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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Achtung Kontrolle - gehts noch?


HJS
2009-01-19, 19:53:59
Hallo zusammen,

bin gerade beim durchzappen auf Kabel1 "Achtung Kontrolle" gelandet. Da haben die einen (zu dem Zeitpunkt noch vermeintlichen) Dieb von der Strasse in den Laden gezerrt. Gehts noch? Das Gewaltmonopol liegt (zum Glück!) noch beim Staat, da kann mich doch nicht jeder Honk, der es nicht zur Polizei geschafft hat, von der Strasse zerren. Was ist denn hier los?

Annator
2009-01-19, 19:55:13
Hallo zusammen,

bin gerade beim durchzappen auf Kabel1 "Achtung Kontrolle" gelandet. Da haben die einen (zu dem Zeitpunkt noch vermeintlichen) Dieb von der Strasse in den Laden gezerrt. Gehts noch? das Gewaltmonopol liegt (zum Glück!) noch beim Staat, da kann doch nicht jeder Honk, der es nicht zur Polizei geschafft hat, mich von der Strasse zerren darf. Was ist denn hier los?

Darf er auch nicht. :| Anzeige folgt später.

Butter
2009-01-19, 19:59:33
§ 127 (Vorläufige Festnahme)

(1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist, wenn
er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt
werden kann, jedermann befugt, ihn auch ohne richterliche Anordnung
vorläufig festzunehmen. Die Feststellung der Identität einer Person
durch die Staatsanwaltschaft oder die Beamten des Polizeidienstes
bestimmt sich nach § 163 b Abs. 1.


Die Frage, ob die Festnahmebefugnis der Privatperson davon
abhängt, ob der Betroffene wirklich eine Straftat begangen hat,
oder davon, ob es genügt, daß die erkennbaren äußeren Umstände
einen dringenden Tatverdacht nahelegen, wird in Literatur und
Rechtsprechung unterschiedlich gesehen (ablehn. z. B.
Kleinknecht/Meyer-Goßner, 44. Aufl. 1999, § 127 Rdnr. 4 m. w. H., a. A.
BGH NJW 1981, 745; KK-Boujong, a. a. O., § 127 Rdnr. 7 m. w. H.).
Nach der wohl überwiegenden Auffassung reicht es aus, wenn die
Zusammenschau aller erkennbaren äußeren Umstände im Tatzeitpunkt
nach der Lebenserfahrung im Urteil der Festnehmenden ohne
vernünftigen Zweifel den Schluß auf eine rechtswidrige Tat zulassen.
Ansonsten werde der Zweck des § 127 Abs. 1, die Sicherung der
Strafverfolgung, unvertretbar gefährdet bzw. eingeschränkt (so OLG
Hamm, Beschl. v. 8. 1. 1998 in NStZ 1998, 370).

Die Festnahme ist an keine bestimmte Form gebunden und braucht
keine nähere Begründung, jedoch muß dem Betroffenen erkennbar
gemacht werden, daß es sich um eine vorläufige Festnahme handelt
und welche Tat dazu Anlaß gibt. Aber auch aus dem faktischen
Festhalten des Täters kann sich die Festnahmeerklärung ergeben,
ebenso aus der Aufforderung, zur Polizei mitzukommen oder die
zwangsweise Verbringung zur Polizei.
Der Festnehmende ist berechtigt, bei der Festnahme im Rahmen
des Erforderlichen und unter Beachtung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes physische Gewalt anzuwenden.

drexsack
2009-01-19, 20:02:38
Na das klingt doch gleich ganz anders.

drmaniac
2009-01-19, 21:07:10
da war aber doch auch nochwas...

diese so (von einem privaten Bürger) festgehaltene Person hat das Recht auf Flucht...

wenn derjenige, der sie festhält dabei verletzt wird, ist das nicht unbedingt das Problem der Person die abhauen will...

so einfach war das meines wissens nämlich nicht?

Reine §§§ zu qouten kann für nicht juristen nämlich arg irreführend sein, weil der Text noch Ergänzt wird durch andere §§§

Stormtrooper
2009-01-19, 21:22:30
Interessant wirds auch dann, wenn er nichts gemacht hat und Anzeige wegen Freiheitsberaubung stellt.

basti333
2009-01-19, 21:29:17
da war aber doch auch nochwas...

diese so (von einem privaten Bürger) festgehaltene Person hat das Recht auf Flucht...

wenn derjenige, der sie festhält dabei verletzt wird, ist das nicht unbedingt das Problem der Person die abhauen will...

so einfach war das meines wissens nämlich nicht?

