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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schwarzfahren ≠ Fahrpreis erschleichen?


mapkyc
2007-10-16, 21:31:29
*Hab heute was gesehen in Fernsehen, dass Schwarzfahren angeblich nicht strafbar ist, wenn man offen darstellt, weil es jusristisch gesehen Fahrpreis erschleichen heißt.
Weiß da jemand näheres zu?

Die gelbe Eule
2007-10-16, 21:34:34
Wie kannst Du Dir etwas erschleichen, wenn es nicht bezahlst? Bahn oder Bus gehört ja nicht Dir, also besteht kein Recht damit fahren zu müssen.

Tesseract
2007-10-16, 21:38:30
du erschleichst dir eine dienstleistung, nicht den "fahrpreis".
würde mich wundern wenn es so in irgendeinem gesetz stehen würde.

Scoop
2007-10-16, 21:44:28
hab ich auch schonmal in nem Forum gelesen, da kahm man zu dem Entschluss das es nicht geht selbst wenn man z.B ein T-shirt anzieht aufdem draufsteht: Ich fahre Schwarz!

Ric
2007-10-16, 21:49:40
Ich habe den beitrag auch gesehen. Da wurde einiges durcheinander gemischt (privatfernsehen halt)

Hier gibt es zwei unabhängige ebenen. Einmal die zivilrechtliche und die strafrechtliche ebene.

Zum zivilrecht: Bitte mal so hinnehmen, weil die erklärung sonst den rahmen sprengt: Die öffentlichen verkehrsbetriebe akkzeptieren jeden fahrgast, egal ob mit oder ohne fahrschein. Es kommt immer ein zivilrechtlicher vertrag zu stande. Entweder ein beförderungsvertrag mit dem normalen preis, oder ein "erhöhtes Fahrgeld" von 40 oder 60€.
Wirst du ohne fahrticket erwischt, dann verlangen sie also einen ticketpreis von 40 oder 60 €, weil halt ein vertrag mit dem "erhöhten Fahrpeis" zu stande gekommen ist.
UM DEN PREIS KOMMT MAN NICHT HERUM. Dieser ist problemlos rechtlich durchsetzbar.

Zum Strafrecht: hier geht es um den §265a stgb
§ 265a
Erschleichen von Leistungen

(1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

Lese mal bitte durch.
Das besondere an diesem Delikt ist, dass es ein "HEIMLICHES DELIKT" ist. Dass heisst, die tat kann nur begangen werden, wenn der täter unter dem mantel des redlichen den anschein erweckt, sich ordnungsgemäß zu verhalten.

Bewegt man sich aber so, dass es erkennbar ist, dass man die leistung nicht "heimlich" in anspruch nimmt, dann zerstört der täter den mantel der redlichkeit.
Damit kann der tatbestand nicht mehr erfüllt werden.
Im ergebnis fällt damit die strafrechtliche ebene NEBEN der zivilrechtlichen ebene weg. Man kann also nicht deswegen strafrechtlich belangt werden.

Ihm
2007-10-16, 22:33:34
Bissel kompliziert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bef%C3%B6rderungserschleichung

Durch die Aktion kannst du "theoretisch" erreichen, dass es immer beim erhöhten Fahrpreis bleibt, also immer zivilrechtlich bleibt. Im Normalfall gibt es nämlich nach mehrmaligem Vergehen (drei- bis viermal üblich) einen Strafantrag.
Genauso könnte die Bahn mit der rechtmässigen Einleitung der Strafanzeige aufgrund des Vorsatzes argumentieren, da beim Eintritt in das Beförderungsmittel
im Normfall kein autorisierter Mitarbeiter davon Kenntnis nimmt. Es bringt also nichts, wenn andere Fahrgäste mitbekommen, dass man schwarzfährt.
Man müsste mal prüfen, ob der Fahrer dazu verpflichtet ist diesen Tatbestand zu melden, wenn er davon in Kenntnis gesetzt wird.
Ich glaube aber, dass selbst er vertraglich nicht dazu verpflichtet ist.
Man könnte also auch dem Fahrer, sofern möglich, klar darstellen, dass man gleich schwarzfährt und trotzdem dafür belangt werden.


Wirst du ohne fahrticket erwischt, dann verlangen sie also einen ticketpreis von 40 oder 60 €, weil halt ein vertrag mit dem "erhöhten Fahrpeis" zu stande gekommen ist.
UM DEN PREIS KOMMT MAN NICHT HERUM. Dieser ist problemlos rechtlich durchsetzbar.

Lies dir mal den Link oben durch.
Bzw. speziell diesen Abschnitt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bef%C3%B6rderungserschleichung#Rechtsprechung

Ric
2007-10-16, 22:48:34
Lies dir mal den Link oben durch.
Bzw. speziell diesen Abschnitt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bef%C3%...Rechtsprechung

Hier gilt das was auch bei wikipedia schon steht: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Hinweis_Rechtsthemen

Das sollte man ernst nehmen. Zum anlesen ist das sicher gut geeignet, aber verlassen solltest du dich darauf nicht. Die kleine auswahl von 2 untergerichtlichen urteilen verschweigt die überwiegende masse ander lautender urteile. Bei der speziellen auswahl, ist recht deutlich der wunsch vater des gedanken.

Es geht ihr auch nicht um unvorgehersehende umstände, sondern eine schlichte kalkulation: normale tikets gegen paar mal erwischt werden, was ist günstiger.

Das was ich bei den auszügen vermisse, ist das zentrale kernargument: die erhöhten beförderungspreise (ACHTUNG !!! DAS HIER GEHT NUR UM DIE DEUTSCHE BAHN) müssen und dürfen abschreckend sein. Mal guggen, ob ich was finde.

Ric
2007-10-16, 23:22:34
Ich hab mir gerade der erste urteil durchgelesen und wie schon gesagt, hier war der wunsch vater des gedanken. Das was hier nicht gequotet worden ist, ist dass in dem fall der betroffene eine falsche karte hatte, da er unabsichtlich den falschen tarif gewählt hat.


Warum die vorschrift verworfen wurde, lag daran, dass sie außnahmslos den vorsatz unbeachtet liess. Also egal ob mit oder ohne vorsatz die selbe strafe vorsah.

Das was für den vorsätzlichen schwarzfahrer gerechtfertigt ist, war aber wegen der undifferenziertheit für unvorsätzliche "schwarzfahrer" nicht verhältnissmäßig.