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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Dreamfall – The Longest Journey


Zephyroth
2006-10-21, 12:04:55
Nachdem ich durch "Forenpropaganda" auf "Dreamfall" aufmerksam geworden bin und es jetzt durch habe, sehe ich mich in der Lage ein Review zu schreiben.

Über das Spiel

Das Spiel selbst bezeichnet sich als "Adventure" und gehört genremäßig zu einer aussterbenden Art. Es ist die Fortsetzung von "The Longest Journey" (TLJ) aus dem Jahr 1999. Man spielt hauptsächlich nicht April Ryan, sonder Zoe Castillo, eine 20jährige, die im Casablanca des Jahres 2219 (also 10 Jahre nach den Ereignissen von TLJ). Zoe sieht derzeit keinen Sinn in ihrem Leben, doch schlittert sie beim Abholen eines Pakets in ihr größtes Abenteuer.

Die Engine

Dreamfall wird von der Shark 3D Engine befeuert, die jederzeit eine überzeugende Landschaft auf den Bildschirm wirft. Es werden alle Bildschirmformate unterstützt (4:3, 5:4, 16:9, 16:10). Leider kann man aus dem Spiel heraus keine hohen AF und AA Modis aktivieren, daher bleibt es dem Grafiktreiber überlassen, dies zu tun. Die Engine selbst ist leistungsfähig und nicht übermäßig ressourcenhungrig. Auf meinem System (A64 X2 4200+, X850XT, 1.5GB RAM) läuft Dreamfall mit 40fps+ mit 16xAF und 6xAA. Abgesehen davon, ist es vom Spielecharakter her nicht notwendig hohe Frameraten zu haben.

Die Steuerung

Bei der Steuerung scheiden sich die Geister, das die Anhänger von TLJ ein "Point & Click"-Adventure erwarten, was Dreamfall aber nicht bietet. Man kann den Charakter mit Maus und Tastatur oder mit einem Gamepad (hieran sieht man, das es DF auch für die XBOX gibt) bewegen. Ich kam mit Maus und Tastatur nicht zurecht, also stieg ich um auf Gamepad, was sich nach kurzer Zeit als leistungsfähiges "Man-Machine-Interface" entpuppte. Hat man sich daran gewöhnt, gibts nichts zu bemängeln. Ausgenommen sei diese Spieler, die kein Gamepad herumliegen habe, deren Gram kann ich verstehen.

Gameplay

Hier gibt's die größten Abstriche zu machnen, Dreamfall nimmt den Spieler an die Hand und führt ihn kurzgesagt durch den "interaktiven" Film. Die Rätsel sind einfach und auch nicht sonderlich zahlreich. Stattdessen wird vesucht das Spiel mit Möchtegernkämpfen abwechslungsreicher zu gestalten. Es dominieren aber zeitmäßig die Dialoge, denn es wird eine wundervolle Geschichte erzählt

Die Story

Eins vorweg, die Story ist das epischste und beste was ich bisher in einem Computerspiel gesehen habe (allerdings bitte in Verbindung mit TLJ). Es geht um die 20jährige Zoe Castillo, es fehlt ihr an nichts und dennoch verspürt sie in ihrem Leben eine große Leere. Dies ändert sich, als sie beginnt von einem kurzen Video auf den überall präsenten Monitoren verfolgt zu werden. Als sie dann noch ihrem Ex-Freund einen Gefallen tut schlittert sie in ihr größtes Abenteuer. Spätestens ab da ist der Spieler im Bann von Dreamfall und hört nicht mehr auf, bis die Geschichte erzählt wurde. In diese Abenteuer gelangt sie nach Arcardia, wo sie April aus TLJ trifft. Es gesellt sich später noch eine dritte spielbare Figur dazu, der Killer Kian. Diese Trio wird abwechselnd vom Spieler gespielt und hat verschiedene Aufgaben zu erfüllen, während sich die Geschichte immer weiter entwickelt und eine Verbindung zwischen Stark (Zoe's Welt) und Arcardia (April & Kians Welt). Es entwickelt sich eine Verschwörung in beiden Welten, die es zu bekämpfen gilt.

Cutscenes

Das Spiel bleibt komplett in der 3d-Umgebung, es gibt keine vorgerenderten Filme. Dennoch sind die viele Cutscenes, bei denen es gilt gut aufzupassen oscarreif, sowohl von der Kameraführung her als auch von der Musik, die nie aufdringlich, aber immer die Stimmung unterstützend dezent im Hintergrund spielt.

