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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage zur Beobachtung des Universums


Didi Bouzul
2009-04-28, 22:43:50
Je weiter Objekte vom Beobachter entfernt sind, desto länger braucht das Licht dieses Objektes (man nehme an, es sei eine Lichtquelle), um ihn zu erreichen. Mithilfe Hochleistungs-Teleskopen ist es möglich, Objekte zu beobachten, die Abermilliarden von Lichtjahren von der Erde entfernt sind. Das heißt, dass Gebilde sichtbar sind, die aus einer Zeit stammen, als das Universum noch sehr jung war, sagen wir 800 Millionen Jahre alt - das Licht des Gebilde braucht seine Zeit, um zum Beobachter zu gelangen.
Wenn man nun von einem Urknall ausgeht, also von einem Punkt, von dem aus sich Materie kugelförmig ausbreitet (Das Bild des immer weiter aufgeblasenen Luftballons drängt sich auf), könnte man einfach annehmen, das sich unsere Galaxie genau entgegengesetzt von diesem Gebilde relativ zum Ursprungspunkt ausdehnt - eben sehr weit entfernt.
Frage 1) Die Galaxien fliehen langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit auseinander. Wie kann es sein, das wir das Gebilde in einem Stadium sehen, als es sich noch viel näher an unserer Galaxie befand? Dieses Licht sollte doch schon längst an uns "vorbeigezogen" sein.
Frage 2) Wenn man trotz des ersten Einwandes immer früher in die Universumsgeschichte schauen kann, dann muss es doch auch möglich sein, irgendwann den Urknall zu sehen...:eek:.
Frage 3) Müsste nicht auch die Hintergrundsstrahlung (der "Nachhall" des Urknalls) irgendwann an uns vorbeigezogen sein? Oder wird sie vielleicht irgendwo reflektiert.

Obwohl ich naturwissenschaftlich gebildet bin, kenne ich mich in Astrophysik leider überhaupt nicht aus, daher diese komischen Fragen. Ich hoffe die Einsteins des Forums erbarmen sich meiner. :)

Stax
2009-04-28, 23:05:37
1 und 3: kapier ich auch nicht.

2: Stichwort Rekombination:

(wiki)

Hintergrund

Die Ionisierung ist eine Ladungstrennung und erfordert Energie (hohe Temperaturen, Lichtquanten oder Stoßionisation durch andere Teilchen usw.). Bei der Rekombination wird diese Energie wieder abgegeben. Dies kann durch Strahlungsaussendung oder Energieübergang an andere Teilchen oder Gitterschwingungen (akustische Phononen) erfolgen.

Man vermutet, dass etwa 400.000 Jahre nach dem Urknall die Temperatur des Universums soweit sank (einige 1000 K), dass die freien Elektronen mit den Protonen rekombinieren konnten. Es bildeten sich die ersten neutralen Atome. Aufgrund dieses Prozesses gab es immer weniger freie Ladungsträger, an denen die elektromagnetische Strahlung des Universums absorbiert wurde und das Universum wurde transparent. Die Strahlung aus dieser Zeit kann noch heute als kosmische Hintergrundstrahlung nachgewiesen werden.

d.h. vor der Rekombination war das Universum einfach undurchsichtig. Man kann daher nur bis ca. 400.000 Jahre nach dem Urknall zurückschauen.

Spasstiger
2009-04-28, 23:36:59
Du hast ein leichtes Verständnisproblem mit der Ausdehnung der Raumzeit. Ich glaube, du interpretierst das Ballonmodell falsch. Die Raumzeit ist in der Analogie nur die zweidimensionale Oberfläche des Luftballons und nicht dessen Volumen.

Zu 1.) Angenommen, das betrachtete Objekt blinkt. Uns erreichen dann immer wieder Lichtblitze von diesem Objekt. Wenn sich der Raum ausdehnt, überlagert sich die Bewegung des Lichtblitzes mit einer scheinbaren Bewegung in die Gegenrichtung, weil sich auch der Raum zwischen dem Lichtblitz und uns ausdehnt. Effektiv scheint der Lichtblitz also langsamer zu sein als Lichtgeschwindigkeit.

