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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Beweggründe für Verweigerung


SamStone
2005-11-19, 14:43:10
Hallo,

Ich habe letzte Woche meine Beweggründe für die Kriegsdienstverweigerung abgeschickt (mir wurde per Post mitgeteilt, dass ich einen Monat Zeit dazu hätte).
Meine Beweggründe für die Verweigerung des Kriegsdienst mit der Waffe resultieren vor allem aus meiner Kindheit. Ich bin in einem Elternhaus zusammen mit zwei Geschwistern groß geworden. Wir wurden von unseren Eltern pazifistisch erzogen, und lernten schon früh, dass sich Konflikte besser mit Worten als mit Gewalt lösen ließen.
Mein Opa, welcher selber als Soldat im zweiten Weltkrieg gekämpft hat, erzählte mir schon als kleines Kind vom Krieg und seinen Schrecken, sinnloser Gewalt und Opfern. Vor allem die Tatsache, dass auch er selber mehrere Male nur knapp dem Tod entkam, führte schon früh dazu, dass ich jegliche Form von Kriegshandlung, und natürlich Gewalt allgemein, ablehnte.
Ein weiteres nennenswertes Ereignis meines Lebens ist die Ermordung eines Bekannten, welcher mir persönlich sehr nahe stand. Zu diesem Zeitpunkt war ich 14 Jahre alt. Er wurde bei einem Überfall auf seinen Laden, also aus reiner Habgier, mit einer Waffe erschossen.
Die oben genannten Erlebnisse sind die Hauptgründe, warum ich den Kriegsdienst mit der Waffe unter keinen Umständen mit meinem Gewissen vereinbaren kann.

Das ist von vorne bis hinten erlogen, weil ich keine "wirklichen" Gründe für meine Gewissensentscheidung habe (also keine besonderen Ereignisse in der Vergangenheit etc.). Irgendwo hab ich aber gelesen, dass die Gründe nicht wahr sein müssen, von daher geht das glaub ich in Ordnung.

Heute hab ich jedenfalls wieder einen Brief bekommen, in dem steht "Die Darlegung der Beweggründe für die Gewissensentscheidung ist nicht ausführlich".
Zusätzlich steht da was von 1,5 - 2 DIN A4 Seiten.

Ich hab echt keine Ahnung was ich zusätzlich noch schreiben soll. Wenn die dort beschriebene Vergangenheit kein Grund ist, was denn dann? Hat irgendjemand eine Idee was man noch schreiben könnte? Ich will das noch an diesem Wochenende fertig haben..

Irgendwie find ich das eh komisch. Alle Klassenkameraden haben bei der Musterung nicht angegeben, dass sie auf jeden Fall verweigern wollen, sondern das sie es noch nicht genau wüssten. Die haben aber keinen solchen Brief gekriegt.
Außerdem hab ich schon des öfteren gehört, dass die normalerweise jede Verweigerung da zulassen. Warum haken die bei mir da nochmal nach?

EureDudeheit
2005-11-19, 15:04:30
Die paar Zeilen sind schon ein bischen mager. Such halt im Netz und schreib irgendwas ab.

(del)
2005-11-19, 15:06:52
Das ist von vorne bis hinten erlogen, weil ich keine "wirklichen" Gründe für meine Gewissensentscheidung habe (also keine besonderen Ereignisse in der Vergangenheit etc.). Irgendwo hab ich aber gelesen, dass die Gründe nicht wahr sein müssen, von daher geht das glaub ich in Ordnung.

Herzlichen Glückwunsch.
Keine Gründe haben aber die Vorzugsbehandlung geniessen wollen. Tolle Generation, die da heranwächst...

sun-man
2005-11-19, 15:07:15
Warum sagst Du nicht einfach das Du keinen Bock hast? Wieviel Prozent werden heut noch gezogen?
Naja, ich kann mal nur hoffen das Dein Opa wirklich erschossen wurde. Sonst KÖNNTE das etwas seltsam wirken. Außerdem wirst Du es doch wohl schaffen mal nach nem schreiben für die Verweigerung zu googeln.
Faulheit sollte bestraft werden, kein Bock-Soldaten waren mir immer die liebsten :D

MFG

drexsack
2005-11-19, 15:07:20
Schreib 1 1/2 - 2 Seiten am Pc, dann sollte das ausreichend sein. Dazu gehört übrigends auch noch der tabellarische Lebenslauf ;)

Plutos
2005-11-19, 15:30:44
Du musst doch normalerweise nur sowas schreiben wie "Hiermit verweigere ich den Dienst wegen moralischer Bedenken (GG § soundso Absatz soundso)..."?

