PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Filmkritik: One Way (2006) mit Til Schweiger


RattuS
2007-11-22, 22:28:07
Hallo zusammen,

ich habe vor ein paar Tagen mal wieder einen DVD Zufallskauf getätigt. Gegriffen habe ich mir "One Way" (2006) mit Til Schweiger, im September 2007 als DVD erschienen.

Anmerkung: Ich habe meinen Textanteil bestmöglich verallgemeinert. Solltet ihr den Film nicht kennen, sollte das also kein großes Problem darstellen. Vielleicht könnt ihr euch nachher sogar dafür begeistern. ;)

Hier eine grobe inhaltliche Zusammenfassung:
Der ehrgeizige New Yorker Werbeprofi Eddie Schneider (Til Schweiger) ist mit der Tochter seines Chefs verlobt und soll demnächst zum Firmenpartner aufsteigen. Als Eddies beste Freundin und Mitarbeiterin Angelina (Lauren Lee Smith) von seinem zukünftigen Schwager Anthony (Sebastien Roberts) vergewaltigt wird, steht er ihr nicht bei, sondern leistet stattdessen für Anthony einen Meineid, weil dieser ihn mit seiner notorischen Untreue erpresst und Eddie sich nicht Karriere und Heirat verbauen lassen will. Der Schuldige wird freigesprochen, kurz darauf ermordet und ebenfalls vergewaltigt aufgefunden. Die Spuren führen zunächst zu Angelina und schließlich zu Eddie, der ein Motiv, aber kein Alibi hat.

Quelle: Birte Lüdeking, http://www.critic.de/index.pl?aktion=kritik&id=753
Der Film hat mir generell gut gefallen. Die Handlung war zwar nicht außergewöhnlich überraschend oder spannend, aber das soziale Zusammenspiel und das von niederen Trieben erzeugte Motivgeplänkel waren auf eine interessante Art und Weise mitreißend. Es war schon gewisserweise raffiniert, die Sympathie der Zuschauer während des gesamten Plots auf verschiedene Ebenen anzusprechen, um am Ende eine Wendung herbeizurufen, die zwar fast schon zu heldenhaft und naiv wirkt, aber der Erleichterung halber passend war. Meiner Meinung nach also ein durchaus gelungener Thriller über Missbrauch, Rache, Fehlentscheidungen, Lügen und teuflischen Gewissensfragen.


Vorhin habe ich dann ein paar Kritiken über "One Way" nachgeschlagen und ich muss sagen, dass ich äußerst schockiert bin. Nicht nur, weil sich scheinbar die Mehrheit der Kritiker gegen den Film aussprechen, sondern auch, weil der Eindruck nicht schwindet, dass so einige der Kritiker nicht auf die Sinnhaftigkeit eingehen wollen oder können.

Kritisiert wird u.a. der Charakteraufbau, die Ernsthaftigkeit, die Realitätsnähe, die Darstellerleistung und eine Trivialisierung ernster gesellschaftlicher Themen.
Ich beziehe mich bei den oben genannten Kritikpunkten im konkreteren Falle auf die Kritik von Birte Lüdeking, nachzulesen unter http://www.critic.de/index.pl?aktion=kritik&id=753, nicht weil ich die Kritik erwidern möchte, sondern weil sie kompakt alle wichtigen kritischen Diskussionspunkte aufzählt. Ähnliche Stichpunkte treten nämlich auch bei anderen Kritiken auf. (http://www.critic.de/index.pl?aktion=kritik&id=753)

Nun ja, die Einleitung fällt mit knappen 20 Minuten und einem ziemlich klischeehaften Inhalt tatsächlich äußerst mager aus. Die erste Szene wirkt abschreckend und passt absolut nicht ins Bild. Der Sinn dieser Szene löst sich zwar im Verlaufe des Filmes aus, nimmt aber auch im Nachhinein keine notwendige Rolle ein. Die Charakter werden nur oberflächlich präsentiert. Der Protagonist ist, wie nicht anders zu erwarten von Til Schweiger, selbstverständlich ein Aufreißer und Multitalent, hat einen guten Job und spielt den überlegenden Snop zu Beginn. Alle sonstigen involvierten Charakter sind im Grunde genommen nur namentlich bekannt. Über Verhältnisse zueinander wird nicht viel ausgeführt. Das spricht natürlich gegen eine besonders objektive Zuschauerperspektive, die allerdings durch den Aufbau der Szenerie im nachhinein mehr Sympathie abverlangt und aufgrunddessen durchaus eine Daseinsberechtigung hat. Außerdem löst die bislang unbekannte Familienlage des Täters am Ende eine wichtige Schraube, die bisdahin schweißfest gesichert blieb.