Zu 2.) Der Urknall war überall und die Hintergrundstrahlung ist das, was wir vom Urknall sehen können und sehen.

3.) Man geht davon aus, dass das Universum endlich ist (aber unbegrenzt). Deshalb verschwindet die Hintergrundstrahlung auch nicht. /EDIT: Ok, dass das Universum endlich ist, setzt die ganze Diskussion ja schon voraus. Schau zu 3.) lieber die Antwort von Monger an, die trifft eher den Kern. ;)

Monger
2009-04-28, 23:40:28
Wenn man nun von einem Urknall ausgeht, also von einem Punkt, von dem aus sich Materie kugelförmig ausbreitet

Das tut er übrigens mit hoher Sicherheit nicht. "kugelförmig" ist hier das falsche Wort. Eine Kugel suggeriert, dass es einen Mittelpunkt gibt von dem alles wegfliegt. Das ist aber nicht der Fall.


Frage 1) Die Galaxien fliehen langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit auseinander.

Nein, tun sie nicht. Der Raum dehnt sich überall gleichzeitig. Ab einer gewissen Entfernung ist die Dehnung des Raumes insgesamt gesehen (aus unserer Perspektive natürlich) größer als Lichtgeschwindigkeit - alles dahinter ist "schwarz", weil uns das Licht niemals erreicht. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb das Universum überhaupt einen schwarzen Hintergrund hat.


Frage 2) Wenn man trotz des ersten Einwandes immer früher in die Universumsgeschichte schauen kann, dann muss es doch auch möglich sein, irgendwann den Urknall zu sehen...:eek:.

Jepp, das tun wir ja auch. Die kosmische Hintergrundstrahlung (http://de.wikipedia.org/wiki/Kosmische_Hintergrundstrahlung) ist im Grunde ein Echo des Urknalls - nur halt auseinandergezogen wie Kaugummi, weil der Raum damals viel kleiner war.


Frage 3) Müsste nicht auch die Hintergrundsstrahlung (der "Nachhall" des Urknalls) irgendwann an uns vorbeigezogen sein? Oder wird sie vielleicht irgendwo reflektiert.

Denkfehler! ;) Wir sind genau an dem Punkt wo der Urknall passiert ist! Der Urknall hat den gesamten damaligen Raum erfüllt (Kunststück, war ja schließlich winzig klein), und daraufhin ist der Raum selbst expandiert. Hätten wir damals ein Koordinatensystem von 0 bis 1 anlegen können für den gesamten Raum, würden wir uns heute immer noch innerhalb dieses Bereiches befinden.

Der Urknall war keine Explosion im eigentlichen Sinne. Das vermittelt den Eindruck, dass es so etwas wie eine Druckwelle gegeben hat, weil irgendwas explodiert ist. Das ist nicht richtig.
Der Raum selbst ist expandiert, und hat alles auseinandergezogen was in ihm steckte. Somit ist die Hintergrundstrahlung überall im gesamten Universum (ziemlich) gleichmäßig verteilt. Diese gleichmäßige Ursuppe ist halt irgendwann mal geklumpt, und hat sich zu Gaswolken und Galaxien zusammengezogen. Deshalb sind auch die Galaxien im Universum auffallend gleichmäßig verteilt.

Zool
2009-04-29, 08:24:00
Selbst mit theoretischen Superteleskopen könnte man maximal bis in die Zeit ca. 300.000 Jahre nach dem Urknall zurückschauen (Beginn der Hintergrundstrahlung). Vor diesen Zeitraum war das Universum intransparent und es gab keine Entkopplung von Strahlung und Materie. Erst danach hatten wir unser "klassisches" baryonisches Universum. Seit dem ist auch eigentlich nichts mehr passiert als Verklumpung von Materie, Abkühlung und Expansion.

G.A.S.T.
2009-04-29, 12:09:33
Nein, tun sie nicht. Der Raum dehnt sich überall gleichzeitig. Ab einer gewissen Entfernung ist die Dehnung des Raumes insgesamt gesehen (aus unserer Perspektive natürlich) größer als Lichtgeschwindigkeit - alles dahinter ist "schwarz", weil uns das Licht niemals erreicht. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb das Universum überhaupt einen schwarzen Hintergrund hat.

