Quantar
2004-11-24, 14:54:04
Was mag sich wohl dahinter verbergen? Einiges. Jedoch mal von vorne…
Mein letzter Beitrag liegt ca. 3 Wochen zurück. In dieser Zeit ist auch einfach nix großartiges, aufregendes und legendäres passiert. Da ich hier sowieso nicht zu wirklich viel Geld komme habe ich kurzerhand entschlossen, nicht mehr zu arbeiten. Ich mach den Scheiß nicht mehr mit. Jeden Tag wird mir von neuem berichtet, wie scheiße man hier als Backpacker behandelt wird. Im Grunde genommen ist man nicht mehr als ein Stück Vieh. Da können mich die gleich in Ketten legen, mir eine Spitzhacke in die Hand drücken und mich in einen Stollen verfrachten.
Jedoch stellte sich nach einigen Gesprächen mit „ korrekten Einheimischen“ heraus, das ich ein Anrecht auf Arbeitslosengeld habe! Jawohl, ihr habt richtig gehört, ich bin nur mal „eben“ hier, habe nie was geleistet und nie gearbeitet. Aber ich bekomme Arbeitslosengeld. Vor 2 Wochen bekam ich also ein Termin für ein Interview. Offiziell: Eine Prüfung meiner gegenwärtigen Situation, ob ein wirklich ein Anspruch auf das sog. „unemployment Benefit“ habe. In der Realität sah dies jedoch ganz anders aus.
Ich kam also mit leicht bibbernden Knien in das „CentreLink“, so etwas wie das australische Arbeitsamt. Nach genau einer Minute Wartezeit nahm sich Matt mir an. Matt war schätzungsweise 30, locker drauf, und scheint geradezu versessen darauf, den staatlichen Haushaltsüberschuss „gerecht“ zu verteilen. Hier ein paar Auszüge:
Man fragte mich nicht, warum ich hier bin, wieso, was ich hier mache und was ich vorhabe.
Man wollte von mir einen australischen Kontoauszug haben, mit dem man „prüfen“ kann, ob ich auch wirklich „arm“ bin. Niemand hat mich gefragt, ob ich womöglich noch ein paar Millionen auf einem deutschen Konto gebunkert habe, obwohl ich gleich von Anfang an meinte, dass ich als „deutscher“ erst seit 2 Monaten hier sei.
Man fragte mich:“ haben sie hier schon mal gearbeitet?“. Da ich auf meinem mitgebrachten account-statement 100 Dollar verzeichnet hatte, welche ich mir hier an einem Tag legal erarbeitet habe, sagte ich natürlich:“ Ja 2 Tage“. Es kam kein „warum haben sie nicht weiter gearbeitet?“ Ganz im Gegenteil. Matt meinte: „also bisher keine Arbeit“.
Man fragte mich wo ich wohne. Darauf hin sagte ich ihm wahrheitsgemäß:“ im Northaven Motor Inn“. Das Teil ist bekannt dafür, ein working hostel zu sein. Will heißen, dort wohnen nur Leute, die zum Arbeiten hier her gekommen sind. Und schließlich vermittelt sogar der Chef hier die Arbeit. War Matt auch egal.
Und schließlich wies er mich noch darauf hin, dass ich auch noch Wohngeld bekomme.
So drückte er mir am Schluss 2 Formulare in die Hand, die ich alle 14 Tage in einem beliebigen Centrelink abgeben „muss“.
Ende vom Lied: alle 14 Tage 400 Dollar „Arbeitslosengeld“ + 100-200 Dollar Wohngeld.
Hört sich nach einem Haufen Kohle an, ist es aber nicht. Wenn ich hier rumhocke, kann ich mir ein recht schönes Leben machen, aber wenn ich mal wieder aus dem Kaff raus will, gehört schon ne Menge mehr dazu. Insofern hilft mir das auch nur bedingt weiter.
