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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bin grade über mich selbst erschrocken


Benedikt
2009-09-28, 01:02:47
Disclaimer: Ich bin ein friedliebender, pazifistisch denkender und rationaler Mensch. Es besteht hier kein Grund, voreilige Schlüsse zu ziehen.

Es ist nach Mitternacht und dunkel in meinem Zimmer. Ich spiele zum wiederholten Male Bioshock durch, habe meine Kopfhörer auf und genieße die stimmungsvolle Soundkulisse des großartig einen in seinen Bann ziehenden Raptures. Ich höre mit Genuss jeden Soundrecorder, male mir im Kopf die oftmals dazu passenden und nur angedeuteten Szenen einer untergehenden Stadt, ja einer untergehenden Gesellschaft aus.
Ich bin im Level von Sander Cohen angelangt, einem offensichtlich schwer geistesgestörten "Künstlers". Ich kämpfe mich durch diverse fiese von ihm ausgelegte Fallen, und versuche sein "Kunstwerk" fertigzustellen.
Letztendlich lässt er mich weiterziehen auf meinem Weg zur Rettung (oder zum Untergang) Raptures, nicht ohne seine perfekte, aus Körpern bestehende Kunstinstallation zu loben. Ich denke mir - diese Kreatur hat es nicht verdient, zu überleben. Ein Machtmensch, der skrupellos die Kunst als Deckmäntelchen für seine kranken Machenschaften verwendet.

Und da bin ich heillos erschrocken. Dies ist ein Computerspiel, Sander Cohen besteht nur aus einem Stückchen Programmcode. Ausgeführt auf einem Doppelkernprozessor von Intel. Ein - gut designtes - Stückchen Programmcode und ein paar exzellende Soundsamples. Und ich identifiziere mich emotional damit, will das Stück Code "töten", weil er/es nicht "verdient hat, zu leben".

Ich bin gegen die Killerspieldebatte, weil ich nicht der Meinung bin, man kann sich über einen gewissen Punkt mit Computerspielen identifizieren. Oder doch? Was geht in meinem Kopf in diesem Moment vor? Offensichtlich erkenne ich die Fiktion als vermeintliche Realität an, und - ganz ehrlich - das macht mir ein bisschen Angst... :rolleyes:

Live1982
2009-09-28, 01:10:55
solange du, wenn du das game beendest und raus auf die straße gehst, diese gedanken nicht mehr hast, sehe ich kein problem. für mich ist das ein indikator für ein gutes spiel, wenn ich mich mit den charakteren identifizieren kann oder auch hassgefühle aufbaue (bei gothic z.b. oft genug selbst erlebt). aber mach ich den rechner aus bin ich wieder in der realen welt. kein problem

Satariel
2009-09-28, 01:48:29
Du hast bloß eine lebendige Phantasie. Wie mein Vorredner schon sagte, solange du Fiktion von Realität trennen kannst besteht keine Gefahr.

Gute Bücher können bei entsprechender Phantasie auch lebendig werden. Einige Leute (zu denen ich mich zähle) können auch bei bestimmter Musik lebendig wirkende Welten in ihren Köpfen enstehen lassen. Filme beeinflussen bei einigen Leuten erheblich die Träume. Warum sollten das Computerspiele nicht tun?

Es ist nicht der Schritt zwischen Wahrgenommenem und Beeinflussung der Phantasie, der gefährlich ist. Gefährlich wird es erst wenn die Phantasie zur Tat wird.

my 2 hobbypsychologen-cents ;)

Madman123456
2009-09-28, 02:06:09
Solange dein Verstand zuweilen mal sagt das die Realität da ist, wo der Pizzamann herkommt ist noch alles in Ordnung.