BigBen
2005-11-19, 15:38:16
Hallo SamStone!

Der Wortlaut deines [kurzen] Textes kommt mir bekannt vor. :biggrin:
Wie wäre es, wenn Du - wie von den anderen vorgeschlagen - im Internet nach ein paar Schreiben suchst und Dich von ihnen "inspirieren" lässt?
Damals hab ich das auch gemacht und es wurde sogar anerkannt. ^^

Solltest Du aus Gewissensgründen, weil der Zeitraum ungünstig ist oder Du einfach keinen Bock hast :naughty:, auch eine ablehnende Haltung gegenüber dem Wehrersatzdienstes haben, wäre es ratsam, wenn Du vorerst nicht verweigerst und auf den - sofern dieser überhaupt bei Dir eintrudelt! - Einberufungsbescheid zum Grundwehrdienst wartest - dann kannst Du nämlich immer noch verweigern!
So ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass Du keinen Zivildienst leisten musst.


MfG
Ben

FireFrog
2005-11-19, 15:40:02
Warum sagst Du nicht einfach das Du keinen Bock hast? Wieviel Prozent werden heut noch gezogen?
Naja, ich kann mal nur hoffen das Dein Opa wirklich erschossen wurde. Sonst KÖNNTE das etwas seltsam wirken. Außerdem wirst Du es doch wohl schaffen mal nach nem schreiben für die Verweigerung zu googeln.
Faulheit sollte bestraft werden, kein Bock-Soldaten waren mir immer die liebsten :D

MFG

Mein Opa, welcher selber als Soldat im zweiten Weltkrieg gekämpft hat, erzählte mir schon als kleines Kind vom Krieg und seinen Schrecken, sinnloser Gewalt und Opfern. Vor allem die Tatsache, dass auch er selber mehrere Male nur knapp dem Tod entkam, führte schon früh dazu, dass ich jegliche Form von Kriegshandlung, und natürlich Gewalt allgemein, ablehnte.


Also den Krieg hat er jedenfalls ma überstanden :)

SamStone
2005-11-19, 15:54:18
Herzlichen Glückwunsch.
Keine Gründe haben aber die Vorzugsbehandlung geniessen wollen. Tolle Generation, die da heranwächst...
Was für ne Vorzugsbehandlung?

Schreib 1 1/2 - 2 Seiten am Pc, dann sollte das ausreichend sein. Dazu gehört übrigends auch noch der tabellarische Lebenslauf ;)
Lebenslauf hab ich schon hingeschickt.

Du musst doch normalerweise nur sowas schreiben wie "Hiermit verweigere ich den Dienst wegen moralischer Bedenken (GG § soundso Absatz soundso)..."?
Ich glaub nicht das das reichen würde...

Wie wäre es, wenn Du - wie von den anderen vorgeschlagen - im Internet nach ein paar Schreiben suchst und Dich von ihnen "inspirieren" lässt?
Ja werd ich wahrscheinlich dann so machen.

Solltest Du aus Gewissensgründen, weil der Zeitraum ungünstig ist oder Du einfach keinen Bock hast :naughty:, auch eine ablehnende Haltung gegenüber dem Wehrersatzdienstes haben, wäre es ratsam, wenn Du vorerst nicht verweigerst und auf den - sofern dieser überhaupt bei Dir eintrudelt! - Einberufungsbescheid zum Grundwehrdienst wartest - dann kannst Du nämlich immer noch verweigern!
So ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass Du keinen Zivildienst leisten musst.
Hä? Wo ist denn dann der Unterschied? Bzw. warum sagen die mir, dass ich das innerhalb von einem Monat da hinschicken muss?
Gegen Zivildienst selbst hab ich übrigens nichts.

