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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Review: Mike Oldfield (Teil 4)


aths
2002-06-24, 03:45:42
Heute: Kommerz und Spätwerke

Earth Moving

Was ist diese Platte nicht von Kritiken zerrissen worden! In meinen Augen völlig zu Unrecht. Gut, man hört keinen Oldfield wie man ihn kennt, sondern Lieder wie sie im Radio gespielt werden - aber sehr gute. Mit persönlich gefällt jedes der 10 Lieder. (Sie sind in 9 Tracks gespeichert, der letzte umfasst zwei Lieder.) Am bekanntesten sollte "Innocent" sein. Gesungen wird es von Michaels ehemaliger Ehefrau Anita Hegerland (eine Norwegerin, welche schon in frühen Jahren in Deutschland die Herzen aller Großeltern eroberte: An der Seite von Roy Black mit "Schön ist es auf der Welt zu sein". Sprechen Norweger deutsch, muss man genauer hinhören, um den Akzent zu hören. Man merkt es vor allem beim "ch".) Auch Reilly bekommt hier ihre Auftritte, sowie eine Reihe weiterer Sänger. Der 80-er Jahre Popsound geht ins Ohr, ist sauber produziert - und hebt sich vom Einheitsbrei der damaligen (wie heutigen) Radiosauce ab.

Einige Fans scheinen zu glauben, Mike Oldfield zu mögen schliesst strikte Verachtung von "Kommerz"-Musik ein. Doch ich kann Earth Moving wirklich jedem empfehlen, der leichte Musik á la 80-er mag.

Ich bin sogar der Meinung, dass Earth Moving zu den Platten gehört, auf denen der Meister sein wahres Genie zeigt. Er kann eben nicht nur "seinen" Stil, sondern auch andere Genres. Mittelmäßige Musiker würden auf fremden Gebiet nur stümpern, doch Mike Oldfields Talent verhindert das.


Voyager

Es ist nicht leicht, Voyager zu reviewen. Ist es langweilig oder entspannend? Zum Hintergrund: Michael Flatley hatte mit Riverdance einen großen Erfolg (den er später zu Lord of the Dance und noch später zu Feet of Flames umarbeitete). Die von Ronan Hardiman geschriebene Musik hat einen starken irischen Einschlag, und die Oldfields Plattenfirma schlug dem Meister vor, eine CD mit keltisch geprägter Musik aufzunehmen, um so vom allgemeinen Trend zu partipizieren. Der Meister sagte zu, da er sich mit diesen Stilen sowieso schon länger beschäftigte. Was er dann produzierte, war sehr besinnliche Musik. Laut der Instrumentenliste im Booklet rührte er bei der Aufnahme kein einziges Instrument an, Kenner glauben jedoch zu hören, dass er die (übrigens nicht aufgelisteten) Gitarren spielte. Er mischte traditionelles Liedgut und seine eigenen Ideen zu einer Musik, die ich als meditiativ beschreiben würde. Im letzten (und längstem) Stück, "Mont St Michel", kommt wieder mehr der bekannte Oldfield durch. Zum Chillout ist diese Platte sehr gut geeignet, es gibt entspannende und belebende Stücke. Einiges geht sofort ins Ohr, in andere Titel hört man sich rein. Wer sich dafür nicht die Zeit nimmt, wird "Voyager" als 'langweilig' abtun.


Guitars

Guitars ist eine schwierige CD, mit der wohl nur richtige Fans glücklich werden - also ich zum Beispiel. Alles was man hört, wirklich alles, basiert auf einer Gitarre. Auch die Drums. Die Lieder sind durchweg sehr kunstvoll gespielt, fast schon zu perfekt. (Der Computer-Einsatz hinterließ hier Spuren.) Die Bandbreite reicht von ruhigen Klängen über rohen Rock. Insgesamt hinterlassen die meisten Lieder den Geschmack einer Stil-Studie. Zwei Titel möchte ich besonders hervorheben. Zum einen "Four Winds". Das längste Stück auf der CD besteht aus vier Teilen und ist wirklich hörenswert. Passagenweise bekommt man leichte Assoziationen mit "Amarok". Der vorletzte Titel, "Out of Mind" ist ein schnelles, rockiges Stück, was jedenfalls mir großen Spass macht. Zur Hintergrundbeschallung eignet sich "Guitars" meiner Meinung nach nicht. Man hört dann doch hin wird durch die Musik abgelenkt. Wenn man die CD oft genug gehört hat, und sie schätzt, bleibt als Hauptkritikpunkt dass die Musik zu perfekt gespielt ist.

Der Meister hat sich mit dieser CD einige Sympathien verspielt. Die Platte sei totlangweilig, uninspiriert usw. Das stimmt jedoch nur, wenn man mit der Erwartung klassischer Oldfield-Musik heran geht. Das Werk hat experiementellen Charakter und, da kann man sagen was man will, klingt gut. Für Einsteiger aber nicht empfehlenswert.


