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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Siemens und Milliardengewinne- Wieso passieren heute noch solche Konstruktionsfehler?


PHuV
2008-01-24, 14:21:21
Gerade gelesen auf Heise:

Heise - Siemens fährt Milliardengewinne ein (http://www.heise.de/newsticker/meldung/102359)

Einmal mehr musste der Konzern Belastungen wegen der fehlkonstruierten "Combino"-Züge hinnehmen.


Bei Wikipedia lese ich zu Combino (http://de.wikipedia.org/wiki/Combino):

Inzwischen zeigten sich Schwächen des Aluminium-Schraub-Systems: Bei den geschraubten Aluminium-Rahmen der Züge lösen sich Verbindungen, einige der Straßenbahnen zeigen Risse in den Verbindungen zwischen Dächern und Seitenwänden. Anfang 2004 lagen große Teile der Combino-Flotte still, weil Siemens Einstürze der Fahrzeug-Dächer oder fortschreitende Beschädigungen an den Seitenwänden nicht ausschließen konnte. Mittlerweile ist bis auf einige stark beschädigte Wagen der allergrößte Teil der Combinos wieder im Einsatz. Als eine der Ursachen wurde inzwischen erkannt, dass die Entwicklungsingenieure bei der Berechnung der Wagenkastenstabilität einzukalkulieren vergessen hatten, dass durch die überwiegend auf dem Dach montierte Ausrüstung und die fehlende Wankmöglichkeit der Wagenteile gegeneinander erhebliche Kräfte auf die Gesamtkonstruktion einwirken.

Zwar dementiert Siemens, dass 450 der weltweit verkauften "Combino-Straßenbahnen" fast völlig neu aufgebaut werden müssen, dennoch hat der Konzern inzwischen rund 400 Millionen Euro Rückstellungen für diese Risiken gebildet. An einer Sanierung der Wagen arbeitet Siemens; die ersten vollsanierten Bahnen fahren in Amsterdam (hier wurde im August 2007 der 100. von 155 zu sanierenden Zügen ausgeliefert), Erfurt, Freiburg, Nordhausen und Posen. Als erste Combino-Flotte eines Betreibers ist die der Stadt Bern seit Anfang 2007 vollständig saniert. Bis Ende 2008 soll die Ertüchtigung aller Combino-Straßenbahnen abgeschlossen sein. Die sanierten Fahrzeug zeichnen sich durch verbesserte Lastverteilung und bessere Fahreigenschaften aus.

Aha, dann werden lieber teure Reparaturmaßnahmen und hohe Rückstellungen gebildet, anstatt gleich Geld für Qualität und Materialprüfungen auszugeben? :rolleyes:. (Achtung Ironie) Klar, wenn Menschenleben draufgegangen wären, wäre das ja nicht so schlimm, da sind die Kosten der Rückstellen nicht so hoch. Eine große Firma wie Siemens schafft es nicht, entsprechende Simulationen durch praktische Tests und mit Hilfe von Software zu machen, so daß der Fehler nicht früher bemerkt wurde?

Aha, was lernen wir daraus? Menschenleben sind nichts wert, Hauptsache erst mal verkauft? :rolleyes:

Ich habe Verständnis, wenn Fehler auftauchen, die man nicht vorhersehen konnte oder wo neue Konstruktionen erst neue Erfahrungswerte liefern (und selbst da kann man gut vorher testen und simulieren). Aber ich würde so etwas als Pfusch im großen Stile bezeichnen. Für was gibt es ISO, Prüfverfahren und diverse Qualitätsstandards, wenn sie, wie hier, so gravierend versagen. Glücklicherweise gings hier nur um Geld, aber trotzdem finde ich das für ein angeblich ach so fortschrittliches Technologieunternehmen recht peinlich. Wieso werden die Fehler immer wieder und wieder wiederholt, und nichts besser gemacht? Gut, es ist schon wieder über 14 Jahre seit der Konstruktion und dem Design her. Aber selbst bei aktuellen Entwicklungen treten immer wieder gravierende Fehler auf (ich sage mal als Stichwort Problem Neigetechnik im ICE-3). Sind wir heute wirklich so viel weiter, oder doch noch sehr weit zurück bzgl. Technik und die Tests für diese Technik.

