PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum finden wir etwas lustig?


Konami
2008-07-12, 00:23:26
Aus irgendwelchen Gründen ist mir gerade diese Frage in den Kopf gekommen.

Wenn man beispielsweise einen Witz hört -- Blondine klettert über Glaswand, oder sonstwas. Das sind ja erstmal völlig fiktionale Dinge/Assoziationen, die für den zuhörenden (und für lustig befindenden) Menschen selbst überhaupt keine Bedeutung haben. Aber trotzdem werden in seinem Gehirn Glückshormone ausgeschüttet, er wird fröhlich, als ob er gerade einen Grund bekommen hätte sich zu freuen, wie bei einem Erfolgserlebnis.

Was ich also nicht verstehe ist: Warum hat das Gehirn überhaupt so eine Funktion, den Menschen bei völlig willkürlichen Geschichten/Vorstellungen zu "belohnen", obwohl das anscheinend überhaupt keinen evolutionären Sinn hat? Und was ist das Muster, nach dem wir Dinge lustig finden?

Gibt es dazu irgendwelche Nachforschungen?

Und dann gleich mal ein eigener Ansatz: Bekanntlich ist ja Schadenfreude die schönste Freude. Ich könnte mir vorstellen, dass das früher Zusammenhalt unter den Menschen schaffen sollte. Man sitzt zusammen am Feuer, erzählt sich von der Blödheit des feindlichen Stamms und lacht gemeinsam darüber, um sozusagen für Teamgeist zu sorgen und sich damit besser zusammen durchsetzen zu können.

Aber es basiert eben doch längst nicht alles, was man lustig findet, auf Schadenfreude, und damit ist meine Theorie weitgehend nutzlos... Also: eure Meinungen? :)

Lyka
2008-07-12, 00:36:04
das normale Lachen ist eine Schreck-Reaktion gewesen, das Lachen aufgrund der Pointe, dh. eine Überraschung tritt auf und aus diesem "Erschrecken für die unlogische Fortführung der Geschichte" wird der Witz :D
Daran merkt man auch Intelligenz, am Begreifen einer Pointe (y)

Konami
2008-07-12, 00:52:13
Hm, leuchtet einigermaßen ein... Und was für einen Sinn hat jetzt die "Freude"?

X-Force
2008-07-12, 03:49:15
lachen ist die reaktion auf etwas unerwartetes, jedenfalls ursprünglich. das passt zum schreck finde ich jedoch nur teilweise. wenn ich mich richtig verjagt habe, hält da eher für eine sekunde die zeit und das herz an und ich kriege keinen ton raus, spricht also gegen schreck... viele frauen neigen zum kreischen. ich habe jedenfalls noch nie jemanden vor schreck lachen gesehen.

je nachdem wie klar man ist verlagert sich der humor und man findet andere sachen witzig

das sind jedenfalls meine erfahrungswerte

vielleicht holt wdragon ja etwas weiter aus und klärt uns richtig auf ?

Börk
2008-07-12, 09:28:43
Hm, leuchtet einigermaßen ein... Und was für einen Sinn hat jetzt die "Freude"?
Belohnung des Körpers für eine bestimmte Aktion/Situation die für uns positiv ist => man wills nochmal machen/erleben.

{655321}-Hades
2008-07-12, 09:37:43
Da hatte ich letztes Semester ein ganzes Seminar drüber, dazu gibt es zig Theorien und so wirklich dicht ist keine davon.

Sigmund Freud z.B. war der Auffassung, dass im Rahmen eines Witzes die psychischen Barrieren, die durch das Über-Ich aufrecht erhalten werden, für einen Moment lang aufgehoben werden und die frei werdende psychische Energie in einem körperlichen Affekt entladen werden muss.

Gibt da ein kleines Reclam-Heft, das viele Theorien einführt und zusammenfasst, wenn es dich interessiert, kannst du es ja mal bestellen, kostet 4 Euro etwa: Texte zur Theorie der Komik.

