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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ein paar Gedanken zu "American Psycho" von B. E. Ellis ...


Benedikt
2004-09-03, 19:28:33
Hi Leute,

nachdem ich mir den Film zu "American Psycho" schon vor längerer Zeit angesehen habe, und mir dieser sehr sehr gut gefallen hat, habe ich mir danach das Buch von B. E. Ellis bestellt und mal angefangen zu lesen - tja, jetzt bin ich durch und mir schwirrt immer noch der Kopf von einigen Dingen, die ich hier gerne klären würde.
Zuerst mal - Bret Easton Ellis-Fans könnte dieses Posting eventuell nicht so gefallen, diejenigen bitte ich diesen Thread zu ignorieren...

Kurz gesagt, ich bin von dem Buch nicht begeistert. Irgendwie ist mir sogar ums Geld leid, im Nachhinein betrachtet bereue ich es, das Buch gekauft (und gelesen) zu haben. Was sind nun die Gründe dafür?
Das Buch kommt mir wie eine literarische Stilübung im Sinne von "möglichst genaue Beschreibung des Konsum- und Modeverhalten der 80er" vor, gleichzeitig wirkt es auf mich wie ein experimentelles Machwerk des gehypten Autors, möglichst viel Gewalt komprimiert in Buchform zu verpacken.
Irgendwie ist das Buch weder Fisch noch Fleisch. Die Figuren wirken auf mich, so leid es mir tut, einfach nur Platt und ohne Hintergrund. Auch wenn dies bezweckt ist, es bleibt einfach nach meinem Geschmack viel zu viel unklar. Auch wenn das alles eine satirische Überzeichnung des reichen NY der 80er sein soll/Gesellschaftskritik? Das Wort ist für mich einfach zu strapaziert, weil es in letzter Zeit IMO für jeden Müll herhalten muss ...
Die Schauplätze in dem Buch gleichen sich alle mehr oder weniger. Restaurant->Restaurant->Straße->Arbeit->sonstwo->Restaurant->Restaurant. Irgendwie zuviele Restaurants in dem Buch beschrieben ... :)
Auch der "Gag", dass sich alle gegenseitig verwechseln und mit dem falschen Namen anreden wirkt irgendwie nach dem dritten Mal etwas platt.
Die Genialität, die dem Buch zugeschrieben wird (von mir nicht) hab ich schon ein paar Mal in dem Zusammenhang gelesen, dass B. E. Ellis bei diesem Buch der Meister im Beschreiben der Mode-, Essens-, Lebensgewohnheiten der 80er sein soll. Okay - ähem - aber Seitenlange (!) Aufzählungen welche Klamotten jedermann an hat, was Bateman (der Hauptcharakter) allen seinen Freunden zu Weihnachten kauft oder was alles in seiner Wohnung herumsteht? Versteht mich nicht falsch, aber irgendwie ödet das nach einiger Zeit etwas an, und der Lesefluss wird IMO gestört. Man quält sich durch diese "Beschreibungsseiten" und wartet darauf, dass wieder mal irgendwas interessantes passiert.

Tja, und das interessante soll dann wohl die exzessive Gewalt sein, oder die Vergewaltigungen? Ich bin echt nicht zart besaitet, was so etwas anbelangt, aber wenn jemand bis ins Detail beschreibt wie er beispielsweise Frauen die Brustwarzen absägt, ihnen das Fleisch mit einer Rohrzange von den Rippen reißt und ihnen Heizungsrohre in die V***** schiebt, da ist mir schon speiübel geworden. Ich meine, das macht doch keinen Spaß mehr so etwas zu lesen. Ich habe ehrlich gesagt ganze Zeit nach der Satire gesucht, nach irgendwas was diese beschriebenen Exzesse rechtfertigt. Doch da ist nix, nichts stilistisch wertvolles, nur pure Gewalt IMO. Wo ist bei all der Gewalt das geniale, was diesem Autor zugeschrieben wird - oder die literarische Grausamkeit das offenbar "geniale"? Und ach ja, die dazwischen eingeschobenen Erotikszenen lesen sich wie billige Geschichten aus irgendwelchen Kiosk-Pornoheftchen.

