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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auskunftsrecht bei Urheberrechtsverstößen verfassungsgemäß?


JFZ
2008-04-11, 15:46:38
Der Bundestag hat ja jetzt ein neues Gesetz (http://www.onlinekosten.de/news/artikel/29406/0/Bundestag_versch%E4rft_Gesetz_gegen_Raubkopierer) verabschiedet nach dem die Urheberrechtebesitzer Auskunft von den Providern einfordern können.
Ist denn das Gesetz überhaupt rechtlich haltbar oder fährt da wieder die Regierung gegen die Wand? Immerhin hat doch das Bundesverfassungsgericht vor kurzem eine einstweilige Verfügung (http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~E4D999116441C4AC6A944F2A576120E84~ATpl~Ecommon~Scontent.html) erlassen, nach der der Staat vorerst nur beim Verdacht auf schwere Straftaten auf die Vorratsdaten zugreifen darf. Wie passt das denn zusammen oder darf jetzt die Musikindustrie mehr als der Staat?

Grestorn
2008-04-11, 15:51:19
Der Bundestag hat ja jetzt ein neues Gesetz (http://www.onlinekosten.de/news/artikel/29406/0/Bundestag_versch%E4rft_Gesetz_gegen_Raubkopierer) verabschiedet nach dem die Urheberrechtebesitzer Auskunft von den Providern einfordern können.
Ist denn das Gesetz überhaupt rechtlich haltbar oder fährt da wieder die Regierung gegen die Wand? Immerhin hat doch das Bundesverfassungsgericht vor kurzem eine einstweilige Verfügung (http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~E4D999116441C4AC6A944F2A576120E84~ATpl~Ecommon~Scontent.html) erlassen, nach der der Staat vorerst nur beim Verdacht auf schwere Straftaten auf die Vorratsdaten zugreifen darf. Wie passt das denn zusammen oder darf jetzt die Musikindustrie mehr als der Staat?

"Künftig soll eine richterliche Anordnung genügen, um Auskünfte zu erhalten."

Das reicht m.E. als Hürde. Bagatellfälle werden dadurch automatisch ausgeschlossen. Wichtig ist nur, dass man ohne die Judikative nicht an die Daten herankommt, denn das wäre wirklich übel.

JFZ
2008-04-11, 15:59:59
"Künftig soll eine richterliche Anordnung genügen, um Auskünfte zu erhalten."

Das reicht m.E. als Hürde. Bagatellfälle werden dadurch automatisch ausgeschlossen. Wichtig ist nur, dass man ohne die Judikative nicht an die Daten herankommt, denn das wäre wirklich übel.

Daß ein unkontrollierter Zugriff der Industrie auf die Daten übel wäre finde ich auch. Von daher ist de richterliche Anordnung schon passend.

Wobei die eigentliche Frage ja war, inwiefern das Gesetz mit der Verfügung vom Bundesverfassungsgericht harmoniert. Wenn der Staat nicht auf seine Vorratsdaten für kleinere Fälle zugreifen darf, wieso darf das dann die Musikindustrie?

Bezüglich Bagatellfällen. Bei den vom Gericht angedachten Straftaten war nach meinem Verständnis die Verletzung von Urheberrechten nicht inbegriffen:

"Das ist etwa bei einem konkretem Verdacht auf Mord, Geiselnahme oder Kinderpornografie möglich, nicht aber bei weniger schweren Delikten. Hier ist eine Weitergabe der Verbindungsdaten bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichts in der Hauptsache untersagt."

Oder ist eine Schwarzkopie genauso schlimm wie Mord und Kinderpornografie ?

Panasonic
2008-04-11, 16:01:58
Der Bundestag hat ja jetzt ein neues Gesetz (http://www.onlinekosten.de/news/artikel/29406/0/Bundestag_versch%E4rft_Gesetz_gegen_Raubkopierer) verabschiedet nach dem die Urheberrechtebesitzer Auskunft von den Providern einfordern können.
Ist denn das Gesetz überhaupt rechtlich haltbar oder fährt da wieder die Regierung gegen die Wand? Immerhin hat doch das Bundesverfassungsgericht vor kurzem eine einstweilige Verfügung (http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~E4D999116441C4AC6A944F2A576120E84~ATpl~Ecommon~Scontent.html) erlassen, nach der der Staat vorerst nur beim Verdacht auf schwere Straftaten auf die Vorratsdaten zugreifen darf. Wie passt das denn zusammen oder darf jetzt die Musikindustrie mehr als der Staat?Auf die Vorratsdaten darf nicht zugegriffen werden. Hier geht es um die Abrechnungsdaten. Lächerlich, weiß ich.

