonanders poste ich erst gar nicht; da ist immer alles klar in zwei Läger gespalten und was Sinniges kommt da nie raus...von beiden Seiten

ForbiddenSkill
2004-04-03, 09:42:32
Ich verstehe das nicht ganz.. könnt mir jemand ein paar Fragen beantworten ( Sorry für Unwissenheit :( ) ?

- Warum hatte es da Gas-Masken ? Ich dachte die Leute sind geflüchtet ? Wer ist denn da noch hingegangen nach dem Unglück ?
- Wie schützt man sich dagegen das Leute dahin gehen und das Gebiet ausplündern ( immer hin sind da ja Helikopter und so... ) ?
- Wieviele Tote gab es ? Manche sprechen von 150, manche von 300'000 ???
- Wenn diese Frau dahingegangen ist, warum kann man dort nicht mehr leben ?
- Wie schnell wurden die Leute evakuirt ?
- Wie gross ist das Gebiet das verstrahlt ist ( im Moment ) ?
- Hat jemand vieleicht einen Artikel darüber ? Ich hab etwas gesucht jedoch nichts gefunden. Entweder nur ganz kurz, oder es wird sehr lang auf irgendwelche Deatails eingegangen wie man Reaktoren sicherer machen kann. Hat jemand einen Bericht konkret was passiert ist ?

RaumKraehe
2004-04-03, 10:17:01
Ich verstehe das nicht ganz.. könnt mir jemand ein paar Fragen beantworten ( Sorry für Unwissenheit :( ) ?

- Warum hatte es da Gas-Masken ? Ich dachte die Leute sind geflüchtet ? Wer ist denn da noch hingegangen nach dem Unglück ?

Am Anfang wurde sogar Versucht das ganze zu verheimlichen.

- Wie schützt man sich dagegen das Leute dahin gehen und das Gebiet ausplündern ( immer hin sind da ja Helikopter und so... ) ?

Was willst du damit .. alles verstrahlt.

- Wieviele Tote gab es ? Manche sprechen von 150, manche von 300'000 ???

kann mann nicht genau sagen, da bis heute noch folgen der Katastrophe zu spüren sind.

- Wenn diese Frau dahingegangen ist, warum kann man dort nicht mehr leben ?

Hast du eigentlich nen bissl was von den Texten gelesen? Oder nur die Bilder angeschaut.

- Wie schnell wurden die Leute evakuirt ?

Tjo, manche leben noch heute dort. Einfach lesen.

- Wie gross ist das Gebiet das verstrahlt ist ( im Moment ) ?

lesen.

- Hat jemand vieleicht einen Artikel darüber ? Ich hab etwas gesucht jedoch nichts gefunden. Entweder nur ganz kurz, oder es wird sehr lang auf irgendwelche Deatails eingegangen wie man Reaktoren sicherer machen kann. Hat jemand einen Bericht konkret was passiert ist ?

Öh ich frag mich auch womit sich der Thread eigentlich befasst.

RaumKraehe
2004-04-03, 10:25:33
Original geschrieben von baker
naja neue, um zu sehen, was sich dort entwickelt hat.

Was soll sich dort Entwickelt haben. Nichts. Da kann und wird sich auch in den nächsten 10000 Jahren nix Entwickeln wenn dort wirklich noch knapp 200 Tonnen Material drin liegen.

Mann sollte sich vor Augen halten das der Block wohl länge als die Pyramiden stehen bleiben wird. Wenn nicht irgend eine Lösung gefunden wird wie mann das Gebiet dekontaminieren könnte. Außer Unmengen von Stahl Blei und Beton raufzuhauen.

Endorphine
2004-04-03, 10:28:29
Original geschrieben von ForbiddenSkill
- Warum hatte es da Gas-Masken ? Ich dachte die Leute sind geflüchtet ? Wer ist denn da noch hingegangen nach dem Unglück ? Ja, viele sind geflüchtet (habe ich in einem Buch gelesen, welches den Unfall chronologisch beschreibt). Viele hatten aber auch das Bewusstsein dass es noch viel schlimmer wird, wenn sie die anderen Anlagen nicht kontrollieren und bei den Aufräumarbeiten mithelfen. Zudem wurden ja nach dem Unfall Unmengen von Zwangsarbeitern/Liquidatoren ("Freiwillige") zum Reaktor gefahren. Original geschrieben von ForbiddenSkill
- Wie schützt man sich dagegen das Leute dahin gehen und das Gebiet ausplündern ( immer hin sind da ja Helikopter und so... ) ? Schützen kann man so ein großes Gebiet nicht wirklich. Momentan stehen noch Wachposten an allen Straßen sowie in Pripjat und vor der eigentlichen Anlage. Der gewaltige Friedhof der verstrahlten Hubschrauber, LKWs, Feuerwehrfahrzeuge etc. wurde ohnehin ausgeplündert, da ist jetzt nichts mehr ausser Gerippen zu holen. Original geschrieben von ForbiddenSkill
- Wieviele Tote gab es ? Manche sprechen von 150, manche von 300'000 ??? Eher 300.000. Genau lässt sich das ohnehin nicht beziffern. Zudem gab es ja überall in dem Gebiet danach Spätschäden bei Neugeborenen, kleinen Kindern etc. Original geschrieben von ForbiddenSkill
- Wenn diese Frau dahingegangen ist, warum kann man dort nicht mehr leben ? Weil man bei einem kurzen Besuch nur wenig radioaktive Stoffe und Strahlung abbekommt. In einem längeren Zeitraum akkumuliert sich aber so viel dass die Lebenserwartung rapide sinkt und die Krankheitsrate überproportional zunimmt. Original geschrieben von ForbiddenSkill
- Wie schnell wurden die Leute evakuirt ? Pripjat (die Stadt der Atomarbeiter direkt neben dem KKW) wurde afair einen Tag nach dem Unfall evakuiert.Original geschrieben von ForbiddenSkill
- Hat jemand vieleicht einen Artikel darüber ? Ich hab etwas gesucht jedoch nichts gefunden. Entweder nur ganz kurz, oder es wird sehr lang auf irgendwelche Deatails eingegangen wie man Reaktoren sicherer machen kann. Hat jemand einen Bericht konkret was passiert ist ? Saug' dir das PDF von der GRS. Allein durch die Postings hier kannst du aber auch schon einiges erfahren. Du brauchst die nur zu lesen.

ForbiddenSkill
2004-04-03, 10:28:51
Tolle Antworten, "danke" viel mals !:-(

Endorphine
2004-04-03, 10:33:25
Original geschrieben von ForbiddenSkill
Tolle Antworten, "danke" viel mals !:-( Lesen musst du schon alleine, das werden wir dir nicht abnehmen. :no:

ForbiddenSkill
2004-04-03, 10:36:17
Habs ja gelesen.
Vieleicht steht nich alles im Artikel ? Vieleicht verstehe ich es nicht ? na ja egal...

Edit: Meine Antwort war nicht auf dich bezogen

Endorphine
2004-04-03, 10:36:53
Original geschrieben von ForbiddenSkill
Habs ja gelesen.
Vieleicht steht nich alles im Artikel ? Vieleicht verstehe ich es nicht ? na ja egal... Hast du den Thread durchgelesen?

ForbiddenSkill
2004-04-03, 10:38:38
Es war nich an dich gerichtet, danke für deine Antworten !

RaumKraehe
2004-04-03, 10:39:44
Original geschrieben von ForbiddenSkill
Habs ja gelesen.
Vieleicht steht nich alles im Artikel ? Vieleicht verstehe ich es nicht ? na ja egal...

Edit: Meine Antwort war nicht auf dich bezogen

Im Posting von Sailor Moon steht nun wirklich ne Menge. Und sehr viele bessere oder andere Infos hab ich auch nicht gefunden.