Urion
2005-11-19, 16:11:22
Persönliche Begründung



Gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzen möchte ich sie bitten mich als
Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen da ich die Ableistung des Kriegsdienstes
nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann und Zivildienst leisten möchte.

Die Beweggründe für meine Entscheidung möchte ich hier aufführen. Sie basieren auf meinen persönlichen moralischen Vorstellung, meinem Weltbild und meiner Lebenserfahrung.

Meine Eltern und andere enge Familienmitglieder erzogen mich zu einem Menschen der Gewalt gegen andere Menschen verabscheut. Gewalt haben wir in unserer Familie, egal in wlechen Dimensionen diese statt findet, noch nie als Lösung angesehen.
Eher ist Gewalt ein Grund für einen neuen Konflikt.
Durch die Erfahrungen meines Vaters und anderer Familienmitglieder, welche diese bei der Nationalen Volksarmee oder im zweiten Weltkrieg sammeln mussten, wurde diese Überzeugung in mir gefestigt.
Es ist für mich nicht einzusehen warum Menschen sich gegenseitig leid zufügen sollen oder sich gegenseitig töten sollen.

Jede Armee dieser Welt bildet aber ihre Soldaten dazu aus in kriegerischen
Auseinandersetzungen auf Befehl feindliche Soldaten zu verletzen, gefangen zu nehmen oder zu töten. Meiner Ansicht nach ist das menschliche Leben aber mit das wertvollste was es auf dieser Welt gibt und soll geachtet und nicht geschädigt werden, niemand hat das Recht dazu es zu verletzen oder zu zerstören, egal worauf er sich beruft.
Meiner Überzeugung nach hat kein Mensch das Recht über Leben oder den Tot
eines anderen Menschen zu entscheiden.

Waffeneinsatz oder dessen Androhung ist nach meiner Überzeugung keine
Lösung für einen Konflikt, Waffen wurden entwickelt um zu töten und nicht um
Konflikte zu lösen. Frieden ist für mich nur ohne Waffeneinsazt vorstellbar.

Dazu zählen für mich auch Verteidigungskriege, jeden Tag kann man sich in den Medien überzeugen wieviel Unglück und Leid Kriege über die Menschen bringen ohne einen vorteilhaften Nutzen zu erreichen.


Auch in der Schule vertratt ich im Religions und Politikunterricht immer diese Meinung, die meisten Mitschüler und Lehrer stimmten mit mir überein das kriegerische Auseinandersetzungen keine Lösung sind und nur Leid und Elend bringen.
Auch die im Geschichtsunterricht behandelten Themen und Kriege festigten diese Überzeugung in mir. Gerade Themen wie die beiden Weltkriege und der Schießbefehl an der Mauer oder der Vietnamkrieg festigten in mir die Überzeugung das jeder Konflikt der mit Gewalt oder Androhung von Gewalt gelöst werden soll eskaliert und es nur Verliererer darin gibt, seien es
Angehörige die ihre Verwandten verlieren, Soldaten die nicht über das erlebte hinwegkommen oder die Toten, egal auf welcher Seite der Konfliktparteien.
Jeder der, wie ich meinen Großvater, schonmal einen nahen Verwandten verloren hat weiss wie schmerzvoll solch ein Verlust ist und wie lange man braucht um darüber hinwegzukommen. Es würde gegen meine innere Überzeugung verstoßen an Handlungen oder deren Übung teilzunehmen die das in unserem Staat höchste Gut, das menschliche Leben, zerstören.


Den Kriegsdienstverweigerungsantrag stelle ich jetzt da ich grade im letzten halben Jahr einen Reifeprozess durchlaufen habe in dem sich meine Überzeugungen und Ansichten gefestigt haben. In der Zeit nach der Musterung wurde mir immer klarer wie stark der Wehrdienst an der Waffe gegen meine Überzeugung verstößt. Erst nach dem Abitur konnte ich mich dann auf meine weitere Lebensplanung konzentrieren und habe am xx.xx.2005 den Kriegsdienstverweigerungsantrag gestellt.

Die Ableistung des Wehrdienstes würde in einem sehr großen Gegensatz zu meinen moralischen Vorstellungen stehen.