Reine §§§ zu qouten kann für nicht juristen nämlich arg irreführend sein, weil der Text noch Ergänzt wird durch andere §§§


Also reines Paragraphen posten war hier sinnvoller, als einen fernsehbeitrag in zwei absätzen zu erklären, denn aus deiner erzählung geht fast nichts hervor.

Wenn der vermeintliche täter sich bei des vorläufigen festnahme durch einen bürger wehrt und den bürger dabei verletzt, so ist wohl der verdächtige schuld (und auch haftbar denke ich). Vorrausgesetzt der Festnehmer hat sich zu erkennen gegeben und hat den täter nicht einfach kommentarlos über den haufen gerannt. Das betrifft natürlich auch die verhältnismäßigkeit: darf man einen vermeintlichen Schokoladendieb mit einem elektroschocker bearbeiten wenn er sich wehrt? Wohl eher nicht, aber ab wann ist welche gewalt angemessen? Das ist nicht genau festgelegt im gesetz, dafür sind am ende richter zuständig, deshalb ist eine anzeige durchaus möglich, die bedeuted aber nicht mehr, als das sich ein neutraler, halbwegs schlauer mensch den fall anguckt und entscheidet. Dafür sind gerichte da.

Aber soweit ich weiß ist nicht jede gewaltanwndung erlaubt, selbst wenn der dieb in messer zieht darf ich ihn nicht umballern (außer er greift mich damit direkt an), sondern muss ihn laufen lassen. Das betrifft z.B. die arbeit vieler türsteher. Alles nicht ganz so einfach denke ich und selbst an anständiger bürger, der nur helfen will, kann man da wohl recht schnell in die falle tappen. Selbst polizisten dürfen ja nur bei ganz ganz wenigen fällen ihre waffe überhaupt ziehen, geschweige denn gebrauch davon machen.

drmaniac
2009-01-19, 21:52:16
denke ich


soweit ich weiß


danke ;)

.

HAL
2009-01-20, 07:31:10
Tatsache ist, dass der oben zitierte "Jedermann"-Paragraph jedem Bürger das Recht gibt stark verdächtige Personen bis zum Eintreffen der Polizei nötigenfalls mit (allerdings nicht unangemessener) Gewalt festzuhalten (Was unangemessene Gewalt wäre ist dann natürlich eine Einzelfallentscheidung).

Andernfalls wären sämtlichen Ladendetektive nur überflüssiges Beiwerk. Die haben nämlich auch keine polizeilichen Befugnisse (dürfen also z.B. auch keine Durchsuchungen vornehmen - sie dürfen aber fragen und wenn der Betroffene dann seine Taschen freiwillig ausleert.... ;)) sondern arbeiten nur auf Grundlage dieses Paragraphen.

HH2k
2009-01-20, 08:18:32
Richtig, bis zum eintreffen der Polizei oder sonstiger Ordnungsdienste mit entsprechender Gewalt oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Identität der Person geklärt ist. Voraussetzung: Gefahr im Verzug oder Verdunkelungsgefahr. Außerdem ist immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren. Also wenn ein Ladendieb ein Kaugummi mitgehen lässt, ist bei der Wahl der Maßnahmen zum Festhalten dieser Person das Verhältnis zu wahren (also nicht von hinten mit Anlauf in den Rücken springen um den Ladendieb zu stoppen z.B.). So wurde es mir während meiner Dienstzeit bei der Luftwaffe vom Rechtsberater der 4. Luftwaffendivision auf einer "Weiterbildung Recht" irgendwann zwischen 1999 und 2002 beigebracht ...

DraconiX
2009-01-20, 12:28:36
Tatsache ist, dass der oben zitierte "Jedermann"-Paragraph jedem Bürger das Recht gibt stark verdächtige Personen bis zum Eintreffen der Polizei nötigenfalls mit (allerdings nicht unangemessener) Gewalt festzuhalten (Was unangemessene Gewalt wäre ist dann natürlich eine Einzelfallentscheidung).

Andernfalls wären sämtlichen Ladendetektive nur überflüssiges Beiwerk. Die haben nämlich auch keine polizeilichen Befugnisse (dürfen also z.B. auch keine Durchsuchungen vornehmen - sie dürfen aber fragen und wenn der Betroffene dann seine Taschen freiwillig ausleert.... ;)) sondern arbeiten nur auf Grundlage dieses Paragraphen.

Ich würde sowieso warten mit den Taschen entleeren bis die Polizei eintrifft... denn nur dann darf man, solange man nichts geklaut hat, Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung stellen ;)