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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Weshalb nimmt die Wahlbeteiligung ab?


sebeke
2006-11-24, 21:11:55
Hi,

habe heute mit einem Freund über die "Nationalratswahlen 2006" in Österreich diskutiert. Ich wusste zwar dass die Wahlbeteiligung geringer war als 2002, aber fast minus 6% sind mir doch zu viel.

Daten Österreich (Nationalratswahlen):

2002: Wahlbeteiligung: 84,27%
2006: Wahlbeteiligung: 78,5 %

Daten Deutschland (Bundestagswahlen):

1998: Wahlbeteiligung: 82,2%
2002: Wahlbeteiligung: 79,1%
2005: Wahlbeteiligung: 77,7%

So richtig bin ich mit einem "das Interesse schwindet halt" nicht zufrieden.
Was denkt ihr? Weshalb nimmt die Wahlbeteiligung stetig ab?

mfg
sebeke

Raff
2006-11-24, 21:26:34
Vielleicht denken zunehmend mehr Leute "ach, die können alle eh nix, also pfeif' ich auf die Wahl und trink' lieber noch ein Bierchen ... macht doch was ihr wollt!". Dabei ist genau das falsch ... denn dadurch gewinnen die "Bösen". Ich versteh's jedenfalls nicht. Naja meine Stimme gegen Merkel hat auch nicht viel ausgerichtet. ;)

MfG,
Raff

Alex31
2006-11-24, 21:33:25
Die Aussage von Herrn Müntefering, das man die Politiker nicht an ihren Wahlaussagen messen dürfte hat wohl auch was dazu getan, dass die Leute nicht mehr zu Wahl gehen. Außerdem wenn man sich die jetzige Politik ansieht, frage ich mich warum ich zur Wahl gegangen bin? Etwa für 19% Mehrwertsteuer???

Brimborium
2006-11-24, 21:34:48
Das ist leider auch in Deutschland eine aktuelle Entwicklung. Viele Menschen haben das Gefühl, dass über ihren Köpfen entschieden wird und die Poltiker auch nicht im ihren Interesse handeln (siehe Wahlversprechen). :(

dogmeat
2006-11-24, 23:10:44
Daran ist die Politik doch selber schuld. Immer nur leere Versprechungen und wirklich besser wird nix. Kein Wunder, dass da keiner Bock hat seinen faulen Arsch zur Wahl zu bewegen.

Mellops
2006-11-24, 23:24:00
Die Aussage von Herrn Müntefering, das man die Politiker nicht an ihren Wahlaussagen messen dürfte hat wohl auch was dazu getan, dass die Leute nicht mehr zu Wahl gehen. Außerdem wenn man sich die jetzige Politik ansieht, frage ich mich warum ich zur Wahl gegangen bin? Etwa für 19% Mehrwertsteuer???
Naja die Aussage kam ja erst nach der Bundestagswahl und ist deshalb nicht ursächlich, im Gegensatz zu ihrem Inhalt.
Wenn man hier vor der Wahl die Frage geht ihr wählen verneinte, kam oft die Antwort man solle das kleinere Übel wählen, wie Müntefering richtig feststellt, ist die Aussage eines Politikers keinen Pfifferling wert, sie sind völlig unglaubwürdig, damit ist keine Entscheidung, Wahl möglich.

GBWolf
2006-11-24, 23:33:39
So richtig bin ich mit einem "das Interesse schwindet halt" nicht zufrieden.
Was denkt ihr? Weshalb nimmt die Wahlbeteiligung stetig ab?



das Interesse ist da.

Aber das Ergebnis ist immer das gleiche, egal was man wählt. Egal wer die Wahl gewinnt.

looking glass
2006-11-24, 23:47:05
Wen man den Spruch "wählen zwischen Pest und Cholera" kennt, dürfte eine Analogie zu der Wahl und Poltikverdrossenheit erkennbar sein.


Die Parteien unterscheiden sich nicht mehr, nicht bei dem was sie als Politik bezeichnen, ergo, wen es nur zwei grosse gibt (was im übrigen für fast alle Demokratien gilt), wovon eine so oder so eine Regierungsmehrheit bekommen wird - kann man sich auch denken, wozu wählen, ob hü von X oder hott von Y, kommt aufs gleiche raus.

Nevis
2006-11-24, 23:54:38
das Interesse ist da.

Aber das Ergebnis ist immer das gleiche, egal was man wählt. Egal wer die Wahl gewinnt.

Stimmt genau. In Deutschland sind CDUSPDFDPGRÜNE im grundenommen EINE Partei. Zwar blöcken sie in die Kameras unterschiedlich Positionen, herauskommt aber zu 95% dieselbe Politik.