Der Dienst an der Waffe wäre nicht mit meiner Hochachtung dem menschlichen
Lebens gegenüber vereinbar.

Entsprechend meiner Gewissensentscheidung bitte ich Sie , meinen Antrag auf
Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen, um meiner staatbürgerlichen Pflicht
als Zivildienstleistender nachkommen zu können.

Das war meine zweite Begründung, weil meine erste wurde auch net anerkannt :D
Das kommt wohl vor wenn denen langweilig ist.

Oliver_G
2005-11-19, 16:18:29
Ähm, werde ich das dann auch noch begründen müssen, dass ich Zivildienst machen werde bei/nach der Musterung?

Satariel
2005-11-19, 16:20:57
Meine Verweigerung, die wurde anerkannt. Persönliche Sachen musst du natürlich weglassen bzw anpassen. :)

Begründung für die Verweigerung des Wehrdienstes


Hiermit möchte ich darlegen, aus welchen Gründen es mir unmöglich ist, den Dienst an der Waffe abzuleisten.

In meinem bisherigen Leben durfte ich schon oftmals die Erfahrung machen, dass Gewalt eine große Belastung für soziale Beziehungen in unserer Gesellschaft darstellen kann. Mit der Grundlage einer gewaltfreien Erziehung seitens meiner in ihren Ansichten stark von pazifistischen Idealen geprägten Familie lernte ich bald, dass Gewalt in jedem Falle bei der Lösung von Konflikten zu vermeiden ist. Unter dem Motto „Gewalt erzeugt Gegengewalt“ vermittelte man mir, dass man mit der Anwendung von jeglicher Gewalt keinen Erfolg erzielen kann, vielmehr noch: einen weiteren Konflikt heraufbeschwört. Vielmehr schulte man meine Fähigkeit zur Diskussion aus dem Grunde, dass Konflikte nur durch Kompromissbereitschaft, Argumentation und nicht zuletzt einer Achtung der Würde meines Gegenübers beigelegt werden können.

Auch im Schulunterricht wurde mir von den Lehrern vermittelt, dass Gewalt stets Leid hervorruft, welches man mit einer friedlichen Einigung verhindern kann.

Gerade an der Schule musste ich leider jedoch auch einige Erfahrungen machen, die im Kontrast zu dem vermittelten Ideal stehen: So wurde ich Opfer und Zeuge einer sinnlosen Gewalt, die in verschiedenen, abstoßenden Ausprägungen zum Ausdruck kam. Im Alter von 15 Jahren wurde ich beispielsweise Opfer eines Raubüberfalls, infolge dessen ich einen Nasenbeinbruch davon trug; im selben Jahr musste ich mit ansehen wie eine Gruppe von Jugendlichen einen wehrlosen Jungen zusammenschlug. Viele der Konflikte, welche ich beobachtete, begannen zunächst vergleichsweise harmlos, spitzten sich dann jedoch im Zuge ihres Verlaufs weiter zu, weil auf Gewalt stets mit weiterer Gewalt reagiert wurde. Durch diese Ereignisse gewann ich nochmals eine zusätzliche Distanz zu jeglicher Anwendung von Gewalt, und würde diese niemals als Mittel zur Beilegung einer Auseinandersetzung anwenden.

Im Rahmen meiner Erziehung, vor allem jedoch im Religionsunterricht lernte ich, dass man seinen Nächsten lieben solle wie sich selbst. Obwohl ich keiner Religion zugehörig bin, so fühle ich mich durch diese Prinzipien der Nächstenliebe stark in meinen Ansichten geprägt, bilden diese doch das Fundament einer hoch entwickelten Zivilisation, in der jeder Mensch eine unantastbare Würde besitzt, die ich durch Gewaltanwendung meinerseits angreifen würde.

Die Grauen des Krieges, welche ich von Augenzeugen und Zeitgenossen vermittelt bekam, stehen in einem eindeutigen Widerspruch zu dem Artikel 1 unseres Grundgesetzes, welches die Unantastbarkeit der menschlichen Würde festschreibt. Diese ist nämlich nicht mehr gewährleistet für diejenigen, die Opfer einer gewalttätigen Auseinandersetzung werden. Dabei spielt es keinerlei Rolle welcher Ethnie, welchem Volk oder welcher Religion das Opfer hat, nach meinem demokratischem Verständnis von einem friedlichen Miteinander verschiedener Völker und Kulturen besitzt jeder Mensch den gleichen Wert wie seine Mitmenschen.