Konami
2008-07-12, 12:11:17
@ Börk: Ja, weiß ich schon, hab ich auch im Prinzip schon im Eingangsposting geschrieben. Die Frage ist halt nur, warum man da für irgendwas belohnt wird. ;)

@ Hades: Danke, das ist ja schon mal was. Auch wenn Freud im Laufe seines Lebens IMHO auch genug Nonsense geredet hat, dass ich ihn nicht immer so ganz ernstnehmen will. :D (Seine Theorien werden ja inzwischen auch schon oft nicht mehr als "wissenschaftlich" anerkannt, weil sie nicht fundiert genug sind, soweit ich weiß.)

derpinguin
2008-07-12, 13:49:30
ich habe jedenfalls noch nie jemanden vor schreck lachen gesehen.


Weil du noch nie richtig geschockte Menschen erlebt hast. Es kommt durchaus vor, dass Menschen nach schweren Unfällen lachen.

X-Force
2008-07-12, 14:04:22
stimmt, dann hab ich wohl die pointe verpasst nachdem mein schien und wadenbein meine haut durchbohrt haben

Giraffengustav75
2008-07-12, 14:49:30
Weil du noch nie richtig geschockte Menschen erlebt hast. Es kommt durchaus vor, dass Menschen nach schweren Unfällen lachen.
Das ist dann wohl mit dem Schnurren bei Katzen vergleichbar. Die sollen ja anscheinend auch schnurren, wenn sie verletzt sind oder unter extremem Stress stehen, was eine Art Beruhigungsfuntion für sie darstellt.

CrazyHorse
2008-07-12, 14:59:06
Schön ist auch von Helmuth Plessner: Lachen und Weinen (1970).

Da ist auch ein Teil dem Witz und der Komik gewidmet.

Lyka
2008-07-12, 15:03:20
noch nie gelacht, wenn man sich gestoßen hat? Wenn der Musikknochen jubelt^^wenn das Endorphin fließt....

{655321}-Hades
2008-07-12, 15:09:09
Auch wenn Freud im Laufe seines Lebens IMHO auch genug Nonsense geredet hat, dass ich ihn nicht immer so ganz ernstnehmen will. :D (Seine Theorien werden ja inzwischen auch schon oft nicht mehr als "wissenschaftlich" anerkannt, weil sie nicht fundiert genug sind, soweit ich weiß.)

So etwas sagen in der Regel die, die nicht einmal eine einzige Seite von ihm gelesen haben. ;) Mag sein, dass er unter Psychologen mittlerweile als unwissenschaftlich verschmäht ist, aber zu berücksichtigen ist immer, dass er zu einer Zeit lebte, in der es ihm nicht möglich war mit den heutigen technischen Mitteln zu forschen. Psychoanalyse bleibt trotzdem Grundlage zahlreicher Therapiemethoden, auch wenn diese das gerne leugnen.

Ich finde es allerdings schade, dass Freud und die Psychoanalyse immer auf ihre psychologische Seite reduziert werden. Psychoanalyse ist interdisziplinär, und als kulturhermeneutische Methode großartig geeignet.

@Crazy Horse: Der Plessner ist auch in dem Buch drin. Ist aber leider, wie alle Theorien, stark gekürzt.

derpinguin
2008-07-12, 15:10:20
noch nie gelacht, wenn man sich gestoßen hat? Wenn der Musikknochen jubelt^^wenn das Endorphin fließt....
Der Musiknochen ist de Nervus Ulnaris. Nenns lieber Musiknerv.

X-Force
2008-07-12, 15:21:45
ich warte immer noch auf sich kringelnde unfallopfer...leg doch mal ein bild oder video vor pinguin !

derpinguin
2008-07-12, 15:24:57
ich warte immer noch auf sich kringelnde unfallopfer...leg doch mal ein bild oder video vor pinguin !
:| Ich fahre seit knapp vier Jahren Retungsdienst. Believe it or not, es gibt Dinge, zwischen Himmel und Erde, die sind unglaublicher als jede Sci-Fi.

hasufell
2008-07-12, 15:30:12
aber zu berücksichtigen ist immer, dass er zu einer Zeit lebte, in der es ihm nicht möglich war mit den heutigen technischen Mitteln zu forschen.
OT:

ich habe kaum etwas von Freud gelesen und möchte jetzt auch kein bashing daraus machen, aber rein von der Logik der Aussage her möchte ich mal im Interesse erkenntnistheoretischer Meinung ansetzen:
das klingt für mich wie eine Erklärung mangelnder Empirie in seinen Theorien. Kann man davon ausgehen, dass die Möglichkeit technischer Mittel bereits das Vermögen und den Willen diese "empirisch" zu nutzen nach sich zieht?

es gab früher Fälle, wie die theoretischen Überlegungen ob die Welt rund sei und man noch keine konkrete Methode/Technik zur Überprüfung kannte. Und damals gab es "Wissenschaftler", die trotzdem durch ihre Authorität wissenschaftliche Debatten beendeten oder ohne Hand und Fuß Schlussfolgerungen zogen.

