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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Chernoff Gesichter


Baalzamon
2009-03-19, 11:26:11
Vor kurzem habe ich Blindflug von Peter Watts gelesen und ziemlich gegen Ende kam eine (von sehr vielen1) sehr schönen Ideen in dem Roman vor, nämlich Chernoff Gesichter (http://en.wikipedia.org/wiki/Chernoff_face).

Die Idee ist so simpel wie genial: Daten werden nicht als Zahlenreihen repräsentiert sondern als Gesichter, d.h. verschiedene Variablen werden auf verschiedene Gesichtspartien 'gemapped'.

Man macht sich also die Eigenschaft, bzw die Spezialisierung des menschlichen Gehirns der Gesichtserkennung zunutze um komplexe Daten 'auf einen Blick' differenzierbar zu machen.

Ich hatte bis dato noch nichts davon gehört und fand das so faszinierend und gleichzeitig einleuchtend das ich euch das nicht vorenthalten wollte. ;)

Ich frage mich, warum sowas nicht viel häufiger eingesetzt wird?

1Wer sich für Hard-SF und Bewusstsein, Geist, Wahrnehmung usw. interessiert, dem kann ich diesen Roman nur wärmsten empfehlen.

Trap
2009-03-19, 13:05:23
Die Nachteile davon sind:
a) die Anzahl der Attribute ist beschränkt
b) die Anzahl der gleichartigen Attribute ist sehr stark beschränkt (1-2)
c) Vergleich von unterschiedlichen Attributen ist schlecht möglich
d) absolute Werte kann man kaum ablesen

Grundsätzlich ist es schon eine sinnvolle Technik, nur ist der Anwendungsbereich ziemlich eng gefasst. Man braucht eine kleine Anzahl an Attributen, davon nur ganz wenig gleichartig, es sollte wichtige und eher unwichtige Attribute geben und man braucht eine Vorverarbeitung, die zuverlässig Absolutwerte in einer Skala mit wenigen eindeutig unterscheidbaren Werten sinnvoll unterbringt.

Alternativen zu den Chernoff Gesichtern sind meist irgendwelche Rechtecke aus mehreren einzelnen Blöcken. Jedes Attribut wird auf einen der Blöcke abgebildet und der dann entsprechend eingefärbt. Braucht etwas Übung bis man das schnell lesen kann, dafür kann man die Anzahl der Attribute frei wählen und kann auch viele gleichartige Attribute haben.

Datenvisualisierung ist ein interessantes Thema wenn man sich erstmal über Balken- und Kuchendiagramme hinauswagt. Eine noch relativ einfache, aber sehr wirkungsvolle Visualisierung für Zeitreihen ist ein animiertes Scatterplot, z.B.: http://www.gapminder.org/videos/

Ich würde auch gern mehr hilfreiche Visualisierungen von Daten sehen, aber die Medien trauen sich ja nicht mal Scatterplots zu zeigen. Stattdessen werden irgendwelche Zahlenwüsten in Tabellen gedruckt, die einem absolut nichts bringen, weil man daraus unmöglich irgendwelche Zusammenhänge erkennen kann.

huha
2009-03-19, 14:39:35
Es ist außerdem nur dann sinnvoll, wenn man irgendeinen vernünftigen Bezug zu Menschen herstellen kann. Ich fände es zumindest sehr irritierend, wenn eine Meereskarte mit Statistiken zu Algen- oder Fischpopulationen mit verschiedenen Gesichtern zugepflastert wäre. ;)

Ein durchaus ordentliches Beispiel ist dieses Bild zu Wohngegenden in Los Angeles:

http://go.owu.edu/~jbkrygie/krygier_html/geog_353/geog_353_lo/geog_353_lo11_gr/turner_chernoff.jpg

Da wird auch ohne Erklärung sofort klar, wo die besseren und wo die schlechteren Wohngegenden sind.

-huha

Trap
2009-03-19, 15:06:45
Ich fände es zumindest sehr irritierend, wenn eine Meereskarte mit Statistiken zu Algen- oder Fischpopulationen mit verschiedenen Gesichtern zugepflastert wäre. ;)
Ich nicht, hab zu viel japanisches Zeug gesehen um mich davon irritieren zu lassen. In Japan gibt es nichts was nicht mit Gesicht und Sprechblase irgendwo auftaucht: Rettiche, Algen, Teekannen, Autos, Wolken, Katzen, Bäume...

Das Beispiel mit der Karte ist sehr gut. Leider sieht man so etwas viel öfter mit Zahlen in der Karte oder als mehrere Karten mit Farben, in beiden Fällen kann man die Situation nicht auf einen Blick erkennen.