Grestorn
2008-04-11, 16:05:14
Beim einen geht es auch darum herauszufinden, wer wann mit wem in Kontakt stand. Diese Informationen sind sehr privat und sollten wirklich nur bei Kapitalverbrechen in Erfahrung zu bringen sein.

Wer eine bestimmte IP Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet hat ist m.E. keineswegs eine überaus private und schützenswerte Information wenn man sie nur im Einzelfall erhält. Denn alleine damit kann man nur etwas anfangen, wenn man bereits einen Rechtsverstoß mit dieser IP Adresse nachweisen kann.

Panasonic
2008-04-11, 16:30:37
Beim einen geht es auch darum herauszufinden, wer wann mit wem in Kontakt stand. Diese Informationen sind sehr privat und sollten wirklich nur bei Kapitalverbrechen in Erfahrung zu bringen sein.

Wer eine bestimmte IP Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt verwendet hat ist m.E. keineswegs eine überaus private und schützenswerte Information wenn man sie nur im Einzelfall erhält. Denn alleine damit kann man nur etwas anfangen, wenn man bereits einen Rechtsverstoß mit dieser IP Adresse nachweisen kann.Rechtsverstöße anhand von IP-Adresse nachweisen? Habe ich die letzten Jahre im Kälteschlaf verbracht?

Das ist Träumerei, Grestorn. Auch wenn Du das gerne anders hättest.

Grestorn
2008-04-11, 16:32:16
Rechtsverstöße anhand von IP-Adresse nachweisen? Habe ich die letzten Jahre im Kälteschlaf verbracht?

Das ist Träumerei, Grestorn. Auch wenn Du das gerne anders hättest.

Was meinst Du? Ist es kein Rechtsverstoß ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Netz anzubieten? Und dieses Vergehen lässt sich ganz einfach über eine IP-Adresse nachweisen.

Panasonic
2008-04-11, 16:40:24
Was meinst Du? Ist es kein Rechtsverstoß ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Netz anzubieten? Und dieses Vergehen lässt sich ganz einfach über eine IP-Adresse nachweisen.
Wenn ich mein Blockflötenspiel aufnehme, als MP3 speicher und als "mmanson-track1.mp3" in eine Tauschbörse werfe, dann ist das kein Rechtsverstoß.

Ein Bildschirmausdruck (sic) mit Anzeige meiner IP soll dann ein Beweis für einen Urheberrechtsverstoß sein? Das mag als Druckmittel für die Abmahnmafia reichen, vor Gericht würdest Du mitleidig belächelt werden. Ein Beweis ist das definitiv nicht.

Und eigentlich sollte so ein alberner Screenshot auch nicht als Grund für eine Hausdurchsuchung herhalten können. Wenn man mal gesunde rechtsstaatliche Maßstäbe anlegt. Was leider nicht immer getan wird.

Grestorn
2008-04-11, 16:52:04
Wenn ich mein Blockflötenspiel aufnehme, als MP3 speicher und als "mmanson-track1.mp3" in eine Tauschbörse werfe, dann ist das kein Rechtsverstoß. Nein, das habe ich auch nicht behauptet.

Ein Bildschirmausdruck (sic) mit Anzeige meiner IP soll dann ein Beweis für einen Urheberrechtsverstoß sein? Das mag als Druckmittel für die Abmahnmafia reichen, vor Gericht würdest Du mitleidig belächelt werden. Ein Beweis ist das definitiv nicht.

Zusammen mit einem Protokoll, dass von dieser Adresse aus die Datei x, welche nachweislich urheberrechtlich geschützt ist, reicht ein solches Protokoll durchaus aus. Der Dateiname spielt dabei keine Rolle.

Berni
2008-04-11, 17:53:47
Ich kann auch einfach Protokolle mit beliebigen IP-Adressen erstellen und dann Leute anklagen... Ein derartiges Protokoll wäre meiner Meinung nach nur dann zweifelsfrei wenn ein unabhängiger (die Rechteverfolger sind das eben nicht!) Dritter (z.B. Polizei) das mitprotokolliert.

