PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hochtemperaturreaktor


Panasonic
2009-07-24, 20:22:13
Nach den massiven Schwierigkeiten (http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk_THTR-300#Probleme_und_Stilllegung) im THTR-300 (der nur 10 Monate im kommerziellen Betrieb gefahren werden konnte), scheint es auch im AVR Jülich große Probleme gegeben zu haben, die erst beim gegenwärtigen Rückbau an die Öffentlichkeit gelangen. Dazu heute ein Artikel auf Spiegel Online.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,637916,00.html

Wenn man sich alle die Probleme, Unfälle, Zwischenfälle usw. anschaut, dann kann nur noch ein bezahlter Lobbyist die Meinung vertreten, Kernkraft sei sauber und sicher. Und besonders interessant finde ich, dass die deutschen "Kugelhaufenreaktoren", die ja so unglaublich sicher sein sollen, besonders große Probleme verursacht haben.

2L4Y
2009-07-24, 22:17:56
Wenn die demnächst alle mit Elektroautos durch die Gegend fahren wollen frage ich mich wo soll der Strom herkommen?
Frisch importierter Strom aus der Ukraine wird es sein, bis eine bezahlbare Lösung kommt.

Uran ist zum glück nicht unbegrenzt auf der Welt.

Solange werden wir alle mit der Ungewissheit leben müssen und das kann überall auf der Welt zu einem GAU kommen zu jeder Zeit vielleicht demnächst sogar in deiner Nähe.

Und wegen dem Atommüll, mach dir keine sorgen es wärmt dein Arsch von unten.:ass:

Chemiker
2009-07-25, 11:49:38
Man sollte etwas weniger übertreiben...

Dieser Bericht ist keineswegs unumstritten. Wie auch in dem Artikel erwähnt wurde, handelt es sich um einen experimentellen Reaktor wo man eben auch testweise extreme Bedingungen eingestellt hatte. Ob es da wirklich das Risiko einer großen Katastrophe gegeben hat ist imho unklar. Kernkraft weckt bei vielen Menschen starke Emotionen und auch in der Wissenschaft gibt es leider einen Trend Ergebnisse zu übertreiben. Da wird aus einer Wahrscheinlichkeit von 0,0001%, dass es zu einem schweren Störfall hätte kommen können dann "haarscharf an der Katastrophe vorbei" in den Medien.
Ganz offenbar wurden Fehler gemacht, ganz offenbar ist manches schiefgegangen. Die Kontamination mit radioaktivem Strontium z. B. hätte nicht passieren dürfen. Das Ding wurde eben auch in Zeiten betrieben, als man weniger wusste und wohl auch weniger aufmerksam den Gefahren gegenüber war...

Dennoch Forschungsreaktoren im Allgemeinen sind wichtig für die Wissenschaft und zwar in diversen Forschungsgebieten. Z. B. lässt sich über Netronenstreungsexperimente viel über Strukturen von und Dynamik in Festkörpern herausfinden (das ist z. B. auch interessant für die Entwicklung neuer Li-Ionen-Akkus nebst allgemeiner Materialforschung mit ihren manigfaltigen Anwendungen und anderen Gebieten). Und dafür braucht es eben auch kleine Reaktoren.

An und für sich ist auch die Energieerzeungung mittels der Nutzung der Kernspaltung eine tolle Sache. Keine Emissionen, hohe Energiedichte, relativ einfach. Wenn da nur nicht das Problem eines möglichen Unfalls mit seinen möglicherweise sehr problematischen Folgen und noch mehr das Problem der sicheren Endlagerung wäre.
Könnte man Unfälle garantiert ausschließen (und das wäre nötig angesichts der Folgen), oder die Folgen dieser Unfälle stark verringern (man baut die Dinger z. B. in einen großen Felsen ein, wo selbst ein Reaktorbrand keine problematischen Folgen hätte), könnte man das Problem der sicheren Endlagerung über Millionen Jahre lösen (ich wüsste nicht wie, allenfalls mit extremem Aufwand) und würden die Verwendung von Brütern laufen wäre das schon eine tolle Sache... ;)

Tatsache ist allerdings, dass Großkraftwerke auch so Probleme mit sich bringen. Das Kernkraftland Frankreich musste meines Wissens nach so manchen Sommer Strom importieren, da es zu wenig Kühlwasser für die Kraftwerke gab.
Auf lange Sicht kommt man eh an den erneuerbaren Energien einfach nicht vorbei.

Panasonic
2009-07-25, 13:24:12
Mir persönlich geht es überhaupt nicht darum, ob es fast zu einem Super-GAU gekommen wäre oder nicht. Es gab weltweit schon so viele schwere und schwerste Zwischenfälle, dass ich für meine Argumentation keinen weiteren Super-GAU oder GAU benötige.

Für mich sind die Ergebnisse in Jülich katastrophal. Ebenso wie die beim THTR-300, dem direkten Kind aus Jülich. Wenn ich mir dann noch die aktuellen Ereignisse in der Asse II ansehe, dann frage ich mich, wie man die Kernkraft noch weiter mit den oben erwähnten Platitüden zurecht lügen kann.

Philipus II
2009-07-25, 13:29:10
Graphitmoderierte Reaktoren haben unabhängig von fehlerhafter Bedienung, baulichen und konstruktiven Mängeln einen weiteren Nachteil:
Im Gegensatz zu wassermoderierten Reaktoren können sie ähnlich zum Reaktor in Tschernobyl ausser Kontrolle geraten.
Überhitzt ein wassermoderierter Reaktor, verdampft das Wasser und das Moderationsmittel fehlt.
Für eine weitere Fortsetzung der Kettenreaktion stehen dann immer weniger thermische Neutronen zu Verfügung, während schnelle Neutronen weniger zur Spaltung geeignet sein.
Die Kettenreaktion wird unterbrochen- vollkommen unabhängig von Sicherheitstechnik.
Die bis zum Abbrechen der Kettenreaktion freigesetze Wärme und die Nachwärme sind natürlich auch problematisch (drohendes Schmelzen!), aber eine ganz andere Klasse als eine anhaltende, ausser Kontrolle geratene Kettenreaktion, die in einem graphitmoderierten Reaktor grundsätzlich möglich ist. In einem guten wassermoderierten Reaktor ist die Kontamination selbst im Falle eines GAU auf den Reaktordruckbehälter beschränkt, während bei einem graphitmoderiertem Reaktor das Risiko weit höher ist...

Allein daher halte ich graphitmoderierte Reaktoren für äusserst problematisch.

Panasonic
2009-07-25, 13:33:06
Das kann nicht ganz richtig sein. Für Druckwasserreaktoren gibt es offizielle Brechnungen, die den Bruch des Containments nach einer Kernschmelze vorraussagen. In Krümmel liegt die Spanne zum Beispiel zwischen 7-21 Stunden.

Philipus II
2009-07-25, 14:11:24
ersetze gut durch perfekt, dann stimmts:wink:
Nach Wikipedia soll beim neuen europäischen Druckwasserreaktor eine Kernschmelze auf das Reaktorgebäude beschränkt sein. Das Containment wird weiter verbessert und eine Keramikwanne an der Unterseite hinzugefügt.

Aber selbst wenn das Containment bricht: Im vergleich zu Tschernobyl ist das immernoch lokal begrenzt.

Panasonic
2009-07-25, 14:12:23
Ja, ganz lokal auf Hamburg begrenzt, um mal bei Krümmel zu bleiben.

Nach einer 1995 von der Umweltbehörde in Auftrag gegebenen Studie müssten bei einem GAU in Krümmel 1,2 Millionen Hamburger evakuiert werden. Mehr als 20000 Menschen allein in Hamburg würden sterben. Q (http://archiv.mopo.de/archiv/2009/20090711/hamburg/politik/der_atomare_wasserkocher.html)

Sehr lustig.

Sailor Moon
2009-07-25, 16:02:06
Aber selbst wenn das Containment bricht: Im vergleich zu Tschernobyl ist das immernoch lokal begrenzt.
Der Graphitbrand war für die nähere Umgebung letztlich ein Glück (ich denke besonders an Prypiat), da viel Material hoch ausgetrieben wurde. So haben wir zwar alle "was davon gehabt" und insbesondere Weißrußland hat stark gelitten, aber ohne Graphitbrand wären die Folgen in der 30km Zone deutlich schlimmer gewesen.