Sorry, aber das musste mal raus. Bitte sagt mir doch, was ihr zu dem Buch denkt... hat es Euch etwas substantielles gegeben, was ja jedes Buch eigentlich tun sollte?

MFG,
B. W.

carcass
2004-09-03, 19:58:18
Ich fand das Buch von A-Z komisch und sehr unterhaltsam. Die Gewaltszenen sind wirklich überdimensioniert, dabei hab ich mich auch gewundert auf der anderen Seite kann ich mich im Nachhinein total darüber kaputtlachen wie bizarr die ganzen Szenarien sind die sich Bateman da aufbaut. Warscheinlich soll sich hier auch wieder die Unwirklichkeit der ganzen "Zeit" oder des Milieus in dem sich Bateman aufhält wiederspiegeln. Ich fand das Buch super, noch besser als den Film (Christian Bale regelt ;)) allgerdings verstehe ich wenn es Leute gibt die sagen das Buch ist shit bzw. der letzte Dreck weil es einfach extrem ist.
hm...

carcass

Benedikt
2004-09-03, 20:21:37
Ich fand das Buch von A-Z komisch und sehr unterhaltsam. Die Gewaltszenen sind wirklich überdimensioniert, dabei hab ich mich auch gewundert auf der anderen Seite kann ich mich im Nachhinein total darüber kaputtlachen wie bizarr die ganzen Szenarien sind die sich Bateman da aufbaut. Warscheinlich soll sich hier auch wieder die Unwirklichkeit der ganzen "Zeit" oder des Milieus in dem sich Bateman aufhält wiederspiegeln. Ich fand das Buch super, noch besser als den Film (Christian Bale regelt ;)) allgerdings verstehe ich wenn es Leute gibt die sagen das Buch ist shit bzw. der letzte Dreck weil es einfach extrem ist.
hm...

carcass

Ja wenn's wenigstens im Buch so satirisch wie im Film (!) rüberkäme, im Buch kommt mir die ganze Gewalttätigkeit ernster, heftiger vor.

MFG,
B. W.

Hempster
2004-09-04, 04:46:30
Hi Leute,
Kurz gesagt...

Ich habe das Buch zuerst gelesen, und war vom Film positiv überrascht. Das lag aber hauptsächlich an Christian Bale.
Jeder hat sich gefragt, wie wohl die Gewaltszenen aussehen, und eigentlich schon vorher gewusst, dass das nicht verfilmbar ist. Die krasseste Stelle/Kapitel war IMO die Ratte...

Das "interessante"? Du suchst nach Satire? Du siehst den Wald vor Bäumen nicht. ;) Das ganze Buch ist Satire.

Das spielt mitte der 80er. Neureiche junge Typen an der Wallstreet. Niemand ist interessiert an den Mitmenschen (Heute nicht viel besser, aber die 80er in Amerika waren scheinbar extrem, Bret Easton Ellis hat die 80er nicht sehr gemocht laut Interviews).
Visitenkarten sind wichtiger als Menschen. Die Verwechselungen sind kein "Gag".
Einfach mal 500 Dollar abheben, weil es spass macht usw.

Und in Gegensatz dazu wird jede Marke, jeder Mord bis ins kleinste Detail beschrieben. Fast grotesk, was der in seiner Wohnung alles anstellt. Aber auch sowas kann von einem gesunden Hirn ausgedacht werden. Und sogar noch schlimmere Sachen. Auch das sollte einem zu denken geben.

Es gibt viele Theorien, was der Sinn, die Botschaft des Buches ist. Und ob das überhaupt alles passiert ist, oder nur in Patrick Bateman´s Kopf...
Falls Du englisch kannst. Interessante Infos und Meinungen:
http://www.briankotek.com/psycho/forum/index.cfm