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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wo geht das Geld hin?


Thorti83
2007-06-16, 12:54:59
mir is vorhin mal wieder aufgefallen wie benachteiligt der Medienkonsument in Europa und damit auch Deutschland gegenüber den USA ist... wieso?
Also, fangen wir mal von vorne an:

1. http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_GDP_%28nominal%29_per_capita wir sehen das in den USA das Inlandsprodukt pro Kopf ziemlich genau 25% über dem der Deutschen liegt. Daraus lässt sich nicht direkt das Einkommen des Einzelnen ableiten, 100% feststehen tut aber das man in den USA _im Schnitt_ mehr verdient als in Deutschland, genauso wie in Schweden oder der Schweiz. Natürlich verdient der Bauarbeiter in den USA weniger als der Manager in Deutschland, es geht hier nur um den groben Schnitt.

2. Für einen Euro bekommt man derzeit 1,33 US Dollar
andersherum: für einen US Dollar bekommt man nur 75 Euro Cent

Soweit mal zu den Grundlagen...

Nun schauen wir mal die ach so gebeutelte Medienindustrie an, mal im Speziellen den Fall Computerspiele und Musik. Wenn der Eurokurs hoch geht müssten alle USA-Produkte hier billiger werden, richtig? Richtig. Vor ein paar Jahren war es so das man für einen Dollar noch einen Euro bekam, eine zeitlang sogar mehr als einen Euro. Ein Computerspiel kostet hier (zumindest nach dem was meine Erinnerung noch so hergibt) bereits schon seit lange vor der Euro-Zeit zwischen 35 und 50€ (70-100DM). Also damit ist natürlich der Preis eines neuen Spiels gemeint. Für Command & Conquer: Alarmstufe Rot habe ich damals schon 100DM bezahlt, also denke ich sind diese Werte nicht zu hoch gegriffen.

Nun aber bekommt man für einen Dollar lange keinen ganzen Euro mehr, eben nur noch ~75 Cent. Das heisst also das ein Spiel welches in den USA für 40$ verkauft wird hierzulande ziemlich genau 30€ kosten sollte. Vereinfacht gesagt würde man sich das Spiel aus den USA ja hier auch für 30€ kaufen können (mal etwaige Frachtkosten etc. nicht berechnet), da man für seine 30€ bei der Bank ziemlich genau 40€ bekommt.

Zu schade das das nicht so ist, bei vielen Produkten wird der Nennwert einfach beibehalten und nur die Währung geändert! Wieso ist das so? Wenn die Medienindustrie ein Milliardengeschäft ist, dann stecken doch in Europa in diesem Milliardengeschäft 33% "zusätzlicher Gewinn" (sofern eben nur die Währung, nicht aber die Zahl geändert wird). 33% von einem Milliardengeschäft!

ein paar Beispiele (habe Amazon genommen weil es Amazon in den USA und Deutschland "lokalisiert" gibt, es ein Unternehmen ist und dementsprechend Produkte eigentlich überall annähernd gleich teuer sein sollten (ob ich eine CD in Europa oder Amiland durch eine Presse jage ist wurscht => Fracht sollte keine Rolle spielen)):

C&C3:USA (http://www.amazon.com/Command-Conquer-Tiberium-Wars-DVD/dp/B000MG3LDA/ref=pd_bbs_sr_1/105-6390249-0117210?ie=UTF8&s=software&qid=1181989208&sr=1-1) GER (http://www.amazon.de/Command-Conquer-3-Tiberium-Wars/dp/B000FII89M/ref=pd_bbs_sr_2/303-7386493-0584225?ie=UTF8&s=videogames&qid=1181989219&sr=8-2)

GER Preis in Dollar: 59,93 => 20$ Differenz oder ~50%

Bon Jovi (hab einfach das erstbeste Album genommen das mir angezeigt wurde):USA (http://www.amazon.com/Lost-Highway-Bon-Jovi/dp/B000P2A24W/ref=pd_bbs_sr_1/105-6390249-0117210?ie=UTF8&s=music&qid=1181990139&sr=1-1) GER (http://www.amazon.de/Lost-Highway-Bon-Jovi/dp/B000P2A24W/ref=pd_bowtega_1/303-7386493-0584225?ie=UTF8&s=music&qid=1181990145&sr=1-1)