Stark und Arcardia

Diese beiden Welten, sind das Universum von TLJ und DF. Es sind Parallelwelten, beide im Jahr 2219. Während Stark unsere Welt in der Zukunft wiederspiegelt und von Technik und Logik dominiert wird, ist Arcardia das Gegenstück dazu, hier gibt es keine Technik, sondern die Magie. Diese beiden Welten stehen über Träume in Verbindung. Das Gleichgewicht zwischen den Welten wird vom "Guardian" gewährleistet, der in einer Dimension zwischen den Welten beheimatet ist.

Die Charaktäre

Zoe Castillo

Eine junge Frau im Casablanca des Jahres 2219, die derzeit keinen Sinn in ihrem Leben sieht und sehr verloren wirkt. Dies sollte sich aber schnell ändern, nachdem sie anfängt auf Bildschirmen Visionen zu sehen. Sie folgt ihnen und macht so Bekanntschaft mit Arcardia und April Ryan. Im Laufe der Geschichte entwickelt sie sich vom verlorenen Küken zu einer Heldin, die bereit ist alles auf's Spiel zu setzen (inklusive ihrem Leben) um Reza, Faith und April zu retten und die Verschwörung eines Megakonzerns aufzudecken.

April Ryan

April kennt man aus TLJ. Sie hatte dort eine Aufgabe und hat sich in Erfüllung dieser Aufgabe selbst aufgegeben. Sie hat ihre Gabe zwischen den Welten zu reisen verloren und sitzt nun in Arcardia fest, wo sie eine Rebellentruppe anführt um ihre inneren Dämonen zum schweigen zu bringen. Sie ist eine gebrochene Persönlichkeit, ohne Aussicht auf irgend eine Änderung in ihrem Leben. Sie handelt selbstsüchtig und ist alles andere als kooperativ, als Zoe das erste mal ihre Hilfe braucht. Dies sollte sich aber auch im Laufe der Geschichte verändern.

Kian

Von Kian erfährt man recht wenig. Er ist ein Assassin der Sechs (sowas wie die Regierung der Azadi) und verbreitet seinen Glauben mit dem Schwert, was sehr an die Kreuzzüger erinnert. Er lernt im Laufe der Geschichte April kennen und beginnt seinen eigenen Glauben zu hinterfragen.

Fazit

Dreamfall ist kein klassisches Adventure, es ist mehr ein interaktiver Film. Die Story ist episch und kann ohne weiters mit "Herr der Ringe" mithalten. DF ist etwas für Leute die mehr Wert auf eine tiefgreifende Story legen, als auf knifflige Rätsel. Trotz dieser Mängel wird es einem nicht langweilig, dafür sorgt die Story, die einen spätestens nach 1 1/2 Stunden in ihrem Bann hat. Man möchte wissen, was ist die WATICorp, wer die Azadi, wie hängen die Welten Stark und Arcardia zusammen? Während den ca. 20h die das Spiel dauert, wird es keine Minute langweilig und man möchte nur wissen wie es weiter geht. Die Charaktäre sind sehr gut ausgearbeitet, man fühlt mit ihnen und kann ihre Handlungen jederzeit nachvollziehen. Viel Wert wird auch auf deren Entwicklung gelegt, jeder der drei entwickelt sich im Laufe des Spiel weiter. Aus Zoe wird eine echte Heldin, die das Wohl anderer über ihr eigenes Stellt. April findet spät aber doch eine weitere Aufgabe in ihrem Leben und Kian beginnt seinen Glauben zu hinterfragen.

Persönliche Meinung

Noch nie hat mich ein Computerspiel dermaßen mitgerissen wie Dreamfall. Ich liebte jede einzelne Sekunde, die ich mit Zoe, April und Kian verbringen durfte. Man wird in eine wunderbare Welt gezogen und geht mit den Charaktären mit, lernt sie näher kenne, versteht sie. Man freut sich mit ihnen, man trauert mit ihnen. Die Last die auf allen liegt wird fast zu einer eigenen physisch spürbaren Last. Die Schwächen was das Gameplay angeht, störten mich überhaupt nicht. Es ist als lese man ein gutes Buch mit dem Unterschied, das man wirklich daran teilnehmen kann. Die Schauplätze sind mit viel Liebe designt und ich stolperte von einem "Wow"-Erlebnis ins nächste. Einzig zu bemängeln ist der offene Schluß, der mehr Fragen offen läßt als er beantwortet. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, sie hat drei Teile. Ich hoffe nun auf ein baldiges Erscheinen von DF2, würde aber vor 2008 nicht damit rechnen.