Nach Wikipedia soll beim neuen europäischen Druckwasserreaktor eine Kernschmelze auf das Reaktorgebäude beschränkt sein. Das Containment wird weiter verbessert und eine Keramikwanne an der Unterseite hinzugefügt.
Es gibt im Rahmen einer Kernschmelze Abläufe, die nicht wirklich berechenbar sind. Ich bin sowieso kein Freund des EPR (der auch viele Konvoi Anleihen hat), aber den Core-Catcher würde ich, das soll keine Panikmache sein, nicht als erhebliches Sicherheitsplus bezeichnen. Ein Containment hätte in Tschernobyl sowieso gar nichts verhindert, zudem verfügte, das wird immer wieder unterschlagen, dieser RBMK über einen partiellen Sicherheitseinschluß mit Naßkondensator im unteren Teil der Anlage.

Allein daher halte ich graphitmoderierte Reaktoren für äusserst problematisch.
Der RBMK hat in der üblichen Störfallszenarien höhere Sicherheitsmargen als die gängigen Druck-/ Siedewasseranlagen mit hoher Leistungsdichte. Ironischerweise gerade in dem Szenario, dass in Tschernobyl mit dem Test durchgespielt werden sollte (KM-Verlust bei gleichzeitigem Station Blackout). Immer und immer wieder wird der RBMK verteufelt und muß gerade der deutschen Atomlobby für Vergleiche herhalten, die absolut inkorrekt sind. Damit ist unbenommen, dass es auch Nachteile (der riesige Kern ist z.B. überwachungstechnisch eine Herausforderung, Inhomogenitäten müssen sicher erfaßt werden können) oder ganz generelle Risiken gibt (die alle Anlagentypen betreffen) - und natürlich auch soetwas wie die Sicherheitskultur hineinspielt. Rußland hatte lange Zeit mit dem MKER einen RBMK Nachfolger in Planung (http://www.nikiet.ru/eng/structure/presstube.html), auch lange nach der Tschernobyl-Havarie.

Im Gegensatz zu wassermoderierten Reaktoren können sie ähnlich zum Reaktor in Tschernobyl ausser Kontrolle geraten.
Wichtig ist, ich hatte es in einem Nebenthread schon erwähnt, was hinten rauskommt. Über nichts gibt es mehr Fehlinformationen, als über den positiven Void-Effekt des RBMKs (der schon in Anlagenauslegungen vor 1986 nicht immer positiv war).

Es muß also in jedem Betriebszustand genügend negative Reaktivität zugeführt werden können. Ein hoher, positiver Voideffekt ist da natürlich nicht hilfreich, aber er wurde sehr stark reduziert:

"Schon kurz nach dem Unfall wurden konstruktive Maßnahmen ergriffen, um den positiven Voideffekt zu reduzieren, insbesondere durch zusätzliche feste Absorberstäbe im Reaktorkern. [...]. Die Tabelle zeigt, daß der positive Voideffekt inzwischen bei den meisten Anlagen im Bereich von (0,8 ± 0,2) Beta liegt. Die Größe des Voideffektes wird im Reaktorbetrieb regelmäßig alle 200 Betriebstage ermittelt und überprüft" [GRS - Der Unfall und die Sicherheit der RBMK-Anlagen]

"The reduction of the positive steam reactivity coefficient at the Ignalina NPP, from +4.5b to +1b, was achieved by installing from no less than 52 additional absorber rods in the core, and increasing the effective reactivity reserve to from 53 to 58 manual control rods. In addition, replacement fuel enrichment has been increased to 2.4 %. [...] Secondly, the modernization of the CPS rods servodrive increased their speed of insertion into the core. This allowed a reduction of the insertion time from 18 seconds to 14 seconds. When these changes were implemented, the prompt effectiveness of the emergency protection system reached 0.9 b/s, [...] Fig. 13.2 [54] shows that as the 24 FAS rods are fully inserted in less than 2.5 s, achieving more than 2b of negative reactivity [...] [Ignalina Source Book]

Eine Leistungsexkursion wie anno 1986 ist ausgeschlossen, da in jedem Betriebsszustand ausreichend negative Reakitvität zugeführt werden kann. Aber, wie gesagt, natürlich sind Szenarien denkbar, in denen es zu Freisetzungen kommt. Das ist aber kein besonderes Problem des RBMK - seine "Gutmütigkeit" war tatsächlich ernst gemeint. Zumal ich ja bereits schrieb, dass der positive Voideffekt schon vor 86 nicht immer vorhanden war. Im damaligen Betriebszustand betrug er allerdings hohe +5 Beta, die unter den gegebenen Umständen leider (in Teilbereichen des Kerns) voll wirksam wurden.

"It has been reported on the basis of studies made after the accident that the calculated void coefficient of reactivity for the RBMK-1000 reactor extended from -1.3 x 10^-4 %^-1 (delta k/k) void for a fresh fuel load to + (2.0-2.5) X 10^-4 %^-1 (delta k/k) void for the steady state refuelling regime; and that the effect on reactivity of a total loss of coolant was -2 beta for a fresh fuel load (Anmerkung: Mit frischen Erstbeladungskern und entsprechend fix eingebrachten Absorbern war der Voideffekt also negativ) and +(4-5) beta for the steady state refuelling regime (where Beta is the delayed neutron fraction). In the design documentation for the RBMK reactor the void coefficient of reactivity was stated to be negative for initial and steady state conditions. Thus, although the void coefficient of reactivity varied over a wide range from negative to positive values as a function of the composition of the core and the operating regime of the reactor, the fast power coefficient remained negative under normal operating conditions (Anmerkung: Das meine ich mit dem "was hinten rauskommt"). At the time of the accident, the void and power coefficients of reactivity were both positive." [INSAG-7: The Chernobyl Accident]

Graphitmoderierte Reaktoren haben unabhängig von fehlerhafter Bedienung, baulichen und konstruktiven Mängeln einen weiteren Nachteil:
Die Ursachen für den Havarieablauf sind vielschichtig: Zusammenfassend kann man aber sagen, dass das Betriebsregime des Reaktors kurz vor dem Test extrem ungünstig war, die Betriebsvorschriften unzureichend und konzeptionelle Änderungen, die die Havarie wirksam verhindert hätten, bekannt, aber nicht umgesetzt waren. Außerdem wich der Test in einem zentralen Bestandteil vom eigentlichen Bedarfsfall (bei dem das Notspeisewassersystem beim KM-Verlust die kurzfristige Kernkühlung übernimmt), der abgetestet werden sollte ab. Hier kommt auch zum Tragen, dass die Betriebsmannschaft über die Bedeutung wichtiger Reaktorparameter nicht informiert war (und die Reaktorsteuerung potentiell gefährliche Betriebszuständen (u.a. niedriger ORM) nicht, oder nur unzureichend verhinderte). Das konnte sie nicht, weil u.a., sicherlich begünstigt durch das "System Sowjetunion", wichtige Vorgängerereignisse in anderen RBMKs, aus denen auf "Entwicklerebene" die richtigen Schlüsse gezogen wurden, nicht auf breiter Ebene kommuniziert wurden. Das ist die eigentliche Ursache speziell in diesem Fall gewesen.

aber eine ganz andere Klasse als eine anhaltende, ausser Kontrolle geratene Kettenreaktion, die in einem graphitmoderierten Reaktor grundsätzlich möglich ist
Die Konstrukteure waren keine Idioten. Der Void-Effekt entwickelte sich mit steigendem Abbrand deutlich stärker nach oben (und in positive Bereiche), als ursprünglich vorgesehen. Solche unangenehmen Effekte sind beim Übergang vom Experiment in den Großversuch nicht unüblich. Ein gutes Beispiel ist z.B. der (T)HTR gewesen. Es wurden allerdings (s.o.) keine Änderungen angeregt.

Im übrigen entwickelte sich die Situation mit dem anlaufenden Test eher langsam. Die fatale Konstruktion des Steuerstabsystems war dann der entscheidende Auslöser. Der automatische Leistungsregler (dessen Steuerstäbe ohne Graphit-Verdrängerteil konstruiert waren) konnte die initiale Leistungssteigerung nach dem dem Abtrennen des Turbosatzes zunächst noch kompensieren (bzw. sein Eingreifen ist in bestimmten Darstellungen, s.u., erst gar nicht nötig gewesen). Generell gibt es, was die Sekunden nach Testbeginn und vor dem Auslösen des Havarieschutzes betrifft, immer wieder ein paar abweichende Einschätzungen, was auch daran liegt, dass die Aufzeichnungen etwas lückenhaft sind. Ich halte hier die Darstellung von Dyatlov (der damals als Chefingenieur anwesend war) für glaubhaft.

