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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Ende... (Werder-Woche)


avalanche
2004-05-16, 21:12:28
meiner Stimmbänder.
Ich kann nicht mehr.
Samstag, 8. Mai - Bremer Domshof: zweieinhalb Stunden vor dem Spiel kam ich mit einer Gruppe von Freunden und Bekannten auf dem Bremer Marktplatz, der bei Bremern und inzwischen auch bei vielen Fussballfans aus ganz Deutschland als fast schon legendärer "Domshof" bekannt ist, an. Nachdem eine Welle von Gratulationen über mich hereingebrochen war (ich bin am 7. Mai 18 geworden) waren es "nur" noch zwei Stunden bis zum Anpfiff. Als dann auch endlich die letzten Marktkarren aus den grünweißen Massen herausbefördert worden waren (am 8. Mai war noch "normaler" Markt auf dem Marktplatz) wurde der Fangesang nocheinmal merklich intensiver. Auf der Bühne neben der Leinwand, die von Premiere gestellt wurde, brachten der Weser-Kurier (lokale Zeitung) und "Hitradio Antenne" ihre "Vor dem Spiel Show mit Stimmungsmache". Gut, dass wir so früh auf dem Marktplatz waren, wir hatten uns einen Platz mittig, etwa dreißig Meter vor der Leinwand ergattert: Das ganze Ausmaß wurde uns zum ersten Mal bewusst, als man den Domshof aus der Isoperspektive auf der Leinwand zeigte. Der komplette, nicht gerade kleine Marktplatz und sämtliche angrenzenden Straßen waren brechend voll mit grünweiß gekleideten Werderanern. Es war gigantisch. Zu diesem Zeitpunkt war ich nach ~zwei Stunden Dauergesang schon merklich heiser. Dann endlich: Anpfiff. Es waren gerade mal 5 Minuten vergangen, da brach in Bremens Mitte ein ohrenbetäubendes Geschrei aus: Ailton hatte den Ball voll auf Kahn geschossen. Werder machte Druck, das gefiel allen. Eine Viertelstunde später waren wir alle mächtig sauer. Klasnic (aka "Ivan der Schreckliche" oder "Der Killer") war gestartet, befand sich in aussichtsreiche Position und ein völlig verunglückter Pass von Ailton folgte. Die Stimmung schwappte schnell wieder ins Positive: Das Geschrei wiederholte sich noch ein bisschen lauter und viel dann in einen trommelfellgefährdenden Jubel um: Kahn ließ den von Ailton so schlecht gespielten Ball wieder los, Klasnic schaltete als erter und versenkte in den Maschen. Zu diesem Zeitpunkt viel es mir noch schwerer, verständliche Laute von mir zu geben. Als kurze Zeit später noch "Mr. olala Micoud" (aka "Gott") und Aaaaaailton zwei potentielle Tore des Monats versenkten, die von sämtlichen Werderfans klanglich gewürdigt wurden, war meine Stimme zum ersten mal weg. Egal, das Singen musste weitergehen. Nach einer Viertelstunde Halbzeitpause ging's dann auch wieder. Die zweite Hälfte war dann trotz des Gegentores ein einziges Werder-Fest. Die Meisterschaft war so gut wie im Sack und man sang und feierte mit ca. 25000 Werder-Fans. Geil. Nach dem Schlusspfiff gab's dann kein Halten mehr. Bremen drehte durch und hat sich bis heute nicht wieder eingekriegt. Bis halb 8 hab ich die Feier dann noch mit durchgehalten, danach war Ende. 2 Scheiben Toast, die ich am Morgen gegessen hatte, reichten einfach nicht mehr. Also: Nach Hause, was gegessen, um anschließend bei einem Freund und ehemaligen Klassenkameraden eine Werder-Spontanmeisterparty zu sarten.

Samstag, 8. Mai - Meisterparty: ist relativ schnell erzählt. Sondersendung auf der ARD, Sportstudio beim ZDF, viiieeeel Beck's und sehr viel Tequila. Und Musik, an die kann ich mich aber nicht mehr erinnern. Mitten in der Nacht war ich dann wieder zuhause...