ForbiddenSkill
2004-04-03, 10:41:28
Schon gut, schon gut ich geh ja schon ...:(

Endorphine
2004-04-03, 10:44:01
"Tschernobyl - Zehn Jahre danach" Informationen: Zehn Jahre nach dem Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl zieht dieser Bericht eine Zwischenbilanz.
Er beschreibt das Kernkraftwerk Tschernobyl, zeigt die Entstehung und Urdachen des Unfalls sowie die anschließende Zerstörung auf und erläutert die gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen des Unfalls.
Darüber hinaus nimmt er zu der Sicherheit der RBMK-Anlagen Stellung, zeigt die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Funktion des Sarkophags und zukünftige Strahlenschutzmaßnahmen auf.
Autor: GRS
GRS Nr.: 121
Erscheinungsjahr: 1996 http://www.grs.de/publikationen/publikationen_view.html?download_filename=../products/data/3/pe_392_20_1_grs_de.pdf&download_targetname=grs_de.pdf

"Tschernobyl: Gesundheitliche Folgen BMU-Sachstandsbericht Nr. 1" Informationen: Dieser zweiprachige (Deutsch und Englisch) im Auftrag des BMU erstellte Bericht informiert über die Untersuchungsergebnisse zu den Gesundheitlichen Folgen im Rahmen der Deutsch-Französischen Initiative.
GRS Nr.: GRS-S-47
Erscheinungsjahr: Dezember 2000
ISBN Nr.: 3-931995-32-1 http://www.grs.de/publikationen/publikationen_view.html?download_filename=../products/data/3/pe_120_20_1_chernobyl_health.pdf&download_targetname=chernobyl_health.pdf

baker
2004-04-03, 12:08:00
Original geschrieben von RaumKraehe
Was soll sich dort Entwickelt haben. Nichts. Da kann und wird sich auch in den nächsten 10000 Jahren nix Entwickeln wenn dort wirklich noch knapp 200 Tonnen Material drin liegen.

Mann sollte sich vor Augen halten das der Block wohl länge als die Pyramiden stehen bleiben wird. Wenn nicht irgend eine Lösung gefunden wird wie mann das Gebiet dekontaminieren könnte. Außer Unmengen von Stahl Blei und Beton raufzuhauen.


mein Bio/Chemie lehrer meinte, dass sich dort unter umständen kristalle etc bilden, die es wohl normal nicht gibt etc. ich frag ihn mal, was er gemeint hat.

Legolas
2004-04-03, 17:36:41
Original geschrieben von Endorphine
Ich frage mich sowieso mit welchen Scheuklappen die Leute hier in Deutschland durch die Gegend rennen, die beim Sicherheitsstandard unserer Kraftwerke die Abschaltung durchgesetzt haben, während in Frankreich weiterhin ein ganz großer Teil (IIRC 30% oder mehr, ich kenne die genaue Zahl jetzt nicht) der Grundlast durch Kernspaltungsreaktoren gedeckt wird. In Tschechien wurde ja in den letzten Jahren auch eine sehr große WWER-Anlage in Betrieb genommen (auch russischer Typ, aber keine Tschernobyl RBMK-Bauweise). Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern ist/war übrigens auch ein WWER-Kraftwerk.


Der sogenannte Atomausstieg ist doch nichts anderes, als das kontrollierte, vertraglich geregelte Abschalten der Kraftwerke, nachdem sie ihre Lebensdauer überschritten haben. Kernkraft lohnt sich einfach nicht, deswegen wurde in Deutschland auch schon lange kein neues KKW gebaut, und das war auch schon vor der Regierung Schröder so. Wäre die Kernkraft nicht extrem staatlich gefördert worden, dann gäbe es nicht nur in Deutschland kaum KKWs. Außerdem hat man noch das Problem der Endlagerung der ausgebrannten Brennelemente. Im Endeffekt ist das nur eine Last, die wir unseren Nachkommen aufbürden (was im Prinzip hervorragend zur Politik der letzten 14 in diesem Land passt ;)). Meiner Meinung nach ist das kontrollierte Auslaufen lassen der Kraftwerke im Prinzip eine gute Sache, weil man so die Chance hat langfristig die Energieversorgung auf regenerierbare Energien umzustellen (wobei es auch hier wieder mit der Umsetzung in die Realität hapert, da ja teilweise die KKWs durch konventionelle Verbrennungskraftwerke ersetzt werden.

Major
2004-04-07, 20:25:09
ich glaub die meisten offiziellen Seiten sprechen von ca. 30.000 Toten bis jetzt, wird aber sicher noch mehr geben.

@Endo:
Wenn die These, das kaum noch strahlendes Material im Kraftwerk ist stimmt, wie kommt es dann, dass in unmittelbarer Entfernung zum Kraftwerk die Strahlung exponenziell zunimmt undd dort immernoch eine so hohe Strahlung ist?

Sailor Moon
2004-04-07, 21:49:57
Die Strahlensituation um das KKW Gelände ist bestimmt durch die vielen provisorischen Zwischenlager (teils nur Erdschüttungen), die in der Zeit der Errichtung des Einschlusses errichtet wurden.
Die Belastung ist sehr unterschiedlich und reicht von ca. 0,3 Milisievert bis über 50 Milisievert die Stunde.
Ich gebrauche hier die Einheit Sievert statt Röntgen, da sich die Werte konkret auf Gammastrahlung beziehen.
Zur Zeit der Havarie sah das natürlich wesentlich schlimmer aus, da Brennstoffragmente und Graphitstücke auf dem Gelände verteilt waren: "Die Aktivität des ausgeworfenen Brennstoffes betrug 15000 bis 20000 Röntgen pro Stunde wodurch sich sofort um den Unfallblock ein Strahlungsfeld aufbaute, dessen Aktivität der des ausgeworfenen Brennstoffs entsprach".
Allein rund 700 Tonnen Reaktorgraphit wurden durch die Explosion herausgeschleudert und z.T. nachher mühsam wieder vor der Errichtung des Einschlusses zurückgeschüttet - in 40 Sekunden Schichten auf den angrenzenden Dächern.
Die Theorie vom komplett ausgeworfenen bzw. verdampften Brennstoff ist dennoch nicht stimmig.
Ich hatte da ja im vorgigen Beitrag auch schon einiges geschrieben. Die Menge des überhaupt vor dem Unfall vorhandenen Brennstoffes ist verglichen mit dem Volumen des Einschlusses viel zu gering, als das man durch Tschetscherows und Pflugbeils grobe Begehung irgendwelche Schlüsse ziehen könnte - zumal es vorher ja schon viele Begehungen gab, die zum gegenteiligen Schluss kommen.
Extrem übel ist mir an dem ARTE Bericht aufgestoßen, dass der leere Reaktorschacht als die Sensation verkauft wurde, *das* war schon lange vorher bekannt.
Sicher ist der Brennstoff nicht mehr in der ursprünglichen Form vorhanden, sondern nach der Havarie und vermischt mit den Materialabwürfen, als Lava vor allem in die unteren Räume geflossen.
Zudem wurden ja Bodenproben in diversen Ländern genommen, wodurch enstprechende Rückschlüsse gezogen werden können.
Ich wiederhole hier noch einmal einen wichtigen Absatz:

"In den letzten Jahren (1994 - 2001) haben Dutzende Objektbegehungen von Erkundungsgruppen, Hunderte Analysen von Proben und Bohrkernen, Fotos und Videomaterial bestätigt, dass wir im Inneren des "Einschlusses" ungefähr 150 t Brennstoff ausgemacht haben und zu weiteren 30 t bisher nicht vorgedrungen sind.
Außerdem hat sich durch die Auswertung dreier unabhängiger integraler Methoden (einer thermischen, einer weiteren durch Cäsium-Abreicherung der Lava und einer chemischen) ergeben, dass allein in den brennstoffhaltigen Massen in den Räumen auf der 9-Meter-Kote ca. 90 t Brennstoff enthalten sind."

