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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der Vorleser - Winslets Oscarshow


9800ProZwerg
2009-03-09, 15:04:22
Nach Winslets großartiger Performance in "Zeites des Aufruhrs" ist "Der Vorleser" nun die Krönung in Winslets Karriere, wofür sie endlich den Oscar bekommen hat.

"Der Vorleser" ist die Verfilmung von dem gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1995 von Bernhard Schlink.
Erzählt wird die Geschichte von Michael Berg (David Kroos), der sich im Nachkriegsdeutschland (1958) in eine Frau verguckt und mit ihr einer Affäre beginnt, die ein paar Monate anhält. Die Frau, Hanna Schmitz (Kate Winslet) liebt es, wenn Michael ihr aus Büchern vorliest.
Ein paar Jahre später, nach dem sich die Wege getrennt haben, "trifft" Michael im Gerichtssaal wieder auf Hanna, der als Aufseherin im 3.Reich der Prozeß gemacht wird.

Der Film behandelt u.a die Themen "Umgang mit Tätern", "Absolution" und "Analphabetismus".

Es ist ein sehr ergreifender, aber auch sehr schwieriger Film, der einen zum Nachdenken auffordert.
Kate Winslet spielt eine "Täterin", die selber nicht versteht was im 3. Reich, bezogen auf den Holocaust, passiert ist.
Sie erzählt ihre Rolle als Aufseherin dann vor dem Gericht, wie eine Frau die einfach ihren Job so gut wie möglich machen wollte. Kein Gefühl der Reue oder Schuld kommt von ihr rüber. Man baut als Zuschauer nie eine "Wärme" zu Ihrer Figur auf, höchtens zum Ende wo sie sich selber das Lesen beibringt, ganz im Gegensatz zu Michael, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird.
Es ist also ganz klar die Rolle des Michael Bergs, der den Zuschauer eine Nähe zum Film aufbauen lässt. Einen großen Verdienst dafür gebührt David Kroos, der sensationell agiert.
Unglaublich wie der junge Bube zusammen mit der Hollywood Größe Winslet u.a. solche Sexszenen meistert. Er verleiht der Figur Tiefe, und sein innerer Kampf mit Moral und der Frage nach Gerechtigkeit, wird deutlich herausgearbeitet.
Da der Film in Rückblenden erzählt wird, ist Ralph Fiennes Michael Berg in älterem Alter. Fiennes Mimik lässt den Zuschauer die innere Leere Bergs spüren. Leere, da er den inneren Kampf nie beendet hat, und ein Gefühl der Einsamkeit übrig geblieben ist.

Der Film hat mich beeindruckt. Lässt mich nicht los und daher ist es auch schwierig was dazu zu schreiben.

Von mir 8.5/10

Monger
2009-03-09, 22:53:58
Ich komm grad aus dem Kino raus, und bin noch ganz schön wacklig auf den Beinen. "Der Vorleser" fängt ganz harmlos an, führt einen behutsam an dieses ungewöhnliche Pärchen ran - und wühlt dann ganz fies in der Magengrube rum, und lässt nicht mehr los.

Irgendwann mal tut es einfach nur noch brutal weh, sich das anschauen zu müssen. Und das, obwohl die Bilder nichts dramatisches zeigen: visuell wird der Schrecken allenfalls angedeutet, aber nie gezeigt.

Ich kannte das Buch nicht, und war deshalb vom Ende noch ganz besonders geschockt. Mag sein, dass man darauf besser gefasst ist wenn man das Buch schon kennt. Aber Kate Winslet spielt zweifellos die Rolle ihres Lebens - absolut verdienter Oskar!

Ein schöner Film, ein romantischer Film, ein trauriger Film... er zerreisst einen moralisch, und lässt einen dann einfach in der Luft stehen.

Davon abgesehen: nicht nur eine gute Idee, sondern auch gut verpackt. Ein sehr detailgetreues Nachkriegsdeutschland, jede Menge hervorragender Schauspieler, ein stimmiger Soundtrack.