GER Preis in Dollar: 18,60 => 8,61$ Differenz oder ~86%

andere Güter - Grafikkarten (EVGA 8800GTS 640MB):USA (http://www.amazon.com/EVGA-e-GeForce-8800GTS-PCIe-Video/dp/B000KFWFHG/ref=sr_1_6/105-6390249-0117210?ie=UTF8&s=electronics&qid=1181988362&sr=8-6) GER (http://www.amazon.de/EVGA-NVidia-GeForce-Grafikkarte-PCI-Express/dp/B000K9G8R0/ref=sr_1_3/303-7386493-0584225?ie=UTF8&s=ce-de&qid=1181988369&sr=8-3)

GER Preis in Dollar: 481,85 => 84,62$ Differen oder ~21%


Ich hab jetzt keine Lust weiter zu machen, das ganze ist sicher auf sehr sehr viele andere Sachen übertragbar. Bei manchem wird es auch umgekehrt sein, in den USA teurer als hier, und manche werden Ihre Preise auch auf beiden Seiten vom grossen Teich genau gleich machen, aber der absolute Grossteil aller Produkte ist hier teurer, manches mal halt richtig richtig viel teurer, im Bereich von Amiland-Preis x 2 = Deutschland-Preis

Da ich oben schon festgestellt habe das wir in Deutschland auch nicht so abartig viel verdienen, im Gegenteil, eher weniger als in den USA ist der Unterschied auf die Einzelperson bezogen _noch grösser_ wenn ich statt 4000 nur 3000$ am Monatsende in der Hand habe tun mir 600$ für ne Graka mehr weh.

Es bleibt also festzustellen das die Importeuere aller möglichen Güter, grade was so Medienzeugs angeht, hier doch den Reibach ihres Lebens machen, oder? Sooooo viel höher als in den USA sind die Steuern in Euroland dann doch nicht, vor allem da es hier nur auf die MwSt ankommt, welche in Deutschland noch bei moderaten 19% liegt, also niemals für diese Differenz verantwortlich sein kann.

Etwas polemisch ausgedrückt: Wieso wundern "die" sich dann das Raubkopierer (zumindest in Europa) kein schlechtes Gewissen haben?

Was denkt ihr dazu? Oder kann mir jemand eine andere Erklärung dafür anbieten als "da machen sich ein paar Leute mächtig die Taschen voll"?

sei laut
2007-06-16, 13:09:15
Was ist daran verwerflich, die Europäer übern Tisch zu ziehen? Wir zahlens, also können sies wohl zu Recht verlangen.

Achja, nur dein Vergleich mit den Gehältern ist Stuss. Warum? Die Spanne zwischen Arm und Reich ist in den USA viel größer als in Europa. Dass bedeutet, die, die viel Geld haben, machen in den Staaten einfach mehr Asche als hier, die Armen müssen aber sehen, wo sie bleiben. Der Mittelstand, der für die Medienindustrie bedeutend ist, wird dort auch nicht viel mehr verdienen als hier.
Die Führungsetage dort macht den Brei fett und lässt sichs gut gehen.

GBL
2007-06-16, 13:24:17
Dieses Thema ist doch ewig und drei Tage alt.
Man kann eben nicht den US-Preis einfach 1:1 in Euro umrechnen.

1. Sind die Preise in den USA immer netto, es kommt also die je nach Bundesstaat unterschiedlich hohe Sales Tax hinzu, sowie evtl. weitere Steuern die das County erhebt. Können bis zu 15% sein.