Butter
2008-01-24, 21:04:27
Zum Thread-Titel...

Naja, es sind schlussendlich auch nur Menschen und die machen nun mal Fehler...

X-Force
2008-01-24, 22:06:33
ja dann müssen sie mehr leute für die qualitätssicherung einstellen, aber hauptsache die aktionäre und vorstände sind finanziell zufrieden

No.3
2008-01-24, 22:18:41
Naja, es sind schlussendlich auch nur Menschen und die machen nun mal Fehler...

ja, schon, aber Siemens glänzt in den letzten Jahren nicht unbedingt. Wenn irgendwo "was los ist", der Name Siemens ist oft dabei.

Monger
2008-01-24, 22:23:26
Solche Fehler entstehen üblicherweise nicht wegen Nachlässigkeit, mangelndem Wissen oder Profitgier - sondern schlicht aus Mißmanagement.


Wer mal an einem größeren Projekt mitgearbeitet hat, weiß wie sehr zu viele Köche den Brei verderben können, und wie wegen schlechter Planung die Verantwortlichkeiten bei kritischen Punkten mies koordiniert sind, und darauf hin Fehler passieren.

Ich kenn den Combino nicht, aber mal einfach an den Haaren herbei gezogen: wenn Team A an dem Wagenkasten gearbeitet hat, und Team B für die Aufbauten veranwortlich war, und bei der Teamplanung kein Verfahren etabliert wurde wie Team A und B flächendeckend alle relevanten Informationen miteinander austauschen (und das können mitunter eine Menge sein), ist möglicherweise Team B entgangen, Veränderungen am Gewicht und am Material rechtzeitig bekannt zu geben, so dass eine erneute Statik Berechnung entweder gar kein zweites mehr kam, oder aber eben wegen falscher Parameter falsche Voraussagen gemacht hat.

Ein einheitliches, durchgängiges Modell in der Größenordnung gibt es fast nirgendwo in der Wirtschaft. Das sind unglaubliche Datenmengen die da verwaltet werden müssen. Der Airbus A380 war das ERSTE Flugzeug, dass einen gesamtheitlichen Konstruktionsansatz hatte.

Ich denke, die meisten Menschen unterschätzen, was gutes Projektmanagement eigentlich für eine Herkules-Aufgabe ist. Technik ist da, Know-How ist meistens auch nicht knapp, aber gutes Projektmanagement findet man selten.

Fritte
2008-01-24, 22:30:10
@WD: Combino ist ja nur ein Teil der Pleitenserie, google mal nach dem Projekt Skytrain/Peoplemover am Düsseldorfer Flughafen, das Teil ist seit mehreren Jahren eine einzige Fehlerquelle, hier mal ein kleines Statement des Betreibers http://www.dus-int.de/dus/medieninfo_detail/?id=399&archiv=1&limit=0&thema=28&search=

SavageX
2008-01-25, 11:58:12
@WD: Combino ist ja nur ein Teil der Pleitenserie, google mal nach dem Projekt Skytrain/Peoplemover am Düsseldorfer Flughafen, das Teil ist seit mehreren Jahren eine einzige Fehlerquelle, hier mal ein kleines Statement des Betreibers http://www.dus-int.de/dus/medieninfo_detail/?id=399&archiv=1&limit=0&thema=28&search=

Oh, interessant. Hier an der TU Dortmund fährt so ein Ding, gelegentlich macht es tatsächlich Zicken. Dann sieht man halt so einen Waggon, vollgestopft mit Studierenden, der mitten auf der Strecke eine Notbremsung macht und dann erstmal eine halbe Stunde in der Sonne steht, bis der Technikwagen da ist.

Ist allerdings selten und mir selbst noch nicht passiert. Also egal ;-)

http://de.wikipedia.org/wiki/H-Bahn