PHuV
2006-09-07, 18:39:03
Vor meiner Mandel-OP war ich mit meiner Frau und meine kleinen Sohn im Schwimmbad Olympiastadion in Berlin (die Architektur, Adolf und das tausendjährige Reich lassen grüßen).
Da stehe ich nun zum ersten Mal in meinem Leben vor einer Sprungplattform mit 1, 3, 5, 7,5 und 10 Meter. Mein Kleiner sieht die Leute da alle rumspringen und schaut mich mit seinen Kulleraugen groß an, zeigt auf das 1er Brett, lächelt mich an und sagt: "Papa, Du auch spingen". Nein, er ist kein Chinese, und er will oft noch kein R sprechen.
Na ja, denke ich so bei mir, es gibt ja nichts schöneres, als ein Kind zum Lachen zu bringen, gut, macht sich Papa halt zum Affen, und hüpft ein paar Mal hin und rum, der Kleine lacht, alles klar, Mission "Kind glücklich machen, Papa ist der Held" beendet.
Doch was macht das kleine Sadist? Natürlich hatte er beobachtet, daß die Mehrzahl vom 3er springt. Wieder die großen Kulleraugen und der Fingerzeig auf den 3er.
Ok, denke ich mir so bei mir, warum nicht? Das schaffe ich auch noch, gut stelle ich mich halt an die lange Schlange an. Meine Kleiner stellt sich, damit die Sicht gut ist, direkt mit Mama neben die Plattform, wild hüpfend und mit dem Finger auf mich zeigend und lachend rufend "Papa". Jaja, lach Du nur. Aber wie gehabt, auch kein Problem.
Der Kleine freut sich wieder, und nichtsahnend aus dem Wasser steigend, kommt plötzlich ein Bademeister und öffnet die 5er Plattform. Natürlich deutet mein kleines Ungeheuer sofort auf die jungen Menschen, die in Scharen hochpilgern und fragt: "Papa, Du da auch runterspingen?".
Wieder dieses verdammte Kulleraugenlächeln, dem man nicht widerstehen kann, irgendwie ist die Natur verdammt raffiniert, denke ich mir so dabei, während ich den Turm erklimme. Natürlich sind da die ganzen kleinen und jungendlichen Hüpfer, und ich komme mir fast so alt wie alle anderen zusammen auf der Plattform vor. Und sie springen in Saltos und sonstigen akrobatischen Verrenkungen, das es mir ganz bange wird. Nene, ich begnüge mich mit dem simplen Füßevorraussichterheitsmacheschnelldieaugenzusprung. Warum mach ich noch so ein Scheiß, denke ich so bei mir, schließlich bin ich schon lange nicht mehr von so hoch gesprungen (a war ich 15-16?), und in unserem Ortsumkreis gab es nur ein Freibad mit einem 5er. Na gut Tribut an die Jugenderinnerung taste ich mich vorsichtig an den Rand der Plattform vor.
Scheiße, so hoch hatte ich es noch gar nicht in Erinnerung!
Kurz hole ich tief Luft, nimm meinen Mut zusammen, während mich die 6-10 jährigen beimitleidenswert ("was will der alte Sack hier oben") ansehen, schaue gerade aus, und springe. Auch kein Problem. Wieder hangle ich mich an den Beckenrand aus dem Wasser heraus, doch oh Schock, wo ist der Kleine mit Mama? "Er wollte unbedingt ein Eis", ruf meine Frau, während sie mit meinem Stammhalter eisleckend mir entgegenwackeln. Sein eisverschmierter Mund formuliert die anerkennenden Worte: "Papa, Du bist gespungen", und er grinst mich dabei an.
Während ich noch so hadere mit dem verpaßten Sprung zugunsten eines Eises bannt sich eine weitere ultimative Herausforderung an, der Bademeister öffnet den 7,5er! In Zeitlupe sehe ich das kleine eisverschmierte.Monster auf die paar Jugendlichen zeigen, die erfreut nach oben steigen und sein Mund formulieren die Worte (tieffrequente und verzögerte Artikulation: PPPPAAAAAPPPPPAAA, DUUUUUHHH DAAAAA AAAAUUUUCCCHHH SPPPPIIINNNGEN BIIIIITTTTÄÄÄÄ!
Meine Frau atmet sehr tief an und schaut mich vorwurfsvoll an nach der Parole: "Du bist zu alt für so einen Scheiß, laß es!". Als Feigling und Versager vor der Frucht meiner Lenden dastehen? Niemals! Mein Ehrgeiz ist gepackt! Der kleine Alien weiß genau, daß er schon gewonnen hat, und grinst mich entsprechend listig an.