Ebenfalls verheerend ist das Brechen von Wahlversprechen. Das gehört bei denen mittlerweile "zum guten Ton" :mad:

Die Folge: Der Bürger hat im Grunden genommen keinen wirklichen Einfluss mehr auf die politische Willensbildung. Alle 4 Jahre auf einen Zettel ein Kreuzchen zu machen und das dann als "Herrschaft des Volkes" zu verkaufen, ist eine einzige Farce. Deshalb ist es ganz normal, daß die Wahlbeteiligung sinkt. Und je mehr Bürger begreifen, daß sie eigentlich nur noch verarscht werden, umso stärker wird die Wahlbeteiligung sinken.

IVI
2006-11-25, 00:05:17
Stimmt genau. In Deutschland sind CDUSPDFDPGRÜNE im grundenommen EINE Partei. Zwar blöcken sie in die Kameras unterschiedlich Positionen, herauskommt aber zu 95% dieselbe Politik.


gutes beispiel dafür, dass die unterschiede zw. den parteien nicht wahrgenommen werden ... und auch dies isn grund für die sinkende wahlbeteiligung.

themk
2006-11-25, 00:13:17
Ich bin zwar bisher immer zur Wahl gegangen, habe jedoch schon öfters überlegt, es nicht zu tun, um zu demonstrieren, was ich von diesem System, bei dem es hauptsächlich darum geht, wer am lautesten schreit, halte.

IVI
2006-11-25, 00:40:34
Ich bin zwar bisher immer zur Wahl gegangen, habe jedoch schon öfters überlegt, es nicht zu tun, um zu demonstrieren, was ich von diesem System, bei dem es hauptsächlich darum geht, wer am lautesten schreit, halte.

dann geht man aber nicht nicht zur wahl, sondern wählt ne partei, die keine chance hat, über die 5% hürde zu springen ;)

raschomon
2006-11-25, 00:44:09
...
So richtig bin ich mit einem "das Interesse schwindet halt" nicht zufrieden.
Was denkt ihr? Weshalb nimmt die Wahlbeteiligung stetig ab?
...

Vielleicht gibt es keine bessere Erklärung.

Wir leben 1.) in Gesellschaften (da unterscheiden sich Österreicher und Deutsche nicht), die in den letzten anderthalb bis zwei Jahrzehnten eine deutliche Entpolitisierung durchmachten. Das Ende des Kalten Krieges mit der Aufweichung der überkommenen politisch-ideologischen Fronten hat da eine wichtige Rolle gespielt, aber auch die überall festzustellende Ökonomisierung des Denkens, die automatisch dazu führt, daß die Menschen der Politik und ihren Instrumenten weniger zutrauen, deren Einfluß auf den eigenen Alltag als geringer werdend einschätzen. Ferner hat imo die dramatische Ausweitung von seichten Freizeit-, Unterhaltungs- und Zerstreuungsangeboten nicht nur in den Medien zu einer Infantilisierung auch der Erwachsenen geführt - und die nähere Beschäftigung mit Politik ist selten lustig und entspannend, eher im Gegenteil. In der Folge kam es zu einer Entfremdung zwischen Bürgern und politischer Klasse.

2.) Traditionell wechseln in Dtld. und in A Phasen einer starken Politisierung der Menschen mit Phasen geringen Interesses. Bei starker Politisierung entsteht ein sozialer Druck auf alle, sich mit poltischen Fragen und damit auch mit Wahlen auseinanderzusetzen. Das wirkt lange nach, auch noch in Phasen sich abschwächenden Interesses - aber eben auch nicht ewig. Es gilt dann auch bei nachfolgenden Generation als Pflicht zur Wahl zu gehen, selbst wenn man dies eigentlich gar nicht will oder für sinnvoll hält. Insbesondere das Bürgertum kennt diese bindende Selbstverpflichtung stets an die Wahlurne zu gehen, wenn man gerufen wird. Bürgerliche Traditionen und Bindungen verlieren jedoch seit Jahren an Kraft, immer mehr Menschen fallen nicht nur ökonomisch, sondern auch bewußtseinsmäßig aus dem Bürgertum heraus. Der Imperativ vom anständigen Bürger, der am Wahltag seine staatsbürgerliche Pflicht treulich erfüllt, zieht nicht mehr so richtig. Gleichzeitig verlieren Großorganisationen, wie die Gewerkschaften, die Kirchen, berufsständische Organisationen usw. nach und nach ihre Einflußmöglichkeiten auf die eigene Klientel, welche sowieso meist einem Schrumpfungsprozeß unterworfen ist. Diese Prozesse ziehen sich über Jahre hin, sie manifestieren sich aber auch in einer stetig sinkenden Wahlbeteiligung.