"At 01:23:04 the monitoring system had registered the closure of the turbine stop valves. Rundown began. Everything was normal. The decrease in generator speed was accompanied by reduction in the rotational speed of the four running down main circulating pumps and the flow rate through them. The flow rate of the four main circulating pumps powered from the reserve grid supply had somewhat increased. The total flow rate of coolant had decreased by the time of the explosion down to 48-50,000m3/h. The automatic controller was holding reactor power stably while compensating positive reactivity introduced by the flow rate decrease." [A. Dyatlov]

"The unit shift supervisors considered that preparations for the tests had been completed and, having switched on the oscilloscope, gave the order to close the emergency stop valves. These were closed at 01:23:04. At this time, and for the following approximately 30 s of rundown of the four MCPs, the parameters of the unit were controlled, remained within the limits expected for the operating conditions concerned, and did not require any intervention on the part of the personnel. [...] During the rundown of turbogenerator No. 8 there was no increase in reactor power. This is confirmed by the DREG program, which from 01:19:39 until 01:19:44 and from 01:19:57 until 01:23:30 (i.e. prior to and for a substantial period during the tests) recorded the 'One overcompensation upwards' signal, at which time the automatic control rods could not move into the core (Anmerkung: Während z.B. die GRS vermerkt, dass ab 01:23:10 die automatischen Stabgruppen einfahren, was der Darstellung von Dyatlov oben entspräche). [...] Thus, neither the reactor power nor the other parameters (pressure and water level in the steam separator drums, coolant and feedwater flow rates, etc.) required any intervention by the personnel or by the engineered safety."

So kann man sich natürlich fragen, was passiert wäre, wenn der Havarieschutz nicht manuell ausgelöst worden wäre (was aber vorgesehen war). Wie hätte sich die Situation mit dem Auslauf von 4 der 8 zugeschalteten Haupkühlmittelpumpen noch entwickelt? Hätten die Reaktorparameter ohnehin wenig später zu einer automatischen Anregung geführt (so wie wenige Sekunden nach Aktivierung)? In jedem Fall, und das ist, was ich damit sagen will, kann man eben nicht einfach alles auf den ominösen Void-Effekt abwälzen.

Gruß

Denis

Panasonic
2009-07-27, 03:42:57
Ich habe eine nette Medizinstudentin (Chirurgie) aus Hommel (Weißrussland) kennengelernt und mich mit Ihr den halben Tag unterhalten. Wir haben uns auch ein wenig über Tschernobyl unterhalten. Sie sprach davon, dass zwischen den realen Sperrgebieten und Spätfolgen und den offiziellen Angaben der Regierung und der Medien eine gewaltige Diskrepanz vorherrscht.

Der Großteil der Nacharbeit wird daher von der Universität Homel und der in Nagasaki übernommen, mit der es eine Partnerschaft auf dem Gebiet gibt.

Sie wollte übrigens Chirurgin werden, weil der Bedarf dafür einfach so hoch ist.

Ich glaube, in der Debatte - auch zu der total sicheren Kernkraft in Deutschland - sollte man diese Ereignisse nicht verdrängen, sondern mal bewusst erleben. Evtl. hat der ein oder andere Befürworter ja mal Lust, in Homel Urlaub zu machen.

Monger
2009-07-27, 08:50:58
Das Thema hatten wir ja - in leichter Variation - schon etliche mal, und was mich jedesmal irritiert: es wird fast ausschließlich über den Super-GAU gesprochen.
Der ist natürlich relativ unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich. Aber was ist mit all den kleinen Unfällen?
Natürlich haben auch andere Industriebereiche mit Unfällen und Verseuchungen zu tun. Vorallem in der Petrochemie passiert da quasi täglich eine kleine Sauerei. Aber wenn in einem Chemiewerk was passiert, muss halt die Feuerwehr ran, und im schlimmsten Fall wird das Erdreich abgegraben und das Zeug irgendwo dekontaminiert.
Das ist bei Uran weit schwieriger, es gibt nunmal keine "Anti-Radioaktivität". Dementsprechend aufwändig ist die Verarbeitung dieses Stoffes. Und das beginnt bereits im Bergbau (Staublunge mit Uran ist besonders lustig), und zieht sich dann über den Transport und die Verarbeitung hinweg.

Atomkraft ist eine sehr, sehr komplexe Industrie. Da steckt unheimlich viel teure und aufwändige Technik dahinter, und selbstverständlich ist jede komplexe Technik grundsätzlich mal anfällig für Defekte. Das Problem existiert bei anderen Energieerzeugern schlicht nicht:
Das schlimmste was in der Wasserkraft passieren kann, ist dass der Damm bricht. Auch unschön, aber wenigstens ist das überschwemmte Gebiet daraufhin nicht über Jahrzehnte unfruchtbar. Das schlimmste was bei Windkraft passieren kann, ist dass das Windrad abfackelt und jemandem auf den Kopf fällt. Dann schmilzt man den Schrott halt ein, und macht ein neues draus.

Bei Kernkraft wird jeder kleine Handgriff immer gleich teuer und kompliziert, wie man ja beim Rückbau von Kernkraftwerken gut beobachten kann.

Ganon
2009-07-27, 09:21:04
Tja, aber leider gibt es auch keine wirkliche Strom-Alternative. Will ja auch jeder hier im Forum sein QuadCore mit SLI, seine XBOX360 oder PS3 auch weiter betreiben wollen. Wäsche und Geschirr soll auch ein Maschine waschen und der Fernseher darf auch nicht zu klein sein... ;) Alles Stromfresser. Der muss ja nunmal irgendwo herkommen.

Wasserkraftwerke kann man nicht überall bauen, Windkraftwerke werden auch verschrien, wegen der "Tierstörung", alle Verbrennungskraftwerke zerstören die Ozonschicht und vergasen die Luft (von den Landesverwüstungen um Brennmaterial abzubauen gar nicht zu sprechen), Solarkraftwerke benötigen zuviel Platz für ausreichende Nutzung und die Produktion dieser ist auch nicht wirklich sauber...

Wenn Deutschland die Kraftwerke abschaltet, braucht man halt Strom aus dem Ausland... und die beziehen es aus Kernkraftwerken. Und ob das Kraftwerk nun in Deutschland hoch geht oder in Frankreich oder der Ukraine ist ja sowieso herzlich egal...

Und trotz, dass immer mehr Stromspartechniken erfunden und eingesetzt werden, steigt der Strombedarf immer weiter an...

... so wer tauscht zuerst seinen QuadCore gegen ein Atom-Prozessor-PC, spielt auf der Wii, statt auf der XBOX, wäscht seine Wäsche mit Hand und spült sein Geschirr alleine und verzichtet vllt. auch auf Auto, Kühlschrank und elektrisches Licht und warmes Wasser?

Solange der Strom-Bedarf nicht gesenkt wird, kann man auch nicht von der Abschaltung von Kraftwerken reden...

Panasonic
2009-07-27, 09:28:46
Tja, aber leider gibt es auch keine wirkliche Strom-Alternative.
Wie jetzt? Keine Alternative zu Hochtemperaturreaktoren (ist tot!) oder zur Kernenergie, die weltweit nur zu lächerlichen 16% an der Stromproduktion beteiligt ist?!

Ganon
2009-07-27, 09:31:14
Strom-Alternative zu dem was wir jetzt haben, habe es doch im Text aufgezählt... alles ist Mist... und Global gesehen kannst du jede %-Zahl runter schrauben... sry, ich stehe nicht so auf % ;)

Panasonic
2009-07-27, 09:42:40
Windkraft ist Mist, weil sich gelegentlich mal ein Vögelchen in den Rotor verirren kann und ist daher keine Alternative zur Kernkraft?!

Ganon
2009-07-27, 09:45:13
Windkraft ist Mist, weil sich gelegentlich mal ein Vögelchen in den Rotor verirren kann und ist daher keine Alternative zur Kernkraft?!

