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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : IT-Standards ins Grundgesetz?


Gast
2007-12-10, 19:25:49
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat auf dem zweiten nationalen IT-Gipfel in Hannover am heutigen Montag eine Grundgesetzänderung gefordert, um verbindliche Standards für die Vernetzung dezentraler IT-Projekte und -Infrastrukturen bei Bund und Ländern festzuschreiben. "Die unterschiedlichen IT-Systeme von Bund und Ländern müssen kompatibel und interoperabel sein. Dies wollen wir durch eine neue Regelung im Grundgesetz verbindlich machen", betonte die SPD-Politikerin. Sie habe deshalb in der Kommission zur anstehenden Föderalismusreform eine entsprechende Verfassungsänderung
vorgeschlagen.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/100357

Wtf? Was faselt die da? Kompatibel? Ins Grundgesetz? Was haben technische Standards in der Verfassung verloren?

Versteht jemand, was die will? Oder ist das nur ein weiterer geistiger Offenbarungseid ("ähh, Browser?")?

Hvoralek
2007-12-11, 00:37:47
Leider steht nirgendwo, was genau Zypries der Kommission vorgeschlagen hat. Ich verstehe die BMJ- Pressemitteilung (http://www.bmj.bund.de/enid/8019019f66078f435bfe8fd49574242d,e29a5a636f6e5f6964092d0934383532093a095f7472636 964092d0934383534/Pressestelle/Pressemittei%20lungen_58.html) aber nicht so, dass man direkt im GG technische Standards festschreiben möchte, sondern lediglich eine Verpflichtung von Bund und Ländern, sich in einem bestimmten Verfahren auf einheitliche Standards zu verständigen.

Gast
2007-12-11, 01:38:25
Das wird sich nicht durchsetzen lassen. Und wenn doch, dann ist das eine noch nie dagewesene Abwertung der deutschen Verfassung. Wenn jetzt jedes Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz geregelt werden muß, dann muß man sich fragen, ob es nicht inzwischen zuviel schlechte Juristen und zu wenig fähige Politiker in Deutschland gibt.

Ich frage mich wie so ein Artikel aussehen soll. - Ich mach mal einen Vorschlag:

Abs.1 Alle deutschen Länder sind grundsätzlich verpflichtet nur noch Microsoft-Produkte zu verwenden. Ausnahmen sind Produkte solcher Firmen, die das zuständige Kompetenzteam des Ministeriums vorgibt.

Abs.2 Alle deutschen Länder sind verpflichtet nur noch Wahlmaschinen vom Typ ES3B zu verwenden. - Wer eine Maschine dieses Typs manipuliert und hierzu nicht ausdrücklich von der Bundesregierung beauftragt ist, wird bestraft. Gleich einem Täter wird bestraft, wer behauptet, das Wahlmaschinen manipulierbar sind. Hierdurch wird das Grundrecht auf Pressefreiheit eingeschränkt.

Abs.2b Eventuelle zukünftige Volksabstimmungen sind aus Gründen der inneren Sicherheit und der allgemeinen Terrorismusabwehr ausschließlich mit Geräten vom Typ ES3B durchzuführen.

Abs.4 Der Bund trägt die Verantwortung und wacht über die Durchsetzung.

Abs.5 Die Länder tragen die Kosten.

Abs.6 Die Konsequenzen trägt das Volk.


;D

Gast
2007-12-11, 02:04:40
Leider steht nirgendwo, was genau Zypries der Kommission vorgeschlagen hat. Ich verstehe die BMJ- Pressemitteilung (http://www.bmj.bund.de/enid/8019019f66078f435bfe8fd49574242d,e29a5a636f6e5f6964092d0934383532093a095f7472636 964092d0934383534/Pressestelle/Pressemittei%20lungen_58.html) aber nicht so, dass man direkt im GG technische Standards festschreiben möchte, sondern lediglich eine Verpflichtung von Bund und Ländern, sich in einem bestimmten Verfahren auf einheitliche Standards zu verständigen.

Könnte sein, stellt allerdings eine Interpretation dar. Vielleicht sollte Zypries also erstmal Standards zu Verfahren von eindeutiger Verständlichkeit von Politikern vorschlagen!?