Was bedeuten würde, dass es dahinter noch einiges an Materie (Sterne, usw.) gibt

ngl
2009-04-29, 15:27:24
Frage 2) Wenn man trotz des ersten Einwandes immer früher in die Universumsgeschichte schauen kann, dann muss es doch auch möglich sein, irgendwann den Urknall zu sehen...:eek:.


Leider können wir nur bis 100.000 Jahre nach den Urknall reinschauen. Vorher war das Universum undurchsichtig, da die herrschende Strahlung mit den freien Ladungen wechselwirkte. Damals war einfach das Universum noch zu heiss.
Ansonten wie Monger schon gesagt hat: Im elektromagnetischen Sprektrum können wirs sehen.

Monger
2009-04-29, 15:44:56
Was bedeuten würde, dass es dahinter noch einiges an Materie (Sterne, usw.) gibt

Ganz genau. Wir sehen nur einen Ausschnitt des Universums, aber nicht alles.

IVN
2009-04-29, 17:20:01
Ganz genau. Wir sehen nur einen Ausschnitt des Universums, aber nicht alles.
Und wieso gilt es dann als sicher, dass das Universum nur ~13 Mrd. Jahre alt ist?

sei laut
2009-04-29, 18:20:41
Und wieso gilt es dann als sicher, dass das Universum nur ~13 Mrd. Jahre alt ist?
Ist doch gar nicht sicher. Man hat nur bisher nichts gesehen, was älter ist. So habe ichs verstanden.

vinacis_vivids
2009-04-29, 19:32:47
Ist doch gar nicht. Man hat nur bisher nichts gesehen, was älter ist. So habe ichs verstanden.

Jupp, man hat nichts was weiter entfernt ist als 12,9 Millarden Lichtjahre bisher entdeckt bzw. gesehen bzw. sehen können.

The_Strip
2009-04-29, 20:05:53
Leider können wir nur bis 100.000 Jahre nach den Urknall reinschauen.Was denn nun? Hier im Thread werden 100.000, 300.000 und 400.000 Jahre genannt, Wikipedia sagt mir ebenfalls 400.000 Jahre, was stimmt denn jetzt?

aRKeycH
2009-04-29, 20:08:32
Ich glaube wenn man bedenkt wie alt es im wesentlichen ist, das man wohl mit 200k-500k noch gut drinn liegt. ;)

Edit: gelesen hab ich aber auch desöfteren ca. um die 300k.

kiX
2009-04-29, 20:28:42
Jupp, man hat nichts was weiter entfernt ist als 12,9 Millarden Lichtjahre bisher entdeckt bzw. gesehen bzw. sehen können.
Darüber bestimmt man aber nicht das Alter.
Das Alter des Universums wird zZ über Extrapolation der Expansionsrate und anhand von Masseverteilungen bestimmt.
Dazu kann man sich auf den Wikipedia-Artikel anschauen, der ist jedoch nicht SO sehr mit Infos gefüttert.

ngl
2009-05-03, 04:39:17
Was denn nun? Hier im Thread werden 100.000, 300.000 und 400.000 Jahre genannt, Wikipedia sagt mir ebenfalls 400.000 Jahre, was stimmt denn jetzt?

Da musste ich auch erstmal nachschauen. Ich war mir mit 100.000 Jahren ziemlich sicher. Eine BBC Horizon Doku spricht auch von 100.000 Jahren.
Harald Lesch im Gegenzug sagt 300.000 Jahre. Auch habe ich nach Harald Lesch doch einiges falsch verstanden, daher hier einen Link um das Halbwissen aufzuräumen:
http://www.br-online.de/br-alpha/alpha-centauri/alpha-centauri-big-bang-2001-ID1208425043440.xml

Gott segne BROnline :)

Didi Bouzul
2009-05-03, 16:16:32
Danke für diesen wertvollen link. Wir sind - wie die Hintergrundsstrahlung - im (gewachsenen und in die Jahre gekommenen) Urknall, wir sind ein Teil von ihm. Trotzdem ist es schwer nachzuvollziehen, weil hier jegliche Analogiebildung versagt. Man kann dem Laien nur zeigen, wie es nicht ist.