Die Werte, die der SKALA Rechner kurz vor der Havarie ausgab, läßt die Argumentation von Tschetscherow ebenfalls nicht gerade sinnig erscheinen (siehe Fußnote in meinem vorhigen Beitrag).
Auch Grigori Medwedew kommt zu dem Schluß, dass der größte Teil des Brennstoffes noch in gebundener Form im Einschluss vorhanden ist.

@ForbiddenSkill:

- Warum hatte es da Gas-Masken ? Ich dachte die Leute sind geflüchtet ? Wer ist denn da noch hingegangen nach dem Unglück ?
=> In den ersten Stunden der Havarie waren die Leute nicht sonderlich beunruhigt, da bei diesem KKW Typ Dampfabwürfe an der Tagesordnung stehen. Von daher waren die Explosionen nicht also so beunruhigend angesehen worden.
Natürlich hat man dann gesehen, dass da was brannte und bereits am nächsten Morgen waren Veränderungen in der Stadt wahrnehmbar: "Die Kinder gingen zur Schule. Die Kleinen spielten auf der Straße, im Sandkasten, fuhren mit dem Fahrrad. Am Abend des 26. April hatten sie alle schon hohe Aktivität in den Haaren und auf der Kleidung [...] wir beschlossen zur Datscha zur fahren, aber die Milizposten ließen uns nicht aus der Stadt. Wir kehrten wieder um. Seltsamerweise aber sahen wir die Havarie noch als etwas an, das völlig außerhalb unseres persönlichen Lebens stand. Schließlich hab es auch früher schon Störfalle und die betrafen immer nur das Kernkraftwerk. Nach dem Mittagessen begann man die Straßen mit Wasser zu sprengen".
Man muß sich vorstellen, dass selbst die Bauarbeiter zu ihrer Schicht an Block 5 (wenige 100m entfernt) antraten und erst gegen Mittag zurückbeordert wurden (auf Eigeninitiative des Vorarbeiters, da weitere Informationen einfach fehlten und Bruchanow die Sache nicht mehr im Griff hatte).
Evakuiert wurde am Nachmittag des 27. Aprils, die entgültige Erkenntnis, dass der Reaktor zerstört war, lag "bereits" am frühen Nachmittag des 26. Aprils nach dem Besuch der NIKIET Vertreter vor.

Strahlensituation in Pripjat seit dem Morgen des 26. Aprils: In unmittelbarer Nähe des Asphalts auf den Straßen: ~50 Röntgen, 2 Meter darüber etwa 1 Röntgen pro Stunde.
Die Luft war bereits mit langlebigen, radioaktiven Nukliden gesättigt.
"Gegen Mittag hob sich meine Stimmung wieder. Ich spürte die Luft intensiver. Irgendwie roch es metallisch und auch etwas scharf [...] Unser Nachbar [...] stieg um 11 Uhr auf das Dach und sonnte sich dort in der Badehose. Dann kam er kurz runter um etwas zu trinken, und sagte, daß man heute unglaublich schnell braun werde, so schnell wie noch nie [...] Und es sei gut zu beobachten wie der Reaktor brennt, so klar vor dem Hintergrund des blauen Himmels [...] "

Wer sich für das Thema Pripjat und die Evakuierung interessiert, dem sei der Film "Die Schwelle" ans Herz gelegt, in dem extrem seltene, selbstgefilmte Aufnahmen der Bewohner zu sehen sind (inkl. Schäden des Filmmaterials durch Strahlungseinwirkung, als helle Lichtblitze zu erkennen). "Der erste Film, der von Augenzeugen und Opfern der Katastrophe gedreht wurde". Ich war zumindestens sehr beeindruckt und erschüttert von diesem Material.

- Wieviele Tote gab es ? Manche sprechen von 150, manche von 300'000 ???
=> Sehr schwierig zu sagen. Das es natürlich nicht die 31 offiziellen Opfer sind ist klar. Nur wird es abseits des Todes durch akute Strahleneinwirkung sehr schwierig, genau zu bilanzieren. Ich diskutiere an dieser Stelle daher nicht über irgendwelche Zahlen. Das hervorgerufene Leid ist sowieso unermeßlich.

- Wenn diese Frau dahingegangen ist, warum kann man dort nicht mehr leben ?
=> Ich weiß nicht, ob ich diese Motorradaktion sehr geglückt finde (besonders in Aerosolform halte ich die Gefahr dort immer noch für sehr hoch); abseits dieser qualitativen Bewertung ist es natürlich möglich, sich in der Zone -und auch in Pripjat selbst- aufzuhalten. Sofern man sich vorsieht, den Zeitrahmen begrenzt (inzwischen ist eigentlich sicher, dass auch eine nur leicht erhöhte, längerfristige Strahlung die Gefahr von Spätschäden signifikant erhöht) und keine dort angebauten Lebensmittel zu sich nimmt.
Schließlich wurden die drei übrigen KKW Blöcke ab September 1986 (Block 3 etwas später) weiterbetrieben, Block 3 gar erst im Dezember 2000 vom Netz genommen. Die Arbeiter kommen täglich aus dem neuerbauten Slavutitsch (bis 1989 gab es einen 14 Tage Zone/ 14 Tage Kiev Rythmus) in die Zone.

- Wie schnell wurden die Leute evakuirt ?
=> Ab 14 Uhr am 27. April (da ging alles innerhalb weniger Stunden), Jodprophylaxe übrigens auch erst an diesem Tag (!) - viel zu spät
Wortlaut in etwa: "Im Zusammenhang mit dem Störfall im Kernkraftwerk hat sich eine ungünstige Strahlensituation ergeben..."
Damals hat man den Leuten noch gesagt, dass sie in wenigen Tagen wieder zurückkommen könnten.

-Wie gross ist das Gebiet das verstrahlt ist ( im Moment ) ?
=> Riesig, Strahlung läßt sich nicht einsperren. Besonders Weißrußland hat es schwer getroffen, Gomel sollte da ein Begriff sein

- Hat jemand vieleicht einen Artikel darüber ? Ich hab etwas gesucht jedoch nichts gefunden. Entweder nur ganz kurz, oder es wird sehr lang auf irgendwelche Deatails eingegangen wie man Reaktoren sicherer machen kann. Hat jemand einen Bericht konkret was passiert ist ?
=> Ich denke einiges ist hier schon gesagt worden.
Die Seiten der GRS geben einen ersten, technischen Eindruck.
Würde sehr:

- Grigori Medwedew: Verbrannte Seelen (er war im April 86 stellvertretener Chef in der Abteilung Kernkraftwerksbau im sowjetischen Energieministerium und Mitglied der Regierungskommission, die die Katastrophe untersuchen sollte, entsprechend auch mehrmals vor Ort, auch schon vor der Havarie)

als Einstiegslektüre empfehlen.

Gruß

Denis

FormatC
2004-04-08, 12:07:16
Original geschrieben von Major
ich glaub die meisten offiziellen Seiten sprechen von ca. 30.000 Toten bis jetzt, wird aber sicher noch mehr geben.

@Endo:
Wenn die These, das kaum noch strahlendes Material im Kraftwerk ist stimmt, wie kommt es dann, dass in unmittelbarer Entfernung zum Kraftwerk die Strahlung exponenziell zunimmt undd dort immernoch eine so hohe Strahlung ist?


Durch die von der Explosion herausgeschleuderten Teile des Reaktors, die jetzt um das Kraftwerk herum liegen.

