PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frankreich testet anonyme Bewerbungen.


Avalox
2009-11-21, 09:44:41
Um Migranten, Frauen und älteren Bewerbern eine Chancengleichheit bei der Berufssuche einzuräumen, werden in Frankreich gerade anonyme Bewerbungen getestet. Welche eben genau diese persönlichen Daten nicht enthalten.

Es sollen allein die Qualifikationen entscheiden.


Kein Name, kein Alter, kein Geschlecht, keine Anschrift (und natürlich auch kein Bild, so wie hierzulande schon oftmals) dürfen dort in der Bewerbung auftauchen.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,662492,00.html

Die_Allianz
2009-11-21, 09:49:08
aha und das vorstellungsgespräch findet dann wie statt? im dunkeln mit darth vader stimmverzerrer?
-> schwachsinn

Avalox
2009-11-21, 09:59:28
aha und das vorstellungsgespräch findet dann wie statt? im dunkeln mit darth vader stimmverzerrer?
-> schwachsinn

Die Selektion zwischen Bewerbung und Vorstellungsgespräch ist doch viel umfangreicher als in einem Bewerbungsgespräch.

Heute werden doch nur in Bereichen so viele Bewerbungsgespräche geführt, in welchen man davon ausgehen kann, dass die anvisierte Klientel der Stelle eh keine vernünftigen Bewerbungsunterlagen hin bekommt, oder die Unternehmung so schlecht ist, dass sie keine ordentliches Anforderungsprofil definieren kann.

Man könnte deinen Einwand oben schlicht entschärfen, wenn man generell sagt, dass mehr als 5 Bewerber nie auf eine zu vergebende Stelle zum Gespräch eingeladen werden dürfen. Die Stellenvergabe kann im Nachhinein auch für Unternehmungen statistisch ausgewertet werden.

darph
2009-11-21, 11:11:03
Ein negativer Effekt ist die totale Reduzierung auf Zahlen. Noten. Führt zu nichts weiter als einer schleichenden Elitisierung der Gesellschaft.

Spätestens beim Vorstellungsgespräch werden die Leute, die unbequem sind, doch eh wieder heim geschickt - wer so jemanden nicht einstellen will, der wird sie auch nicht einstellen, ob er sie jetzt einladen mußte oder nicht.

foobi
2009-11-21, 11:19:58
Das Verfahren gibt es bei manchen US-Unternehmen schon seit Jahren, weil dort die Anti-Diskriminierungsvorschriften schärfer sind.

aha und das vorstellungsgespräch findet dann wie statt? im dunkeln mit darth vader stimmverzerrer?
Nein.
Wenn alle eingeladenen Bewerber jung sein müssten, hätte ein älterer Bewerber in diesem Fall keine Möglichkeit die Stelle zu bekommen. Wurde er aber aufgrund einer anonymisierten Bewerbung erstmal eingeladen, kann er sich evtl besser als die Konkurrenten verkaufen und hat auf jeden Fall höhere Chancen auf eine Anstellung als im ersten Fall.
Dies gilt insbesondere, da die Anzahl der Bewerber, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, begrenzt ist, solche Gespräche sind vergleichsweise zeitaufwendig. Das Unternehmen kann es sich nur schwer erlauben, bei den paar eingeladenen Bewerbern einen Großteil sofort auszusortieren, weil sie zu alt sind, aus einem anderen Land stammen oder was auch immer.

Außerdem bieten sich einem Bewerber nach einem Vorstellungsgespräch deutlich bessere Klagemöglichkeiten im Falle von Diskriminierung, als bei einer Absage auf eine bloße Bewerbung. Bei letzterem kann immer behauptet werden, dass die Stelle schon längst anderweitig besetzt worden wäre, oder das Profil fachlich nicht passen würde. Wenn der Bewerber aber erstmal eingeladen wurde, hat das Unternehmen ja schon deutliches Interesse an ihm bekundet. Falls die Vorstellung positiv verlief, wird es vor Gericht dann schwieriger zu erklären sein, wieso der Bewerber nun trotzdem nicht eingestellt wurde.


Letztlich bietet ein anonymisierter Lebenslauf natürlich keinen absoluten Schutz vor Diskriminerung, aber es erschwert sie ein bisschen, und das ist ja schonmal etwas.