Langsam steige ich die Stufen rauf. Hmm, das sieht doch vom 5er nicht so hoch aus, das ist doch kein Problem. Oben stehen feixend die Jungendlichen und Kinder und hüpfen ohne Probleme runter. Nach einer ersten vorsichtigen Rundumschau kommen mir die ersten Zweifel und überlege ernsthaft, wieder runterzugehen, man muß nicht alles machen. Jedoch macht die kleine Ausgeburt der Hölle unten freudiger Erwartung meinen Plan einen Strich durch die Rechnung, indem er nach oben zu mir deutend laut ruft: "Das ist mein Papa. Papa spingt gleich!". So viele Zeugen meiner Schande, wenn ich aufgebe. Panisch sehe ich, wie die Schlange auf der Plattform immer mehr abnimmt. Der Bademeister winkt souverän alle durch, und ich merke, wie die Zeit immer schneller vergeht. Ich schließe Frieden mit meinem Schöpfer, und will noch ein letztes Gebet gen Himmel schicken, als der Bademeister mich schon durchwinkt? Was, die zwei kurzen wollen noch warten, und lassen mich alten Mann vor. Mist, keine Zeit für ein Gebet mehr. Mein Körper wird nur doch durch die sich durch das Alter angesammelten Fettmassen zusammengehalten, und mein Blick wandert nach unten.
"UUAAAAA, PANIK, HILFE, SCHEISSE SCHEISSE SCHEISSE)", saust mir nur so durch den Kopf, "auf was habe ich mich da eingelassen?".
"Wieso ist das sooo hoch?", und sehe wieder mal, alles ist relativ, von unten sah es nicht so hoch aus. Ein letztes Mal wandert mein Blick nach hinten, ein gelangweilter Bademeister und erwartungsvolle Jugendliche warten hinter mir. Wieder geht mein Blick nach unten, und das Herz rast wie wild. "Warum muß ich so etwas noch machen, ich gebe lieber auf, lieber Schade als Tod?" und will schon zurückweichen, aber die aufgefüllte Schlange verhindert einen schnellen Abgang und führt nur zu einem schmachvollen Spießroutenlauf. Unten sehe ich, wie meine Frau nur den Kopf schüttelt und der kleine Satansbraten will hüpfend mit dem Eis schlotzend auf mich zeigt und allen klarmacht: "Das ist mein Papa, Papa spingt gleich!"
Ängstlich, wie schon lange nicht mehr, rasen die Gedanken durch meinen Kopf. Was mache ich nun? Soll ich mich der Schande hingeben und einfach aufgeben? Wie wird sich das auf die Entwicklung meinen Sohnes auswirken, wenn ich nun nicht mehr der Held für ihn bin? Und so stehe ich oben und starre nur fassungslos in die Tiefe.
- to be continued -
Da stehe ich nun zum ersten Mal in meinem Leben vor einer Sprungplattform mit 1, 3, 5, 7,5 und 10 Meter. Mein Kleiner sieht die Leute da alle rumspringen und schaut mich mit seinen Kulleraugen groß an, zeigt auf das 1er Brett, lächelt mich an und sagt: "Papa, Du auch spingen". Nein, er ist kein Chinese, und er will oft noch kein R sprechen.
Na ja, denke ich so bei mir, es gibt ja nichts schöneres, als ein Kind zum Lachen zu bringen, gut, macht sich Papa halt zum Affen, und hüpft ein paar Mal hin und rum, der Kleine lacht, alles klar, Mission "Kind glücklich machen, Papa ist der Held" beendet.
Doch was macht das kleine Sadist? Natürlich hatte er beobachtet, daß die Mehrzahl vom 3er springt. Wieder die großen Kulleraugen und der Fingerzeig auf den 3er.
Ok, denke ich mir so bei mir, warum nicht? Das schaffe ich auch noch, gut stelle ich mich halt an die lange Schlange an. Meine Kleiner stellt sich, damit die Sicht gut ist, direkt mit Mama neben die Plattform, wild hüpfend und mit dem Finger auf mich zeigend und lachend rufend "Papa". Jaja, lach Du nur. Aber wie gehabt, auch kein Problem.
Der Kleine freut sich wieder, und nichtsahnend aus dem Wasser steigend, kommt plötzlich ein Bademeister und öffnet die 5er Plattform. Natürlich deutet mein kleines Ungeheuer sofort auf die jungen Menschen, die in Scharen hochpilgern und fragt: "Papa, Du da auch runterspingen?".
Wieder dieses verdammte Kulleraugenlächeln, dem man nicht widerstehen kann, irgendwie ist die Natur verdammt raffiniert, denke ich mir so dabei, während ich den Turm erklimme. Natürlich sind da die ganzen kleinen und jungendlichen Hüpfer, und ich komme mir fast so alt wie alle anderen zusammen auf der Plattform vor. Und sie springen in Saltos und sonstigen akrobatischen Verrenkungen, das es mir ganz bange wird. Nene, ich begnüge mich mit dem simplen Füßevorraussichterheitsmacheschnelldieaugenzusprung. Warum mach ich noch so ein Scheiß, denke ich so bei mir, schließlich bin ich schon lange nicht mehr von so hoch gesprungen (a war ich 15-16?), und in unserem Ortsumkreis gab es nur ein Freibad mit einem 5er. Na gut Tribut an die Jugenderinnerung taste ich mich vorsichtig an den Rand der Plattform vor.