Grestorn
2008-04-11, 17:58:48
Ich kann auch einfach Protokolle mit beliebigen IP-Adressen erstellen und dann Leute anklagen... Ein derartiges Protokoll wäre meiner Meinung nach nur dann zweifelsfrei wenn ein unabhängiger (die Rechteverfolger sind das eben nicht!) Dritter (z.B. Polizei) das mitprotokolliert.

Wenn Du eine Aussage unter Eid machst, dann hat sie Beweischarakter. Wenn Du vor Gericht unter Eid aussagst, dass das Protokoll authentisch ist, dann reicht das.

Panasonic
2008-04-11, 18:07:33
Wenn Du eine Aussage unter Eid machst, dann hat sie Beweischarakter. Wenn Du vor Gericht unter Eid aussagst, dass das Protokoll authentisch ist, dann reicht das.Unsinn. Ein Beweis ist nur dann ein Beweis, wenn der Richter von etwas als Beweis überzeugt ist.

stickedy
2008-04-11, 18:16:39
Dabei sollte aber auch noch bedacht werden, dass die Provider nur dann die IP-Adressen speichern müssen, wenn dieses zur Abrechnung nötig sind. Bei Flatrates ist dies nicht der Fall. Wenn dementsprechende Daten trotzdem gesammelt werden, z.B. von der Telekom, dann sind diese als Beweismittel vor Gericht nicht gültig.

Grestorn
2008-04-11, 18:18:42
Unsinn. Ein Beweis ist nur dann ein Beweis, wenn der Richter von etwas als Beweis überzeugt ist.

Aha. Der Experte spricht...

Sicher obliegt es dem Richter die Beweiskraft einer Aussage zu bewerten. Das ist sein Job. Nichts desto trotz werden die meisten Gerichtsurteile auf Grund von Aussagen getroffen, die meisten sogar ohne Vereidigung.

Grestorn
2008-04-11, 18:19:42
Dabei sollte aber auch noch bedacht werden, dass die Provider nur dann die IP-Adressen speichern müssen, wenn dieses zur Abrechnung nötig sind. Bei Flatrates ist dies nicht der Fall. Wenn dementsprechende Daten trotzdem gesammelt werden, z.B. von der Telekom, dann sind diese als Beweismittel vor Gericht nicht gültig.

Wie kommst Du denn darauf?

Auch wenn das Voratsdatenspeicherungsgesetz noch daraufhin überprüft wird, wie und wann die Daten abgerufen werden dürfen, so ist die Speicherung als solches doch sogar vor dem BVG unstrittig.

Panasonic
2008-04-11, 18:21:20
Aha. Der Experte spricht...

Sicher obliegt es dem Richter die Beweiskraft einer Aussage zu bewerten. Das ist sein Job. Nichts desto trotz werden die meisten Gerichtsurteile auf Grund von Aussagen getroffen, die meisten sogar ohne Vereidigung.
Etwas OT, aber wirklich ernst gemeint: Ist Dir ein Fall bekannt, in dem ein P2P-Leecher von einem deutschen Gericht mal verurteilt wurde? Ich versuche das schon länger zu eruieren.

Grestorn
2008-04-11, 18:24:43
Etwas OT, aber wirklich ernst gemeint: Ist Dir ein Fall bekannt, in dem ein P2P-Leecher von einem deutschen Gericht mal verurteilt wurde? Ich versuche das schon länger zu eruieren.

http://www.jurpc.de/rechtspr/20080029.htm

Panasonic
2008-04-11, 18:28:59
http://www.jurpc.de/rechtspr/20080029.htm
Das mus sich mal in Ruhe lesen, wenn ich mal Feierabend machen kann. Wenn. Wie ich dieses "Chef vom Dienst" an einem Freitag hasse :( :(

stickedy
2008-04-11, 18:56:14
Wie kommst Du denn darauf?

Auch wenn das Voratsdatenspeicherungsgesetz noch daraufhin überprüft wird, wie und wann die Daten abgerufen werden dürfen, so ist die Speicherung als solches doch sogar vor dem BVG unstrittig.
Ja, die Vorratsdatenspeicherung an sich ist momentan noch erlaubt, allerdings haben die Justizbehörden ja für solche Fälle keinen Zugriff auf die Daten. Da können nur die Abrechnungsdaten genutzt werden - und da ist die Speicherung der IP-Adressen nicht zulässig bei Flatrates.

