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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum Geiz nicht geil ist (andere Interpretation)


Quantar
2007-01-01, 02:05:19
Ich sitze hier, den ersten Silvesterabend in meinem Leben, den ich allein bin.
Nicht weil ich es will, sondern da ich gerade in dem Haus meiner geliebten Oma sitze. Sie liegt im Krankenhaus.
Vielleicht kennt ihr ja diese Generation. Ein Sack voll Kapital, aber muss ja immer Alles für die Enkels-Enkel da sein.

Das Ganze geht dann soweit, dass eine Erasco Büchse auf 3 Tage aufgeteilt wird, ein Teil der Lampen im Haus raus gedreht wird, um Strom zu sparen.
Der Müll wird nachwievor in 6 Kategorien unterteilt, aber man selbst gönnt sich absolut nichts mehr.

Und dann gehts in die nächste Ebene.
Man kann sich nicht eingestehen, dass es einem schlecht geht und das man Hilfe benötigt. Meine Oma wäre schon zwei mal fast gestorben, da sie sich nicht eingestehen konnte, alleine mit der Situation nicht fertig zu werden.
Bis Dato völlig fit im Kopf, aber immer das Denken, "Ich will keinem zur Last fallen". Und imo ist diese Aussage in diesem Kontext äquivalent zu der "Geiz ist Geil" Mentalität.
Sie greift nur einen wesentlichen Aspekt auf, der in unseren Köpfen existiert.
Die große Angst vor dem "Morgen". Das Bedürfnis nach "Langzeitsicherung".

Doch ich stelle mir die Frage:
Wenn wir immer nur nach vorne schauen, was bleibt uns dann von dem "Jetzt" respektive dem eigenen Leben und Sein?

so long
K

Sir Silence
2007-01-01, 02:43:22
das is imo ziemlich schwierig.

mir fällts immer wieder schwer, zu denken, was in 10 jahren sein wird. man soll vorsorgen. aber was bringt das vorgesorge, wenn man vielleicht bist dahin nicht mehr lebt?

ich leb nicht in der zukunft.

RMC
2007-01-01, 02:49:30
Ich glaube wenn man nie wirklich Geld hatte (effektiv) und daher in jungen Jahren immer nur am Sparen war wird sich die Einstellung im Alter nicht mehr ändern. Man glaubt dann, immernoch zu wenig zu haben und sparen zu müssen für "die lieben Enkerln". Ich weiß nicht ob das bei deiner Oma so war...

Dabei sitzen sie auf oft gar nicht so wenig Asche und merken es nicht. Oder wollen es nicht wahrhaben, vielleicht haben sie sogar - in dem Alter - Angst vor so viel Geld, was sollten sie auch damit - sie haben ja nie anders gelebt.

Ist wirklich ein nicht einfaches Thema. Das Denken dieser Generation ist manchmal für uns nicht nachvollziehbar.

HH2k
2007-01-01, 02:52:20
ich lebe im heute

warum sparen und das leben nicht genießen? geiz ist geil, richtig. aber was bringt mir morgen die kohle wenn ich nicht mehr da bin um sie auszugeben?

PS: deiner oma gute besserung, was immer sie hat

Heimatsuchender
2007-01-01, 03:07:01
Zuerst einmal: Alles Gute für deine Oma.

Zum Topic:
Das ist weit verbreitet. Meine Oma war genau so. Es wurde gespart, wo es nur ging. Dabei hatten meine Großeltern das gar nicht nötig. Selbst zum Arzt ist meine Oma nicht mehr gegangen. Sie sagte immer: Das ist nichts. Letztendlich starb sie vor einigen Jahren an einem Herzinfarkt. Für die Familie war das ein Schock, da mein Opa eigentlich immer krank war und alle davon ausgingen, daß er früher stirbt. Er hat aber mittlerweile eingesehen, daß man Geld auch ausgeben kann.
Es hat wohl damit zu tun, daß diese Generation für schlechte Zeiten sparen will.
Ich selbst lebe im heute. Ich spare zwar etwas, genieße aber auch mein Leben.

tobife

No.3
2007-01-01, 04:01:14
etwas zu sparen für "schlechte Zeiten" ist ja nicht falsch. Auto, Waschmaschine, etc kann und wird immer unvorhergesehen kaputt gehen.

