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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die neue Sehnsucht der Deutschen nach Sinn und Sicherheit.


_Gast
2006-09-19, 15:18:16
Das vielfach beklagte Jammern über Werte- und Orientierungsverluste, haltlose Kinder und ratlose Eltern hat in Deutschland bald ein Ende. Die Bundesbürger richten sich wieder auf verbindliche Spiel- und Verhaltensregeln ein und erwarten mehr werteorientierte Erziehungsziele und Gebote.
...
Ehrlichkeit (79%), Verlässlichkeit (64%) und Hilfsbereitschaft (64%) befinden sich in der Werteskala ganz obenan. Überraschend hoch im Kurs stehen auch konventionelle Werte wie Höflichkeit (59%) sowie Anstand und gutes Benehmen (61%).
...
Heute hingegen haben nach Meinung der Bevölkerung Werte wie Fleiß (57%), Pflichterfüllung (55%) und Disziplin (55%) wieder wachsende Bedeutung.
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Selbstdisziplin steht der Selbstverwirklichung nicht mehr im Wege.“ Für die junge Generation bis zu 34 Jahren hat die Verantwortungsbereitschaft (53%) sogar eine größere Bedeutung als das Durchsetzungsvermögen (45%).
...
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts erfahren tradierte Werte eine Renaissance...
Zu Fleiß (57%) und Durchsetzungsvermögen (50%) gesellen sich ganz selbstverständlich Toleranz (56%) und Gerechtigkeitsgefühl (55%).

Quelle: http://www.bat.de/oneweb/sites/BAT_677KXQ.nsf/vwPagesWebLive/DO6TLDQF?opendocument&SID=8839DB756949FE35BC0064228DE65E89&DTC=&TMP=1

Endlich hat die wertelose (und damit in meinen Augen würdelose) Gesellschaft ein Ende. Oder was meint ihr dazu?

Monger
2006-09-19, 15:36:00
Furchtbar. Statt sich Gedanken über eine moderne, soziale und moralische Gesellschaftsordnung zu machen, übernehmen wir 1:1 den Krams aus dem vorvorigen Jahrhundert.

Klar: wenn Probleme auftauchen, steckt man den Kopf in den Sand, und träumt von vergangenen Zeiten.

Rincewind
2006-09-19, 15:43:52
Warum sind Höflichkeit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit überholte Wertvorstellungen? In meinen Augen sind das universelle Umgangsformen.

Monger
2006-09-19, 16:08:02
Warum sind Höflichkeit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit überholte Wertvorstellungen? In meinen Augen sind das universelle Umgangsformen.
Die meine ich auch nicht unbedingt, sondern Fleiß, Pflichterfüllung und Disziplin.
Und was ist mit "Anstand und gutes Benehmen" gemeint? Tischmanieren? Nicht verkehrt, aber zu wischi-waschi. Es sollte nicht der Sinn sein, dass man Rituale einstudiert, sondern dass man einfach Rücksicht auf den anderen nimmt.

PHuV
2006-09-19, 16:18:00
Die meine ich auch nicht unbedingt, sondern Fleiß, Pflichterfüllung und Disziplin.
Und was ist mit "Anstand und gutes Benehmen" gemeint? Tischmanieren? Nicht verkehrt, aber zu wischi-waschi. Es sollte nicht der Sinn sein, dass man Rituale einstudiert, sondern dass man einfach Rücksicht auf den anderen nimmt.

Höflichkeit und Anstand haben IMHO nichts mit Ritualen zu tun. Wir leben ja schließlich nicht in Japan am Kaiserhof.

#44
2006-09-19, 16:20:30
Fleiß = Arbeitseifer/Motivation - Kombiniert mit einem guten Ausgangspunkt doch praktisch DER Karrieregarant. Was soll daran schlecht sein? (Ausser das das Wort an sich (ver)alt(et) ist)

Und bei Anstand und gutes Benehmen sehe ich eher alle Umgangsformen eingeschlossen...

Monger
2006-09-19, 16:43:50
Höflichkeit und Anstand haben IMHO nichts mit Ritualen zu tun. Wir leben ja schließlich nicht in Japan am Kaiserhof.

Tischmanieren sind selbstverständlich absolut ritualisiert, und die interpretiere ich jetzt mal großzügig als "Anstand". Dass man das Messer rechts und die Gabel links legt, dass man seinen Teller leer isst (zumindest wenn man eingeladen wird), dass man der Frau die Tür ins Lokal aufhält, aber selber zuerst hineingeht...

Höflichkeit ist eine Kulturfrage. Höflichkeit heißt ja noch mehr als den anderen nicht zu beleidigen, sondern gewisse Floskeln zu verwenden. Die Unterscheidung zwischen "Sie" und "Du" ist wohl das simpelste Beispiel...
Da gehört auch dazu, dass Amis und Asiaten meistens lange um den heißen Brei reden, während man in Europa meistens ziemlich offen rausredet.

Ich habe nichts gegen diese Rituale, aber ich hab was dagegen wenn man jetzt einfach den Sack zumacht, und alle Rituale wort- und kritiklos übernimmt. Kultur entwickelt sich, und wenn die Traditionalisten alles neue automatisch als falsch verdammen, wird es zu sozialen Spannungen kommen.