Sony
2008-04-11, 19:00:12
Das mus sich mal in Ruhe lesen, wenn ich mal Feierabend machen kann. Wenn. Wie ich dieses "Chef vom Dienst" an einem Freitag hasse :( :(Brauchste nicht!

Das ist die Bestätigung einer einstweiligen zivilrechtlichen Verfügung, aber keine strafrechliche Verurteilung.
Zu der kam es nicht, weil die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen in der Sache eingestellt hatte, wodurch dann die Daten des BearSharers in die Hände eines Rechteinhabers fielen, der diese Verfügung gerichtlich erwirkte, weil die Nutzerin des Anschlusses nur als GmbH die Unterlassung erklärte und das nicht auch noch privat tun wollte.

Abmahnungsabzocke, sonst nix...

Panasonic
2008-04-11, 19:02:06
Brauchste nicht!

Das ist die Bestätigung einer einstweiligen zivilrechtlichen Verfügung, aber keine strafrechliche Verurteilung.
Zu der kam es nicht, weil die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen in der Sache eingestellt hatte, wodurch dann die Daten des BearSharers in die Hände eines Rechteinhabers fielen, der diese Verfügung gerichtlich erwirkte, weil die Nutzerin des Anschlusses nur als GmbH die Unterlassung erklärte und das nicht auch noch privat tun wollte.

Abmahnungsabzocke, sonst nix...
Ah, Danke. Noch 29 Minuten, dann bin ich hier weg :D

JFZ
2008-04-11, 23:57:44
Auf die Vorratsdaten darf nicht zugegriffen werden. Hier geht es um die Abrechnungsdaten. Lächerlich, weiß ich.
Ja, die Vorratsdatenspeicherung an sich ist momentan noch erlaubt, allerdings haben die Justizbehörden ja für solche Fälle keinen Zugriff auf die Daten. Da können nur die Abrechnungsdaten genutzt werden - und da ist die Speicherung der IP-Adressen nicht zulässig bei Flatrates.

Sprich, das Gesetz bringt eigentlich gar nichts? (wer hat heute schon keine Flatrate mehr...)

Oder soll es den Fall vorbereiten, daß das BVerG doch anders urteilt als in der einstweiligen Verfügung?

123456
2008-04-12, 00:26:21
Ich habe mal eine ganz blöde Frage. Es gibt gewisse Warez-Seiten, auf die sozusagen jeder ruck zuck zugreifen kann ("Warez" oder "Torrent" oder "Movie downloadz" oder was auch immer bei Google eingeben genügt). Auf diesen Servern liegen dann tausende Filme, MP3s und Spiele. Seien es nun Torrent-Server oder stinknormale HTTP-Seiten. Wie können solche Seiten überhaupt existieren? Wenn man eine Privatperson wegen ein paar heruntergeladenen MP3s vors Gericht zerrt, wieso schafft man es dann nicht, diese Seiten vom Netz zu nehmen und die Betreiber zu bestrafen, die ja nun wirklich bestraft werden müssten? Ich lese manchmal Sensationsmeldungen wie "xyz.de vom Netz genommen" und frage mich dann, was denn mit den anderen 5 Millionen Warez-Seiten ist. Stehen die Ermittler vor den Seiten und können nichts unternehmen? Wieso?

Panasonic
2008-04-12, 00:34:45
Ich habe mal eine ganz blöde Frage. Es gibt gewisse Warez-Seiten, auf die sozusagen jeder ruck zuck zugreifen kann ("Warez" oder "Torrent" oder "Movie downloadz" oder was auch immer bei Google eingeben genügt). Auf diesen Servern liegen dann tausende Filme, MP3s und Spiele. Seien es nun Torrent-Server oder stinknormale HTTP-Seiten. Wie können solche Seiten überhaupt existieren? Wenn man eine Privatperson wegen ein paar heruntergeladenen MP3s vors Gericht zerrt, wieso schafft man es dann nicht, diese Seiten vom Netz zu nehmen und die Betreiber zu bestrafen, die ja nun wirklich bestraft werden müssten? Ich lese manchmal Sensationsmeldungen wie "xyz.de vom Netz genommen" und frage mich dann, was denn mit den anderen 5 Millionen Warez-Seiten ist. Stehen die Ermittler vor den Seiten und können nichts unternehmen? Wieso?
Die Torrent-Seiten sind nur ein Inhaltsverzeichnis, ohne das auf den Servern die verlinkten Inhalte liegen. Der Vorteil von BitTorrent ist ja gerade, dass man keine zentralen Serverstrukturen braucht. Jeder Leecher ist auch Seeder.