Bei der Grosselterngeneration die den 2. Weltkrieg als Erwachsene erlebt haben und dort vielleicht schon/noch Kinder hatte haben "schlechte Zeiten" eine ganz Bedeutung. Ein altes Leintuch war damals wertvoll und wenn es nur ein weisse Flagge für die anrückenden Alliierten war. Andere Dinge, die wir heute nur als Schrott bezeichnen, konnten damals wertvolle Tauschobjekte sein und z.B. an ein "extra" Brot oder an ein Stück Käse zu bringen. So manche Mutter hat die Scheibe Wurst die ihr "zustand" in vier Teile geteilt, damit die Kinder (besser) durchkamen.

Sozusagen haben die Grosseltern es dann "leider" versäumt zu merken dass die Situation seit vielen vielen Jahren eine völlig andere sind, aber was das "alte Dinge sammeln" angeht, könnte man meinen wir wären noch im Krieg.

jtkirk67
2007-01-01, 04:13:59
Meine Oma ist genauso. Sie redet zwar nicht viel über "früher", aber ich weiß das sie es einige Jahre nicht leicht hatte. Aufgezogen wurde ich auch von ihr und da hat schon einiges abgefärbt, wobei ich das garnicht mal schlecht finde. Ich bin mit dem, was ich habe, viel glücklicher als viele andere Menschen, die irgendwie alle naselang wieder etwas neues gekauft haben.

Sie erzählt aber auch oft davon, das der Zusammenhalt früher viel ausgeprägter war als heutzutage. Wenn es jemanden schlecht ging, auch wenn es nur der Nachbar von gegenüber war, dann hat jeder irgendwie geholfen. Wobei ich das "früher" auch nicht wirklich zeitlich einschätzen könnte. Irgendwann ist uns wohl eztwas abhanden gekommen:confused:

StefanV
2007-01-01, 04:14:26
Deiner Oma gehts genau umgekehrt wie meiner, nur mit dem Unterschied, das meine Oma nicht wirklich mit dem Geld auskommt...

Das Problem ist eben, das sie jeden Tag Fleisch aufm Tisch haben muss (mag zwar eigentlich niemand wirklich aber egal, muss sein)...
Wenn sie das Fleisch weglassen würde, würds mitm Geld auch viel besser aussehen, zumal sie an Obst und Gemüse wirklich billig rankommen kann (Mutter + Tante arbeiten an 'nem Obststand, da fällt sehr oft mal 'Müll' an, der zwar noch problemlos essbar aber nicht verkaufbar ist), z.B. gibts ab und an mal 'ne Kiste oder 2 voll Paprika.

Doch was macht Oma, mit der Paprika?
Richtig, aushölen und Fleisch rein...

Morbid Angel
2007-01-01, 17:43:46
Sie erzählt aber auch oft davon, das der Zusammenhalt früher viel ausgeprägter war als heutzutage. Wenn es jemanden schlecht ging, auch wenn es nur der Nachbar von gegenüber war, dann hat jeder irgendwie geholfen. Wobei ich das "früher" auch nicht wirklich zeitlich einschätzen könnte. Irgendwann ist uns wohl eztwas abhanden gekommen:confused:

Ich denke das war auch so. Ich weiss nicht so recht, aber wenn ich mir mal die jetzige Situation anschaue (ich wohne auf dem Dorf!) interessiert sich keiner mehr für den anderen. Braucht ein Nachbar mal Hilfe bei irgendwelchen Arbeiten, macht es keiner mehr, falls doch dann nur gegen entsprechendes Entgelt. Jeder sieht nur noch das Geld, jeder möchte mehr haben wie der andere, mehr kaufen, mehr besitzen. Vielleicht macht Geld doch glücklicher als alles andere...

