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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : "Lieblings"gedicht gesucht


/me
2005-01-12, 17:21:54
Hallo,

für Deutsch muss ich als Hausaufgabe etwas über mein Lieblingsgedicht schreiben (also warum es unser Lieblingsgedicht ist und so). In unserer Klasse suchen jetzt alle ein Lieblingsgedicht. ;D Tja, und ich gehör auch zu denen, die kein Lieblingsgedicht haben.

Deshalb wollte ich hier mal fragen, ob jemand ein Gedicht kennt, das mir gefallen könnte und zu dem man auch etwas schreiben kann... Es sollte eher was modernes sein. (Auch irgendein Geek-Gedicht oder so könnte ich mir vorstellen, falls es sowas gibt - es muss ja *mir* gefallen X-D )

Links oder direkt die Texte wären nicht schlecht. ;)

Danke

darph
2005-01-12, 18:41:29
Mein Lieblingsgedicht ist von W. Blake:
O Rose, thou art sick!
The invisible worm
That flies in the night,
In the howling storm,
Has found out thy bed
Of crimson joy:
And his dark secret love
Does thy life destroy.


Oh Rose, Ihr seid krank!
Der unsichtbare Wurm
Der fliegt in der Nacht,
Im heulenden Sturm,
Hat gefunden Euer Bett
Purpurnen Glückes:
Und seine dunkle geheime Liebe
Zerstört Euer Leben.



Viel Spaß beim Interpretieren. :D

Plutos
2005-01-12, 20:33:08
...

MrMaster
2005-01-12, 20:34:31
Die Katze lag auf der,
Matratze... ;D

(aus "der club der toten dichter")

pubi
2005-01-12, 21:11:59
Weltunglück geistert durch den Nachmittag.
Baraken fliehn durch Gärtchen braun und wüst.
Lichtschnuppen gaukeln um verbrannten Mist,
Zwei Schläfer schwanken heimwärts, grau und vag.

Auf der verdorrten Wiese läuft ein Kind
Und spielt mit seinen Augen schwarz und glatt.
Das Gold tropft von den Büschen trüb und matt.
Ein alter Mann dreht traurig sich im Wind.

Am Abend wieder über meinem Haupt
Saturn lenkt stumm ein elendes Geschick.
Ein Baum, ein Hund tritt hinter sich zurück
Und schwarz schwankt Gottes Himmel und entlaubt.

Ein Fischlein gleitet schnell hinab den Bach;
Und leise rührt des toten Freundes Hand
Und glättet liebend Stirne und Gewand.
Ein Licht ruft Schatten in den Zimmern wach.

Rocko_the_Devil
2005-01-12, 21:27:53
ich kenn leider nicht viele gedichte, aber die 2 find ich schön

Herbsttag


Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.


Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.


Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.



Rainer Maria Rilke

Die Entwicklung der Menschheit

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
Behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
Und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
Bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
In zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon,
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
Wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
Mit sehr viel Wasserspülung.

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
Und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übriglässt,
Das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
Dass Cäsar Plattfüße hatte.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
Bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
Noch immer die alten Affen.

Erich Kästner

Rangy
2005-01-12, 22:36:47
Nicht Lieblingsgedicht, aber finde ich ganz lustig. Von Heinz Erhardt:

Die Made

Hinter eines Baumes Rinde
Wohnt die Made mit dem Kinde.

Sie ist Witwe, denn der Gatte,
Den sie hatte, fiel vom Blatte.
Diente so auf diese Weise
Einer Ameise als Speise.

Eines Morgens sprach die Made:
"Liebes Kind, ich sehe gerade
Drüben gibt es frischen Kohl,
Den ich hol. So leb denn wohl!
Halt noch eins! Denk, was geschah,
Geh nicht aus, denk an Papa!"

Also sprach sie und entwich.
Made junior aber schlich
Hintendrein, und das war schlecht!
Denn schon kam ein bunter Specht
Und verschlang die kleine fade
Made ohne Gnade. Schade!

Amarok
2005-01-12, 23:39:10
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

atlantic
2005-01-13, 08:33:22
was kurzes gefällig? :D


Nacht,
die ohne Tau vergeht
Liebe ohne Glück und Tränen

Rangy
2005-01-13, 17:19:47
was kurzes gefällig? :D


Nacht,
die ohne Tau vergeht
Liebe ohne Glück und Tränen
Klingt eher wie ein Haiku als ein Gedicht.

atlantic
2005-01-13, 18:25:44
Klingt eher wie ein Haiku als ein Gedicht.

wuz ist das? :eek:

Melkor
2005-01-13, 18:30:39
„Trost "

Laß Deine Hände mich umschließen,
weil aus mir lautlos Tränen fließen,
in Deinem Schoß mich an Dich schmiegen,
möcht einfach nur so bei Dir liegen.

Laß mich Deinen Sanftmut spüren,
mein traurig Herz sollst Du berühren,
kann Kummer nur mit Trost besiegen,
will ewig so bei Dir hier liegen.

Du bist es, die mich immer hält,
wenn meine Seele endlos fällt,
Trost find ich nur in Deinem Schoß,
laß mich bitte nicht mehr los.