Es ist Sinn und Zweck der Übung das man sich für die Zeit des Spiels im selben verliert und dann nicht nur die generierten, eigentlich garnicht vorhandenen Viecher abknallt.
Es werden Testspiele durchgeführt um urteilen zu können was an dem Setting zur Atmossphäre beiträgt, was eher langweilig ist und was zu überzogen wirkt.
Und bei dir hatten die Leute Erfolg. Freu dich über die Rettung/Untergang Raptures als wär es wirklich passiert. Solange bis du wieder in der Realität, oder wahlweise im 3d center bist :tongue:

KinGGoliAth
2009-09-28, 03:21:06
kinder haben auch kein problem damit, dass hänsel und gretel die böse hexe in den ofen stecken.
selbst in disney filmen für kinder kommen die bösen ab und an ums leben und das nicht gerade sanft.
der eindruck, dass böse menschen auch böses verdienen ist ganz normal. ob man es nicht nur denkt sondern auch tut steht wieder auf einem anderen blatt.

Ich bin gegen die Killerspieldebatte, weil ich nicht der Meinung bin, man kann sich über einen gewissen Punkt mit Computerspielen identifizieren. Oder doch? Was geht in meinem Kopf in diesem Moment vor? Offensichtlich erkenne ich die Fiktion als vermeintliche Realität an, und - ganz ehrlich - das macht mir ein bisschen Angst... :rolleyes:

als letzte rettung gibt es noch den ausschalter am pc. :usweet:

tombman
2009-09-28, 05:21:50
Nennt man "immersion", und wie schon gesagt: solange du noch unterscheiden kannst....

Ohne die Killerspieldebatte und die Amokläufe wäre dir vermutlich gar nix aufgefallen ;)
Du bist einfach nur sensibilisiert...

clockwork
2009-09-28, 05:39:21
Ich würd mal sagen du hast einfach mal ein verdammt gutes Spiel gefunden und dich drauf eingelassen. ;)

Und falls du doch jemand abknallen willst, lass dir vorher Tipps geben, nicht den nächst besten! :freak::sneak:

Siegfried
2009-09-28, 06:33:26
Disclaimer: Ich bin ein friedliebender, pazifistisch denkender und rationaler Mensch. Es besteht hier kein Grund, voreilige Schlüsse zu ziehen.

Es ist nach Mitternacht und dunkel in meinem Zimmer. Ich spiele zum wiederholten Male Bioshock durch, habe meine Kopfhörer auf und genieße die stimmungsvolle Soundkulisse des großartig einen in seinen Bann ziehenden Raptures. Ich höre mit Genuss jeden Soundrecorder, male mir im Kopf die oftmals dazu passenden und nur angedeuteten Szenen einer untergehenden Stadt, ja einer untergehenden Gesellschaft aus.
Ich bin im Level von Sander Cohen angelangt, einem offensichtlich schwer geistesgestörten "Künstlers". Ich kämpfe mich durch diverse fiese von ihm ausgelegte Fallen, und versuche sein "Kunstwerk" fertigzustellen.
Letztendlich lässt er mich weiterziehen auf meinem Weg zur Rettung (oder zum Untergang) Raptures, nicht ohne seine perfekte, aus Körpern bestehende Kunstinstallation zu loben. Ich denke mir - diese Kreatur hat es nicht verdient, zu überleben. Ein Machtmensch, der skrupellos die Kunst als Deckmäntelchen für seine kranken Machenschaften verwendet.

Und da bin ich heillos erschrocken. Dies ist ein Computerspiel, Sander Cohen besteht nur aus einem Stückchen Programmcode. Ausgeführt auf einem Doppelkernprozessor von Intel. Ein - gut designtes - Stückchen Programmcode und ein paar exzellende Soundsamples. Und ich identifiziere mich emotional damit, will das Stück Code "töten", weil er/es nicht "verdient hat, zu leben".

Ich bin gegen die Killerspieldebatte, weil ich nicht der Meinung bin, man kann sich über einen gewissen Punkt mit Computerspielen identifizieren. Oder doch? Was geht in meinem Kopf in diesem Moment vor? Offensichtlich erkenne ich die Fiktion als vermeintliche Realität an, und - ganz ehrlich - das macht mir ein bisschen Angst... :rolleyes:
willkommen im club der potentiellen amoklaeufer :usweet:

Benedikt
2009-09-28, 09:12:40
Nennt man "immersion", und wie schon gesagt: solange du noch unterscheiden kannst....