Das ist nicht meine Argumentation, sondern die von Windkraftgegnern... kannst machen was du willst, irgendeine Gruppe hat immer was dagegen. Zu nah an Orten oder Wäldern darfst'e die ja auch nicht bauen, wegen dem Krach... und die machen gewaltig Krach... Kenne eine Familie die wohnte man ca. 500m von so einem Teil entfernt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Windkraftwerk#Umweltauswirkungen (sogar der Schatten wird beachtet :ugly:)

Monger
2009-07-27, 09:46:57
Strom-Alternative zu dem was wir jetzt haben, habe es doch im Text aufgezählt... alles ist Mist... und Global gesehen kannst du jede %-Zahl runter schrauben... sry, ich stehe nicht so auf % ;)

Wir reden hier von Deutschland. Und in Deutschland ist der Anteil des Atomstroms an der Gesamtenergie halt nunmal im niedrigen zweistelligen Bereich. Gemessen daran, dass die Kernkraft hier noch nie den Löwenanteil an Energie gestellt hat, und auch niemals wird, wird imho um diese Energieform erstaunlich viel Wind gemacht - als ob unser Überleben davon abhängen würde.

Ganon
2009-07-27, 09:50:47
Wir reden hier von Deutschland. Und in Deutschland ist der Anteil des Atomstroms an der Gesamtenergie halt nunmal im niedrigen zweistelligen Bereich.

Und wenn auch nur 1kW fehlt, ist das schon zu wenig. ;) Dafür müsste eine Alternative her. Also entweder kriegst du ~82 Mio. Einwohner dazu effektiv Strom zu sparen (wem würden meine Vorschläge da schon gefallen?), oder du baust irgendein Kraftwerk... dagegen hat eh immer irgendjemand was...

dreas
2009-07-27, 10:19:44
Das Thema hatten wir ja - in leichter Variation - schon etliche mal, und was mich jedesmal irritiert: es wird fast ausschließlich über den Super-GAU gesprochen.
Der ist natürlich relativ unwahrscheinlich, wenn auch nicht unmöglich. Aber was ist mit all den kleinen Unfällen?
Natürlich haben auch andere Industriebereiche mit Unfällen und Verseuchungen zu tun. Vorallem in der Petrochemie passiert da quasi täglich eine kleine Sauerei. Aber wenn in einem Chemiewerk was passiert, muss halt die Feuerwehr ran, und im schlimmsten Fall wird das Erdreich abgegraben und das Zeug irgendwo dekontaminiert.
Das ist bei Uran weit schwieriger, es gibt nunmal keine "Anti-Radioaktivität". Dementsprechend aufwändig ist die Verarbeitung dieses Stoffes. Und das beginnt bereits im Bergbau (Staublunge mit Uran ist besonders lustig), und zieht sich dann über den Transport und die Verarbeitung hinweg.

Du sagst es ja selbst. Nur weil die Gefahr des Super-Gaus relativ gering ist, soll man sie ignorieren? Die vielen kleinen Störfälle,welche häufig erst lange Zeit nach dem eigentlichen Vorfall publik werden, lassen eben auch kein gutes Haar an der Informationspolitik der Betreiber. Wie kann man unter diesen Umständen solchen Unternehmen überhaupt irgendwas glauben?

Und ok. reden wir mal nicht über die Technologie sondern über Kosten. Und da meine ich nicht die Endlagerung. Aber allein der Rückbau von Greifswald kostet inzwischen 3 Milliarden Euro. Steuerzahler-Euro und nicht das Geld der Betreiber. Wenn man die Kostenseite sieht sollte schon Gleichstand bei den Kostenschlüsseln herrschen. Jeder Windmühlenbetreiber muss sein Altgerät auch auf eigene Kosten abbauen. Nur würde das wieder die ach so preiswerte Atomergie treffen und auf derren Wirtschaftlichkeit ein ganz anderes Licht werfen.


Wir reden hier von Deutschland. Und in Deutschland ist der Anteil des Atomstroms an der Gesamtenergie halt nunmal im niedrigen zweistelligen Bereich. Gemessen daran, dass die Kernkraft hier noch nie den Löwenanteil an Energie gestellt hat, und auch niemals wird, wird imho um diese Energieform erstaunlich viel Wind gemacht - als ob unser Überleben davon abhängen würde.

Und genau so könnte es eben sein.

mfg dreas

Monger
2009-07-27, 10:42:51
Und wenn auch nur 1kW fehlt, ist das schon zu wenig. ;) Dafür müsste eine Alternative her. Also entweder kriegst du ~82 Mio. Einwohner dazu effektiv Strom zu sparen (wem würden meine Vorschläge da schon gefallen?), oder du baust irgendein Kraftwerk... dagegen hat eh immer irgendjemand was...
Ein einzelnes Offshore-Windrad erzeugt mittlerweile so ca. 5 MW Strom. Da zu expandieren ist überhaupt kein Problem, und wird ja auch gemacht. Auch bei Solarkraft tut sich einiges, mittlerweile ist eine Solaranlage beim Neubau ja praktisch Pflicht. Da sind wir auf einem ziemlich guten Weg. Und deshalb ist der Atomausstieg ja auch auf so eine lange Laufzeit ausgelegt: wenn das letzte Kraftwerk abgeschaltet wird, können wir auch tatsächlich locker darauf verzichten.

Alexander
2009-07-27, 13:22:40
Wenn Deutschland die Kraftwerke abschaltet, braucht man halt Strom aus dem Ausland... und die beziehen es aus Kernkraftwerken. Und ob das Kraftwerk nun in Deutschland hoch geht oder in Frankreich oder der Ukraine ist ja sowieso herzlich egal...
Quatsch. Deutschland ist ein Stromexporteur mit enormen Kraftwerksüberkapazitäten. Keiner braucht die Atommeiler. Und "dein" Argument gegen Windräder ist lächerlich hoch³. Solche "Argumente" gegen Atomenergie findet man auch massenhaft. Stört dich aber nicht. Du sagst dennoch, dass sie gebraucht wird.

Entweder du ignorierst solche schwachsinnigen Aussagen bei allen Kraftwerkarten oder du machst dich total unglaubwürdig.

Ganon
2009-07-27, 13:43:25
Und "dein" Argument gegen Windräder ist lächerlich hoch³.

Ist nicht mein Argument, ganz und gar nicht, aber genauso ein Argument wie viele andere. Und Demonstationen gegen den Bau von Windkraftanlagen gab es hier auch schon... Sag das also nicht mir *schulterzuck*

Solche "Argumente" gegen Atomenergie findet man auch massenhaft. Stört dich aber nicht. Du sagst dennoch, dass sie gebraucht wird.

Ich sage nirgendwo das Atomenergie gebraucht wird, ich sage nur, dass Strom gebraucht wird, welcher wiederrum nicht einfach so entsteht. Und wenn wir dann halt aufhören sollten Strom zu verkaufen bauen die anderen halt Kraftwerke. Und wie ich sagte, ob ein Teil nun in Deutschland oder Polen hochgeht ist ziemlich irrelevant. Da hilft es nix wenn Deutschland atomkraftwerkfrei ist, wenn rund um Deutschland die GAUs passieren. Die radioaktive Wolke macht ja vor der Grenze wohl keinen halt, oder?

Entweder du ignorierst solche schwachsinnigen Aussagen bei allen Kraftwerkarten oder du machst dich total unglaubwürdig.

Ich habe bisher nur 3 Sachen gesagt:
- es wird Strom benötigt
- man sollte den Stromverbrauch senken
- es gibt immer welche die etwas gegen ein bestimmtes Kraftwerk haben

Mehr hab ich eigentlich nicht gesagt...

Panasonic
2009-07-27, 13:49:50
Wenn man die Atomkraftwerke denn so dringend bräuchte, warum funktioniert denn noch alles, obwohl ettliche Kraftwerke aufgrund von Störfällen teilweise seit Jahren nicht mehr am Netz sind und trotzdem steigert Deutschland stetig den Stromexport?!

Weil man abgeschriebene Atomkraftwerke als Gelddruckmaschine braucht. Ein Vulkanier, der erstmalig auf die Erde kommt und unsere Kernkraftwerke sieht, wird garantiert seinen ersten Gefühlsausbruch erleben. Rational betrachtet erscheint mir der Einsatz der Kernkraft unlogischer als die Entstehung der Menschheit.