So, ich hoffe ich konnte DF ein wenig näher bringen, mir liegt viel daran, ein altes aber fast aussterbendes Genre wiederzubeleben. Dies ist mein kleiner Beitrag dazu...

Grüße,
Zeph

geforce
2006-11-06, 11:24:15
Um wirklich Leute damit zu erreichen wäre es vielleicht ganz sinnvoll ein richtiges Review für die 3D-Center-Titelseite zu schreiben. Aber noch was zu deinem letzten Satz: Ich vermisse Adventures irgendwie auch. Aber ich spiele auch sogut wie nicht mehr (abgesehen von Defcon auf 'nem riesen Widescreen X-D). Sowas wie Monkey Island wirds halt nicht mehr geben, schade eigentlich. Aber was mir fehlt: Wird den mit Dreamfall das Genre ein wenig wiederbelebt?

MfG Richard ;)

Zephyroth
2006-11-08, 13:29:36
Aber was mir fehlt: Wird den mit Dreamfall das Genre ein wenig wiederbelebt?

Das klassische Genre der "Point & Klick"-Adventures sicher nicht. Aber Funcom hat es schon richtig gemacht und das Spiel auch auf der XBox rausgebracht. Die PC-Gamer sind eine (global) gesehen kleine Gemeinde, die der Konsolenspieler ist größer.

Ich habe prinzipiell auch nichts dagegen, ich fand das Spielen von Dreamfall sehr flott und angenehm, halt anders als ein klassisches Adventure.

Im übrigen habe ich auch nichts dagegen wenn ein Genre überarbeitet wird. Sogesehen kann man DF als "Next-Generatio"-Adventure sehen.

Aber ja, ich glaube schon, das das Genre wiederbelebt werden kann, wenn die Mundpropaganda funktioniert. Leider gibt es aber viel zu viele Betonköpfe, für die nur Schießen & Grafik zählt, daher sind die Chancen eher gering.

Grüße,
Zeph

Letis
2006-11-08, 15:56:51
Mir haben diese "neuen" Adventure wie etwa Dreamfall oder auch Fahrenheit sehr gut gefallen, was aber einfach an der spannenden Geschichte lag. Vor allem Dreamfall hat einfach eine epische Geschichte und man freut sich auf alle Charaktere, die wieder aus dem ersten Teil The Longest Journey wieder auftauchen.
Trotzdem wünsche ich mir, dass die Rätsel nicht zu sehr vernachlässigt werden. Schließlich haben es Adventures wie Baphomets Fluch 1&2 damals auch geschafft, eine gute Story mit interessanten Rätseln zu kombinieren.
Ob die Steuerung nun Point&Click oder Tastatur oder sonstwas ist, ist für mich eigentlich kein Kriterium ein Spiel besser oder schlechter zu bewerten, ich fand Point&Click zwar auch angenehmer, wenn man aber einmal in das Spiel eingetaucht ist, macht es auch keinen Unterschied mehr.

Monger
2006-11-09, 15:01:50
Naja, um mal ehrlich zu bleiben: die Krise der Click & Point Adventures ist ja selbstverschuldet. Man kann durchaus auch heute noch mitreißende und interessante Rätsel kreiern - oder es völlig vergeigen. Ich hab in den letzten Monaten eine Menge Adventures gespielt, und davon wollte ich nur ein einziges nicht vor lauter Frust in die Ecke werfen - nämlich Geheimakte Tunguska.


Aber @topic: Dreamfall hat mir auch unheimlich gut gefallen. Die geringe Rätseldichte ist auch mir sauer aufgestoßen, obwohl man doch hin und wieder den Spagat zwischen Storyfluss und Rätselkomplexität hervorragend gelöst hat. Es geht also doch!
Von der Story her ist an Dreamfall überhaupt gar nichts zu rütteln. Mich beeindruckt dabei gar nicht so sehr der Umfang und der Fantasiereichtum, sondern die glaubwürdigen, differenzierten und meistens auch sehr charmanten Charaktere. Allein der Auftritt von Rupert Klacks hat mir Tränen vor Lachen in die Augen getrieben! :D

Insgesamt kein exzellentes Spiel, aber ein sehr gutes. Der Vorgänger war ein hervorragendes Adventure, aber leider mit etlichen Längen. Da hat man bei Dreamfall kräftig dazugelernt, und eine dichte, zutiefst emotionale und verträumte Atmosphäre geschaffen.
Ich bin auf den dritten Teil gespannt wie ein Flitzebogen! :D