Scheiße, so hoch hatte ich es noch gar nicht in Erinnerung!
Kurz hole ich tief Luft, nimm meinen Mut zusammen, während mich die 6-10 jährigen beimitleidenswert ("was will der alte Sack hier oben") ansehen, schaue gerade aus, und springe. Auch kein Problem. Wieder hangle ich mich an den Beckenrand aus dem Wasser heraus, doch oh Schock, wo ist der Kleine mit Mama? "Er wollte unbedingt ein Eis", ruf meine Frau, während sie mit meinem Stammhalter eisleckend mir entgegenwackeln. Sein eisverschmierter Mund formuliert die anerkennenden Worte: "Papa, Du bist gespungen", und er grinst mich dabei an.
Während ich noch so hadere mit dem verpaßten Sprung zugunsten eines Eises bannt sich eine weitere ultimative Herausforderung an, der Bademeister öffnet den 7,5er! In Zeitlupe sehe ich das kleine eisverschmierte.Monster auf die paar Jugendlichen zeigen, die erfreut nach oben steigen und sein Mund formulieren die Worte (tieffrequente und verzögerte Artikulation: PPPPAAAAAPPPPPAAA, DUUUUUHHH DAAAAA AAAAUUUUCCCHHH SPPPPIIINNNGEN BIIIIITTTTÄÄÄÄ!
Meine Frau atmet sehr tief an und schaut mich vorwurfsvoll an nach der Parole: "Du bist zu alt für so einen Scheiß, laß es!". Als Feigling und Versager vor der Frucht meiner Lenden dastehen? Niemals! Mein Ehrgeiz ist gepackt! Der kleine Alien weiß genau, daß er schon gewonnen hat, und grinst mich entsprechend listig an.
Langsam steige ich die Stufen rauf. Hmm, das sieht doch vom 5er nicht so hoch aus, das ist doch kein Problem. Oben stehen feixend die Jungendlichen und Kinder und hüpfen ohne Probleme runter. Nach einer ersten vorsichtigen Rundumschau kommen mir die ersten Zweifel und überlege ernsthaft, wieder runterzugehen, man muß nicht alles machen. Jedoch macht die kleine Ausgeburt der Hölle unten freudiger Erwartung meinen Plan einen Strich durch die Rechnung, indem er nach oben zu mir deutend laut ruft: "Das ist mein Papa. Papa spingt gleich!". So viele Zeugen meiner Schande, wenn ich aufgebe. Panisch sehe ich, wie die Schlange auf der Plattform immer mehr abnimmt. Der Bademeister winkt souverän alle durch, und ich merke, wie die Zeit immer schneller vergeht. Ich schließe Frieden mit meinem Schöpfer, und will noch ein letztes Gebet gen Himmel schicken, als der Bademeister mich schon durchwinkt? Was, die zwei kurzen wollen noch warten, und lassen mich alten Mann vor. Mist, keine Zeit für ein Gebet mehr. Mein Körper wird nur doch durch die sich durch das Alter angesammelten Fettmassen zusammengehalten, und mein Blick wandert nach unten.
"UUAAAAA, PANIK, HILFE, SCHEISSE SCHEISSE SCHEISSE)", saust mir nur so durch den Kopf, "auf was habe ich mich da eingelassen?".
"Wieso ist das sooo hoch?", und sehe wieder mal, alles ist relativ, von unten sah es nicht so hoch aus. Ein letztes Mal wandert mein Blick nach hinten, ein gelangweilter Bademeister und erwartungsvolle Jugendliche warten hinter mir. Wieder geht mein Blick nach unten, und das Herz rast wie wild. "Warum muß ich so etwas noch machen, ich gebe lieber auf, lieber Schade als Tod?" und will schon zurückweichen, aber die aufgefüllte Schlange verhindert einen schnellen Abgang und führt nur zu einem schmachvollen Spießroutenlauf. Unten sehe ich, wie meine Frau nur den Kopf schüttelt und der kleine Satansbraten will hüpfend mit dem Eis schlotzend auf mich zeigt und allen klarmacht: "Das ist mein Papa, Papa spingt gleich!"
Ängstlich, wie schon lange nicht mehr, rasen die Gedanken durch meinen Kopf. Was mache ich nun? Soll ich mich der Schande hingeben und einfach aufgeben? Wie wird sich das auf die Entwicklung meinen Sohnes auswirken, wenn ich nun nicht mehr der Held für ihn bin? Und so stehe ich oben und starre nur fassungslos in die Tiefe.
- to be continued -