The Millennium Bell

Kein Tubular Bell im eigentlichen Sinne, trotz der Anspielung im Namen. "The Millennium Bell" kann eher als Fortsetzung zu "The Songs Of Distant Earth" gesehen werden und umfasst 11 Lieder. Keines ist genial, die meisten sind gut. Es handelt wieder mal sich um eine Reise durch die Zeit, beschränkt sich allerdings auf die Entwicklung der Menschheit (und nicht des Universums.) Von ätherischen Klängen über harte Beats ist alles zu hören. Dabei macht er Ausflüge, die an Klassik erinnert - oder auch an Techno. Denn "The Millennium Bell" ist der "Ibiza-Phase" des Meisters zuzurechnen. Wie schon bei Tubular Bells III (und dem aktuellen Tres Lunas) sind hie und da Disco-Klänge zu hören. Fans der Frühwerke nehmen dem Meister das ziemlich krumm und verlangen den "alten" Sound. Ich hingegen finde es sehr akzeptabel, dass Oldfield den Gehörgewohnheiten meiner Generation entgegen kommt.

Einige Titel: "Peace on Earth", der Opener, ist ein recht 'esoterisches' Stück. "Santa Maria" ist eher als Choreinlage zu sehen, an welches sich mein Lieblingtitel dieser CD anreiht: "Sunlight Shining Through Cloud". (Übrigens ein Cover, mit verkürztem Text.) "Lake Constance" ist ein rein instrumentales, und sehr emotionales Stück. Für die einen ist diese CD der Tiefpunkt im Schaffen des Meisters. Für mich war sie zwar nicht gerade die Enthüllung, aber kein Fehlkauf. Mikes Vision einer musikalischen Zeitreise ist geglückt. Wer immer nur den Stil seiner Frühwerke erwartet scheint vom Meister nicht ernst genommen zu werden. Er hat ausgesorgt und macht das, wozu er Lust hat. Jedenfalls gewann ich diesen Eindruck.



Noch ein persönlicher Kommentar zu seiner Spätphase. Ich erwähne die Meinung seiner ersten Fans, die auf den "alten" Sound pochen deshalb, weil sie sich im Netz recht lautstark über den Sinneswandel von Oldfield beklagen. Die ersten Sachen die ich von ihm hörte (ohne ihn weiter zu kennen) waren Moonlight Shadow, Innocent und andere Popsongs aus dieser Phase. Den Reichtum seiner Frühwerke entdeckte ich erst später, und der Höhepunkt dieser (als er längst in der mittleren Schaffensperiode war) wird mir irgendwann ein extra Review wert sein, obwohl ich "Amarok" bereits "dran hatte".

Meinem Vater bleibt Tubular Bells (das Original) verschlossen, für mich war es eine Offenbarung. Der klassische Mike hat seinen Charme. Das berechtigt jedoch nicht dazu, ihn auf diesen Stil festzunageln. Mich jedenfalls hat er mit jeder einzelnen Platte neu von seinem Können überzeugt. Was bei ihm unteres Mittelmaß ist, müssen andere erst mal erreichen! Seine Musik ist durchweg sehr "optisch" - sie entführt in ferne Fantasie-Welten, die automatisch beim Zuhören vor dem geistigem Auge enstehen.

aths
2002-06-26, 16:50:08
Scheint keinen zu interessieren. Schade.

Stone2001
2006-07-07, 17:30:19
aths[/POST]']Scheint keinen zu interessieren. Schade.
*ahem, räusper*
Dieser Thread ist zwar jetzt auch schon 4 Jahre alt, aber ich möchte trotzdem der erste sein, der dir für diese Reviews dankt. :up:

Bei diesem Review fragt ich mich nun, warum du "The Songs Of Distant Earth" ausgelassen hast?
Ich persönlich weiß ich Augenblick nicht was ich von diesem Album halten soll. Der Anfang finde ich gut, bei Magellan kommt eine richtige Aufbruchstimmung auf. Aber z.B. Hibernaculum finde ich jetzt nicht besonders, obwohl es auch auf dem 3. CD der Platinum Collection drauf ist, aber da hat Mike (für mich) schon wesentlich besser geliefert.
Naja, vielleicht erschließt sich das Werk erst, wenn man es mal in aller Ruhe von vorne bis hinten durch gehört hat. ;)

aths
2006-07-07, 22:46:44
Stone2001[/POST]']*ahem, räusper*
Dieser Thread ist zwar jetzt auch schon 4 Jahre alt, aber ich möchte trotzdem der erste sein, der dir für diese Reviews dankt. :up:

Bei diesem Review fragt ich mich nun, warum du "The Songs Of Distant Earth" ausgelassen hast?
Ich persönlich weiß ich Augenblick nicht was ich von diesem Album halten soll. Der Anfang finde ich gut, bei Magellan kommt eine richtige Aufbruchstimmung auf. Aber z.B. Hibernaculum finde ich jetzt nicht besonders, obwohl es auch auf dem 3. CD der Platinum Collection drauf ist, aber da hat Mike (für mich) schon wesentlich besser geliefert.
Naja, vielleicht erschließt sich das Werk erst, wenn man es mal in aller Ruhe von vorne bis hinten durch gehört hat. ;)Öff, dieses Posting zeigt mal wieder, dass ich vor Jahren das ß verschmäht hatte.

The Songs of Distant Earth enthält aus meiner Sicht einige sehr gute Stücke, und einige langweilige oder disharmonische, die ich nicht besonders gerne höre. An vielen Stellen habe ich das Gefühl, dass er die Platte auf Kraft zeitlich strecken wollte. "Let there be light", eines der bekannten Stücke der Platte, geht mir inzwischen ziemlich auf den Keks.