Obwohl ich wohl nicht in der Lage sein werde, den gesamten Umfang des physischen und psychischen Schadens, der in einem Krieg verursacht wird, in seiner Gesamtheit zu begreifen, konnte ich mir besonders aus dem Geschichtsunterricht und den Berichten, welche ich im Fernsehen verfolgt habe, ein relativ deutliches Bild von der unfassbaren Grausamkeit, welche ein Krieg mit sich bringt, machen.

Man kann wohl auch nicht mehr davon sprechen, dass eines der Opfer einen „gerechten Tod“ gestorben wäre; allein dieser Ausdruck ist ein Paradoxon an sich, darf doch kein Mensch über Leben und Tod richten. Das Töten ist als irreversible und den größtmöglichen Schaden anrichtende Maßnahme das denkbar schlechteste Mittel zur Lösung eines Konfliktes, er erzeugt nur Leid und darauf folgend Hass. Als ein Soldat könnte ich es niemals mit meinem Gewissen vereinbaren, diese Spirale der Gewalt aufrechtzuerhalten, indem ich einem Menschen das Leben nehme. Dieser Maßstab ist meines Erachtens auch bei der Diskussion über die Todesstrafe anzulegen; diese lehne ich aus eben diesen Gründen ab.

Einen tiefen Eindruck haben die Schilderungen meiner beiden Großväter über ihre Erlebnisse in der Kriegszeit hinterlassen.

Mein Großvater väterlicherseits, der 1922 geboren wurde, kam als junger Soldat nach Russland. Aus den Berichten über diese Zeit ergab sich für mich zunächst andeutungsweise, dass mein Großvater dort unvorstellbare Grausamkeiten miterlebt hatte. Immer noch fällt es ihm sehr schwer, über seine Vergangenheit im Krieg zu sprechen, so musste er beispielsweise mit ansehen, wie andere Soldaten durch Kugeln getötet oder von Granaten zerfetzt wurden. Und, was für ihn selbst wohl noch um einiges schlimmer gewesen sein muss, er wusste selbst nicht, ob er nicht selbst vielleicht anderen Menschen im Zuge eines Feuergefechts das Leben genommen hat, weswegen er sich heute noch schwere Vorwürfe macht. Es ist hochgradig abschreckend, zu sehen, wie mein Großvater noch immer unter den Schuldgefühlen und Erinnerungen der Vergangenheit zu leiden hat. Meine Großmutter hat eher beiläufig berichtet, dass mein Großvater fast jede Nacht unter Albträumen leidet, die mit seinen Kriegserlebnissen zusammen hängen.

Mein Großvater mütterlicherseits, 1931 geboren, hat den Krieg in der Heimat als Kind erlebt. Von ihm habe ich viele anschauliche Berichte über die Ereignisse gegen Kriegsende in der Heimat erhalten. Auch hierbei fand ich es überaus erschütternd, mit teilweise grausamen Details über die Kampfhandlungen und Kriegsopfer im heimatlichen Bereich konfrontiert zu werden.



Ich sehe mich somit außerstande, einem Mitmenschen ein Leid zuzufügen, geschweige denn ihn möglicherweise zu töten. Im Falle eines bewaffneten Konfliktes würde ich auch bei einem Feind stets den Menschen vor mir sehen, den ich entsprechend meiner Prinzipien achten und respektieren soll. Somit lässt es sich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, in die Lage versetzt zu werden, diesem Menschen ein Leid hinzuzufügen zu müssen. Aufgrund meiner dargelegten Standpunkte zum Thema Gewalt und meiner Vorstellungen von einem friedlichen Miteinander, sowohl in meinem persönlichen Umfeld, als auch auf moralischer Ebene bitte ich um Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nach Artikel 4, Absatz 3, Satz 1 des GG.