Sailor Moon
2004-04-08, 12:24:02
Allerdings liegen sie nicht so einfach herum. Erdschüttungen wurden in aller Eile (und unter großen Belastungen, daher die 40 Sekunden Schichten und provisorische Ausstattung mit Bleiplatten um vor allem Rückenmark und Gehirn ein wenig zu schützen) errichtet und zumindest alles was auf den Dächern lag, wieder in den zerstörten Zentralsaal zurückgeschüttet), mit Schaufeln, oder bei sehr unhandlichen Teilen gar von Hand. Für Robotor war entweder die Strahlung zu hoch, oder sie verfingen sich in den Trümmern. Dabei gingen die Liquidatoren äußerst feinfühlig mit den ihnen vom Westen zur Verfügung gestellten Maschinen um, holten die ausgefallenen sogar aus Bereichen größter Strahlung zurück (!). Einzig ein russisches, ferngesteuertes Modell verrichte neben den menschlichen Bio-Robotern seinen Dienst auf dem Dach, da gibt es beeindruckende Bilder vom Fotografen Igor Kostin, der direkt nach der Havarie vor Ort war (und schwer verstrahlt wurde => er war mehrmals auf den Dächern um die Liquidatoren zu fotografieren). Laut seinem O-Ton sind von den Bildern nur 1-2% überhaupt etwas geworden, die Radioaktivität hat die Fotos praktisch selbst entwickelt, was man an den hellen Stellen im Bild deutlich erkennen kann.
Die Strahlung um den Einschluss geht also heute größtenteils von diesen Aufschüttungen aus. Nichtdestotrotz ist der Großteil des Kernbrennstoffes in gebundener Form noch im riesigen Einschluss vorhanden. Aktivität in unmittelbarer Nähe etwa 10000-20000 Röntgen, beeindruckend.
Natürlich kann man sich trotzdem in Bereichen des Einschlusses bewegen (wobei es dort auch in den harmloseren Sektionen immer noch eine beträchtliche Belastung ist und die sowjetischen Forscher meist nur mit Zellstoffmasken ausgrüstet waren *schauder*), nur ist die Zugänglichkeit einzelner Bereiche ohnehin nicht ohne weiteres (Kernbohrungen nötig) möglich oder erschwert, da auch von innnen teilweise verfüllt wurde.
Am 9. Mai 1986 gab es dann nochmal eine zusätzliche Belastung, als ein Teil des verbliebenen Graphits im Reaktor durchbrach, unter dem Gewicht der abgeworfenen Materialen. Fast unnötig zu erwähnen, dass hierdurch eine riesige Menge radioaktiver Asche ausgworfen wurde und das Gelände bzw. Pripjat zusätzlich belastete.

Abschließend vielleicht noch ein paar Daten vom Strahlungspegel am 7.Mai 86:
- KKW Gelände: Graphit: 2000 Röntgen/h, Brennstoff: -20000 Röntgen/h, seitlich des Trümmerhaufens: 1200 Röntgen/h

- Pripjat: Luft: 0,5-1 Röntgen/h, Asphalt und Wege: 10-60 Röntgen/h

- Tschernobyl: Luft 15 Miliröntgen/h, Asphalt und Wege -20 Röntgen/h

- Iwankow (60km von Tschernobyl entfernt): Luft: 5 Miliröntgen/h

- Kiev: Luft: 0,34 Miliröntgen/h

=> Das hört sich vielleicht -außer den Werten am KKW- gar nicht so beeindruckend an (allerdings kann man die Strahlung ab ca. 0,5 Röntgen/h schon spüren, siehe vorherigen Posting), daher hier mal die damalig gültigen Maximalwerte in der Sowjetunion:

- KKW Betriebspersonal: 5 Röntgen/ Jahr
- Bevölkerung: 0,5 Röntgen/ Jahr, d.h. 1,3 Miliröntgen/Tag

Allein im weit entfernten Kiev hat man zu dieser Zeit pro Tag rund 8,16 Miliröntgen aufgenommen.

Gruß

Denis

Schnappi
2004-12-05, 15:14:58
gibts die bilder noch irgendwo? Seite is down
#

Ape
2004-12-05, 15:56:07
gibts die bilder noch irgendwo? Seite is down
#

http://www.kiddofspeed.com/

br
2004-12-05, 16:01:51
..

Panasonic
2004-12-05, 16:20:51
Ich fahre am 02.01.2005 in die Ukraine und werde versuchen, nach Tschernobyl zu kommen. Wenn das klappt mache ich natürlich viele Fotos für Euch.

Gast
2004-12-05, 16:22:45
Afaik hat sich das doch längst als zumindest teilweise Fake herausgestellt (siehe Heise).

Schnappi
2004-12-05, 19:57:42
Ich fahre am 02.01.2005 in die Ukraine und werde versuchen, nach Tschernobyl zu kommen. Wenn das klappt mache ich natürlich viele Fotos für Euch.


sei vorsichtig :comfort2:


danke für die links!

Gast
2004-12-05, 21:13:33
Ich fahre am 02.01.2005 in die Ukraine und werde versuchen, nach Tschernobyl zu kommen. Wenn das klappt mache ich natürlich viele Fotos für Euch.

...dir ist sicher bewußt das dieses Vorhaben ziemlich bescheuert ist? Irgendein dahergelaufener Möchtegernführer der schon an Krebs erkrankt ist führt einen in ein verseuchtes Gebiet - schlimmstenfalls wird man von der dortigen Miliz aufgegriffen und eingesperrt.
Da kann kein Mod über Deine Verbannung entscheiden oder das wieder zurücknehmen....Krebs gegen ein paar Bilder?
WENN es ungefählrich wäre würden wir heutzutage sicher mehr Bilder von dort bekommen - oder glaubst Du das Du der einzige bist der Unverwundbar ist?
...ich denke mal ein Einsatz als Fotograf im Irak dürfte ungefährlicher sein.

.....denk mal drüber nach.....

Panasonic
2004-12-05, 21:15:00
...dir ist sicher bewußt das dieses Vorhaben ziemlich bescheuert ist? Irgendein dahergelaufener Möchtegernführer der schon an Krebs erkrankt ist führt einen in ein verseuchtes Gebiet - schlimmstenfalls wird man von der dortigen Miliz aufgegriffen und eingesperrt.
Da kann kein Mod über Deine Verbannung entscheiden oder das wieder zurücknehmen....Krebs gegen ein paar Bilder?
WENN es ungefählrich wäre würden wir heutzutage sicher mehr Bilder von dort bekommen - oder glaubst Du das Du der einzige bist der Unverwundbar ist?
...ich denke mal ein Einsatz als Fotograf im Irak dürfte ungefährlicher sein.

.....denk mal drüber nach.....

Ich bin mir der Risiken bewusst.

Sailor Moon
2004-12-05, 21:38:29
Wenn man sich vernünftig verhält ist das Risiko für einen Kurzbesuch heute minimal. Hatte dazu einige Postings davor schonmal etwas geschrieben, aus aktuellem Anlaß daher hier nochmal:

"Die Strahlensituation um das KKW Gelände ist bestimmt durch die vielen provisorischen Zwischenlager (teils nur Erdschüttungen), die in der Zeit der Errichtung des Einschlusses errichtet wurden.
Die Belastung ist sehr unterschiedlich und reicht von ca. 0,3 Milisievert bis über 50 Milisievert die Stunde.
Ich gebrauche hier die Einheit Sievert statt Röntgen, da sich die Werte konkret auf Gammastrahlung beziehen"