Aber selbst, wenn es lediglich das Verfahren beschreiben würde, wie sich die Länder zu einigen haben, so wäre es doch eine Festlegung auf einen Standard, der wiederum an Bedingungen geknüpft ist.

Gibt es dazu Paragraphen im GG z.B. für "Normung im internen Briefverkehr"? Nein, ist Ländersache und trotzdem kompatibel.

Ist doch lächerlich, die Frau weiss nicht, was ein Browser ist, wird uns demnächst aber wohl erklären, wie sie es per Gesetz formuliert hat, daß sich die Länder schnell auf eine Lösung geeinigt haben, warum keine Linux-Clients an Exchange-Server angebunden werden dürfen². Hahaha!

Grundsätze zur Normung: (http://de.wikipedia.org/wiki/Normung)



In der übernationalen Normung gelten in ähnlicher Form die Grundsätze wie sie für Deutschland in der DIN 820 „Normungsarbeit – Grundsätze“ formuliert sind: „Normung ist die planmäßige, durch die interessierten Kreise gemeinschaftlich durchgeführte Vereinheitlichung von materiellen und immateriellen Gegenständen zum Nutzen der Allgemeinheit. Sie darf nicht zu einem wirtschaftlichen Sondervorteil einzelner führen.“

Im einzelnen lauten die Grundsätze der Normung:

Freiwilligkeit

Die Mitarbeit an der Normung und die Anwendung geschieht freiwillig. Die Arbeitsergebnisse, die DIN-Normen, sind Empfehlungen, die keine andere Macht hinter sich haben als den in ihnen liegenden versammelten, qualifizierten Sachverstand. Erst durch Rechtsakte Dritter können sie Verbindlichkeit erlangen.

Öffentlichkeit

Alle Normungsvorhaben und Entwürfe zu DIN-Normen werden öffentlich bekannt gemacht und vor ihrer endgültigen Festlegung der Öffentlichkeit zur Stellungnahme vorgelegt. Kritiker werden an den Verhandlungstisch gebeten, wobei jeder eingegangene Einspruch mit dem Einsprecher verhandelt werden muss.

Beteiligung aller interessierten Kreise

DIN-Normen werden in Arbeitsausschüssen von Fachleuten der interessierten Kreise erarbeitet. Jeder kann sein Interesse einbringen. Ein Schlichtungs- und Schiedsverfahren sichert die Rechte von Minderheiten.

Konsens

Die der Normungsarbeit des DIN zugrunde liegenden Regeln garantieren ein für alle interessierten Kreise faires Verfahren, dessen Kern die ausgewogene Berücksichtigung aller Interessen bei der Meinungsbildung ist. Der Inhalt einer Norm wird dabei im Wege gegenseitiger Verständigung mit dem Bemühen festgelegt, eine allgemeine Zustimmung findende, gemeinsame Auffassung zu erreichen.

Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit

Das Deutsche Normenwerk befasst sich mit allen technischen Disziplinen. Die Regeln der Normungsarbeit sichern seine Einheitlichkeit.

Sachbezogenheit

DIN-Normen sind ein Spiegelbild der Wirklichkeit. Definitionsgemäß müssen dabei technische Normen Fragen des Gemeinwohls einbeziehen und spiegeln deshalb nicht nur das technisch Machbare, sondern auch das gesellschaftlich Akzeptierte wider.

[/b]Ausrichtung am Stand der Wissenschaft und Technik

Die Normung vollzieht sich in dem Rahmen, den die wissenschaftliche Erkenntnis setzt. Sie sorgt für die schnelle Umsetzung neuer Erkenntnisse. DIN-Normen sind Niederschriften des Standes der Technik.

Wirtschaftlichkeit

Jede Normensetzung ist auf ihre wirtschaftlichen Wirkungen hin zu untersuchen. Es darf nur das unbedingt Notwendige genormt werden. Normung ist kein Selbstzweck.

Ausrichtung am allgemeinen Nutzen

DIN-Normen haben gesamtgesellschaftliche Ziele einzubeziehen. Der Nutzen für alle steht über dem Vorteil einzelner.

Internationalität

Die Normungsarbeit des DIN unterstützt das volkswirtschaftliche Ziel eines von technischen Hemmnissen freien Welthandels und des Gemeinsamen Marktes in Europa. Das erfordert Internationale und Europäische Normen.




Was ist daran eigentlich unklar?


²obwohl techn. möglich