Satariel
2005-11-19, 16:29:41
Ähm, werde ich das dann auch noch begründen müssen, dass ich Zivildienst machen werde bei/nach der Musterung?

in der Verweigerung nicht. Bei der Musterung solltest du es direkt sagen dass du verweigerst, sonst musst du den ellenlangen, stinklangweiligen Einstellungstest der Bundeswehr über dich ergehen lassen. Eine Begründung verlangen die aber auch nicht.

Marshall
2005-11-19, 16:34:02
ist doch richtig, dass man nachdem man den Einberufungsbescheid bekommen hat noch verweigern kann oder ?

Oliver_G
2005-11-19, 16:36:48
in der Verweigerung nicht. Bei der Musterung solltest du es direkt sagen dass du verweigerst, sonst musst du den ellenlangen, stinklangweiligen Einstellungstest der Bundeswehr über dich ergehen lassen. Eine Begründung verlangen die aber auch nicht.

Und der Threadhersteller will sich um beides drücken, wie ich das sehe, oder?

andr_gin
2005-11-19, 16:46:37
Seit wann muss denn seine Entscheidung begründen. Das läuft ja normalerweise so, dass man gefragt wird, was man lieber machen will und das dann genommen wird? So Schreiben mit Begründung gibt es doch schon seit langer Zeit nicht mehr (zumindest in Österreich).

Ich habe übrigens auch am Do und Fr Musterung. Ich frage mich, ob ich den Psychotest ehrlich ausfüllen soll, weil dann bin ich sicher untauglich sowohl für Zivildienst, als auch fürs Bundesheer. Ich befürchte nur, dass die mich dann gleich vor Ort und Stelle abholen und in die Psychatrie fahren ;D

Urion
2005-11-19, 17:15:33
ist doch richtig, dass man nachdem man den Einberufungsbescheid bekommen hat noch verweigern kann oder ?

Da kann es dir aber passieren das du noch zum Bund musst für paar Wochen weil
du zuspät verweigert hast und kein Recht mehr auf Aufschiebung hast.
Clever wäre: Nichts machen. WENN und nur WENN ein Brief vom KWEA kommt(Einberufung oder Benarichtigung das man bald gezogen werden könnte)
sofort die Verweigerung beim KWEA abgegen (Zeuge) und behaupten man hat die Verweigerung abgegeben bevor man von der Einberufung wusste. Dann einen Brief schreiben das man die Ankündigung zur Einberufung bzw die Einberufung
als nichtig ansieht weil man vor der Benarichtigung schon verweigert hatte.
Es reicht nur einen Brief zu schreiben mit Kennziffer und dem Satz "Gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzen möchte ich nach reichlicher Überlegung den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigern und Zivildienst leisten"
Die persönliche Begründung mit Lebenslauf musst du dann innerhalb von 4 Wochen ans BAZ in Köln schicken.
Das Funktioniert weil ein Brief erst nach 3 Tagen als zugestellt gilt. Wenn du also Dienstag nen Brief vom KWEA bekommst, wirfst du noch am Dienstag deine Verweigerung beim KWEA in Briefkasten (ZEUGEN!) oder noch besser gibts persönlich ab mit Quittung. De Jure gilt dann der Brief vom KWEA erst ab Donnerstag 0.00 als zu dir zugestellt. Weil du ja aber schon am Dienstag verweigert hast fällt Bund für dich erstmal auf jeden flach :D
Jedenfalls bis dein Antrag auf Anerkennung als Zivi abgelehnt wird was so gut wie unmöglich ist, wenn du nichts verschleppst und ne gescheite Begründung schreibst.

(del)
2005-11-19, 17:40:03
Was für ne Vorzugsbehandlung?
Die, das man nicht nachts 3 mal für nen ABC-Alarm geweckt wird, das man nicht 4 Tage bei 0° im Biwak verbringen muss, das man nicht befehle befolgen muss, das man nicht 24h Dienste leisten muss, das man nicht an den Arsch der Welt versetzt wird.

Reicht das? ;)

Es sollte jetzt deutlich geworden sein, das so sehr ich den Zivildienst würdige, er nicht annähernd so körperlich fordernd wie der Grundwehrdienst ist.