Nichts im Vergleich zu dem, was in der Zeit der Havarie dort an Belastungen (durch Graphit und Brennstoffragmente) vorherrschte, wo man die Strahlung regelrecht spüren konnte (und allein die Luft in Prypiat eine Aktivität von ca. 1 Röntgen/ h aufwies, die Straßen bis über 60 Röntgen/h).
Damit will ich nichts schönreden; die Havarie ist und bleibt eine riesige Katastrophe, sofern man sich als Kurzbesucher (inzwischen ist erwiesen, das selbst eine nur geringfügig höhere Strahlendosis über einen *längeren* Zeitraum zu Spätschäden führt) unter Anleitung dort aufhält, besteht kein signifikant höheres Risiko.
Ich selbst würde (und werde hoffentlich) mir das KKW Tschernobyl selbst einmal ansehen, da ich mich schon lange bes. mit Kernenergie in Osteuropa beschäftige.
Bei langfristiger Anmeldung (hier bin ich noch am Nachforschen) besteht sogar die Möglichkeit das KKW Gelände selbst zu betreten (und nicht nur außerhalb die üblichen Fotos mit dem Einschluß als Hintergrund zur Erinnerung zu schießen) und den seit 2000 abgeschalteten Block 3 zu besichtigen. Sehr gerne würde ich einen in Betrieb befindlichen RBMK - beispielsweise Ignalina, mit den beiden größten RBMK Konstruktionen oder Kursk, dort wird sogar noch an Block 5 gebaut (!) - betreten (insb. den Zentralsaal), was aber sehr schwierig wird, da laufende KKWs natürlich militärisches Sperrgebiet sind und ich kein Kernphysiker oder ähnliches bin, der über diverse Austausch- und Informationsprogramme diese Möglichkeit erhält. Mal abwarten was daraus wird.

Die "Standardbesichtungen" laufen ansonsten meist so ab, daß neben der Besichtung des Einschlußes von Außen auch Prypiat und der "Friedhof der Fahrzeuge" angesteuert werden. Wenn man Glück hat, wird man eventuell noch die eingemottete Baustelle von Block 5 und 6 sehen können.

Gruß

Denis

RaumKraehe
2004-12-05, 23:04:08
Du hast scheinbar eine recht aufkgeklärte Meinung. Allerdings kann ich dann def. nicht verstehen warum mann wirklich dort hin fahren möchte. :|

Hiro Hiroshi
2004-12-05, 23:18:02
Ich bin mir der Risiken bewusst.


Das denke ich nicht, an deiner Stelle würde ich das lieber sein lassen, ich habe gerade eine Doku im Ersten gesehen, von einem Fotografen der dort Fotos gemacht hat und seitdem krank ist und keine Nacht mehr geschlafen hat, also lass es lieber sein deiner Gesundheit zu Liebe. ;)

RaumKraehe
2004-12-05, 23:30:41
Ich bin mir der Risiken bewusst.

Das glaube ich allerdings auch nicht. :|

Sailor Moon
2004-12-06, 00:05:22
von einem Fotografen der dort Fotos gemacht hat

Wenn ich in dem Zusammenhang Fotograf höre, denke ich sofort an den hochgeschätzten Igor Kostin, der wenige Stunden nach der Havarie schon am Block eingetroffen ist und wahrhaft historische Fotos geschossen hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Belastung natürlich ungeheuer groß (G. Medwedew (war auch wenige Tage nach der Havarie vor Ort): "[...] "Die Aktivität des ausgeworfenen Brennstoffes betrug 15000 bis 20000 Röntgen pro Stunde wodurch sich sofort um den Unfallblock ein Strahlungsfeld aufbaute, dessen Aktivität der des ausgeworfenen Brennstoffs entsprach. [...]"), zumal er mehrmals später, als bereits die sogenannte Liquidation durchgeführt wurde ebenfalls dort (oft sogar auf dem Dach der Zwillingsblockanlage) war. Hierbei hat er natürlich enorme Dosen absorbiert (was man schon daran sehen kann, dass laut seinen Aussagen >90% seiner Fotos nichts geworden sind), die noch höher liegen, als das was einzelne Liquidatoren in ihren 40sec Schichten abbekommen haben (die ebenfalls heute zum großen Teil sehr krank sind, bzw. es bei diesen Personengruppen auch sehr viele Todesfälle zu verzeichnen gibt; allerdings ungeheuer schwer nachzuweisen, da man damals und auch heute noch kein Interesse hat, diesen Menschen wirklich zu helfen; so beruft man sich leider weiter auf die Todefälle, die durch das ASS hervorgerufen wurden => das betrifft dann aber nur die "Helden der ersten Stunde", was in keinster Weise ironisch gemeint ist, denn wenngleich damals Fehler gemacht wurden, haben sich Feuerwehrleute und Operatoren damals mit ihrem Leben dafür eingesetzt, schlimmeres zu verhindern).
Das dieser Mensch heute nicht mehr Gesund ist, dürfte einleuchten. Wer aber dort *heute* Fotos schießt und sich nicht dauerhaft in der Umgebung des KKWs aufhält, wird keine Schädigungen davontragen. Im übrigen sind ja die Blöcke 1-3 schon kurze Zeit nach der Havarie (Block 1 und 2 im September 86 nach Fertigstellung des Einschlußes, Block 3 etwas später) wieder ans Netz gegangen. Die Arbeiter kamen zunächst in einem 14 Tage/ 14 Rythmus in die Zone (bis ~89), später dann täglich aus Slavutitsch. Ich will auch dies nicht schönreden; die damalige Sowjetunion wollte mit dem "Weiterlaufenlassen" der Welt natürlich in erster Linie zeigen, daß alles nicht so schlimm war (welch ein Hohn), aber wenn man heute für eine kurze Zeit dort ist, ist es absolut gar kein Problem. Im letzten Bericht den ich gesehen habe, lag auf der Warte des havarierten Blocks 4 die Belastung bei <1 Röntgen/h. Das ist nicht unbedingt wenig, außerhalb (dort wo man ohne Aufwand bei der Besichtigung hinkommt) liegt sie auf den gesicherten Wegen weit niedriger.

Gruß

Denis

Panasonic
2004-12-06, 01:37:46
Ich bin mir des Risikos bewusst. Warum glaubt das keiner?
Edit: kann es sein, das einige von Euch etwas falsche Vorstellung von Tschernobyl haben? Zuviel STALKER Videos angeschaut??

Die Straßen sollten so gut wie belastungsfrei sein. Ich werde also bei Windstille gehen und wenns geht auch noch bei Neuschnee. Falls das überhaupt klappt, aber Kiev ist ja keine 200 Km entfernd.

RaumKraehe
2004-12-06, 12:38:29
Ich bin mir des Risikos bewusst. Warum glaubt das keiner?
Edit: kann es sein, das einige von Euch etwas falsche Vorstellung von Tschernobyl haben? Zuviel STALKER Videos angeschaut??

Die Straßen sollten so gut wie belastungsfrei sein. Ich werde also bei Windstille gehen und wenns geht auch noch bei Neuschnee. Falls das überhaupt klappt, aber Kiev ist ja keine 200 Km entfernd.

Sei nicht böse, aber jemand der mit Hilfe eines Buches, Luftröhrenschnitte vollführt, und immer noch an seiner Meinung festhält, obwohl sogar ein Artzt zu dem Thema meinte das es definitiv nicht so einfach und schon gar nicht angebracht ist, dann ist die Glaubwürdigkeit eben hin. :| Somit glaube ich dir nicht das du dir aller Risiken Bewusst bist. Bis zum Reaktor kommst du eh nicht. Weil du brauchst ne Sondergenehmigung. Und was willst du dir da sonst noch anschauen. Auch in die Stadt gleich neben dem Reaktor wirst du nicht kommen. Schon gar nicht als Ausländer.
Dann bleibt die Frage was mann sich dort denn Ankucken möchte? Straßen? Wie interessant. :| Straßen kannst du dir aber auch in der ganzen Ukraine anschauen. Und das mit weniger Gesundheitlichem Risiko.

Zum anderem würde ich mich scheiße fühlen als Turist unbedingt ins verstrahlte Gebiet zu fahren. Wo 10000 Ukrainer an der Katastrophe gestorben sind. Ich empfinde das als relativ piätätlos.