Nachtrag:
Ein negativer Effekt ist die totale Reduzierung auf Zahlen. Noten.
...und auf Wissen und Erfahrung, die ein Bewerber neben seinen Zeugnissen und Zertifikaten im Lebenslauf/Anschreiben dargelegt hat.
Auf was sollte der Auswahlprozess auch sonst beruhen?

Spätestens beim Vorstellungsgespräch werden die Leute, die unbequem sind, doch eh wieder heim geschickt
Wieso unbequem sein? Das lässt sich aus Name, Herkunft oder Alter nicht ableiten.

Mark
2009-11-21, 11:24:45
Reicht denn die Begründung "Sie passen nicht in unser Team" nicht aus?

blackbox
2009-11-21, 11:53:11
Eigentlich sind schon Lichtbilder in Deutschland keine Pflicht, aber leider verlangen Firmen immer noch Fotos. Und da gehts schon los. Ist jemand fotogen? Wenn nicht, dann hat er hier schon den ersten Nachteil. Wie ist der Personaler gerade drauf, als er das Foto sieht? Und und und...... hier fängt Diskriminierung nur aufgrund des Aussehens schon an.
Andere Länder sind in der Sache schon viel weiter und ich finde den Vorstoß hier von Frankreich sehr gut.
In Deutschland wird schon viel zu viel bei Bewerbungen diskriminert, der Name, das Alter, das Aussehen, das Geschlecht......
Es ist nunmal hier so, wer hier
- einen befremdlich wirkenden Namen hat
- schon etwas älter ist
- unattraktiv aussieht
- weiblichen Geschlechts ist
hat einfach schlechtere Chancen.
Frauen verdienen übrigens immer noch weniger als Männer bei gleicher Qualifikation.

Lyka
2009-11-21, 12:01:15
Andere Länder sind in der Sache schon viel weiter ....

und wie, mon ami?

Unabhängig davon:

Es gibt Arbeitsplätze, bei denen nicht Zahlen, sondern andere Dinge wichtig sind. Was nützt einem Arbeitgeber z.B. eine Person, die zwar gute intellektuell großartige Bewertungen hat (die Zensur/Abschluss-technisch erfassbar sind), aber z.B. durchgehend mit Fresse durchs Bild geht, cholerisch ist, kein Teamplayer, absolut unsozial etc.... :D und ja, hier könnte theoretisch ein Bild schon gewisse Dinge andeuten... Was wird denn nochmal auf den anonymen Bewertungen ausgeblendet?... Nur der Name und das Alter? Oder der ganze persönliche REst auch noch... nur Zahlen ala Lochkartensystem?

blackbox
2009-11-21, 12:03:52
Lesen, Lyka, lesen.

Indem sie zum Beispiel auf ein Foto verzichten.

Das Problem, was du ansprichst, ist ein allgemeines Problem bei der Rekrutierung neuer Arbeitskräfte. Keines im Speziellem. Und nicht umsonst gibt es Probezeiten und Kündigungsfristen.

Und was kann ein Bild andeuten bezüglich des Charakters? :freak:

darph
2009-11-21, 12:25:46
Wieso unbequem sein? Das lässt sich aus Name, Herkunft oder Alter nicht ableiten.
Eben.

Nehmen wir mal (bewußt übertrieben) an der Personaler ein ein alteingesessenes Nazischwein und es bewirbt sich ein Afrikaner anonym (wie das mit den Zeugnissen gehen soll … aber egal). Er hat eine gute Bewerbung eingereicht und wird eingeladen. Die Nazisau sieht sich also zum Bewerbungsgespräch einem Schwarzen gegenüber.

Was wird der Personaler sich wohl denken?

[ ] Rufen Sie uns nicht an, wir rufen Sie an. Nicht.
oder
[ ] Oh, ja, ich kann zwar Schwarze nicht ausstehen, aber die Bewerbung ist ja so toll und jetzt, wo er da ist, da hab ich auf einmal Mitleid mit dem Mann, ach, geb' ich ihm doch die Stelle.

Weil das ja auch so gut funktionieren wird. (y)

Er kriegt die Stelle immer noch nicht - er erfährt es nur später.

sChRaNzA
2009-11-21, 12:31:13
Nachtrag:
...und auf Wissen und Erfahrung, die ein Bewerber neben seinen Zeugnissen und Zertifikaten im Lebenslauf/Anschreiben dargelegt hat.
Auf was sollte der Auswahlprozess auch sonst beruhen?
.