Ob ein Inhaltsverzeichnis schon illegal ist, ist in den meisten Ländern umstritten. In vielen Ländern kann rechtlich nichts gegen Torrentverzeichnisse unternommen werden.

deekey777
2008-04-12, 00:53:56
Der Bundestag hat ja jetzt ein neues Gesetz (http://www.onlinekosten.de/news/artikel/29406/0/Bundestag_versch%E4rft_Gesetz_gegen_Raubkopierer) verabschiedet nach dem die Urheberrechtebesitzer Auskunft von den Providern einfordern können.
Das könnten sie schon immer, nur haben sie von ihnen nichts bekommen.
Es wird/wurde in etwa so gemacht: Ein "Detektiv" sitzt vor dem Bildschirm und schaut zu, wie zB ein Film seines Auftraggebers von einem Filesharer heruntergeladen/angeboten wird. Davon macht er ein Foto, auf dem man sieht, was heruntergeladen wird, von wem und mit welcher IP.
Mit diesem Foto als Beweis wird dann eine Strafanzeige erstattet. Der ermittelnde Staatsanwalt schaut sich das Bild an, sieht die IP, meldet sich beim Provider, der ihm dann die Daten der zu der IP passenden Person herausgibt. Dann kommen die Anwälte des "Opfers" und beantragen die Akteneinsicht. Und siehe da, die Anwälte bekamen den Namen und die Adresse des vermeintlichen Rechtsbrechers, worauf sie diesen abmahnten. Ein Interesse des Opfers an der Strafverfolgung ist eher zweifelhaft, eher besteht das Interesse einzig und allein an der Geltendmachung zivilistischer Ansprüche.
Dieser Vorgehenweise wurde jetzt ein Riegel vorgeschoben: einmal von einigen Staatsanwaltschaften und dann vom LG Saarbrücken (http://www.heise.de/newsticker/Keine-Akteneinsicht-fuer-die-Musikindustrie-bei-Filesharing--/meldung/105888).

Ist denn das Gesetz überhaupt rechtlich haltbar oder fährt da wieder die Regierung gegen die Wand? Immerhin hat doch das Bundesverfassungsgericht vor kurzem eine einstweilige Verfügung (http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~E4D999116441C4AC6A944F2A576120E84~ATpl~Ecommon~Scontent.html) erlassen, nach der der Staat vorerst nur beim Verdacht auf schwere Straftaten auf die Vorratsdaten zugreifen darf. Wie passt das denn zusammen oder darf jetzt die Musikindustrie mehr als der Staat?
Der Gesetzgeber hat erkannt, dass es den "Opfern" in erster Linie um die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche geht. Auf der anderen Seite ist "das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner besonderen Ausprägung als
Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität
informationstechnischer Systeme" des Rechtsbrechers. Dieses APR ist so schützenswürdig, dass dagegen nichteinmal die "Sausack-Theorie" (der Sausack, der das Recht bricht, hat auch die volle Härte des Gesetzes zu erfahren) ankommt. Darum der Richtervorbehalt. Dennoch würde es mich wundern, wenn sich das BVerfG mit diesem Gesetz beschäftigen wird, ua darum, weil es schwammig formuliert ist und möglicherweise gegen das Bestimmtheitsgebot verstösst.

Mellops
2008-04-12, 09:03:58
Es wird/wurde in etwa so gemacht: Ein "Detektiv" sitzt vor dem Bildschirm und schaut zu, wie zB ein Film seines Auftraggebers von einem Filesharer heruntergeladen/angeboten wird. Davon macht er ein Foto, auf dem man sieht, was heruntergeladen wird, von wem und mit welcher IP.
Mit diesem Foto als Beweis wird dann eine Strafanzeige erstattet.
Mit dem Foto und der Aussage des "Detektivs", wenn man das als Beweis ansieht, haben sie bewiesen, dass die beschuldigte IP im Besitz einer bestimmten Datei war, eine Verteilung der Datei ist damit nicht nachweisbar.
Ich glaube nicht, dass ein Richter, wegen dieser "Tat", der Besitz urheberrechtlich geschützter Dateien, bei denen der Beschuldigte im Besitz des Originals sein kann, die Herausgabe persönlicher Daten anordnet.
Das ist vermutlich der Grund, warum noch kein Rechteinhaber versucht hat, seinen "Anspruch auf Schadenersatz" vor Gericht geltend zu machen, es ist kein Schaden nachweisbar, einfach eine Fantasie-Zahl anzugeben reicht dort nicht.