Metaphysische Theorien (im Sinne von logischen Konstrukten ohne Empirie-Basis, die aber etwas über die Wirklichkeit aussagen möchten) sind ja das eine, aber wie man sie dann verkauft ist etwas anderes. Und daran lässt sich IMO auch der wissenschaftliche Wille messen.

X-Force
2008-07-12, 16:06:19
ich kann mir ja noch vorstellen, daß man der ironie wegen lacht, aber das der schreck der grund ist glaube ich nunmal nicht

du sprichst vom schreck und bist beim rettungsdienst... wie lange braucht ihr in der regel ? 10min ?!

niemand lacht 10min lang, weil er sich erschreckt hat... nach der zeit sollte man das passierte auf jeden fall geordnet haben, wenn man nicht sowieso schon psychich nicht ganz auf höhe ist.

{655321}-Hades
2008-07-12, 16:15:26
das klingt für mich wie eine Erklärung mangelnder Empirie in seinen Theorien. Kann man davon ausgehen, dass die Möglichkeit technischer Mittel bereits das Vermögen und den Willen diese "empirisch" zu nutzen nach sich zieht?

Nope. Das Problem ist, dass Freud noch nicht ein einziges bildgebendes Verfahren zur Verfügung hatte und die experimentelle Psychologie noch in den Kinderschuhen steckte. Da die Psychologie inzwischen doch arg neurowissenschaftlich orientiert ist und über meiner Meinung nach höchst ominöse statistische Untersuchungen meint, anderen Therapieansätzen höhere Wirksamkeit als Psychoanalyse nachweisen zu können, hassen alle Psychologen, die was auf sich halten, Freud. Ich finde nur spannend dabei, dass z.B. Narrative Gesprächstherapie bei posttraumatischer Belastungsstörung hoch gelobt wird, weil neurologisch nachgewiesen werden kann, wie sich die Hirnwellen normalisieren und die Neuronen sich wieder verknüpfen, die Psychoanalyse jedoch niedergemacht wird, obgleich hinter ihr die selbe Methode steckt. Es stellt sich ja auch keiner für psychoanalytische Theorien ins Labor. Freud hätte das mit Sicherheit getan. Er konnte aber nur das empirische Material nutzen, das er als einziges zur Verfügung hatte, und das waren seine eigenen Patienten. Ja, das ist ein induktives Vorgehen, aber was hätte er auch tun sollen?

Um das mal zu veranschaulichen: Wenn Freud heute in eine Universität gehen würde um sein topologisches Modell des Bewußtseins vorzustellen, würde er vermutlich anfangen mit "Es gibt ein Über-Ich, ein Ich und ein Es."

Der Psychologieprofessor würde den MRT anwerfen und sagen: "Zeigen sie mir mal, wo das leuchtet."

Das ginge vollkommen an dem vorbei, was Freud versucht zu erklären, aber das ist dem Psychologen dabei herzlich egal. Und einen Karl Popper gab es damals übrigens auch nicht, hasufell. :D

Konami
2008-07-12, 17:22:00
So etwas sagen in der Regel die, die nicht einmal eine einzige Seite von ihm gelesen haben. ;) Mag sein, dass er unter Psychologen mittlerweile als unwissenschaftlich verschmäht ist, aber zu berücksichtigen ist immer, dass er zu einer Zeit lebte, in der es ihm nicht möglich war mit den heutigen technischen Mitteln zu forschen. Psychoanalyse bleibt trotzdem Grundlage zahlreicher Therapiemethoden, auch wenn diese das gerne leugnen.