ZapSchlitzer
2009-07-27, 15:27:15
Angenommen wir würden alle Atomkraftwerke abschalten. Worüber wird dann die Grundlast gedeckt? Kohlekraftwerke sind den Deutschen doch mitlerweile auch ein Dorn im Auge.
Windkrafträder taugen höchstens für die Spitzenlast im Netz. Pumpspeicher-Kraftwerke o.Ä. wären evtl. eine Alternative aber da steht der Nutzen/Kosten-Faktor in keinem Verhältnis.

DasToem
2009-07-27, 15:59:21
Ich finds schade, dass sich Diskussionen über das Für und Wider der Kernkraft schnell emotionalisieren und latend beleidigend argumentiert wird, anstatt das Thema von allen Seite zu beleuchten.

Zu Greifswald: Die Anlage muss man als DDR-Altlast betrachten. Die Kosten für den Rückbau aller zur Zeit betriebenen kommerziellen Kernkraftwerken, übernehmen die Betreiber.

Monger
2009-07-27, 16:08:27
Windkrafträder taugen höchstens für die Spitzenlast im Netz. Pumpspeicher-Kraftwerke o.Ä. wären evtl. eine Alternative aber da steht der Nutzen/Kosten-Faktor in keinem Verhältnis.
Irgendwo geht immer Wind, und irgendwo scheint immer die Sonne. Deutschlandweit egalisiert sich das ziemlich. Meistens ist dort wo schlechtes Wetter ist der Sonnenschein geringer, dafür der Wind stärker.

Auch jetzt schon muss gepuffert werden, und das nicht zu knapp. Die Kernkraftwerke können nämlich gar nicht auf tageszeitliche Schwankungen schnell genug reagieren. Du fährst nicht einfach mal den Output einfach so hoch und runter. Deshalb wird Nuklearenergie auch umso teurer, je mehr Ökostrom ins Netz gespeist wird - das Kraftwerk läuft mehr und mehr im Leerlauf.

Möglichkeiten zur Pufferung gibt es mehr als genug, und die wirst du ohnehin bei dem maroden europäischen Stromnetz brauchen. Eines der großen Probleme des Stromnetzes sind nämlich die wenigen zentralisierten Stromerzeuger. Wenn da einer ausfällt, gibt das immer gleich einen gigantischen Spannungsabfall auf einem Gebiet, der erstmal ausgeglichen werden muss. Auch das Problem fällt weg, wenn jeder Haushalt auch zugleich Stromerzeuger ist.

DasToem
2009-07-27, 16:17:24
Deshalb wird Nuklearenergie auch umso teurer, je mehr Ökostrom ins Netz gespeist wird - das Kraftwerk läuft mehr und mehr im Leerlauf.

Ein (Kern-) Kraftwerk kann nicht im 'Leerlauf' arbeiten. Entweder es produziert elektrische Energie oder nicht. Die Regelung der elektrischen Leistung bei SWR-Anlagen ist übrigens sehr einfach und kann recht schnell durchgeführt werden.

No.3
2009-07-27, 17:37:16
Windkrafträder taugen höchstens für die Spitzenlast im Netz..

das ginge nur dann, wenn immer Mittags wenn alle den Herd einschalten gerade Wind weht.

Für Spitzenlast taugen nur Kraftwerke die man drosseln oder abschalten kann (z.B. Pumpspeicherkraftwerke)

Acid-Beatz
2009-07-27, 19:03:30
Windkrafträder taugen höchstens für die Spitzenlast im Netz. Pumpspeicher-Kraftwerke o.Ä. wären evtl. eine Alternative aber da steht der Nutzen/Kosten-Faktor in keinem Verhältnis.

Falsch

Windkrafträder auf der einen Seite taugen nicht für Spitzenlasten im Netz weil man den Wind nicht "zähmen" kann. Es werden ja zeitweise sogar Windkraftanlagen gedrosselt weil sie zuviel Strom produzieren und die lokalen Netze überfordern würden.

Die Pumpspeicherkraftwerke auf der anderen Seite sind ja auch keine Energielieferanten sondern nur rießige Energiespeicher.

Meines Wissens nach arbeitet man ja eh daran, in Schweden und Norwegen Energie von deutschen Offshore Windparks zwischen zu speichern und sie dann eben im Bedarfsfall wieder abrufbar zu machen!

Alexander
2009-07-27, 19:28:53
Ein (Kern-) Kraftwerk kann nicht im 'Leerlauf' arbeiten. Entweder es produziert elektrische Energie oder nicht. Ach komm schon. Du hast ihn doch verstanden. Bei Atomkraftwerken passiert das gleich wie bei Windrädern: Überschüsse werden u.a. genutzt um Pumpspeicherkraftwerke zu füllen. Nur das dies bei Atomkraftwerke nachts geschieht und bei Windrädern, wenn zu viel Wind weht.


Die Regelung der elektrischen Leistung bei SWR-Anlagen ist übrigens sehr einfach und kann recht schnell durchgeführt werden. Geht es vielleicht einen Tick genauer?

Alexander
2009-07-27, 19:36:11
Ich habe bisher nur 3 Sachen gesagt:
- es wird Strom benötigt
- man sollte den Stromverbrauch senken
- es gibt immer welche die etwas gegen ein bestimmtes Kraftwerk haben

Mehr hab ich eigentlich nicht gesagt...
So So... Du weisst also nicht mehr was du geschrieben hast:

- Tja, aber leider gibt es auch keine wirkliche Strom-Alternative.
- Strom-Alternative zu dem was wir jetzt haben, habe es doch im Text aufgezählt... alles ist Mist...
- Wenn Deutschland die Kraftwerke abschaltet, braucht man halt Strom aus dem Ausland... und die beziehen es aus Kernkraftwerken.

Du hast behauptet, dass Deutschland Atomstrom aus dem Ausland importieren, da es keine Alternativen gibt.

Monger
2009-07-27, 19:54:54
Meines Wissens nach arbeitet man ja eh daran, in Schweden und Norwegen Energie von deutschen Offshore Windparks zwischen zu speichern und sie dann eben im Bedarfsfall wieder abrufbar zu machen!
Da gibt es verschiedene Ansätze. Ein Ansatz ist z.B. mit Windparks auf Land nicht etwa Strom zu erzeugen, sondern Pressluft, und diese in den Erdboden zu pumpen. Vorteil ist: der Wirkungsgrad ist sehr groß, und man braucht keine schweren und teuren Generatoren in jedem Windrad. Außerdem ist Druckluft praktisch unbegrenzt und ziemlich billig speicherbar. Mit dem Druck würde man dann je nach Bedarf entsprechend groß angelegte Generatoren antreiben. Damit hätte man Speicherung und Erzeugung am selben Ort erschlagen.

DasToem
2009-07-27, 20:02:22
Ach komm schon. Du hast ihn doch verstanden. Bei Atomkraftwerken passiert das gleich wie bei Windrädern: Überschüsse werden u.a. genutzt um Pumpspeicherkraftwerke zu füllen. Nur das dies bei Atomkraftwerke nachts geschieht und bei Windrädern, wenn zu viel Wind weht.


Das ist aber trotzdem kein Leerlauf, sondern eine für die Energieversorgung notwendige Arbeitsweise.

Geht es vielleicht einen Tick genauer?

Natürlich. Durch Reduzierung der Drehzahl der sog. Zwangsumlaufpumpen (ZUPs), die das Kühlmittel im Reaktordruckbehälter umwälzen, kann die Abgabe der thermischen (und somit auch der elektrischen) Leistung reguliert werden. Das ist, wie du bereits erwähnt hast, gängige Betriebsweise in der Nacht. Im Fachjargon nennt man das Lastfolgebetrieb*.

*: Die elektrische Leistung der Anlage 'folgt' somit der Anforderung des Lastverteilers.

Alexander
2009-07-27, 21:15:36
Du bist anstrengend. Dir muss doch klar, dass für mich nicht die technischen Details interessant sind, sondern die Frage wie stark man die Leistung drosseln kann, also wie flexibel reagiert werden kann.

DasToem
2009-07-27, 22:40:49
Du bist anstrengend. Dir muss doch klar, dass für mich nicht die technischen Details interessant sind, sondern die Frage wie stark man die Leistung drosseln kann, also wie flexibel reagiert werden kann.

Und ich finde, dass du unhöflich bist. Drück dich doch dann bitte klarer aus, was du wissen möchtest.

Üblich ist zumindest eine Reduktion um 1/3 der elektrischen Nennleistung. Ich bin nicht im Betrieb tätig, denke aber, dass die Senkung binnen weniger Stunden erfolgt. Da man Lastspitzen und -senken gut vorhersagen kann, ist die Anpassung betrieblich gesehen gut zu planen.