Gruß

KinGGoliAth
2006-11-25, 00:51:30
ich denke, dass es vor allem daran liegt, dass man erstens den eindruck hat, dass die politiker eh nichts können, in ihrer ganz eigenen und abgehobenen welt leben, immer nur an den falschen stellen am sparen sind, sich dabei selber das geld in den arsch schieben, sich nur darum kümmern, dass die reichen noch reicher werden während die armen immer mehr an den rande des hungertodes geführt werden.

man hat immer weniger in der tasche, darf immer mehr zahlen und bekommt immer weniger.


ist zumindest meine ansicht.
wo es in der schule um wirtschaft und politik ging wurde einem immer erzählt, dass man immer zur wahl gehen soll und muß, wenn man etwas bewegen will. das habe ich dann auch einige male getan und war voller guter dinge dabei, aber so wie es sich mir mittlerweile darstellt darf man sich bei der wahl nur aussuchen, von wem man betrogen, belogen und abgezockt wird. was einem bei der wahl versprochen wird um die wählerstimmen zu ködern wird eh nicht gehalten, sobald die lutscher erstmal an der macht sind und den freifahrtschein haben.

ob ich nun zur wahl gehe und mein kreuz bei dem einen oder anderen laden mache ist egal. es ändert am ergebnis nichts. nur vielleicht am namen der partei, die an der macht ist. jedoch nicht an der politik und deren folgen. da mach ich nicht mit...

Alex31
2006-11-25, 01:33:33
Naja die Aussage kam ja erst nach der Bundestagswahl und ist deshalb nicht ursächlich, im Gegensatz zu ihrem Inhalt.
Hier war am Wochenende drauf Kommunalwahl, u.a. für den Kreistag und wir hatten Wahlbezirke mit 28% Wahlbeteiligung. Von daher denke ich das diese Aussage wohl ein paar Leute dazu motiviert hat nicht zur Wahl zu gehen. ;)

Marbleearth
2006-11-25, 01:35:39
Oberbürgermeisterwahl bei mir vor 2 Wochen: Wahlbeteiligung 32% :ucrazy2:

geht gut ab hier im Osten...

Wenn ich aber auch sehe wer sich da als Kandidat gemeldet hat... von 15 Kandidaten waren bestimmt 4 Leute ALG2 Empfänger, einige dazu ohne Wahlprogramm, nur mit dem Versprechen, alles einzuhalten, was vor der Wahl versprochen wird :eek: Gab aber auch "normale" Kandidaten, das zählt also nicht als Ausrede...

Rhönpaulus
2006-11-25, 01:47:26
naja wenn es wahlessen gibt und die wahlbeteiligung gering bleibt könnte es darann liegen das die zur wahl stehenden speisen verdorben sind.

Pirx
2006-11-25, 11:08:01
Weil die meisten Politiker nur noch lügen und das einzige, was sie interessiert ist, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen?;(

IVI
2006-11-25, 12:18:45
in 4 jahren 3 volksentscheide, ob zwo landkreise zusammengelegt werden sollen ... 3 mal gabs das "NO!" ... und nu? werden bitterfeld und köthen doch zusammengelegt ... weil es keine demokratie gibt, sinkt die wahlbeteiligung. "wenn demokratie funktionieren würde, wäre sie längst abgeschafft" (wer hat das doch gleich nochmal gesagt?)

RTC
2006-11-25, 12:27:46
dann geht man aber nicht nicht zur wahl, sondern wählt ne partei, die keine chance hat, über die 5% hürde zu springen ;)

Wenn das jeder macht, werden wir dann aber bald von der PBC und der Grauen Pantern regiert... ;)
Ich geh eigentlich nur Wählen, das die Extremen nicht an Einfluss gewinnen.

sei laut
2006-11-25, 12:42:32
Eventuell liegts aber auch daran, dass unsere 60 jährige Demokratie langsam ausgetrocknet wirkt. (sowohl hier als auch in Österreich, wobei ich das in Österreich nur annehme)

Es fehlt an neuen Ideen, Inspirationen, Visionen. Hier die Steuer rauf, dort runter, Finanzausgleich etc. pp., Arbeitslosenzahlverringerung. Immer dieselbe Leier, kein neuer Funke. Der gleiche Trotz.

IVI
2006-11-25, 13:20:35
Wenn das jeder macht, werden wir dann aber bald von der PBC und der Grauen Pantern regiert... ;)
Ich geh eigentlich nur Wählen, das die Extremen nicht an Einfluss gewinnen.