2. Sitzen die Hersteller der Spiele / Elektronik meist in den USA, was ein riesiger geschlossener Markt ist. Europa dagegen ist in unmöglich viele Länder aufgeteilt, die gerne ihre eigene Lokalisierung haben möchten. D. h. Synchronisation (je nach Spiel sehr teuer), eigene Handbücher, eigene Cover, außerdem müssen die jeweiligen Versionen auch noch ins richtige Zielland transportiert werden. Zudem gibt es unterschiedliche Bestimmungen, jedes Spiel muss in Deutschland z. B. durch die USK-Prüfung, in Großbritannien / Spanien sind es wieder andere Organisationen..
Das alles ist zeitaufwändig und teuer sowie mit immensem Aufwand verbunden.

3. Orientieren sich die Preise auch an der Kaufkraft der dortigen Bevölkerung sowie den üblichen Marktpreisen. Der Deutsche gibt nunmal i. d. R. mehr für Spiele / Elektronik aus als der preisbewusste Amerikaner.
Aber es ist keineswegs Abzocke.

Thorti83
2007-06-16, 15:47:33
1. das die Preise in den USA netto sind is mir schon klar, daher hab ich ja auch mal eine Graka als Beispiel genommen - die Differenz in Höhe von 21% lässt sich ja ohne weiteres durch die Deutsche USt erklären mit der in diesem Fall Amazon belastet wird.

2. das im Fall mancher Spiele ein Preisaufschlag durch die von Dir beschriebenen Umstände auftreten können hab ich nie bestritten, aber um "Einzelfälle" gehts mir hier nicht. Bei den meisten Produkten dürften die "Zusatzkosten" die einem Hersteller für den Vertrieb im Ausland anfallen eher gering sein. Evtl. ist da Deutschland schlecht gewählt als Vergleich, da man in der Tat keine "Kontrolle" über diesen Faktor hat.

Aber ich hätte genauso gut GB nehmen können, da gibts auch Amazon, und ein kurzer Blick in deren Preise sagt mir das wir hier nicht über solche "Minimalfaktoren" reden müssen. Die Lokalisation inkl. Videos von C&C3 dürfte nicht ganz billig gewesen sein, in GB war dies nicht nötig und trotzdem haben wir bei aktuellen Wechselkursen ziemlich genau dieselbe Preisdifferenz UK-USA wie GER-USA

3. Die Kaufkraft der Bevölkerung ist in den USA nun einmal definitiv höher. Mag sein das die Amerikaner preisbewusster sind, aber wenn hier wie dort alle mit den Preisen z.B. für Musik einverstanden wären gäbe es keine Raubkopierer. Grade hier verstehe ich nicht was die Unterschiede sollen, da quasi _kein_ zusätzlicher Aufwand getrieben werden muss, will man sich die Kundschaft absichtlich vergraulen?


Der Vergleich mit den Gehältern ist btw. kein Stuss. Ja, die Spanne zwischen Arm und Reich ist wesentlich grösser als in Deutschland, aber man kann ja z.B. Haushalts-Einkommen vergleichen. Und wer sagt das ich bei dieser Behauptung vom arithmetischen Mittel ausgehe? Es war schon auf den Median bezogen. Das die USA-Bevölkerung reicher als die Deutsche ist ist einfach ein Fakt. Genau wie so ziemlich alle skandinavischen Länder, Niederlande, Schweiz, Luxemburg etc. pp. (und bei allen diesen Ländern lässt sich das auch schon aus dem BIP/Kopf ablesen - nur ma so am Rande)

Das wir hier abgezockt werden ist klar, nur wieso? Mir erschliesst sich die Logik nicht. Wenn ich eine CD für 10$ mit Gewinn verkaufen kann, der Vertrieb, Produzent und Künstler damit also zufrieden sind, wieso tue ichs dann nicht hier? Stattdessen sind die Preise vielleicht grade die "paar %" zu hoch das es sich jemand doch genauer überlegt eine CD zu kaufen oder nicht. Ich rede auch hier wieder vom "Durchschnittstyp" - das es auch in Deutschland (sehr viele) Leute gibt die sich über sowas keine Gedanken machen brauchen ist mir klar :)