Gast
2004-12-06, 12:47:57
Sei nicht böse, aber jemand der mit Hilfe eines Buches, Luftröhrenschnitte vollführt, und immer noch an seiner Meinung festhält, obwohl sogar ein Artzt zu dem Thema meinte das es definitiv nicht so einfach und schon gar nicht angebracht ist, dann ist die Glaubwürdigkeit eben hin. :|

1) Was hat das mit diesem Thema zu tun und
2) würde ich immer einen Luftröhrenschnitt durchführen, es wenn absolut notwendig ist. Ob es gelingen wird? kA, aber ich bin ein Mensch der nicht mit der Schuld leben könnte, NICHTS unternommen zu haben. Punkt.

Somit glaube ich dir nicht das du dir aller Risiken Bewusst bist. Bis zum Reaktor kommst du eh nicht. Weil du brauchst ne Sondergenehmigung.
Nette Worte oder 10 € sind mehr wert als eine Genehmigung.

Und was willst du dir da sonst noch anschauen. Auch in die Stadt gleich neben dem Reaktor wirst du nicht kommen. Schon gar nicht als Ausländer.
Wie bitte? Ich glaube Du kennst die Ukraine nicht.

Dann bleibt die Frage was mann sich dort denn Ankucken möchte? Straßen? Wie interessant. :| Straßen kannst du dir aber auch in der ganzen Ukraine anschauen. Und das mit weniger Gesundheitlichem Risiko.

Ich bin mir des Risikos bewusst -.-


Zum anderem würde ich mich scheiße fühlen als Turist unbedingt ins verstrahlte Gebiet zu fahren. Wo 10000 Ukrainer an der Katastrophe gestorben sind. Ich empfinde das als relativ piätätlos.
Deine Meinung, welche ich respektiere, aber nicht teile.

sun-man
2004-12-06, 12:48:30
...tja, als reicher deutscher Tourist geht halt so einiges.....

wie auch immer. Ich würde mich dort lieber mit der Cam in die Dörfer wagen und dort ein paar schöne, aber auch mahnende, Fotos machen. 2 Microdrives würde ich wohl an 2-3 Tagen voll bekommen.
Ukrainische Wälder, Kirchen auf den Dörfern, Statuen und vielleicht sogar versuchen das Leben der Menschen dort einzufangen.

Der Mythos Tschernobyl wäre mir zum einen zu gefährlich (egal was andere sagen) und zum anderen wäre es mir das wirklich nicht wert. Die Kiddofspeed Bilder sagen doch mehr als genug aus....da is nix und da wird nix mehr sein.
Aber vielleicht sent sich Pana ja nach nem Nachrichtenpreis oder so :D

RaumKraehe
2004-12-06, 12:58:15
...tja, als reicher deutscher Tourist geht halt so einiges.....

wie auch immer. Ich würde mich dort lieber mit der Cam in die Dörfer wagen und dort ein paar schöne, aber auch mahnende, Fotos machen. 2 Microdrives würde ich wohl an 2-3 Tagen voll bekommen.
Ukrainische Wälder, Kirchen auf den Dörfern, Statuen und vielleicht sogar versuchen das Leben der Menschen dort einzufangen.

Der Mythos Tschernobyl wäre mir zum einen zu gefährlich (egal was andere sagen) und zum anderen wäre es mir das wirklich nicht wert. Die Kiddofspeed Bilder sagen doch mehr als genug aus....da is nix und da wird nix mehr sein.
Aber vielleicht sent sich Pana ja nach nem Nachrichtenpreis oder so :D

Ich möchte hier nur anmerken das die Dörfer hochkontaminiertes Gebeit sind. Also wenn dann wirklich lieber auf der Beton-Straße bleiben. Die Spots am Wegrand sind noch immer sehr gefährlich.

Gast
2004-12-06, 13:03:40
Ich möchte hier nur anmerken das die Dörfer hochkontaminiertes Gebeit sind. Also wenn dann wirklich lieber auf der Beton-Straße bleiben. Die Spots am Wegrand sind noch immer sehr gefährlich.

Jepp, da gebe ich Dir Recht, es ist auf jeden Fall wesentlich sicherer auf betonierten Straßen. Auch Wind ist nicht ungefährlich (Staub). Aber wenn man die Regeln beachtet und nur ein paar Stunden dort ist, dann bekommt man nicht mehr Strahlung ab als bei einem Transantlantik-Flug. Und ich lasse mich einfach von meinem Gefühl leiten, erscheint mir das ganze als nicht angebracht, dann blase ich die Aktion einfach ab. Ich finde es halt wichtig, das die Menschen nie vergessen was alles passieren kann. Aufgefallen ist mir das im "um welche Waffe handelt es sich" Fred, wo viele die Videos für Fälschungen gehalten haben, weil sie sich einfach sowas nicht vorstellen können. Ich bin kein "Tourist" der da dickbäuchig knipst. Ich kenne viele Menschen in Keiw, was keine 200 Km von Tschernobyl weg ist.

Schönen Tag die, Krähe!

Gruß, Panasonic,

RaumKraehe
2004-12-06, 13:16:05
Vergessen kann die Menscheit Chernobyl nicht. Der Sarkopharg muss die nächsten 10000 Jahre ständig erneuert werden, wenn es stimmt das weniger als die Hälfte des spaltbaren Materiales bei der Explosion den Weg ins freie gefunden hat.

Was aber auf Grund der hohen Strahlung in den überresten des Reaktors aber nicht so leicht rauszubekommen ist.

Wenn aber eben und die es gibt Theorien die besagen das bis zu 85% des Materials nicht mehr im Reaktor liegt, liegt es halt um den Reaktor herum. Zumindest würde ich dir die Mitnahme von Dosimeter und Geigerzähler empfehlen. Und den Atemschutz nicht vergessen. Zumindest Rechnet niemand in der Ukraine damit das Gebit in den nächsten 500 Jahren wieder bewohnbar zu machen.

Hiro Hiroshi
2004-12-06, 13:52:53
Ist es heute sicher, Tschernobyl zu besuchen?

Sowohl der Aufenthalt in der gesperrten 30-Kilometer-Zone (inklusive der Stadt Pripjat) als auch der Besuch des Kernkraftwerkes ist heute bedenkenlos möglich. Lediglich in unmittelbarer Nähe des Sarkophags steigt der Strahlungspegel in einen signifikant erhöhten Bereich.
Obwohl manche Isotope wie Cäsium-137, Strontium-90 und Plutonium-239 noch immer nicht zerfallen sind und auch durch die Dekontaminationsarbeiten nicht vollständig beseitigt werden konnten, hält sich die aus ihnen resultierende Strahlenbelastung für einen begrenzten Besuchszeitraum in tolerierbaren Grenzen. Selbst bei den wenigen hundert Tschernobyl-Rückkehrern, die heute wieder innerhalb der 30-Kilometer-Zone leben, wirkt die Dauerbestrahlung nicht tödlich. Begründung: Eine Dauerbestrahlung auf unüblichem, wenngleich noch niedrigem Niveau ist weniger gefährlich als jene mit einer vergleichbaren Strahlendosis innerhalb kürzester Zeit.

http://www.reyl.de/tschernobyl/unfall/Faq.html

Sailor Moon
2004-12-06, 16:46:57
Begründung: Eine Dauerbestrahlung auf unüblichem, wenngleich noch niedrigem Niveau ist weniger gefährlich als jene mit einer vergleichbaren Strahlendosis innerhalb kürzester Zeit.

Wobei sich die Meinung hierzu (längerer Zeitraum => geringe Dosis => relativ ungefährlich) inzwischen als falsch herausgestellt hat. Erhalte ich natürlich in kurzer Zeit eine extrem hohe Strahlendosis, werde ich natürlich unverzüglich am ASS leiden, keine Frage; das ist dann aber auch keine Spätfolge, sondern eine direkte Schädigung.