Mr Will Rock
2005-01-13, 18:35:25
haiku: japanisch "humoristischer vers, posse", lyrische kurzform der jap. literatur, bestehend aus drei zeilen zu 5-7-5 silben.

lieblingsgedicht? guck dir mal an was bertolt brecht so geschrieben hat... ich kann aber nicht sagen was mir da am besten gefällt...

Tesseract
2005-01-13, 19:01:56
ich finde rilkes "Der Panther" recht nett:

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz, um Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

littlejam
2005-01-13, 23:06:24
Hätte nie gedacht, dass ich mal ein Gedicht gut finden würde...
... aber man wird halt alt :rolleyes:

Jemand, der mich kennt - Jewel

Zuerst schien sie befremdlich
aber jetzt reizt die Idee
all meine Sinne
Und fasziniert mich
gegen
alle Vernunft und jeden Widerstand:

Ich will mit dir leben!

Ich will jeden Morgen
in deinen Armen aufwachen

geborgen in deiner Eigenart

verführt von deinem Wissen
um meine.

Ich will dich versorgen,

dein Haar bürsten,
deine Narben salben,

dich zur Schlafenszeit streicheln,
zusehen, wie deine Augen
allmählich zufallen
wie die eines Kindes
schwer von den tausenderlei Dingen
die deinen Tag ausmachten.


Gruß

HockleXX
2005-01-13, 23:24:50
Die Katze lag auf der,
Matratze... ;D

(aus "der club der toten dichter")
;D

atlantic
2005-01-13, 23:31:08
Weil mein haiku zu kurz war, hier noch mein "langer" Favorit:

Epitaph

Den Kater,
meinen Gefährten,
haben die Kinder gesteinigt.

Der Apfelbaum
hinten im Garten
wurde im Winter gefällt.

Nur noch im Traum
blüht er fort
in der bienendurchsummten Stille,
und der schwarze geduldige Kater
hascht nach den Schatten im Gras.

Wer aber wird, wenn ich sterbe,
zuweilen ihrer gedenken,
und sie lebendig erhalten
ein paar Herztakte lang?

Ilona Bodden

Thowe
2005-01-14, 00:30:31
Hmmm, meines ist dieses :D

Und Sascha hatte einen Traum

Eine holde und gar barbusige Schöne,
lag unter Sascha, mit viel Gestöhne.

Doch man glaubt es kaum zu dieser Stund,
hatte das ganze Gestöhne gar einen Grund.

Gestolpert war der Sascha in der Dunkelheit,
ehrlich gesagt, er war doch ziemlich breit.

Riss der Guten das lange Kleid vom Leibe,
fiel auf sie und fand auf ihrem Busen eine Bleibe.

Doch der Kopf war ihn nicht so recht verrückt,
denn der Busen, der hatte ihn nicht verzückt!

So sprang er auf und schaute nicht schlecht,
lag die edle Dame doch immer noch im Dreck.

Verdattert murmelte er ein paar Worte
und wünschte sich schnell an andere Orte.

Doch sie sah den Sascha nur böse an,
ging er ihr doch an die ähh, börse ran.

So rannte er lieber ganz schnell heim,
stolperte noch übers eigene Bein.

Schmiss sich galant aufs weiche Bett,
das mit der Dame, dass fand er nicht nett.

So brachte die Nacht den Schrecken hervor,
wars doch nur ein Traum, den sein Verstand erkohr.


Verfasser: Unbekannt, er sagte mir, er möchte nicht geannnt werden :D


Ernsthaft, das Lieblingsgedicht sollte eigene Gefähle ansprechen und ausdrücken, doch wenn keines diese erzeugt, dann ist das nicht gerade leicht.

Eines das viele sehr gut finden, das ist dieses:

Robert Frost - 'The Road Not Taken'

Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;

Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,

And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.

I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.


auf Deutsch


Der unbegangene Weg

In einem gelben Wald, da lief die Straße auseinander
und ich, betrübt, daß ich, ein Wandrer bleibend, nicht
die beiden Wege gehen konnte, stand
und sah dem einen nach so weit es ging:
bis dorthin, wo er sich im Unterholz verlor.

Und schlug den andern ein, nicht minder schön als jener,
und schritt damit auf dem vielleicht, der höher galt,
denn er wr grasig und er wollt begangen sein,
obgleich, was dies betraf, die dort zu gehen pflegten,
sie beide, den und jenen, gleich begangen hätten.

Und beide lagen sie an jenem Morgen gleicherweise
voll Laubes, das kein Schritt noch schwarzgetreten hatte.
Oh, für ein andermal hob ich mir jenen ersten auf!
Doch wissend, wie's mit Wegen ist, wie Weg zu Weg führt,
erschien mir zweifelhaft, daß ich je wiederkommen würde.

Dies alles sagte ich, mit einem Ach darin, dereinst
und irgendwo nach Jahr und Jahr und Jahr;
Im Wald, da war ein Weg, der Weg lief auseinander,
und ich - ich schlug den einen ein, den weniger begangenen,
und dieses war der ganze Unterschied.