Aber… Ob man es glaubt oder nicht, ich will ja arbeiten. Insofern habe ich hier die Möglichkeiten des „JobNetworks“ in Anspruch genommen. Das ganze läuft hier folgender maßen:
Es gibt hier ausschließlich private Arbeitsvermittlungsargenturen. Diese sind zusammengeschlossen in einem Network. Also bin ich mal hin. Auf meine Frage, wo ich denn Arbeit finden kann, verwies man mich zunächst auf die „Liste“, auf der jede Woche 30 Jobs aushängen und drückte mir mit einem gequälten Lächeln eine „Harvesting“ card in die Hand. Tja, die dachten wohl ich sei ein Backpacker und müsste auch die Arbeit machen, auf die kein Australier Bock hat. Da zog ich meinen Pass hervor, und welch Wunder, auf einmal war ich wer. Man bat mich 2 Formulare auszufüllen, kopierte mir umsonst meine resumes und den sonstigen Kram und gab mir einen Termin für eine persönliche Beratung. Da war ich auch. Ein ziemlich netter Mensch nahm sich meiner an, und speiste das System mit meinen Daten, erstellte mir einen JobNetwork Account und fertigte ein anständiges Resume von mir an.
Und so kann ich mich jden Tag über das Netz einloggen, und gucken, ob es neue Jobs gibt, die meinem Profil entsprechen. Und bei nem match kann ich sofort mein Resume inklusive application wegschicken. Ist schon ne feine Technik.
Najo, ist zwar öde, immer noch hier rumzuhängen, aber immerhin habe ich so was wie eine Basis geschaffen. Denn ich sage mir: Irgendwo in diesem Land wird mich doch jemand brauchen. Und solange ich mich nicht als Backpacker verkaufe, sondern irgendwie als Australier, wird das schon hinhauen. Ich habe jedenfalls noch nicht aufgegeben, einen Job zu finden, der mir Spaß macht. Und ich werde auch nicht aufhören. Solange ich noch einen Dollar in der Tasche habe, werde ich versuchen, entgegen aller anderen Erwartungen nicht auf einem Feld zu verrecken. Jeden tag sitze ich hier und suche, und jeden Tag muss ich mir anhören“ da gibt es doch sowieso nix“ oder „vergiss es einfach“. Aber nicht mit mir. Ich kämpfe bis zum Schluss….
So long
Kelvin
Mein letzter Beitrag liegt ca. 3 Wochen zurück. In dieser Zeit ist auch einfach nix großartiges, aufregendes und legendäres passiert. Da ich hier sowieso nicht zu wirklich viel Geld komme habe ich kurzerhand entschlossen, nicht mehr zu arbeiten. Ich mach den Scheiß nicht mehr mit. Jeden Tag wird mir von neuem berichtet, wie scheiße man hier als Backpacker behandelt wird. Im Grunde genommen ist man nicht mehr als ein Stück Vieh. Da können mich die gleich in Ketten legen, mir eine Spitzhacke in die Hand drücken und mich in einen Stollen verfrachten.
Jedoch stellte sich nach einigen Gesprächen mit „ korrekten Einheimischen“ heraus, das ich ein Anrecht auf Arbeitslosengeld habe! Jawohl, ihr habt richtig gehört, ich bin nur mal „eben“ hier, habe nie was geleistet und nie gearbeitet. Aber ich bekomme Arbeitslosengeld. Vor 2 Wochen bekam ich also ein Termin für ein Interview. Offiziell: Eine Prüfung meiner gegenwärtigen Situation, ob ein wirklich ein Anspruch auf das sog. „unemployment Benefit“ habe. In der Realität sah dies jedoch ganz anders aus.
Ich kam also mit leicht bibbernden Knien in das „CentreLink“, so etwas wie das australische Arbeitsamt. Nach genau einer Minute Wartezeit nahm sich Matt mir an. Matt war schätzungsweise 30, locker drauf, und scheint geradezu versessen darauf, den staatlichen Haushaltsüberschuss „gerecht“ zu verteilen. Hier ein paar Auszüge:
Man fragte mich nicht, warum ich hier bin, wieso, was ich hier mache und was ich vorhabe.