Ganon
2009-07-27, 23:06:18
Du hast behauptet, dass Deutschland Atomstrom aus dem Ausland importieren, da es keine Alternativen gibt.

Äh, nein, lies noch mal was da steht ;)

Alexander
2009-07-28, 13:05:04
Und ich finde, dass du unhöflich bist. Drück dich doch dann bitte klarer aus, was du wissen möchtest.
Ich halte dich für intelligent genug, um der Diskussion problemlos folgen zu können. Und es wäre nicht verkehrt, wenn du mich und die anderen Leser deiner Beiträge nicht für zu bescheuert halten würdest, um zu erkennen, dass du oft Beiträge bewusst missverstehst, um beim Antworten unbequeme Punkte umschiffen zu können. So sieht eine ergebnissoffene Diskussion nicht aus. So verhalten sich Politiker in einer Talkshow.

Brotzeit
2009-07-28, 15:23:32
Zu Greifswald: Die Anlage muss man als DDR-Altlast betrachten. Die Kosten für den Rückbau aller zur Zeit betriebenen kommerziellen Kernkraftwerken, übernehmen die Betreiber.


Ne leider auch nicht ganz. Viel wichtiger finde ich eigendlich wer zahlt für die Endlagerung? Den Transport? Die Polizeikosten für den Transport?

Da entstehen die Kosten. Auch wenn so ein Kraftwerksrückbau 3 Mrd. kostet, das ist immer noch eine einmalige Investiton. Was passiert in 200 Jahren in einen Endlager wenn man feststellt das dort Wasser eingedrungen ist? Die Kosten dafür trägt dann sicher nicht mehr die Atomwirtschaft. Schon jetzt ist deren Anteil an den "Endlagerungskosten" weniger als 50%.

Zudem: Warum müssen Atomkraftwerke eigendlich nicht gegen einen GAU versichert werden? -> Das würde zuviel Kosten.

Es geht gar nicht so sehr darum ob die Dinger irgendwann mal weite Landstriche veröden (was sehr schlimm wäre) sondern ich finde es paradox, dass Atomstrom als besonders günstig angepriesen wird, nur weil der Staat viele anfallende Kosten übernimmt.

Zephyroth
2009-07-28, 15:44:27
Du bist anstrengend. Dir muss doch klar, dass für mich nicht die technischen Details interessant sind, sondern die Frage wie stark man die Leistung drosseln kann, also wie flexibel reagiert werden kann.

Ich weis es zwar nicht von einem AKW, sondern von einem Kohlekraftwerk in Österreich. Das Problem ist nicht die Verringerung der thermischen Leistung (einfach die Kohlezufuhr drosseln, bzw. im Falle eines AKW die Steuerstäbe einfahren) sondern die thermischen Spannungen die die Anlage bei einer Laständerung erfährt.

Der Kessel dieses Kohlekraftwerks ist 100m hoch und dehnt sich vom Stillstand (sprich Anlage kalt) bis zur Volllast um 50cm am oberen Ende aus. Klar das man so ein Ding mit soviel thermischer Masse (= Kühlmittel, Wasser) nicht unendlich schnell herumfahren kann.

Als Grenze wurde uns angegeben die Leistungsänderung pro Minute beträgt ca. 1MW/min, im äußersten Notfall (=Notabschaltung) können jedoch 10MW/min durchgeführt werden.

Diese Kohlekraftwerk hatte eine Nennleistung von 750MW, das bedeutet das ein normales Herunterfahren 750min, bzw. 12 1/2 Stunden dauert. Selbst eine Notabschaltung würde 1 1/2 Stunden dauern.

Ein Kernkraftwerk wird thermisch ähnlich reagieren, nur das dieses bis zu 2000MW, ein normales herunterfahren würde also fast einen Tag dauern...

Grüße,
Zeph

Monger
2009-07-28, 16:05:33
Ein Kernkraftwerk wird thermisch ähnlich reagieren, nur das dieses bis zu 2000MW, ein normales herunterfahren würde also fast einen Tag dauern...

Naja, kein modernes Kernkraftwerk erzeugt mehr so viel. Aufgrund moderner Sicherheitsmaßnahmen bleiben die praktisch alle unter 1000MW.

Aber selbst wenn wir mal - äußerst optimistisch - ein runterfahren innerhalb von 4 Stunden auf halbe Kraft annehmen, ist das nicht unbedingt das was ich "schnell" nennen würde. Das reicht bei weitem nicht, um die tageszeitlichen Schwankungen auszugleichen. Wenn um 17 Uhr Feierabend ist, geht erstmal bundesweit in vielen Fabriken der Stromverbrauch dramatisch zurück, und ab 20 Uhr schaltet dann halb Deutschland erstmal den Fernseher ein.

Sowas kann alleine nichtmal ein Pumpspeicherkraftwerk kompensieren.

DasToem
2009-07-28, 16:10:21
Ich halte dich für intelligent genug, um der Diskussion problemlos folgen zu können. Und es wäre nicht verkehrt, wenn du mich und die anderen Leser deiner Beiträge nicht für zu bescheuert halten würdest, um zu erkennen, dass du oft Beiträge bewusst missverstehst, um beim Antworten unbequeme Punkte umschiffen zu können. So sieht eine ergebnissoffene Diskussion nicht aus. So verhalten sich Politiker in einer Talkshow.

Ich verstehe keine Punkte bewusst miss und umschiffe auch keine unbequemen Fragen. Ich stelle lediglich deinen Ton mir gegenüber in Frage. Damit erfüllst du ironischerweise den Punkt, den ich in meinem ersten Post angesprochen hab.

Ne leider auch nicht ganz. Viel wichtiger finde ich eigendlich wer zahlt für die Endlagerung? Den Transport? Die Polizeikosten für den Transport? Der Rückbau vom KKW Greifswald hat direkt mit der Endlagerung ersteinmal nichts zu tun. Die Kosten für den Bau/Ausbau* eines Endlagers (Konrad und mglw. Gorleben), Einlagerung und Betrieb zahlen die Betreiber der Kernkraftwerke.

*: Die Kosten für die Errichtung stellt der Bund den Betreibern in voller Höhe in Rechnung.

Zum Transport/Sicherung des Transports habe ich keine Informationen.


Zudem: Warum müssen Atomkraftwerke eigendlich nicht gegen einen GAU versichert werden? -> Das würde zuviel Kosten.

Betreiber von Kernkraftwerken haben selbstverständlich eine Haftpflichtversicherung. Deren Police ist allerdings gedeckelt.

Panasonic
2009-07-28, 16:13:30
Betreiber von Kernkraftwerken haben selbstverständlich eine Haftpflichtversicherung. Deren Police ist allerdings gedeckelt.Bezahlt Dich ein Energieunternehmen mit Kernkraftwerken? Der Gedanke zwingt sich einem förmlich auf.

Die Atomunfallversicherung füttert der Bund. Also wir. Andernfalls wäre Atomstrom nicht wirtschaftlich zu erzeugen.

DasToem
2009-07-28, 16:31:09
Bezahlt Dich ein Energieunternehmen mit Kernkraftwerken? Der Gedanke zwingt sich einem förmlich auf.

Die Atomunfallversicherung füttert der Bund. Also wir. Andernfalls wäre Atomstrom nicht wirtschaftlich zu erzeugen.

Ja, ich arbeite in einem Kernkraftwerk. Ich hatte das schon im Krümmel-Thread erwähnt.

Deine Darstellung ist nicht richtig:"Die Haftung des Inhabers einer Kernanlage nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 sowie nach dem Pariser Übereinkommen und dem Gemeinsamen Protokoll in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 ist summenmäßig unbegrenzt." (§31, Abs. 1 AtG)

Ergänzend dazu (http://www.kernenergie.de/kernenergie/Themen/Sicherheit/Atomhaftung/index.php). Achtung, böse Lobbyseite.

Monger
2009-07-28, 16:37:22
Die Kosten für den Bau/Ausbau* eines Endlagers (Konrad und mglw. Gorleben), Einlagerung und Betrieb zahlen die Betreiber der Kernkraftwerke.

Das dürfte wohl ein Grund sein, warum es bis heute nicht ein einziges deutsches Endlager gibt (und wohl so schnell auch nicht geben wird).

