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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kriminalisierung von Computerspielern


DrJekyll
2005-03-16, 11:59:33
Angestoßen durch den WoW-Artikel über das Sperren von 1000 Accounts fühle ich mich aufgerufen mal ein neues Thema zu eröffnen, welches ich schon längere Zeit beobachte und was mich extrem nervt: Die Spiele-Industrie kriminalisiert zunehmend ihre besten Kunden!

Dieser Trend ist schon einige Zeit zu beobachten. Beim Raubkopieren ist es klar, dass die Industrie durchgreifen muss. Aber auch hier wird mit falschen Tatsachen der Eindruck vermittelt, ein Raubkopierer sei ein Schwerverbrecher - man denke nur an die Werbung: "Raubkopierer sind Verbrecher". Sind sie übrigens im juristischen Sinne nicht (ich muss immer mal mein olles Jura-Wissen preisgeben - bitte verzeiht mir!). Hier wird also offensiv gelogen und Menschen werden kriminalisiert, was ich für höchst zweifelhaft halte.

Aber gut, das kann man ja noch verstehen. Anders sieht es bei den Computerspielen aus. Als Beispiele möchte ich Halflife2 und WoW nennen. Da muss ich in den AGBs von HL2 ein Abo abschließen und Regelungen lesen, dass ich mein Spiel nicht verkaufen soll oder gar eine monatliche Gebühr auf mich zukommen kann. Mittlerweile müsste sich ja auch schon rumgesprochen haben, dass die Lizenzbedingungen von HL2 weitestgehend nach deutschem Recht schlicht unwirksam sind. Da frage ich mich, wer sind denn hier die "Verbrecher"?

Bei WoW nimmt das Ganze dann seinen Lauf. Mir wird als Kunde im Rahmen der Pre-Order ein praktisch inhaltloses Set verkauft, mit dem ich irgendwie beim Verkauf der Spiele bevorzugt sein soll. Darüber hinaus soll im DEZEMBER (Presseerklärung Blizzard) die final-beta starten, an der ich kostenlos teilnehmen darf.
Pustekuchen: Nix startet im Dezember, hunderte Freaks hatten sich schon Urlaub genommen und süchtig und verzweifelt auf ihr Spiel gewartet. Da war man wohl bei Blizzard aus Geldgeilheit ein wenig voreilig. Rechtlich betrachtet löst ein solches Verhalten gegenüber Kunden einen Schadensersatzspruch aus. Also wer ist denn hier der "Verbrecher"?

Dann zwingt mich Blizzard bei der Accounterstellung weitere Monate zu kaufen, obwohl ich doch erstmal einen Freimonat habe. Ich habe also mit meinem gekauften Spiel überhaupt keine Wahl erstmal nur den Freimonat in Anspruch zu nehmen. Ich muss sensible Daten wie meine Bankverbindung oder die Kreditkartennummer angeben, um überhaupt ins Spiel gelassen zu werden. Sagt ein Datenschutzgesetz nicht, dass man immer nur solche Daten sammeln und speichern darf, die für die Geschäftsbeziehung unbedingt notwendig sind? Aha, also wieder das deutsche Recht mit Füßen getreten. Aber die Verbrecher sind immer nur die Spiele-Freaks. Klar, einige werden jetzt sagen, man kann seinen Account jederzeit löschen. Trotzdem eine seltsame Vorgehensweise von Blizzard.

Dann wären da noch die Lizenzbedingungen von WoW. Ich darf also meinen Account, mein eigenes Eigentum nicht verkaufen. Ich darf keine Gegenstände oder Geld aus dem Spiel gegen bares Geld an andere User verkaufen. Blizzard ahndet dieses Verhalten durch Sperren der Accounts. Im Übrigen ist Blizzard auch recht offen, was das Sperren von Accounts angeht. Na ja, egal ... aber hat mal jemand diese Art von Lizenzbedingungen auf ihre rechtliche Wirksamkeit untersucht? Immerhin habe ich mit dem Kauf des Spiels Eigentum erworben, mit dem ich in gewisser Hinsicht auch frei umgehen kann.

Zu guter letzte fallen mir noch die guten alten Konsolenzeiten ein. Wollte ich als Freak japanische oder amerikanische Spiele z.B. auf meiner PS zocken, musste ich die Konsole umbauen lassen, um komplett die Garantie zu verlieren. Teilweise sind bestimmte Spiele gar nicht in Europa erschienen, so dass man als Freak auch gar keine andere Wahl hatte. Zudem gabs auch hier das Drama, dass bestimmte Games erst Monate später in Europa erschienen sind. Teilweise waren die in Japan schon ein alter Hut, da sollte man sich auf die Dinger in Deutschland freuen. Versuche ich dem dann Abhilfe zu schaffen, werde ich schon wieder von der Industrie an den Pranger gestellt.