Man wollte von mir einen australischen Kontoauszug haben, mit dem man „prüfen“ kann, ob ich auch wirklich „arm“ bin. Niemand hat mich gefragt, ob ich womöglich noch ein paar Millionen auf einem deutschen Konto gebunkert habe, obwohl ich gleich von Anfang an meinte, dass ich als „deutscher“ erst seit 2 Monaten hier sei.
Man fragte mich:“ haben sie hier schon mal gearbeitet?“. Da ich auf meinem mitgebrachten account-statement 100 Dollar verzeichnet hatte, welche ich mir hier an einem Tag legal erarbeitet habe, sagte ich natürlich:“ Ja 2 Tage“. Es kam kein „warum haben sie nicht weiter gearbeitet?“ Ganz im Gegenteil. Matt meinte: „also bisher keine Arbeit“.
Man fragte mich wo ich wohne. Darauf hin sagte ich ihm wahrheitsgemäß:“ im Northaven Motor Inn“. Das Teil ist bekannt dafür, ein working hostel zu sein. Will heißen, dort wohnen nur Leute, die zum Arbeiten hier her gekommen sind. Und schließlich vermittelt sogar der Chef hier die Arbeit. War Matt auch egal.
Und schließlich wies er mich noch darauf hin, dass ich auch noch Wohngeld bekomme.
So drückte er mir am Schluss 2 Formulare in die Hand, die ich alle 14 Tage in einem beliebigen Centrelink abgeben „muss“.
Ende vom Lied: alle 14 Tage 400 Dollar „Arbeitslosengeld“ + 100-200 Dollar Wohngeld.
Hört sich nach einem Haufen Kohle an, ist es aber nicht. Wenn ich hier rumhocke, kann ich mir ein recht schönes Leben machen, aber wenn ich mal wieder aus dem Kaff raus will, gehört schon ne Menge mehr dazu. Insofern hilft mir das auch nur bedingt weiter.
Aber… Ob man es glaubt oder nicht, ich will ja arbeiten. Insofern habe ich hier die Möglichkeiten des „JobNetworks“ in Anspruch genommen. Das ganze läuft hier folgender maßen:
Es gibt hier ausschließlich private Arbeitsvermittlungsargenturen. Diese sind zusammengeschlossen in einem Network. Also bin ich mal hin. Auf meine Frage, wo ich denn Arbeit finden kann, verwies man mich zunächst auf die „Liste“, auf der jede Woche 30 Jobs aushängen und drückte mir mit einem gequälten Lächeln eine „Harvesting“ card in die Hand. Tja, die dachten wohl ich sei ein Backpacker und müsste auch die Arbeit machen, auf die kein Australier Bock hat. Da zog ich meinen Pass hervor, und welch Wunder, auf einmal war ich wer. Man bat mich 2 Formulare auszufüllen, kopierte mir umsonst meine resumes und den sonstigen Kram und gab mir einen Termin für eine persönliche Beratung. Da war ich auch. Ein ziemlich netter Mensch nahm sich meiner an, und speiste das System mit meinen Daten, erstellte mir einen JobNetwork Account und fertigte ein anständiges Resume von mir an.
Und so kann ich mich jden Tag über das Netz einloggen, und gucken, ob es neue Jobs gibt, die meinem Profil entsprechen. Und bei nem match kann ich sofort mein Resume inklusive application wegschicken. Ist schon ne feine Technik.
Najo, ist zwar öde, immer noch hier rumzuhängen, aber immerhin habe ich so was wie eine Basis geschaffen. Denn ich sage mir: Irgendwo in diesem Land wird mich doch jemand brauchen. Und solange ich mich nicht als Backpacker verkaufe, sondern irgendwie als Australier, wird das schon hinhauen. Ich habe jedenfalls noch nicht aufgegeben, einen Job zu finden, der mir Spaß macht. Und ich werde auch nicht aufhören. Solange ich noch einen Dollar in der Tasche habe, werde ich versuchen, entgegen aller anderen Erwartungen nicht auf einem Feld zu verrecken. Jeden tag sitze ich hier und suche, und jeden Tag muss ich mir anhören“ da gibt es doch sowieso nix“ oder „vergiss es einfach“. Aber nicht mit mir. Ich kämpfe bis zum Schluss….
So long
Kelvin