BigBen
2005-11-19, 17:52:36
Hä? Wo ist denn dann der Unterschied? Bzw. warum sagen die mir, dass ich das innerhalb von einem Monat da hinschicken muss?
Gegen Zivildienst selbst hab ich übrigens nichts.Ups, Du warst natürlich schon bei der Musterung. Trotzdem müsstest Du Dich auch nachträglich, entgegen deiner Anabe bei der Musterung, für den Wehrdienst umentschieden können - was das anbelangt, bin ich mir jedoch nicht 100-prozentig sicher.
In diesem Fall wirst Du den stundenlangen Einstellungstest der Bundeswehr nachholen müssen und anschliessend - ganz normal - auf den eventualen Einberufungsbescheid warten.

Wovon ich mal gelesen habe: du wirst gemustert und die sagen du musst (keine Panik) du schreibst denen ein Brief und berufst dich auf das Gerichtsurteil wegen Wherungerechtigkeit (musste mal raussuchen war vor nicht all zu kurzer zeit) dann bekommst du vom Bund (ne woche danach spätestens) eine Brief zurück da steht drin alles okay du brauchst nicht hat sich erledigt!

ist doch richtig, dass man nachdem man den Einberufungsbescheid bekommen hat noch verweigern kann oder ?Korrekt! Du kannst selbst zu Beginn deiner Wehrdienstzeit - besser bevor Du das erste Mal "scharf" geschossen hast - sagen, dass Du doch lieber Zivildienst machen willst. :D

Update: Oha, dass man es doch so knapp abwickeln muss, wusste ich nicht. Thx@Urion!
Hätte nach dem Essen mal die Page refreshen sollen. ^^

@andr_gin: Bei uns muss man einen KDV-Antrag (http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsdienstverweigerung) stellen und in diesem glaubhaft darlegen, warum man den Wehrdienst verweigern möchte.

Ich habe übrigens auch am Do und Fr Musterung. Ich frage mich, ob ich den Psychotest ehrlich ausfüllen soll, weil dann bin ich sicher untauglich sowohl für Zivildienst, als auch fürs Bundesheer. Ich befürchte nur, dass die mich dann gleich vor Ort und Stelle abholen und in die Psychatrie fahren ;DNa dann schon mal: :uwave:

houdini
2005-11-19, 17:56:13
Herzlichen Glückwunsch.
Keine Gründe haben aber die Vorzugsbehandlung geniessen wollen. Tolle Generation, die da heranwächst...

Ich hatte auch keine Gründe zu Verweigern und habe trotzdem verweigert. Aber in meinen jugendlichen Leichtsinn das Ganze unterschätzt. Auch eine läppische halbe Seite geschrieben. Bei mir kam die erste Begründung auch wieder zurück. Es ist ja bekannt, dass sie scharf sind auf Leute, die den IQ der Truppe etwas heben könnten. Also musste ich zu so einem Verhör mit 3 Betonköpfen. Grosses blabla, meine ursprüngliche Argumentation, natürlich auch Christentum und Pazifismus, womit ich aber nur peripher was zu tun habe, wollten sie nicht akzeptieren. Sie seien ja selber Christen und man könnte als Christ sehr wohl Soldat sein. Schon wahr, ist ja alles letztlich nur eine Glaubensfrage. Es war eine Pattsituation, bzw. war ich eher in der schwächeren Position als eigentlich Nichtgläubiger. Am Ende meinte ich einfach nur noch: "Es ist mir scheissegal, was sie über meine Motive denken. Ich will nicht in ihre Idiotentruppe, für die Machtgeilheit anderer benützt werden oder sinnlose Idiotentätigkeiten machen (Freund von mir 3x am Tag das Schlüsselloch vom Spind putzen - hehe) und werde jede Mitarbeit verweigern, auch gegenüber Zwang." Wundersamerweise kam dann doch eine knappe 2 : 1 Entscheidung zustande, obwohl ich eigentlich keine offiziellen Verweigerungsgründe hatte.