Die Thematik des Films streckt sich von sexuellem Missbrauch, Rache und persönlichen Differenzen über Sozialdruck und Fehlentscheidungen. Kritiker bemängeln, dass die zentralen Themen, sexueller Missbrauch und Rache, nicht ernsthaft angegangen sind. Ich weiß nicht, warum es den Kritikern allzuoft immer nur um diese beiden Themen geht, wo der Film hintergründig doch mehr als nur das zu bieten hat, jedenfalls stehen die Verhältnisse pro Täter. Aber genau diese Situation macht den Plot, meiner Meinung nach, interessant und lässt ihn nicht zu einem 0815 Krimi kränkeln. Das soziale Umfeld des Täters verteidigt das Lager der Ungerechtigkeit und nutzt Druckmittel, entstanden durch menschliches Fehlverhalten und niederen Trieben, aus, um psychische Differenzen zu stärken, die den Protagonisten die Wahrheit nicht mehr erkennen lässt. Geblendet durch die eigenverschuldete Inkompetenz.
Die Thematik des Films ist also nicht trivial abgehandelt, sondern verzweigt soziale Problematiken, die von einigern Kritikern offensichtlich nur nicht erkannt wurden.

Realitätsnähe wird angesprochen. Nun, die Zuschauer kennen ihre eigene Welt nur zu gut. In Spielfilmen wird zu gerne eine ideale gesellschaftliche Lage vorgestellt. "One Way" ist dort keine Ausnahme, nicht zuletzt auch, weil der Film in den Vereinigten Staaten spielt. Wie wäre es also gewesen, wenn der Protagonist nicht wohlhabend und erfolgreich gewesen wäre? Würde das einen Unterschied machen? Wozu? Im Zusammenhang mit den wirklich wichtigen Themen, spielt es keine Rolle, ob die und die Fähigkeiten vorhanden sind oder nicht. Was ist an einem Rachezug denn nicht Realität? Jeder Mensch spielt mit diesen Gedanken, nachdem er in eine derartige Lage gekommen ist.
Die Sippe verteidigt eine Schandtat, Erpressung, Ehebruch - sind das nicht alles Themen, die, mehr oder weniger, auch in unserem Alltag auftauchen könnten?
Ich kann jedenfalls nicht recht nachvollziehen, warum alles so ungemein unrealistisch sein soll.

Die darstellerischen Leistungen des gesamten Films sind größtenteils ebenfalls bemängelt. Abgesehen vom englischen Originalton, den ich mir nicht angehört habe, soll der deutsche Ton fad und einfallslos sein. Tatsächlich findet sich in "One Way" kein rhetorisches Meisterwerk, aber dermaßen schlecht sind die Dialoge auch nicht. Sie bringen den Plot voran und das ist entscheidend.
Von schlechten schauspielerischen Leistungen kann, meiner Meinung nach, auch nicht die Rede sein. Die Schauspieler wirken natürlich, nicht zu emotional, nicht zu rau. Til Schwiger wird zwar selbst in den deutschen Medien teilweise kritisch betrachtet, er spielt seine Rolle in "One Way" aber so, wie es abverlangt ist. Er strotz vor Selbstvertrauen, ist in seinem Inneren aber unsicher und trifft zu viele Fehlentscheidungen, eben genau so, wie er überhaupt in seine missliche Lage kommt. Seine Triebe verleiten ihn zu menschlichem Verhalten.
Was an dieser Rolle so sehr zu bemängeln ist, konnte keiner der Kritiker augenscheinlich nennen, außer, dass nochmals und nochmals sein englischer Sprachanteil im englischen Originalton verurteilt wird.

Wie sich jetzt klar herausstellt, gefallen auch mir nicht alle Punkte und so stimme ich einem Teil der Kritiker selbstverständlich zu. Aber eine derartige Verurteilung, wie ich sie auf diversen Seiten gefunden habe, hat "One Way" freilich nicht verdient. Was meint ihr dazu?


Mit freundlichen Grüßen
Alex

RattuS
2007-11-25, 02:22:36
Das Thema geht ein bisschen unter. Kennt denn niemand den Film?

Tech_FREAK_2000|GS
2007-11-25, 13:36:58
doch, ich kenn den Film.
persönlich find ich ihn recht gut.

Santini
2007-11-25, 14:00:40
Ich hab auch leichtes Interesse an dem Film.
Danke,das du den Fim nochmal erwähnt hast,hatte den Titel vergessen:biggrin:

GBWolf
2008-11-04, 18:52:26
Gerade gesehen.

Sehr guter film imho.

Das 1. mal, dass ich Till Schweiger relativ überzeugend fand in einem ernsthaften Film. Aber ohne die sehr guten Schauspielerinnen hätte es nicht geklappt. Außerdem fand ich die Geschichte gut durchdacht aber wenig vorhersehbar. Klasse Film!

7/10