DasToem
2009-07-28, 16:42:05
Das dürfte wohl ein Grund sein, warum es bis heute nicht ein einziges deutsches Endlager gibt (und wohl so schnell auch nicht geben wird).

Du weißt genau, dass das nicht stimmt. Der Bund ist für die Errichtung des Endlagers verantwortlich und stellt die entstandenen Kosten wiederrum den Betreibern in Rechnung. Der eigentliche Grund ist, dass es politisch nicht opportun ist, durch die Errichtung eines Endlagers den Atomausstieg in Frage zu stellen.

Monger
2009-07-28, 17:00:02
Du weißt genau, dass das nicht stimmt.
Nein, das weiß ich nicht. Es wurden jahrzehntelang verschiedene Endlagerstätten ausprobiert. Das vielversprechendste - nämlich das Versuchslager Asse - ist mittlerweile zum Paradebeispiel verkommen wie man es NICHT macht.

Das hat nur am Rande was mit Politik zu tun, für so Unsinn war immer genug Geld da. Speziell Asse ist schlicht wegen organisatorischem und technischem Unvermögen gescheitert.

Die einzige derzeit vernünftige technische Lösung wäre, die Fässer offen so zu lagern, dass man nach ein paar Jahrzehnten sie auch wieder umschichten kann. Das wiederum ist aber aus sicherheitsrelevanten Fragen kaum zu verantworten - wer will schon riskieren, dass da mal nächtlicherweise jemand ein paar Fässer klaut?

Bis heute gibt es kein praktisch durchführbares Endlagerkonzept - Geschweige denn Standorte dafür.

Panasonic
2009-07-28, 17:14:16
Ja, ich arbeite in einem Kernkraftwerk. Ich hatte das schon im Krümmel-Thread erwähnt.

Deine Darstellung ist nicht richtig:"Die Haftung des Inhabers einer Kernanlage nach dem Pariser Übereinkommen in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 sowie nach dem Pariser Übereinkommen und dem Gemeinsamen Protokoll in Verbindung mit § 25 Abs. 1, 2 und 4 ist summenmäßig unbegrenzt." (§31, Abs. 1 AtG)

Ergänzend dazu (http://www.kernenergie.de/kernenergie/Themen/Sicherheit/Atomhaftung/index.php). Achtung, böse Lobbyseite.
Das stimmt schlicht nicht. Laut Atomgesetz sind Havarieschäden bis 2,5 Mrd. Euro versichert. An dieser Versicherung beteiligen sich Kraftwerksbetreiber nur Teilweise. Im Falle einer Kernschmelze deckeln die 2,5 Mrd. Euro weniger als 0,1% der zu erwartedenen Schadenssumme.

Die "echte" Atomunfallversicherung stemmt der Staat! Andernfalls wäre Atomstrom unbezahlbar. Wenn es denn überhaupt möglich wäre, ein Kernkraftwerk umfassend zu versichern. Was es ja nicht ist.

Es wird Deinen Arbeitsplatz nicht retten, hier Lügen zu verbreiten. Eigentlich müsste jeder Mensch schon bei der Aussage, Krafwerksbetreiber würden "unbegrenzt haften", in schallendes Gelächter verfallen.

huha
2009-07-28, 17:32:46
Man muß sich sowieso fragen, ob es so sinnvoll ist, den aktuell verbrauchten Kernbrennstoff unwiederbringlich (und so sind Endlager konstruiert!) einfach irgendwo hinzustopfen. Viel sinnvoller wäre es, wenn man die Sachen erstmal ein paar Jahrzehnte offen lagern würde. Erstens kann man dann ggf. Brennstoff zur Wiederaufbereitung bringen oder ihn in neuen Reaktoren verwenden (der hier eingesetzte Kernbrennstoff ist ja schon recht schnell abgebrannt, da könnte man noch Einiges rausholen, wenn man denn wollte) und zweitens erübrigt sich somit auch eines der größten Probleme für die Endlagerung--die Teile werden warm. Die Wärmeerzeugung ist am Anfang wohl ein größeres Problem, wird aber nach einigen Jahrzehnten so niedrig, daß man diese bei der Planung von Endlagern nicht mehr allzu sehr beachten muß.

-huha

huha
2009-07-28, 17:42:36
Die "echte" Atomunfallversicherung stemmt der Staat! Andernfalls wäre Atomstrom unbezahlbar. Wenn es denn überhaupt möglich wäre, ein Kernkraftwerk umfassend zu versichern. Was es ja nicht ist.

Der Staat stemmt alle "echten" Versicherungen bei Großunfällen.
Dein Argument ist zwar insofern nicht falsch, aber reichlich sinnlos, weil es nicht exklusiv für die Kernkraft gilt. Ich halte die emotionale Argumentationsweise sowieso für fehl am Platze, da man mit Gefühlen nicht über Technik diskutieren kann.

Zur Zeit ist es opportun, verfrüht aus der Nutzung der Kernenergie auszusteigen und sich damit abhängiger von anderen Ländern als Energielieferant zu machen und gleichzeitig einen der größten Industrietrends überhaupt (Kernkraft!) zu verschlafen, weil kein Geld mehr in die Entwicklung hierzulande gesteckt wird.
In vielen Ländern der Welt entstehen dutzende neue Kernkraftwerke, ein Ende ist nicht abzusehen. Es ist zwar löblich, daß wir da mit ein paar popeligen Windrädern und Solarzellen entgegenhalten wollen, sinnvoll ist es aber nicht. Kernkraft und sog. regenerative Energien ergänzen sich. Windkraft und insbesondere Photovoltaik sind ob ihrer unwillkürlichen Stromerzeugung sehr problematisch, da man massive Überkapazitäten vorhalten muß, um eine ausreichende Versorgung zu garantieren. Geothermie ist zwar auch erneuerbar, birgt aber große Risiken--wer wohl bei einem Erdbeben zahlt, das durch ein geothermisches Kraftwerk ausgelöst wurde? ;)

Außerdem ist unser Stromnetz nicht dafür ausgelegt, große Mengen Solar- und Windstrom weiterzuleiten, das erfordert also ebenfalls große Investitionen.

-huha

Panasonic
2009-07-28, 18:59:10
Der Staat stemmt alle "echten" Versicherungen bei Großunfällen.
Dein Argument ist zwar insofern nicht falsch, aber reichlich sinnlos, weil es nicht exklusiv für die Kernkraft gilt. Ich halte die emotionale Argumentationsweise sowieso für fehl am Platze, da man mit Gefühlen nicht über Technik diskutieren kann.
Aber welche Technologie kann durch einen einzigen Unfall Schäden verursachen, die nach menschlichen Maßstäben (nur begrenzt auf den finanziellen Sektor) nicht zu beheben sind? Und dann noch die Frage, welcher Industriezweig - neben der Kernkraft - noch ausdrücklich nicht für alle zu erwartenden Schäden im Störfall haften muss? Meines Wissens ist hier ausschliesslich die Kernenergie privilegiert, da genau dieser Punkt - die Versicherung - in den 50er und 60er Jahren eine unüberwindbare Barriere war. Und daher politisch gekappt wurde.

Man muss sich die Dimensionen vorstellen. Die Lobby spricht von der sichersten Technik überhaupt und auf der anderen Seite kann man sich in Deutschland nicht gegen Schäden durch einen kerntechnichen Störfall versichern. Weder als Kraftwerk, noch als Privatmensch. Es gibt einfach keine Versicherung, die eine derartige Versicherung anbieten würde.

Für 2,5 Mrd. Euro kann man kein unbeschädigtes Kernkraftwerk zurückbauen, wie will man damit die Schäden einer schweren Havarie begleichen? :usad:

Man muß sich sowieso fragen, ob es so sinnvoll ist, den aktuell verbrauchten Kernbrennstoff unwiederbringlich (und so sind Endlager konstruiert!) einfach irgendwo hinzustopfen. Viel sinnvoller wäre es, wenn man die Sachen erstmal ein paar Jahrzehnte offen lagern würde.
Genau dies tut man doch seit 50 Jahren. Weil man dachte, in naher Zukunft sei die Endlagerfrage geklärt. Allerdings ist das Gegenteil eingetreten. Je länger man nach einer Endlagerung forscht, desto weiter rückt die Möglichkeit in die Ferne.