Gruß

Denis

Sailor Moon
2004-12-06, 17:01:36
Wenn aber eben und die es gibt Theorien die besagen das bis zu 85% des Materials nicht mehr im Reaktor liegt, liegt es halt um den Reaktor herum. Zumindest würde ich dir die Mitnahme von Dosimeter und Geigerzähler empfehlen. Und den Atemschutz nicht vergessen. Zumindest Rechnet niemand in der Ukraine damit das Gebit in den nächsten 500 Jahren wieder bewohnbar zu machen.

Das Kraftwerksgelände ist damals -wenn auch sehr hektisch, aufgrund des enormen Strahlungsniveaus- dekontaminiert worden. Natürlich sind keine echten Zwischenlager, sondern meist nur provisorische Erdschüttungen errichtet worden, viel ist auch in den offenen Block 4 zurückgeschüttet worden. Graphitstücke wird man heute dort z.B. natürlich nicht mehr finden. Die Belastung direkt um das KKW Gelände und auf diesem ist ziemlich genau bekannt.
Das im Reaktor kaum mehr Material vorhanden ist, wurde u.a. in einem ZDF/ ARTE Bericht verbreitet, entspricht aber nicht der Realität. Das im eigentlichen Reaktorschacht kein Brennstoff mehr vorhanden ist, war schon kurze Zeit nach der Havarie klar geworden (u.a. durch Erkundsmissionen im Einschluß und Kernbohrungen in den Reaktorschacht). Herr Tschetscherow feiert dies als eine absolut bahnbrechende, neue Entdeckung. Dabei ist dieser Umstand wie gesagt schon seit spätestens 1987 bekannt. Natürlich liegt der Brennstoff nicht mehr in der ursprünglichen Form vor. Dies wäre in der Tat seeehr gefährlich (=> erneute "Anmoderation"). Er hat sich aber mit den abgeworfenen Materialien (Sand, Dolomit, Blei) verbunden und ist dann als Lava in die tieferen Räume geflossen (z.B. Bereich des Abblasebeckens). Die Begehungen, die dann von Herrn Tschetscherow später durchgeführt wurden, haben diesbezüglich keinerlei Aussagekraft. Prof. Borowoi: " [...] In den letzten Jahren (1994 - 2001) haben Dutzende Objektbegehungen von Erkundungsgruppen, Hunderte Analysen von Proben und Bohrkernen, Fotos und Videomaterial bestätigt, dass wir im Inneren des "Einschlusses" ungefähr 150 t Brennstoff ausgemacht haben und zu weiteren 30 t bisher nicht vorgedrungen sind.
Außerdem hat sich durch die Auswertung dreier unabhängiger integraler Methoden (einer thermischen, einer weiteren durch Cäsium-Abreicherung der Lava und einer chemischen) ergeben, dass allein in den brennstoffhaltigen Massen in den Räumen auf der 9-Meter-Kote ca. 90 t Brennstoff enthalten sind. In allen normativen Dokumenten, sogar in den Regierungsdokumenten der Ukraine, werden diese Ziffern verwendet. [...]". Analyse der GRS: "[...]Verglichen mit dem riesigen Volumen, das vom Sarkophag umschlossen wird, ist das Volumen des verbliebenen Brennstoffs mit 190 Tonnen verschwindend gering. Gemäß der in der GRS vorliegenden Informationen über das Innere des Sarkophags kommen alle seriösen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass etwa 95-97% des ursprünglichen radioaktiven Inventars im Reaktorgebäude verblieben sind. Dies wird auch durch Projekte zur Situation im und um das zerstörte Reaktorgebäude, an denen die GRS beteiligt ist, bestätigt [...]."

Um sich klar zu machen, was denn 1986 überhaupt freigesetzt wurde, kann man sich einfach mal die Leistungsdichteverteilung wenige Minuten vor der Havarie anschauen: "Um 1.22.30 wurde durch den Rechner Skala die Leistungsdichteverteilung und die Lage der Absorberstäbe ausgedruckt. Hier ist anzumerken, dass der Rechner etwa 7-10 Minuten rechnet, also den Zustand der Anlage ungefähr 10 Minuten vor der Explosion ausgab. Über den Querschnitt der aktiven Zone war das Neutronenfeld ausgebeult, über die Höhe hatte es im mittleren zwei Maxima, wobei die Leistungsdichte im oberen Teil höher lag [...] so hatte sich im oberen Teil der aktiven Zone ein Gebiet gebildet, das die Form einer abgeplatteten Kugel mit einem Durchmesser von etwa 7 Metern und einer Höhe von etwa 3 Metern hatte. In diesem Teil der aktiven Zone (der etwa 50 Tonnen wiegt) entstand auch vor allem die prompte Kritikalität und die darauf folgende Leistungsexkursion. Hier kam es zuerst zur Krise des Wärmeaustausches, hier wurden die Brennstäbe zerstört, zerschmolzen und verdampft. Eben dieser Teil der aktiven Zone wurde durch die Knallgasverpuffung in hohe Schichten der Atmosphäre geschleudert [...]"; G. Medwedew

Fazit: Ein großteil des Brennstoffes befindet sich noch im Einschluß allerdings in weniger gefährlicher, gebundener Form. Eine erneute Anmoderation z.B. durch Regenwasser ist nahezu völlig auszuschließen, zudem sind viele der unteren Räume während des Baus des Einschlußes komplett verfüllt worden.

Gruß

Denis

MasterMaxx
2006-04-27, 19:47:08
ausgrab da sehr interessant

soLofox
2010-02-18, 08:04:31
Habe gestern eine Reportage über Tschernobyl gesehen, war vor allem deswegen sehr interessant, weil bis 2005 erklärt wurde, was sich alles getan hat - oder eben auch nicht.

Wer den Beitrag noch nicht kennt, geht 1 1/2 Stunden : Google Video (http://video.google.de/videoplay?docid=-2825657852636100497&ei=auR8S-3fMdiT-Aap_YXZBw&q=tschernobyl&hl=de)

Schon vor vier Jahren wurde ja berichtet, dass der Sarkophag einzustürzen (http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/der_sarkophag_in_tschernobyl_droht_einzustuerzen/) droht. Was ist denn in der Zwischenzeit passiert, ein Konzept gibt es ja auch laut Reportage, aber wann wird der zweite Sarkophag gebaut?

Können dieses Mal einen Großteil der Arbeiten Maschinen übernehmen, oder funktioniert das nach wie vor nicht?

Sailor Moon
2010-02-18, 09:19:14
Was ist denn in der Zwischenzeit passiert
Es sind kurz vor dem 20. Jahrestag einige Stabilisierungsmaßnahmen am alten Einschluß abgeschlossen worden.