Im Nachhinein hätte ich als Soldat, eben mit umgänglichen Kommandaten wohl auch keine Probleme gehabt. Ich bestreite ja auch in keinsterweise, dass es wirklich Soldaten gibt, die einen wertvollen Job machen. Die Wehrpflicht gibt es aber nur noch, damit mehr Offiziere ihre Daseinberechtigung haben, damit sie doch noch einige überreden können sich für den Schlamperladen zu verpflichten und damit der grosse Rest in Billigjobs als Zivis gedrückt werden kann. Naja, so ein bischen Sport und Abenteuerromanik hätte ich auch locker ausgehalten. Mit Schiessen habe ich auch keien Probleme. Aber die Verhörfuzzis wollten es halt wissen und das war mir schon immer zu doof. Ich lass mir nix von Vollidioten vormachen. Beim Zividienst habe ich dann wenigstens was Sinnvolles gemcht, auch körperlich gearbeitet, wenn auch nix Grosses.

andr_gin
2005-11-19, 17:57:21
Das stimmt schon, aber ich werde mich auch für das Bundesheer anmelden, da ich erstens kein Problem mit körperlichen Schmerzen habe und zweitens mich auch Prinzip weigere alte Leute zu pflegen etc. Da renne ich in der Nacht lieber blöd im Wald herum bei eisiger Kälte. Damit, dass ich jemandem das Hirn raus schieße habe ich persönlich auch kein Problem. Ich würde es zwar unter normalen Umständen nicht machen, wenn mir derjenige nichts getan hat, aber ich hätte auch nicht wirklich ein Gewissensproblem damit.

SamStone
2005-11-19, 19:05:37
Die, das man nicht nachts 3 mal für nen ABC-Alarm geweckt wird, das man nicht 4 Tage bei 0° im Biwak verbringen muss, das man nicht befehle befolgen muss, das man nicht 24h Dienste leisten muss, das man nicht an den Arsch der Welt versetzt wird.
Und nützt das letztendlich irgendjemanden was? Nein!

Reicht das? ;)
Nein

Es sollte jetzt deutlich geworden sein, das so sehr ich den Zivildienst würdige, er nicht annähernd so körperlich fordernd wie der Grundwehrdienst ist.
Darauf kommt es aber auch nicht an.

Außerdem hab ich sehr wohl Gründe dafür. Nur halt keine die in meiner Vergangenheit begründet liegen oder für die eine 1,5 Seiten Begründung ausreichen würde.


Danke für alle die hier ihre Verweigerung gepostet haben. Werde mich dann mal von denen inspirieren lassen :biggrin:

SamStone
2005-11-19, 21:35:09
So fertig geschrieben. Danke nochmal.

Aber nochmal ne andere Sache: Ich streite mich gerade mit nem Freund darüber, ob ein Pazifist Computerspiele, welche unter anderem auch Gewalt der Inhalt ist, spielen würde. Nur mal so aus Interesse. :tongue:

BigBen
2005-11-19, 22:30:01
Reicht das? ;)

Es sollte jetzt deutlich geworden sein, das so sehr ich den Zivildienst würdige, er nicht annähernd so körperlich fordernd wie der Grundwehrdienst ist.Ein sehr guter Freund wurde zum Rettungs-Sanitäter ausgebildet und musste Krankentransporte fahren und hat am Rettungsdienst teilgenommen. Er hatte sehr oft Bereitschaftsdienst und ist in der Nacht unzählige Male zu Einsätzen ausgefahren. Dazu kommt noch die psychische Belastung, mit der nicht jeder zurecht kommt.
Es gibt also auch fordernde Zivi-Stellen, wo man keine ruhige Kugel schieben kann. :D

Aber nochmal ne andere Sache: Ich streite mich gerade mit nem Freund darüber, ob ein Pazifist Computerspiele, welche unter anderem auch Gewalt der Inhalt ist, spielen würde. Nur mal so aus Interesse. :tongue:Ich bin zwar kein glühender Pazifist, verabscheue aber idR Gewalt und konsumiere trotzdem gewaltreiche Computerspiele und Filme. Ist schon paradox.

Satariel
2005-11-20, 11:45:36
Ich würde mich als Pazifist bezeichnen... und trotzdem spiele ich Egoshooter (am liebsten in der Originalversion :D)... ist für einige vielleicht wirklich paradox, aber ich sehe einen meilenweiten Unterschied zwischen fiktivem und realem Verhalten.