Fleiß = Arbeitseifer/Motivation - Kombiniert mit einem guten Ausgangspunkt doch praktisch DER Karrieregarant. Was soll daran schlecht sein? (Ausser das das Wort an sich (ver)alt(et) ist)

Das ist mir zu "American Dream" mäßig. Es reicht eben nicht, hart zu arbeiten. Man muss vorallem das richtige tun. "Fleiß" ist das Lieblingswort von Managern, die ihre Produktivität stärken wollen ohne Strukturreformen in Angriff nehmen zu wollen. Jeder Mensch ist normalerweise arbeitsam, wenn er mit seiner Arbeit halbwegs zufrieden ist, und muss nicht erst zusätzlich moralisch daran erinnert werden.

Heart-Rocker
2006-10-11, 06:59:29
Wünscht man sich möglichst alle guten alten Werte wieder in der Gesellschaft angewandt, tauchen dort doch zwangsweise Konflikte auf.

Beispiel Ehrlichkeit vs. Höflichkeit


Sympathie vortäuschen, um quasi keine negative Spannung zu erzeugen ist ebenso falsch, wie selbige ehrlich aber schmerzhaft zu entladen.

Feingefühl ist angebracht und kein Regelwerk.

Bereich Arbeit: ein Gefühl für Eigenverantwortung und Kompetenzbereich zu entwickeln helfen dem Kern der Gesamtproduktivität mehr auf die Sprünge, als sich abzuhetzen, um "fleißig" zu sein. Wunschvorstellung: ein Gefühl der Belohnung proportional zum aufgebrachten Fleiß. Nicht nur für die Kröten schuften, sondern Arbeit an sich als notwendiges und essenzielles Element einer funktionierenden Gesellschaft verstehen.

Ein Gefühl dafür entwickeln, wie man seinen Beitrag leistet und registrieren, dass man das nicht umsonst tut.




Also was ich damit sagen will, dasses nicht genügt, tugendhaft zu handeln und soziale Werte zu entwickeln, sondern dass es viel wichtiger ist, ein aktives Bewusstsein über die Bedeutung seines Verhaltens oder Fehlverhaltens zu entwickeln und zu lernen, quasi instinktiv stets den gerade passenden Werte- und Moralcocktail bereit zu haben.

Monger
2006-10-11, 08:49:15
Zum Thema Fleiß fällt mir noch ein dummer Spruch ein den einer meiner Informatik-Dozenten gebracht hat:

Wenn du für deine Arbeit dir einen Kollegen auswählen musst, welchen würdest du auswählen: den Dummen oder den Faulen?
Natürlich den Faulen, weil er wird alles dafür tun, damit die Arbeit mit möglichst wenig Aufwand fertig wird.


Fleiß ist heute kein Wert mehr. Man setzt einfach voraus dass die Leute hart arbeiten. Sich todzuschuften um ein paar Euro mehr in der Tasche zu haben, wird heute eher belächelt als bewundert. Zu Recht, wie ich finde...

IVI
2006-10-11, 22:32:25
das kommt immer vor, wenn hedonisierung und individualisierung nen push erleben. zudem sind die meisten der punkte auch ganz sozial (bzw. soziologisch) gesehen ein grund für die evolution des menschen.


@ gast_: ein ende? aufwachen! husch husch! und btw: wunsch != tat ;)

@ monger: nee, den dummen, dann kann mans allein machen und weiß, das es was wird ;)

hmx
2006-10-12, 00:24:21
Zum Thema Fleiß fällt mir noch ein dummer Spruch ein den einer meiner Informatik-Dozenten gebracht hat:

Wenn du für deine Arbeit dir einen Kollegen auswählen musst, welchen würdest du auswählen: den Dummen oder den Faulen?
Natürlich den Faulen, weil er wird alles dafür tun, damit die Arbeit mit möglichst wenig Aufwand fertig wird.


Fleiß ist heute kein Wert mehr. Man setzt einfach voraus dass die Leute hart arbeiten. Sich todzuschuften um ein paar Euro mehr in der Tasche zu haben, wird heute eher belächelt als bewundert. Zu Recht, wie ich finde...

Richtig. Heutzutage wird fleiss allein überbewertet. Man kommt imo nur mit Fleiss teilweise viel zu weit. Und in vielen Führungsrollen sitzen Leute die fleissig sind aber relativ unintelligent bzw unbegabt. Da braucht man nur auf die Poliltiker zu schauen. Oder auf solche Sachen wie z.B. den Vorfall als sich 14 Jährige vor Polizisten vorm Fussballspiel nackt ausziehen mussten weil sie angeblich Rauchbomben und sonstiges reinschmuggeln. SSry aber wie dumm muss man sein um sowas zu befehlen. Da ist wieder jemand mit Fleiss nach oben gekommen. Wir brauchen keine Abiturienten mehr die 1,0 durch fleissiges Auswendiglernen schaffen. Wir brauchen welche die das schaffen weil sie so begabt sind. Es gibt viel zu viele Leute die nur durch fleiss nach oben kommen gut reden können, bzw die entsprechenden Softskills besotzen aber total unfähig sind und kaum noch wirklich geniale Menschen.