Gruß

Denis

soLofox
2011-01-20, 11:25:12
wen es interessiert : momentan gibt es eine wanderausstellung zu tschernobyl.

http://www.stiftung-mercator.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung-details/article/zeitzeugen-erinnern-sich-an-den-26-april-1986.html?CDFS=tecmetoxirwuu&cHash=8dd072107d

Termine der Wanderausstellung im 1. Halbjahr 2011 auf einen Blick:
Beckum 07.01.-14.01.2011
Dortmund 15.01.-27.01.2011
Hagen 16.01.-22.01.2011
Kempten (Allgäu) 06.02.-11.02.2011
Eberbach 06.02.-11.02.2011
Kiel 13.02.-18.02.2011
Rostock 20.02.-26.02.2011
Magdeburg 20.02.-25.02.2011
Braunschweig 27.02.-04.03.2011
Frankfurt/Oder 28.02.-05.03.2011
Eisenhüttenstadt 07.03.-12.03.2011
Leipzig 06.03.-11.03.2011
Münster 13.03.-18.03.2011
Potsdam 15.03.-29.03.2011
Mülheim an der Ruhr 19.03.-25.03.2011
Braunschweig 27.03.-01.04.2011
Gütersloh 27.03.-02.04.2011
Herford 04.04.-08.04.2011
Berlin-Köpenick 03.04.-08.04.2011
Karlsruhe 10.04.-15.04.2011
Zwolle / Niederlande 17.04.-22.04.2011
Hannover 18.04.-24.04.2011
Köln 24.04.-29.04.2011
Wien 02.05.-07.05.2011
Kamen 01.05.-06.05.2011
Rheine 08.05.-13.05.2011
Freising 08.05.-15.05.2011
Bremen 14.05.-20.05.2011
München 16.05.-30.05.2011
Frankfurt/Main 21.05.-03.06.2011
Dresden 01.06.-05.06.2011
Kassel 04.06.-11.06.2011
Gießen 12.06.-18.06.2011
Weimar 21.06.-26.06.2011
Rotenburg/Wümme 25.06.-01.07.2011
Rottweil 04.07.-10.07.2011

Stand Januar 2011 - Aktuelle Informationen unter www.ibb-d.de


am 26. april ist es genau 25 her, dass das unglück passiert ist.

soLofox
2012-03-07, 11:04:35
Es sind kurz vor dem 20. Jahrestag einige Stabilisierungsmaßnahmen am alten Einschluß abgeschlossen worden.

Gruß

Denis

vorgestern habe ich im radio gehört, dass nun endlich der neue sarkophag errichtet wird. soll 2015 fertig sein.

http://forum.spiegel.de/f22/tschernobyl-gau-reaktor-bekommt-neuen-sarkophag-55789.html

deutschland steuert auch geld dazu bei, was ich jedoch in diesem falle mal als sinnvolle investition sehe.

http://www.welt.de/multimedia/archive/00798/Tschernobyl1_DW_Rei_798366p.jpg

http://www.welt.de/multimedia/archive/00798/Tschernobyl2_DW_Rei_798367p.jpg

http://www.welt.de/multimedia/archive/00798/Tschernobyl3_DW_Rei_798368p.jpg

http://www.welt.de/multimedia/archive/00798/tschernobyl2_DW_Wis_798374p.jpg

http://www.welt.de/multimedia/archive/00798/tschernobyl1_DW_Wis_798373p.jpg

bilder : welt.de (http://www.welt.de/vermischtes/article13901731/Tschernobyl-Reaktor-wird-unter-Sarkophag-begraben.html)

Rooter
2012-03-08, 23:13:17
Mal banal gefragt, wäre es nicht einfacher, billiger und effizienter (was die Abschirmung angeht) den alten Sarkophag ein paar Meter dick mit Beton zu bedecken!?

MfG
Rooter

Surrogat
2012-03-08, 23:19:03
Mal banal gefragt, wäre es nicht einfacher, billiger und effizienter (was die Abschirmung angeht) den alten Sarkophag ein paar Meter dick mit Beton zu bedecken!?

MfG
Rooter

afaik wird der alte Sarkophag ja von der Strahlung brüchig gemacht, da würde er wohl kein stabiles Fundament für frischen Beton obendrauf abgeben
Denke mal die Lösung oben ist schon gut und ist auch richtig das wir Geld dazugeben, wenn wir auch keine Mitschuld am Unglück tragen

soLofox
2013-02-13, 21:41:36
http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/atomruine_tschernobyl_dach_stuerzt_ein/

sieht ja mal schlecht aus. wird zeit dass der neue sarkopharg angegangen wird.

Michamel2k
2013-02-13, 22:28:42
Mal banal gefragt, wäre es nicht einfacher, billiger und effizienter (was die Abschirmung angeht) den alten Sarkophag ein paar Meter dick mit Beton zu bedecken!?

MfG
Rooter

Calzium verliert seine Bindungsfähigkeit in der Nähe von radioaktiver Strahlung.
Da Beton chem. Calziumcarbonat ist, löst sich dieses in Nähe von Radioaktivität in Calzium und CO2 auf - und der Beton wird mit der Zeit brüchig.
War zwar damals auch schon bekannt - nur, was wollte man damals auf die Schnelle machen.

Voodoo6000
2013-02-14, 08:58:20
Ich halte diese ganze Sarkophag Sache für reine Geldverbrennung. Ich habe vor einiger Zeit auf Youtube eine Doku gesehen die behauptet das praktisch 95% des Radioaktiven Matrials bereits damals ausgetreten ist. Als Beweis sind sie dann auch in die Ruinen gegeangen und haben interessante Filmaufnahmen gezeigt. link (http://www.youtube.com/watch?v=_glgPJCwo5A)

soLofox
2013-02-14, 09:02:48
hö? aber das ganze geschmolzene material ist doch noch im inneren. geldverbrennung würde ich das nicht nennen, dafür sind genug andere sachen da, ich nenne jetzt besser keine beispiele... ^^

/edit

du solltest dir nochmal den beitrag von Sailor Moon (http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?p=1706697#post1706697) durchlesen.

Sailor Moon
2013-02-14, 10:39:47
ch halte diese ganze Sarkophag Sache für reine Geldverbrennung.
Die unsägliche Millionensargdoku geistert ja schon eine Weile umher. Herr Tschetscherow hatte sich schon lange vorher selbst diskreditiert. Das ist Professor Pflugbeil spätestens damit nun auch gelungen.

http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?p=5409802&highlight=Millionensarg#post5409802

Botcruscher
2013-02-14, 10:59:08
Trotzdem ist das radioaktive Inventar des AKW reichlich unbekannt. Zweifel sind bei solchen Projekten immer angebracht.

Sailor Moon
2013-02-14, 11:07:59
Das Volumen den Brennstoffs ist, selbst unter Berücksichtigung der Vermengung mit diversen Materialien, gegenüber dem Volumen des Einschlusses gering (absolut dennoch erheblich). Von den Unmengen an Reaktorgraphit ist faktisch nichts mehr übrig. Natürlich gibt es Unsicherheitsfaktoren – je nach Teilbereich bis etwa 50 Prozent, zumal die Zugänglichkeit nicht durchgängig gewährleistet ist. Man denke an Verfüllungen oder die enormen Versetzungen durch die Havarie. Aber die "Pflugbeil und Tschetscherow Show" ist (wieder einmal; als Einzelkämpfer gibt es jeweils noch genug krude Äusserungen, nicht nur in Bezug auf Tschernobyl oder die Kernenergie im Allgemeinen) mindestens genauso unerträglich wie das durch die Sowjetunion praktizierte Abwälzen der Schuldfrage auf die Bedienmannschaft, das bis heute die öffentliche Meinung prägt.

Spasstiger
2013-02-14, 11:08:53
Der neue Sarkophag wird ja auch zum Zweck der Dekommissionierung gebaut, also des Abrisses der Gebäude und des Abtransports des radioaktiv belasteten Materials. Ich persönlich fühle mich schon wohler, wenn ich weiß, dass die gesamten Arbeiten unter einer riesigen Schutzhülle stattfinden und nicht an der freien Luft.

soLofox
2013-02-14, 11:39:26
wird der sarkopharg eigentlich luftdicht sein, also mit luftfiltersystem und schleuse, oder einfach nur geschlossen im sinne von kein sichtkontakt nach außen bzw. innen?

sid412
2013-02-14, 17:03:05
Stellt sich auch die Frage:

Wenn der neue Sarkophag drüber kommt, wird der alte abgetragen?
Wenn nicht, kann dieser ja denoch mal einstürzen unter dem neuem und eventuell den neuen Sarkophag beschädigen oder seh ich das falsch?