Ich kenne keinen Film der das Thema je besser angegangen wäre. Volle 10 von 10 Punkten von mir.

9800ProZwerg
2009-03-09, 23:43:35
Eine meiner Lieblingsszenen war Michaels Besuch in Auschwitz.
Obwohl man selber die Bilder kennt, war es sehr eindringlich "zusammen" mit Michael Auschwitz neu zu entdecken und zu fühlen. Sehr schön umgesetzt.
Des Weiteren hat mir die Rolle von Bruno Ganz gefallen, vor allem die Szene bei der mit den Studenten über Moral und Gesetz diskutiert wird.

alfonso38
2009-03-17, 12:32:47
Ich habe das Buch (http://www.amazon.de/Vorleser-Bernhard-Schlink/dp/3257060653/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1239004584&sr=8-2) schon vor einigen Jahren gelesen und fand es wirklich toll! Den Film habe ich noch nicht gesehen. Da ich aber nächste Woche ein Date (http://www.amica.de/liebe-psychologie/liebe-sex/tid-3262/flirt-locations-single-treff-de-luxe_aid_7107.html) mit einer netten Bekanntschaft habe und sie ins Kino einladen will, habe ich an diesen Film (http://www.edarling.de/single-news/alles-nur-gespielt) gedacht. Was meint ihr dazu? Ist das ein guter Film für ein Date? Bin für euren Rat dankbar!

pubi
2009-03-17, 12:37:12
Ich fand den Film nicht sehr gut. Es gibt einige Änderungen gegenüber dem Buch, inklusive komplett fehlenden Schlüsselszenen, der zwischenmenschliche Part ist zwar gut gespielt, aber viel zu vernachlässigt und somit verkommt das ganze zu einem recht seichten Justizdrama mit erhobenem Holocaust-Zeigefinger. Das Buch fand ich zwar auch nicht allzu grandios, aber der Film kommt da IMO einfach überhaut nicht ran. Irgendwie hat man das Gefühl, der Film versucht zwanghaft sich mit "Klasse" abzusetzen, wirkt im Endeffekt aber nur pseudo-intellektuel und -philosophisch, weil einfach die Substanz fehlt.

Ich glaube, dem Film hätten 30-60 Minuten mehr eindeutig gut getan.

3/10 Büchern

registrierter Gast
2009-05-05, 19:25:58
Ich verstehe nicht, wieso er ihr nie zurück geschrieben hat. ;( Immer nur die Kassetten. Er liebte sie doch auch nach all den Jahren noch.
Oder schon vorher. Spätestens bei ihrer Schriftprobe vor Gericht hätte ich an Michaels Stelle doch irgendetwas getan. ;(

Habe den Film mit meiner Mutter gesehen und sie meinte anschließend, für Michael war sie die wahre Liebe. Ich hingegen empfinde es genau anders herum. Er war zu hin- und her gerissen. Für sie, in ihrer naiven Sicht, war Er das Schönste, was ihr je in ihrem Leben passiert ist.


Ansonsten kann ich mich Monger nur anschließen, ebenso in der Bepunktung. Die Geschichte mit seiner Familie und seinem Vater kam allerdings zu kurz.

Deathrid3r
2009-05-05, 20:48:00
6/10 Büchern

Film ist zwar solide, aber Buch ist um Laengen besser. Schriftstellerischer Stil, zwischenmenschlich, und paar Kleinigkeiten.

MarcWessels
2010-12-29, 02:44:14
8/10

Ich fand es tragisch, dass sie aus lauter Scham zu einer so langen Haft verurteilt wurde, statt derjenigen Aufseherin, die damals tatsächlich die Befehlsgewalt innehatte. Wäre sie keine Analphabetin gewesen, hätte sie bei Siemens Karriere gemacht und wäre nie bei der SS gelandet.