Das sollte ein viel zu lang geratener Aufruf an die Spielefreaks dieses Boards sein, sich von der Industrie nicht mehr kriminalisieren zu lassen. Letztlich sitzen die Jungs von Valve oder Blizzard selber im Glashaus. Ich wünsche mir also mehr Selbstbewußtsein von den Zockern und allen viel Spaß beim Ersteigern von WoW-Gegenständen bei ebay, denn das ist allenfalls ein Kavaliersdelikt. :wink:

Mich interessiert brennend Eure Meinung zu diesem Thema.

Umal
2005-03-16, 12:02:30
Sind sie übrigens im juristischen Sinne nicht (ich muss immer mal mein olles Jura-Wissen preisgeben - bitte verzeiht mir!). Hier wird also offensiv gelogen und Menschen werden kriminalisiert, was ich für höchst zweifelhaft halte.Ist das nicht jetzt eine Straftat. Heisst das, sie sind Straftäter? Oder wie wäre der korrekte juristische Begriff?

DrJekyll
2005-03-16, 12:09:23
Ist das nicht jetzt eine Straftat. Heisst das, sie sind Straftäter? Oder wie wäre der korrekte juristische Begriff?
Es gibt die Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen. Ein Verbrechen ist es dann, wenn eine Mindest-Freiheitsstrafe von einem Jahr per Gesetz angedroht wird. Und nicht jeder, der eine Raubkopie anfertigt, wandert für mindesens ein Jahr in den Bau. Also ist Raubkopieren ein Vergehen. Raubkopierer sind also "Vergeher", was sich ziemlich scheiße anhört. :wink:

cxvb
2005-03-16, 13:16:03
Ist das nicht jetzt eine Straftat. Heisst das, sie sind Straftäter? Oder wie wäre der korrekte juristische Begriff?

"privates" raubkopieren ist (noch) nicht strafrechtlich verfolgbar, dir können höchstens zivilrechtliche konsequenzen drohen.

das herunterladen von copy-right-geschützter sofware ist erstmals auch nicht verboten, nur das verwenden. das ist ansich auch logisch, denn während du in einem peer-to-peer-netzwerk etwas herunterladest kannst du prinzipell eigentlich noch nicht wissen ob es sich dabei um illegale daten handelt, das bemerkst du frühestens beim durchlesen des lizenzvertrages bei der installation. wenn du dann die installation abbrichst kannst du prinzipiell weder strafrechtlich noch zivilrechtlich verurteilt werden, selbst wenn sich die daten noch immer auf deinem rechner befinden (natürlich ist es relativ schwierig glaubhaft zu beweisen dass man eine software nur illegal besitzt und nicht verwendet ;) )
strafrechtlich verfolgbar ist dagegen das öffentliche anbieten urheberrechtlich geschützter sachen. ob das zwangweise filesharing bei den meisten peer2peer-netzen auch schon dazu zählt weiß ich nicht, ist wohl ansichtssache des gerichtes, denn wie gesagt kannst du eigentlich nicht wirklich wissen dass das was du gerade herunterladest illegal ist. auf jeden fall ist es strafbar wissentlich urheberrechtlich geschützte werke im shared-ordner zu behalten.

weiters darf die geschädigte partei nur den tatsächlich entstandenen zivilrechtlich einklagen. diesen zu ermitteln ist natürlich meistens sehr schwierig. wenn du z.b. für ein paar private spielereinen eine illegale kopie von photoshop benützt und damit nicht aus deinen eigenen 4 wänden gehst kannst du das gericht wahrscheinlich durchaus überzeugen dass du dir diese software niemals gekauft hättest und eigentlich nur verwendet hast da es extrem leicht war an sowas zu kommen.
daraus würde sich dann wahrscheinlich ein recht günstiger vergleich ergeben, oder im extremfall sogar ein freispruch. mit ziemlicher sicherheit ist die strafe aber deutlich unter dem wert des programmes anzusiedeln.

wenn es sich dagegen um vergleichsweise günstige unterhaltungssoftware oder filme handelt wird sich das gericht wahrscheinlich nicht so leicht überzeugen lassen dass eigentlich niemals was derartiges kaufen würdest. dementsprechend wirst du wahrscheinlich verurteilt werden den kompletten verdienstentgang zu zahlen, und evtl. noch mehr wenn dir nachgewiesen werden kann dass du auch anderen personen potentiellen zugang zu den urheberrechtlich geschützten werken ermöglicht hast.