Sonntag, 9. Mai - Erholung: Der Sonntag war klasse. Mich haben ~5 Leute angerufen, die mir zum Werdersieg gratuliert haben. Dass ich Geburtstag hatte, hatten alle vergessen, das war aber auch nicht weiter schlimm. Viel geredet habe ich am 9. Mai nicht mehr - aus bekannten Gründen.

Anschließend wurde ich dann auch noch krank. Dicke Erkältung mit allem Pipapo... Egal, denn nach einer ziemlichen Oddysee sind wir doch noch an Karten für die Meisterfeier im Stadion bekommen.

Samstag, 15. Mai - Weserstadion: Fitaspiriniert für den "großen Tag" gings ins Sadion. Nachdem der Werder-Bus (bzw. einer der Busse, die die Stadt ins Stadion karren) nach einigen Schwierigkeiten angekommen war, gings endlich in unser Betonschüsseln-Wohnzimmer. Ich war ja schon ziemlich oft im Stadion, eigentlich in der Ostkurve (Fan-Kurve), aber da war kartentechnisch nichts zu machen, was da zu sehen war, sprengte so ziemlich alles. Es waren, abgesehen von den Leverkusenern, alle in grünweiß. Das ganze Stadion war grünweiß, hat gesungen und den neuen Meister gefeiert. Eine unglaubliche Stimmung und ein unglaublicher Anblick, den ich _ganz_ sicher _nie_ vergessen werde. Nachdem die Mannschaft vor dem Spiel ordentlch gefeiert wurde und eine ziemlich bescheidene Leistung der Mannschaft vorbei war, die die Stimmung allerdings nicht wirklich beeinträchtigte, ging die Feier weiter. Und das beste kam ja noch. Die Schale, die 3 Stunden lang lauthals gefordert wurde, wurde von Rudi Völler ins Stadion getragen. Nach 11 Jahren war die 11kg schwere Schüssel wieder da, wo sie hingehört. Das war der gefühlsmäßige Höhepunkt. Anschließend machte die Schale über die Werderspieler noch eine schöne Reise durch's Stadion und wurde von den Fans und den Spielern gefeiert. Was für ein Tag, nach dem ich auch nicht mehr sprechen konnte. Die vom letzten Wochenende und von der Erkältung vorgeschädigte Kehle gab nicht mehr wirklich viel her.

Sonntag, 16. Mai - Vor dem Rathaus: Morgens in den Zug, 20 Minuten von Bremen-Nord bis in die Bremer Innenstadt und dann durch eine riesige Menschenmasse bis vor das Rathaus gekämpft und in eine aussichtsreiche Position gebracht. So viele Menschen auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen.
Wieder geniale Stimmung, wieder viel gesungen und gegröhlt, soweit das noch ging und gewartet. Gewartet auf die Mannschaft, die eine so geniale Saision gespielt hat und die mit der Schale zum Rathaus fährt. Um 12 startete der Autokorso am Weserstadion und brachte die Mannschaft plus Trainer zum Rathaus. Der Autokorse fuhr durch Werderfan-Massen und kam dann endlich bei uns am Rathaus an. "Der Jubel kannte keine Grenzen mehr" (sehr beliebter Satz in der letzten Woche). Während die Mannschaft gefeiert wurde, verschwand sie im Rathaus und kam dann um halb 2 endlich auf den Balkon und präsentierten endlich die Schale. Seit dem kann ich nicht mehr richtig sprechen. Bis halb 4 wurde noch gefeiert gesungen und mit der Mannschaft die Party des Jahres abgebrannt. 70000 Fans. Es war gigantomatisch. Etwas Schöneres gibt es nicht. Irgendwie musste man sich dann doch von der Party losreißen und nu bin ich wieder zu Hause. Überglücklich und zwangsweise sprachlos kloppe ich nun die letzten Anschläge über die Tastatur - und freue mich schon auf den DFB Pokal. Das Finale wird wieder auf dem Domshof übertragen (hoffentlich) und dann wird es (hoffentlich) wieder eine Rathaus Party geben und ich werde wieder da sein.
Zum Schluss noch ein Aufruf an unsere Gentechniker: Beeilt auch mit dem Klonen, ich brauche Ersatzstimmbänder: spätestens in zwei Wochen müssen die da sein.

Bis dahin,
euer überglücklicher, seit einer Woche grinsender, stummer
avalanche