tombman
2008-04-12, 09:22:44
Außerdem: wer sagt denn überhaupt, daß der INHALT der Datei dem entspricht was der DateiNAME vermuten läßt?
Müßte man für einen Beweis die Datei nicht effektiv herunterladen und überprüfen, zb durch Anhören/Ansehen oder Installieren?

Grestorn
2008-04-12, 09:32:56
Außerdem: wer sagt denn überhaupt, daß der INHALT der Datei dem entspricht was der DateiNAME vermuten läßt?
Müßte man für einen Beweis die Datei nicht effektiv herunterladen und überprüfen, zb durch Anhören/Ansehen oder Installieren?

Dafür (für Musik) reicht ein kurzer Hashwert, der mit der Datei gegengeprüft wird. Das ist das allergeringste Problem. Natürlich muss der Inhalt der Datei geprüft werden, alleine weil die meisten Dateien heute ja mit verschleiertem Namen verbreitet werden.

deekey777
2008-04-12, 11:09:39
Mit dem Foto und der Aussage des "Detektivs", wenn man das als Beweis ansieht, haben sie bewiesen, dass die beschuldigte IP im Besitz einer bestimmten Datei war, eine Verteilung der Datei ist damit nicht nachweisbar.
Ich glaube nicht, dass ein Richter, wegen dieser "Tat", der Besitz urheberrechtlich geschützter Dateien, bei denen der Beschuldigte im Besitz des Originals sein kann, die Herausgabe persönlicher Daten anordnet.
Das ist vermutlich der Grund, warum noch kein Rechteinhaber versucht hat, seinen "Anspruch auf Schadenersatz" vor Gericht geltend zu machen, es ist kein Schaden nachweisbar, einfach eine Fantasie-Zahl anzugeben reicht dort nicht.
Dieses Foto reicht aus, damit die StA die Provider zur Herausgabe von Daten zwingt, denn es ist schon hinreichender Tatverdacht. Hat man die Daten des "Rechtsbrechers", so war der nächste Schritt, diesen zu besuchen.
Die StA erhebt die Anklage dann, wenn hinreichender Tatverdacht besteht, also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Straftat begangen worden ist, muss über 50% liegen. Und das kann man leichtfertig annehmen, wenn dir so ein Foto oder ein Protokoll vorliegt. Ein P2P-Netzwerk bedeutet grundsätzlich, dass die Datei nicht nur von A heruntergeladen wird, sondern zeitgleich von A für B bereit gestellt wird, der diese dann herunterlädt.
Ob tatsächlich eine Straftat begangen wurde, entscheidet weiterhin der Richter (es sei denn, es wird ein Strafbefehl erlassen).

Spearhead
2008-04-12, 12:18:24
Dafür (für Musik) reicht ein kurzer Hashwert, der mit der Datei gegengeprüft wird. Das ist das allergeringste Problem. Natürlich muss der Inhalt der Datei geprüft werden, alleine weil die meisten Dateien heute ja mit verschleiertem Namen verbreitet werden.

Das gilt aber nur für die Musik die von den Konzernen direkt als Download angeboten wird. Sobald die Dateien gerippt von CD sind, geht das sehr schnell über Bord, bei der Menge an Versionen, Encodern, dazu passenden Einstellungen.... (von irgendwelchen Remixes gar nicht zu reden)

Grestorn
2008-04-12, 12:24:41
Das gilt aber nur für die Musik die von den Konzernen direkt als Download angeboten wird. Sobald die Dateien gerippt von CD sind, geht das sehr schnell über Bord, bei der Menge an Versionen, Encodern, dazu passenden Einstellungen.... (von irgendwelchen Remixes gar nicht zu reden)

Nein, das funktioniert einwandfrei. Jedes Stück lässt sicht auf Grund eines Hashwerts identifizieren, der von einem etwa 10 Sekunden langen, beliebigen Ausschnitt aus dem Stück erstellt wurde.