Wenn ich mir manchmal im Fernsehen anschaue das Kinder, Familien ausgelacht werden wenn sie sich zB. eine Klassenfaht nicht leisten können, weil die Eltern schlecht verdienen oder arbeitslos sind finde ich das schon ziemlich bedrückend.

Vielleicht liegt es auch daran das es heutzutage einfach nicht mehr nötig ist, der Zusammenhalt untereinander, im Dorf. Ich glaub in den großen Städten gab es den nie, aber das kann ich nicht so genau sagen...


Vielleicht kennt ihr ja diese Generation. Ein Sack voll Kapital, aber muss ja immer Alles für die Enkels-Enkel da sein.

Ja kenne ich. Ich bekam zu Weihnachten von meiner Ur-Oma einfach 100 Euro geschenkt, ich würde es gebrauchen sagte sie. Danach ist sie einfach wieder verschwunden. Sie ist über 90, ist krank, aber zeigt es einfach nicht, einfach schnell wieder verschwinden, keine Sorgen machen...


Edit: Ich mein, ich spare auch jeden Monat Geld, weil ich es einfach im Moment nicht brauche, aber so eine richtige Altersvorsorge betreibe ich nicht, werde ich wohl auch nie.

sei laut
2007-01-01, 17:57:53
Wenn ich mir manchmal im Fernsehen anschaue das Kinder, Familien ausgelacht werden wenn sie sich zB. eine Klassenfaht nicht leisten können, weil die Eltern schlecht verdienen oder arbeitslos sind finde ich das schon ziemlich bedrückend.

Glaube nie an das, was du im Fernsehen siehst, ohne es zu hinterfragen.
Bei uns gabs auch so eine, die sich die Klassenfahrt nicht leisten konnte (hat das aber auch erst kurz vorher dem Lehrer heimlich gesagt)
Der hat uns das dann so weitergegeben, wir haben alle etwas mehr gezahlt, sie konnte mit.
Und mit Döfern ists schwierig. Ich leb in einem, wo jeder jeden kennt und das halbe Dorf miteinander verwandt ist. (meine Eltern sind aber zugezogen)
Früher war es so, wer nicht den alten Familien angehörte, wurde ignoriert. Zum Glück musste ich diese Erfahrung nicht mehr machen, aber diese "früher wars besser" Mentalität nervt. Man bekommt meist nur das Gute erzählt, das Schlechte wird totgeschwiegen.

Edit: Und Geiz ist in kleinem Rahmen in Ordnung, doch zuviel ist eine Belastung, die einen erdrücken kann.

Morbid Angel
2007-01-01, 18:03:51
Glaube nie an das, was du im Fernsehen siehst, ohne es zu hinterfragen.
Bei uns gabs auch so eine, die sich die Klassenfahrt nicht leisten konnte (hat das aber auch erst kurz vorher dem Lehrer heimlich gesagt)
Der hat uns das dann so weitergegeben, wir haben alle etwas mehr gezahlt, sie konnte mit.
Und mit Döfern ists schwierig. Ich leb in einem, wo jeder jeden kennt und das halbe Dorf miteinander verwandt ist. (meine Eltern sind aber zugezogen)
Früher war es so, wer nicht den alten Familien angehörte, wurde ignoriert. Zum Glück musste ich diese Erfahrung nicht mehr machen, aber diese "früher wars besser" Mentalität nervt. Man bekommt meist nur das Gute erzählt, das Schlechte wird totgeschwiegen.

Klar es gibt immer solche und solche Fälle. Es ist wohl auch von Region zu Region verschieden (wohne im "Osten" Deutschlands...). Schlechte Erinnerungen werden öfters verharmlost oder verschwiegen, das ist halt menschlich.