öhm, hmm, ich grüble grad, wie viele parteien bei der letzten BTW antraten ... ich glaub auf meinem WZ standen deren 12 ... also 100 : 12 = 8,33 ... ziehen wir die deppenparteien (NPD, PBC, MLPD) mal ab ... 9 ... hmm 11,1% ...
naja, ok, jeweils 20% sei es erlaubt, die grünen und die FDP zu wählen *gg*

Annator
2006-11-25, 15:21:24
Es fehlen die Alternativen. Ich mein ich wähl doch die Partei die meine Interessen vertritt. Und da eine zufinden ist extrem schwer bis unmöglich.

Filp
2006-11-25, 15:23:34
Es fehlen die Alternativen. Ich mein ich wähl doch die Partei die meine Interessen vertritt. Und da eine zufinden ist extrem schwer bis unmöglich.
Richtig und deswegen macht man dann korrekterweise sein Wahl ungueltig, damit die Stimme trotzdem gezaehlt wird. Mach ich seit ich waehlen darf so...

KinGGoliAth
2006-11-25, 15:38:56
Richtig und deswegen macht man dann korrekterweise sein Wahl ungueltig, damit die Stimme trotzdem gezaehlt wird. Mach ich seit ich waehlen darf so...

das wurde an anderer stelle schonmal erwähnt aber ich denke, dass gar nicht zur wahl gehen viel eher auffällt als die verschwindend geringe zahl derer, die "zu blöd" ist den zettel richtig auszufüllen.
wenn es alle machen würden ok aber solange es nur sehr wenige tun werden die eher als idioten abgestempelt und nicht als unzufriedene revoluzzer.

Filp
2006-11-25, 15:46:06
das wurde an anderer stelle schonmal erwähnt aber ich denke, dass gar nicht zur wahl gehen viel eher auffällt als die verschwindend geringe zahl derer, die "zu blöd" ist den zettel richtig auszufüllen.
wenn es alle machen würden ok aber solange es nur sehr wenige tun werden die eher als idioten abgestempelt und nicht als unzufriedene revoluzzer.
Ein sinnvoller Wahlboykot sollte aber eben in dieser Form stattfinden, weils sonst einmal derbe nach hinten losgehen kann mit den kleinen Rechten und mit ner Quote von z.B. 20% Ungueltigen die dem Ganzen dazu gezaehlt werden, es schon sehr bedenklich fuer die 'Grossen' aussehen kann.

sei laut
2006-11-25, 15:51:22
Ein sinnvoller Wahlboykot sollte aber eben in dieser Form stattfinden, weils sonst einmal derbe nach hinten losgehen kann mit den kleinen Rechten und mit ner Quote von z.B. 20% Ungueltigen die dem Ganzen dazu gezaehlt werden, es schon sehr bedenklich fuer die 'Grossen' aussehen kann.

Jep.. das macht auch die Parodie der Simpsons klar, wo über ein wichtiges Gesetz abgestimmt wurde und am Ende nur einer an der Wahl teilnahm. (Grandpa Simpson).
Ist zwar sehr überspitzt, macht aber die Problematik deutlich.

raschomon
2006-11-25, 16:56:15
das wurde an anderer stelle schonmal erwähnt aber ich denke, dass gar nicht zur wahl gehen viel eher auffällt als die verschwindend geringe zahl derer, die "zu blöd" ist den zettel richtig auszufüllen.
...

Weder das eine noch das andere fällt wirklich auf. Ihr unterschätzt beide die Ignoranz der politischen Klasse und ihre Fähigkeit alles zu verdrängen, was sich nicht ins von der Partei vorgestanzte Weltbild einfügen läßt. Darin sind sie richtig gut.

LovesuckZ
2006-11-25, 17:40:21
Jaja Wahlsprechen.
Zur Zeit denke ich, dass dass die CDU Wähler am meisten verarscht wurden. Den die Partei hat seit der Regierungsarbeit wohl jedes Versprechen gebrochen.
2% Mehrwertsteuer -> 3%
Ablehnung der Türkei als volles EU - Mitglied -> Merkel verhandelt über vollwertige Mitgliedschaft
Elterngeld -> Wir wissen was passierte.
Wohl deshalb dümpelt die Partei zur Zeit mit der SPD in der Bedeutungslosigkeit herum.
Mit der jetzigen Killerspieldebatte macht sie da wohl nur bei den alten Menschen noch Pluspunkte.
Ob ich bei der nächsten Wahl mein Kreuz bei der gleichen Partei mache, ist nach dieser Woche nicht mehr gewiss.