Im Beispiel mit der CD wäre das halt ein Preis von 7,50€, inkl. USt wären das 8,93€. Ich denke viele würden sich bei einem 5€(!) niedrigeren Preis schon überlegen doch zu kaufen statt drauf zu verzichten, oder im schlimmsten Fall eine illegale Kopie zu besorgen

NucleusZett
2007-06-16, 16:29:26
Es gab mal einen netten Bericht im Spiegel, da wurde ein deutscher Kfz-Mechatroniker mit einem us-amerikanischen Kollegen (gleiche Vorraussetzungen, wie zB Kinderanzahl, Bildungsstand, keine Erbschaften...) verglichen.
Ergebnis: Der Ami hatte ein dickes Haus, einen fetten Pickup und keine Schulden. Der Deutsche wohnte in einer kleinen Mietswohnung, sein Kleinwagen war geleast und er hatte noch weitere Kredite laufen.
All das ergab sich nicht daraus, dass der Deutsche nicht mit Geld umgehen konnte, sondern, weil ihm am Monatsende wesentlich weniger übrigblieb.

Miete, Sprit und Telekommunikation (damals gab es hier noch keine Flatrates) waren die absoluten Preistreiber, lediglich Lebensmittel und Bildung war leicht billiger.

Ringwald
2007-06-16, 16:39:16
Dafür hatte der Ami sicherlich keine Krankenversicherung ;)

GBL
2007-06-16, 17:08:09
Diese Papphäuser die bei einem stärkeren Gewitter umfallen sind dort ja auch spottbillig zu haben, abgesehen von den Grundstückspreisen (wenn man nicht gerade in der City bauen will).

Thorti83
2007-06-16, 17:08:16
egal ob "der Ami" nu ne Krankenversicherung hatte oder nicht, im Durchschnitt haben sie einfach mehr Geld am Monatsende für Luxus über. Und wer ein Sparfuchs ist fährt sicher keinen fetten Pickup :) Der Deutsche hat in diesem Beispiel also ohnehin schon "virtually no money" und soll sich dann CDs und Spiele (also reine Luxusgüter, Pickup macht ja evtl. noch Sinn) für wesentlich mehr Geld kaufen. Der Ami weiss nich wohin mit der Kohle (etwas übertrieben...) und kriegt dafür das Zeug noch hinterhergeschmissen... etwas unfaire gesellschaftliche Situation oder? Btw. ich vermute mal das selbst wenn der Durchschnittsami wirklich garkeine Krankenversicherung hat und man nochmal 300$ abziehn müsste von dem was am Monatsende über bleibt - es wäre trotzdem mehr als bei dem zur Miete wohnenden und verschuldeten Deutschen... Siehe auch Eigenheimquoten (also Leute die in einem eigenen Haus wohnen) der Länder - USA hat afaik 79%, Deutschland ~40%.

ich wage zu vermuten das der Ami viel eher in der Lage wäre 1-2$ mehr für ne CD zu zahlen als der Deutsche, aber da brauchen sich die Unternehmen das nich erlauben, weils garantiert keine Sau mitmachen würde (schliesslich sind sies ja so billig gewohnt).

edit: http://en.wikipedia.org/wiki/Homeownership_in_the_United_States#International_Comparison - hatte also leicht falsche Zahlen im Kopf ;) das Gesamtbild zeichnet sich jedoch auch dort weiter ab. Scheissegal ob die Häuser aufm Land da billiger sind, es gibt auch in Deutschland "billige Gegenden" - nur wer will da schon hin. Ich hätte auch keine Lust irgendwo in den typischen US Suburbs x Kilometer von der Stadt / meinem Arbeitsplatz weg zu wohnen. Is halt ne andere Mentalität, die fahren gern etwas weiter zur Arbeit. Zudem ist das sowieso irrelevant, in der Liste der verglichenen Länder is Deutschland eh einsames Schlusslicht. Und hier sind die Hauspreise mit absoluter Sicherheit nicht so hoch wie in einigen Nachbarländern, oder gar Norwegen.

=> uns gehts einfach scheisse und zudem werden wir abgezockt! oder? ;)