Ich finde das zwar auch erstaunlich, aber ich weiß dass das funktioniert, weil ich zufällig im Umfeld eines Projekts gearbeitet habe, dass diesen Dienst nutzt um dem Anwender schnell Titel und Interpret anzuzeigen.

Botcruscher
2008-04-12, 12:34:21
Hashwerte haben nur eine hinreichende Sicherheit und die Wahrscheinlichkeit einer Kollision ist garnicht so gering.

Kurz: Es könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Datein sein oder auch eine total andere.

Und das kann man leichtfertig annehmen, wenn dir so ein Foto oder ein Protokoll vorliegt.

Fotos und Protokolle von privaten Ermittlern haben eine Beweiskraft von Klopapier. In 5min macht das jeder Student
mit PS.

Ein P2P-Netzwerk bedeutet grundsätzlich, dass die Datei nicht nur von A heruntergeladen wird, sondern zeitgleich von A für B bereit gestellt wird, der diese dann herunterlädt.


Nein. Die kann auch irgendwo in einen privaten Ordner wandern. Eine pauschale Aussage ist ohne Untersuchung der USersoftware garnicht möglich. Nicht alle stellen zwangsläufig zur verfügung und die leechermods gibts auch noch.
Ein Beweis wäre wenn ein geprüfter Ermittler die Datei auch vom gleich User zieht.

Grestorn
2008-04-12, 12:40:32
Hashwerte haben nur eine hinreichende Sicherheit und die Wahrscheinlichkeit einer Kollision ist garnicht so gering.

Kurz: Es könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Datein sein oder auch eine total andere.

Das bezweifle ich nicht. Was hat das als Argument hier verloren? Es handelt sich ja nicht um einen Beweis, wegen dem man letztlich verurteilt wird. Sondern anhand dessen wird bestenfalls der Rechner des Beschuldigten inspiziert.

Botcruscher
2008-04-12, 12:45:45
Es handelt sich um einen "Beweis" damit man die Staatsanwaltschaft für sich arbeiten zu lassen kann und dann Akteneinsicht zu bekommen.
Die ganzen anderen "Beweise" wie Ausdrucke von osteuropäischen Studenten kommen dann noch dazu.

Grestorn
2008-04-12, 12:54:56
Es handelt sich um einen "Beweis" damit man die Staatsanwaltschaft für sich arbeiten zu lassen kann und dann Akteneinsicht zu bekommen.
Die ganzen anderen "Beweise" wie Ausdrucke von osteuropäischen Studenten kommen dann noch dazu.

Korrekt.

Was passiert denn, wenn Du Deinen missgeliebten Nachbarn anzeigst wegen irgendwas? Zum Beispiel wegen Rauschgift-Dealens?

Botcruscher
2008-04-12, 13:01:59
Ohne gewichtige Anhaltspunkte garnix. Wenn die Polizei zuviel Zeit hat wird der maximal noch befragt und das Ganze dann fallen gelassen.

Liebe Polizei ich hab der nette Osteuropäische Student hat hier auch ein tolles Protokol gemacht.:deal:


Nebenbei weis ich ja ganicht ob es der Nachbar war, es geht ja um den Anschlußinhaber. Ob der Drogen nimmt ist nicht bewiesen auch wenn die Drogen an den Anschluß geliefert worden sind.

Grestorn
2008-04-12, 13:11:03
Ohne gewichtige Anhaltspunkte garnix. Wenn die Polizei zuviel Zeit hat wird der maximal noch befragt und das Ganze dann fallen gelassen.

Genau: Es wird eine Ermittlung gestartet (eine Befragung ist ja nichts anderes). Wenn Du sagst, Du hättest ihn dabei gesehen, wird das wohl auch nicht einfach zu den Akten gelegt. Nur bei anonymen Anzeigen hält man sich da eher zurück, aus nachvollziehbaren Gründen.

puntarenas
2008-04-12, 13:12:06
Dabei sollte aber auch noch bedacht werden, dass die Provider nur dann die IP-Adressen speichern müssen, wenn dieses zur Abrechnung nötig sind. Bei Flatrates ist dies nicht der Fall. Wenn dementsprechende Daten trotzdem gesammelt werden, z.B. von der Telekom, dann sind diese als Beweismittel vor Gericht nicht gültig.
Ich bin kein Jurist, aber soweit ich weiß gilt das nur für das amerikanische Prinzip der "fruit of the poisonous tree". In Deutschland können unrechtmäßig erlangte Beweise wohl dennoch gewürdigt werden: Wikipedia: Früchte des vergifteten Baumes - Systemvergleich (http://de.wikipedia.org/wiki/Früchte_des_vergifteten_Baumes#Rechtslage_in_Deutschland)