Monger
2009-07-28, 19:32:53
Zur Zeit ist es opportun, verfrüht aus der Nutzung der Kernenergie auszusteigen und sich damit abhängiger von anderen Ländern als Energielieferant zu machen

Sind wir sowieso. Eisenerz aus China, Werkzeuge aus Thailand, Uranerz aus Australien, Kupfer aus Afrika, Know-How aus Japan... du baust und betreibst heute kein Kraftwerk mehr ohne die Beteiligung von allen fünf Kontinenten - und erst recht kein Kernkraftwerk.

Selbst wenn man diese etwas antiquierte Vorstellung der autarken Versorgung verfolgen wollte, kämen die alternativen Energiequellen immer noch besser weg. Sonne und Luft kennen keine Zollgrenzen, und die Ausgangsmaterialien für Solarzellen o.ä. gibt es wie Sand am Meer. Know-How ist sowieso Deutschland führend, und selbst wenn ist es keine so komplexe Technik als dass man da noch 50 Jahre investieren müsste um spürbare Effizienzsteigerungen zu bekommen (ganz im Gegensatz zur Kernenergie).


und gleichzeitig einen der größten Industrietrends überhaupt (Kernkraft!) zu verschlafen, weil kein Geld mehr in die Entwicklung hierzulande gesteckt wird.

Das ist jetzt ein Stück weit Glaubensfrage. Vieles spricht dafür, dass die aktuelle Entwicklung ein Strohfeuer ist. Die Kernenergie ist vielleicht zehn Jahre länger wirtschaftlich interessant als Kohle, weil eben der CO² Wirkungsgrad etwas (aber nicht viel) besser ist.

Technisch gesehen hat sich in der Kernkraft seit 30 Jahren nicht viel bewegt - auch in Staaten die schon aus militärischem Interesse intensiv daran geforscht haben (Frankreich, USA, Russland, China), oder aus anderen Gründen damit schon viel Erfahrung haben (Japan).
Alles was derzeit als die heiligen Kühe der Kernkraft gepriesen werden (Schnelle Brüter, Kernfusion) sind schon seit vielen Jahrzehnten erfolglos. Ob sie jemals wirtschaftlich arbeiten können, ist derzeit pure Spekulation. Außerhalb von Deutschland gibt es in der Bevölkerung meist wenig Widerstand gegen die Kernkraft, und trotzdem ist ein Staat nach dem anderen aus der Forschung ausgestiegen. Das sollte einem zu denken geben.



Es ist zwar löblich, daß wir da mit ein paar popeligen Windrädern und Solarzellen entgegenhalten wollen, sinnvoll ist es aber nicht.

Wieso spielst du die regenerativen Energien so runter? Als ob man damit nur eine Glühbirne betreiben könnte.
Ein großer Offshore Windpark ist genauso leistungsstark wie ein Kernkraftwerk. Entweder brauchst du halt entsprechende Überkapazitäten, oder ordentliche Puffer. Beides ist technisch schon jetzt bezahlbar. Aber es ist doch quatsch zu glauben, dass einen ganzen Tag lang in ganz Deutschland sich kein Lüftchen regt.


Außerdem ist unser Stromnetz nicht dafür ausgelegt, große Mengen Solar- und Windstrom weiterzuleiten, das erfordert also ebenfalls große Investitionen.

-huha
Unser Stromnetz ist für überhaupt keine größeren Strommengen ausgelegt. Solange wir also davon ausgehen dass der Stromverbrauch steigt (wenn er sinkt, brauchen wir ohnehin keine Kernkraftwerke), müssen wir ohnehin das Stromnetz neu strukturieren.
Und da bietet sich eine dezentralisierte Struktur an. Allein was du schon an Verlustenergie sparst indem du Strom eben nicht 500km quer übers Land schickst, sondern möglichst nah am Verbraucher (idealerweise direkt im selben Haus) erzeugst, ist nicht zu verachten. Das entlastet dann auch die Umspannwerke, und reduziert das Risiko von Stromausfällen.

Im Endeffekt ist für mich die Frage des Atomausstiegs gleichzeitig eine Frage, wie progressiv wir bei der Reform unserer Energietechnik sein wollen. Langfristig gibt es keinen Weg an regenerativen Energien vorbei, das sollte klar sein. Wir können jetzt entweder den einfachen Weg gehen, und uns auf Technologien stützen die wir in den nächsten 50 Jahren ohnehin wieder verwerfen müssen, oder ein bißchen mehr Blut und Schweiß investieren, und es gleich richtig machen.

Philipus II
2009-07-28, 20:21:13
Der CO2 Wirkungsgrad einer Kernkraftwerks ist meiner Kenntnis nach besser als Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke.

Panasonic
2009-07-28, 20:49:43
Der CO2 Wirkungsgrad einer Kernkraftwerks ist meiner Kenntnis nach besser als Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke.
Das ist nicht ganz richtig, hier ein interessanter Artikel zu dem Thema:
http://www.haustechnikdialog.de/News/News.aspx?ID=6976&Headline=Neue%20Studie%20belegt%3a%20Atomkraft%20ist%20nicht%20CO2-frei%20

Coda
2009-07-28, 22:04:35
Die Frage ist halt wie eingefärbt das ist. Falls es stimmt, dann halte ich Kernkraft auch nicht für sinnvoll.

xiao didi *
2009-07-28, 22:06:33
Der Bund ist für die Errichtung des Endlagers verantwortlich und stellt die entstandenen Kosten wiederrum den Betreibern in Rechnung.
Von Monitor gibt es dazu einen Bericht.

Atomlüge - Die wahren Kosten der Endlager (http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2009/0723/atom.php5) (Sendung vom 23.07.2009)

Inwiefern das stimmt, vermag ich allerdings nicht zu beurteilen.

Philipus II
2009-07-28, 22:33:55
Der Bericht nimmt an, dass Haushalte mit Atomstrom konventionelle Energieträger zum Heizen nutzen und rechnet dies mit in die CO2 Bilanz ein. Das finde ich ist ein Rechentrick.

Alexander
2009-07-28, 22:51:37
Der Bericht nimmt an, dass Haushalte mit Atomstrom konventionelle Energieträger zum Heizen nutzen und rechnet dies mit in die CO2 Bilanz ein. Das finde ich ist ein Rechentrick.
Lies genauer. Auch ohne Kraft-Wärmekopplung hat Wind bereits gewonnen.

Monger
2009-07-28, 22:56:25
Der Bericht nimmt an, dass Haushalte mit Atomstrom konventionelle Energieträger zum Heizen nutzen und rechnet dies mit in die CO2 Bilanz ein. Das finde ich ist ein Rechentrick.
Warum? Bei Fernheizkraftwerken wird schließlich auch die CO² Bilanz gerechnet. Ein Kohlekraftwerk wo die Wärme einfach nur ungenutzt verpufft, ist logischerweise in der Bilanz ziemlich schlecht. Wo die Wärme gleichzeitig zum Heizen genutzt wird, ist die Energieeffizenz allerdings verdammt gut.

Könnte man Atomkraftwerke in ähnlicher Weise für Fernwärme nutzen, wäre die Energieeffizienz selbstverständlich nahezu ungeschlagen - geht nur aus technischen Gründen so nicht.

ZapSchlitzer
2009-07-28, 23:32:27
Warum? Bei Fernheizkraftwerken wird schließlich auch die CO² Bilanz gerechnet. Ein Kohlekraftwerk wo die Wärme einfach nur ungenutzt verpufft, ist logischerweise in der Bilanz ziemlich schlecht. Wo die Wärme gleichzeitig zum Heizen genutzt wird, ist die Energieeffizenz allerdings verdammt gut.

Könnte man Atomkraftwerke in ähnlicher Weise für Fernwärme nutzen, wäre die Energieeffizienz selbstverständlich nahezu ungeschlagen - geht nur aus technischen Gründen so nicht.

Also in der Schweiz werden Kernkraftwerke auch für Fernwärme eingesetzt.
Kernkraftwerk Stade bei Hamburg z.B. versorgte die Saline mit Fernwärme.

Wüsste auch nicht wo es da technische Probleme geben sollte.
Die ND-Turbinen werden ja schließlich auch angezapft, um die sonst
verloren gehende Wärme den Vorwärmern zu zuführen.

Philipus II
2009-07-29, 00:07:49
Leider lässt sich die Studie selbst nicht runterladen.
Leider hab ich das alte Physikbuch nicht mehr da, da war Kernkraft knapp vor Windkraft bzüglich CO2.