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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Review: Mike Oldfield (Teil 1)


aths
2002-03-28, 07:44:40
In loser Reihenfolge werden ein paar Werke von Mike Oldfield besprochen.

Was erwartet man von einem introvertiertem, scheuen Menschen, der in seiner Kindheit Musik als Realitätsflucht begriff? Der heute von seinen Fans einfach "der Meister" genannt wird?

Heute: Die Tubular Bells Reihe

Tubular Bells

Auf der Rückseite steht: "Mike Oldfield plays:" - und dann folgen 20 Instrumente. Tubular Bells ist das Erstlingswerk des Meisters. "Das erste mal" (es anzuhören) werde ich nie vergessen. Ich lag im Bett, und rechts neben mir stand so ein Kassettenradiorekorder, an den ich Kopfhörer angeschlossen hatte (ich glaube, 40-Mark-Sennheiser.) Es war Nacht, also dunkel, und die Musik war, hm, komisch. Verwirrend und beruhigend zugleich. Nach einiger Zeit hörte es sich so an, als ob er mit Vertärker-Rauschen experimentierte. Geduldig hörte ich weiter. Dann wurden Instrumente vorgestellt: Mit den Worten "Grand Piano..." (er spricht hier nicht selbst) spielte er eine Melodie ein. (Die Stimme kam vom Sänger einer Gruppe, welche das Studio als nächstes gebucht hatte und schon angereist war.) Weitere Instrumente folgten. Dann wurden die namensgebenden Tubular Bells angekündingt. Bei dem ersten Ton riss über mir eine Wolkendecke auf, und eine hydraulische Anlage schob mich nach oben - ins Licht.

Diese Intensität verspürte ich beim zweiten mal hören natürlich nicht mehr. (Es handelte sich bei diesem Teil um die Mitte im zweiteiligen Werk, also das Ende von Part 1) Part 2 hat kein so grandioses Finale, doch überrascht ebenfalls durch gute Ideen. Tubular Bells ist inzwischen über 28 Jahre alt, und dementsprechend ungewohnt klingt es die ersten male. Die Faszination ist schwer zu beschreiben. Dennoch kann ich von diesem Werk behaupten, dass es mein Bewusstsein erweiterte.

Offenbar kann Mike Oldfield alles spielen. Die Gitarre beherrscht er jedoch absolut meisterlich.

Es gibt auch eine Orchester-Version von Tubular Bells. Diese eignet sich aber eher für Hintergrund-Beschallung. Es gibt vom Original auch eine 4-Kanal-Version (die spezielle CD-Player erfordert.) Ich habe leider weder diese CD noch den passenden Player.

Interessant ist, dass das Werk zunächst von einer etlichen Musikverlagen abgelehnt wurde. Virgin presste es schliesslich in Vinyl - dem Chef Richard Branson wird nachgesagt, absolut keinen Musikverstand zu besitzen. Es wurde übrigens die erfolgreichste Platte des Labels.


Tubular Bells II

Ich hielt dies für eine Fortsetzung, und war überrascht, als ich beim 3. oder 4. Lied erkannte (CD-Player gerecht ist Tubular Bells II in kleinere Stücke unterteilt) dass es sich "nur" um eine Neueinspielung handelte. Allerdings eine, die viel besser auf heutige Ohren abgestimmt ist. Die Genialität seines Vorgängers wird zwar nicht erreicht. Doch es ist ein sehr gefälliges und gutes Werk. Auch hier gilt: Man muss sich darauf einlassen. Vieles erschliesst sich erst nach dem 10., 20. oder 30. male. Tubular Bells II ist deutlich meliöser als sein Vorgänger, ebenso emotional, streckenweise aber wuchtiger.

Wie im Vorgänger scheint er mit der Musik zu malen. Weniger Landschaften, eher Gefühlsstimmungen. Tubular Bells II lege ich von allen Bells am häufigsten auf. Wie schon bei Tubular Bells I halte ich es für schlecht möglich, Teile auszukoppeln. Man sollte sich immer darauf einlassen, das Gesamtwerk zu genießen.

Übrigens handelt es sich hierbei um seine erste Platte seiner Nach-Virgin-Zeit.


Tubular Bells III

Schwächer als die Vorgänger, dennoch mit sehr guten Stücken. Diesmal wandelte er viel ab, die Tubular Bells setzte er nun an das Ende. In unzähligen Reviews zerrissen, finde ich Tubular Bells III durchaus hörenswert. Nach dem man die langatmige erste Hälfte hinter sich hat, fährt Mike Oldfield wieder zu seiner Genialität auf, das Werk mündet schliesslich in einem wuchtigen Finale. Vorher überrascht er mit einigen sehr guten Stücken, und es ist auch ein richtiges Lied enthalten. (Es versuchte schon früher, es aufzunehmen, doch war lange nicht zufrieden. Diesmal brachte er es zuende.) Im Gegensatz zum originalen Tubular Bells spielt Mike Oldfield hier - nichts. Die CD ist komplett im Computer enstanden. Insofern erstaunt es nicht, dass er auf dem Foto im Booklet nur eine Luftgitarre hält. (Die Live-Aufführung kam der Musik allerdings ziemlich nahe - anders herum gesagt, klingt die Musik trotz Computer realistisch.) Gerüchteweise wurden wieder mal einige Instrumente in der Liste verschwiegen, vielleicht kamen doch einige echte zum Einsatz.

Was man bei Tubular Bells III allerdings vermisst, ist eine typische Oldfield-Stärke: Bandbreite. Fans seiner Frühwerke werden garantiert nicht glücklich, allen anderen kann die CD ab "Man in the Rain" heiss empfohlen werden.

(Reviews weiterer Werke sind in Vorbereitung)

Amarok
2002-03-28, 15:33:57
Freue mich schon auf die nächsten Review !!!

Wuzel
2002-03-28, 18:34:12
Five Elements, Platinium, QE2, Crises, five milis out ( die mit dem LSD Bild auf der Plattenhüllenrückseite ;) ) -> meiner Ansicht nach die besten Werke. War schon auf zwei Konzerten aufm Berg da bei Singen ( Hoent irgendwas,kein Plan wie das genau heisst ).

Job , dann schreib mal fleissig wieter, der Sound ist goil.

Thowe
2002-03-28, 23:20:38
Als ich das erste mal Tubular Bells hörte, dürfte da so etwa 12 Jahre gewesen sein, und an die Stelle auf der Platte kam wo die Tubular Bells gespielt werden, hatte ich eine dermassen ausgeprägte Gänsehaut das ich das Gefühl hatte das mir gleich Federn wachsen. Bis dato das einzige Mal das ich die so intensiv hatte.

aths
2002-03-29, 00:27:27
Thowe,

der gute Michael hatte keine großen Röhren, und musste sich mit kleinen zufrieden geben. Dafür drehte er dann den Verstärker voll auf - das dürfte mit zum eigentümlichen Klang beigetragen haben.

Beim Live-Konzert (Then and Now Tour, Rostock Stadthalle, '99) hatten sie mehrere "kleinere" (vielleicht 3/4 mannshohe) Röhren, bei der Uraufführung in London (kenne ich leider nur aus der DVD-Konserve) noch drei richtig große - das war ein Sound 8-D

Ok, als ich beim Live-Konzert war, kamen die Tubular Bells dank dem Schalldruck auch... kraftvoll an. Doch wie beim erstmaligem Hören war es wirklich nie mehr.