Ich finde es allerdings schade, dass Freud und die Psychoanalyse immer auf ihre psychologische Seite reduziert werden. Psychoanalyse ist interdisziplinär, und als kulturhermeneutische Methode großartig geeignet.
Ich hab auch eigentlich gar nichts gegen die Psychoanalyse, und die Geschichte mit Es, Ich und Über-Ich sagt mir auch zu (BTW wird auch von Neurologen immer mehr herausgefunden, was sich damit perfekt deckt -- und wir wissen schon lange, dass wir einerseits das Bewusstsein in der Großhirnrinde haben, aber andererseits auch noch die alten Triebe im Hypothalamus). Aber wenn ich mir dann anschaue, was der gute Mann auch schon alles über Penisneid und Kastrationsangst erzählt hat (wovon ich ihm einfach kein Wort abnehme), genieße ich seine Arbeit trotzdem lieber mit Vorsicht. ;)

Lokadamus
2008-07-12, 23:13:03
ich kann mir ja noch vorstellen, daß man der ironie wegen lacht, aber das der schreck der grund ist glaube ich nunmal nicht

du sprichst vom schreck und bist beim rettungsdienst... wie lange braucht ihr in der regel ? 10min ?!

niemand lacht 10min lang, weil er sich erschreckt hat... nach der zeit sollte man das passierte auf jeden fall geordnet haben, wenn man nicht sowieso schon psychich nicht ganz auf höhe ist.mmm...

Er meint nicht die Art des Lachens. Pinguin redet von verstörten Menschen nach einem Unfall.

X-Force
2008-07-12, 23:20:09
also eher so grenzdebil, wie man es von leuten in der psychiatrie kennt ?!

komische vorstellung aber das kann ich mir schon eher vorstellen... wie oft kommt sowas vor ?

{655321}-Hades
2008-07-12, 23:24:43
Aber wenn ich mir dann anschaue, was der gute Mann auch schon alles über Penisneid und Kastrationsangst erzählt hat (wovon ich ihm einfach kein Wort abnehme), genieße ich seine Arbeit trotzdem lieber mit Vorsicht. ;)

Das sind halt auch die Themen, bei denen es sogar bei mir aushakt, auch wenn ich bekennender Freudianer bin. Sicher ist an Freuds Theorien nicht alles golden, und Schwachsinn war sicher dabei. Aber ich habe ein Freud-Gesamtwerk in meinem Regal stehen, das hat um und bei 8000 Seiten. Wenn er sich dabei nicht mal grob vertan hätte, wäre er mir vermutlich noch weit suspekter.

Lokadamus
2008-07-12, 23:40:34
also eher so grenzdebil, wie man es von leuten in der psychiatrie kennt ?!

komische vorstellung aber das kann ich mir schon eher vorstellen... wie oft kommt sowas vor ?mmm...

Bei schweren Unfällen sind meistens ein paar Leute geschockt. Der Schock zeigt sich in verschiedenen Formen wie orientierungsloses durch die Gegend gehen, merkwürdiges Lachen oder Hilflosigkeit.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schock <-- 2. Artikel geht knapp auf das Problem ein

Zum Glück hab ich sowas noch nie erleben müssen.

X-Force
2008-07-13, 00:48:02
ja gut, für mich klingt das sehr nach einer psychotischen episode, also lag ich ja gar nicht so verkehrt

Kolos
2008-07-13, 04:28:20
Nach Selbstreflektion scheint es mir, dass ein Mensch über einen Witz oder eine bestimmte Begebenheit (über Menschen) lacht oder sie lustig findet, wenn er bewusst oder unterbewusst reflektierend gut nachvollziehen warum der Betreffende so handelt bzw., seiner eigenen Defizite und Unsicherheit bewusst, die Situation auf sich selber anwenden kann oder sich mit dem betreffenden Menschen in dieser Situation identifizieren kann.
Daher, wenn man über jemanden lacht, lacht man eigentlich oft über sich selber.
Dabei handelt die Thematik meistens über Begebenheiten, die mit der persönlichen Vorstellung von vernünftigem und angemessenem Verhalten oder gesellschaftskomformen Handeln brechen.

Das war jetzt aber vor allem auf witzige Dinge bei Menschen bezogen. Man lacht ja nicht nur über Menschen. Daher muss es auch andere Gründe fürs Lachen geben.

Die Frage warum Menschen lachen können bzw. die Natur dies so wollte und was dabei genau abläuft in unserem Körper ist eine ganz andere.