Ohne die Killerspieldebatte und die Amokläufe wäre dir vermutlich gar nix aufgefallen ;)
Du bist einfach nur sensibilisiert...
Das ist wohl wahr - ging mir früher auch öfter so, dass mich ein Spiel in seinen Bann zu ziehen vermochte. Mittlerweile (bin 26) deutlich seltener.
Zur Realität kann ich selbstverständlich unterscheiden, ansonsten würde ich mir wohl kaum diese Gedanken machen. ;)
Ich würd mal sagen du hast einfach mal ein verdammt gutes Spiel gefunden und dich drauf eingelassen. ;)

Geht mir aber eigentlich nur bei Bioshock und ganz wenigen anderen Sachen - gibt halt weniges mit einer so lebendigen Geschichte - so (bin halt eine Story-whore...). :biggrin:

sei laut
2009-09-28, 11:46:11
Naja, so kanns einem auch mit dem passenden Buch gehen. Und das ist nur ein Fetzen Papier, aber unser Gehirn kann diesen Fetzen in Gedanken zum Leben erwecken.
Allerdings ist es nicht einfach, ein Buch zu finden, was dazu in der Lage ist, denn Bücher wirken bei jedem anders. Bei Computerspielen gehts durch vorgefertigte Bilder einfacher.

Wer entsprechendes findet, sollte es genießen, solange er danach wieder in die Realität findet. Denn sowas ist unbezahlbar.

Megamember
2009-09-28, 11:57:32
Natürlich identizizert man sich mit dem Hauptcharakter und entwickelt ein Hass auf Gegner, bersonders wenn die Story gut genug ist. Ist doch dasselbe wie bei Filmen, Büchern etc. Ich weiss jetzt ehrlich gesagt nicht was daran neu oder ungewöhnlich sein soll.

Philipus II
2009-09-28, 15:22:55
Mir gehts bei Büchern eigentlich noch öfter so.
Bei Singleplayer Games kann ich mich manchmal auch mit der Person identifizieren, im MP ists eher ein Wettkampf...

drexsack
2009-09-28, 16:45:45
Genieß einfach weiter das Spiel ;)

!_Tomcat_!
2009-09-28, 16:54:38
Natürlich identizizert man sich mit dem Hauptcharakter und entwickelt ein Hass auf Gegner, bersonders wenn die Story gut genug ist. Ist doch dasselbe wie bei Filmen, Büchern etc. Ich weiss jetzt ehrlich gesagt nicht was daran neu oder ungewöhnlich sein soll.

So siehts nämlich mal aus!

Wie oft hab ich bei EgoShootern schon gedacht: "Aaaaaaaaah, verreck du Drecksau!!!!" *draufrotz* :D

Rooter
2009-09-28, 19:41:37
[x] Kein Problem

Ich bin z.B. Horrorfilm-Fan und kann mir ohne mit der Wimper zu zucken irgendwelche Gemetzel anschauen. Und noch 'ne Pizza dabei mampfen. Warum? Weil ich so abgestumpft bin? Ich glaube nicht. Es gibt einfach diese leise Stimme meines Verstandes die mir im Hinterkopf ständig vor Augen hält das das alles nicht real ist. Aber irgendwelche Snuff-Filmchen aus dem Internet (z.B. als Nick Berg im Irak vor laufender Kamera der Kopf abgeschnitten wurde!) lassen mich auch erschaudern. Und so lange das passiert weis ich auch das ich mental gesund genug bin nie zu einem Amokläufer zu werden.

Anderes Beispiel: Egoshooter. Ja, ich habe z.B. bei Quake "Gibs" und "Blutnebel" aktiviert. Das dient aber für mich - auch wenn es einige Makaber finden werden - dem Spiel-Realismus denn wenn eine Rakete zu Füßen eines Menschen hochgeht sieht das nunmal ungefähr so aus. Auch hier weis ich wieder: Alles virtuell, alles Fiktion, wenn ich die "Person" vor mir in Stücke sprenge ist niemandem irgendwas passiert. Ihr könnt mir aber glauben das ich froh bin noch nie die wirklichen Überreste eines Menschen gesehen zu haben der in eine solche Explosion kam, oder Unfallopfer die von Autos oder Zügen überrollt wurden! :eek:
Ich habe auch schon rotten.com besucht (gibt's die Seite überhaupt noch?), war aber auch schnell wieder runter.

MfG
Rooter