Interessant im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch gegen Provider finde ich auch diese Bemerkungen in einem Forenbeitrag bei heise.de von Basis_Demokrat:

Seite 38:
[Von der Schaffung eines allgemeinen Richtervorbehalts sieht der
vorliegende Entwurf jedoch aus mehreren Gründen ab. Wegen einer
Vielzahl von zu erwartenden Auskunftsbegehren würde ein solcher
Richtervorbehalt zu einer sehr hohen Belastung der Gerichte führen.]

Seite 55:
[Der vorgesehene Richtervorbehalt ist abzulehnen. Er ist dem
deutschen Zivilprozess fremd, belastet die Gerichte in hohem Maße und
bürdet den Verletzten erhebliche Kosten auf. Im Regelfall, wenn sich
die Auskunft auf den Namen des Endgerätenutzers bezieht, dem eine
konkrete IP-Adresse zugeteilt war, ist er nicht erforderlich.]

Seite 56:
[Unstreitig unterfällt die Herausgabe von Bestandsdaten nicht dem
Fernmeldegeheimnis und wird daher als problemlos angesehen. Dies gilt
für die Anschrift des Inhabers einer bestimmten Telefonnummer, dies
gilt aber auch für die Bekanntgabe von Namen und Anschrift der
Person, der eine feste, so genannte statische IP-Adresse vom
Internet-Serviceprovider zugeordnet wurde.]
Quelle: bundestag.de (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/050/1605048.pdf)
Meine Interpretation: Mit Hilfe der Unterscheidung von Verkehrs- und
Bestandsdaten soll der Richtervorbehalt unterlaufen werden.

Wenn Du genau hinschaust, dann wirst Du erkennen, daß im Gesetz in
Zusammenhang mit dem Richtervorbehalt immer von "Verkehrsdaten" die
Rede ist.

Fazit: Die Bestandsdaten sollen ohne Richtervorbehalt zugänglich
sein.Quelle: Forumsbeitrag (http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Re-Ist-der-Richtervorbehalt-nun-im-Gesetz-oder-nicht/forum-135479/msg-14725114/read/)

Zugespitzt empfinde ich das als eine Form von Staatsterrorismus. Die Schere im Kopf der Bürger wird verstärkt, egal was auf dem Galopp durch die Instanzen herauskommt. Die Lobby gewinnt indem suggeriert wird, man habe überall Verfolgung und Überwachung zu fürchten, Abschreckung durch Strafandrohung inklusive. Wegen einer Bagatelle wie Urheberrechtsverletzungen im privaten Bereich "Hunter-Killer-Kommandos der Industrie" mit weitreichenden Befugnissen auf freie Bürger loszulassen, geht mir entschieden zu weit.

Strittig scheint ja auch noch die Deckelung der ersten Abmahnung auf 100€ zu sein. Diese fällt ja wohl bei "mittelbarem wirtschaftlichen Vorteil" und
"gewerbsmäßigem Handeln" weg und wir lernen, dass bereits das Anbieten eines "ganzen Albums" oder eines aktuellen Hollywood-Streifens in diese Kategorie gehört.

Insgesamt ist dieses Gesetz IMHO eine Katastrophe für eine freie Gesellschaft. Die Schulhöfe und weite Teile der Bevölkerung werden kriminalisiert, eingeschüchtert und in ihrem Rechtsempfinden beleidigt. Man kann über Urheberrecht im Informationszeitalter sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, aber wesentliche Freiheitsrechte zu beschränken und zu opfern wegen Interessen eines Industriezweigs sollte ein Tabu sein. Dass dies längst nicht mehr so ist, spricht Bände über den Zustand unserer Demokratie, den Rest erledigen Angstmacher wie Schäuble und seine Überwachungsgesetze. :(

Botcruscher
2008-04-12, 14:22:05
Wo leben wir eigentlich?

http://www.heise.de/newsticker/Musikindustrie-kritisiert-Urheberrechtsnovelle--/meldung/106407