Was machen dann alle frisch Ausgebildeten? Wie sollen die zu Erfahrung und Wissen Know-How kommen wenn sie aufgrund des auf dem Papier fehlenden nicht eingestellt werden?

basti333
2009-11-21, 12:53:14
Ein negativer Effekt ist die totale Reduzierung auf Zahlen. Noten. Führt zu nichts weiter als einer schleichenden Elitisierung der Gesellschaft.


Lol, was ein schwachsinn. Wenn du eine Bewerbung bekommst, soll dann auf deine Herkunft, Hautfarbe und Alter geachtet werden oder auf deine Laufbahn, schulnoten und fachwissen? RICHTIG! wenn wir uns nur auf zweiteres fixieren wo soll das hinführen? Plötzlich sitzen mehr neger als weiße in Bewerbungsgespäche, weil die motivierter sind?!

Ich finde es soweit gut, kann man auch gerne hier einführen, aber es bringt nicht überall was, denn erstens (wie schon richtig erwähnt) sieht man dann spätesten im Gespäch wer sich da Beworben hat. Zweitens sieht man den Bewerbungen auch so an was für ein Mensch dort ist, denn gedanken alà "die kommt aus marokko, ist vor drei jahren hierhergezogen, die nehme ich nicht, ab in papierkorb" kommen selten aus fremdenhass, sondern weil man weiß die können kaum deutsch und das sieht man auch den Bewerbungen in den meisten fällen an.

Ich sehe im Beruf sehr, sehr viele Bewerbungen, muss sie zwar nicht beurteilen oder so (habe mit einstellungen nix am hut), aber mit der zeit sieht man einfach an der Bewerbung was für ein Mensch sich dort bewirbt.

Im übrigen wird bei uns im Unternehmen sowieso jeder zum Gespräch eingeladen und auch mangelnde Sprachkenntnisse sind nur ein negativ punkt, kein ausschlußkriterium. Wichtigstes kriterium ist schlichtweg die motivation und davon haben ausländer oft weitaus mehr als Deutsche. Zumindest bei mir im Unternehmen, es geht hauptsächlich um Berufe für ungelernte.

Bei Akademikern könnte sowas u.U. etwas bringen. Schaden tut es aufjedenfall nie.

Schiller
2009-11-21, 15:06:06
Ein negativer Effekt ist die totale Reduzierung auf Zahlen. Noten. Führt zu nichts weiter als einer schleichenden Elitisierung der Gesellschaft.

Spätestens beim Vorstellungsgespräch werden die Leute, die unbequem sind, doch eh wieder heim geschickt - wer so jemanden nicht einstellen will, der wird sie auch nicht einstellen, ob er sie jetzt einladen mußte oder nicht.Hmm...bei den Betrieben, bei denen ich bis jetzt war wurde einfach nach Nationalität, Foto und Rechtschreibung selektiert. Die Noten und Abschlüsse wurden nur überflogen.

Mr.Fency Pants
2009-11-21, 15:30:44
Dann warst du aber bei sehr merkwürdigen Unternehmen.

Welcher Personaler ist denn so dumm, Leute nicht nach ihrer Qualifikation einzustellen? Soll ja dem Unternehmen was bringen. Da steigt der Chef dem doch aufs Dach, wenn der nur Krampen zum Vorstellungsgespräch ankarrt.

Kai
2009-11-22, 12:18:11
Ein negativer Effekt ist die totale Reduzierung auf Zahlen. Noten. Führt zu nichts weiter als einer schleichenden Elitisierung der Gesellschaft.

Spätestens beim Vorstellungsgespräch werden die Leute, die unbequem sind, doch eh wieder heim geschickt - wer so jemanden nicht einstellen will, der wird sie auch nicht einstellen, ob er sie jetzt einladen mußte oder nicht.

Exakt. Ich habe ebenfalls Erfahrungen im recruitment sammeln können - und genau auf diese Leute möchte ich nicht verzichten. Ich habe bei Bewerbern eine ganze Menge an "Hyperqualifikation" auf dem Papier gesehen, aber aufgehört hatte es dann meist spätestens, als sie einen schriftlichen Test vor sich liegen hatten - oder im Vorstellungsgespräch nicht zu überzeugen wussten.

Dahingegen gab es auch viele Leute, welche mit Begeisterung für die Sache, Talent und einem genialen Gespräch sofort gewonnen haben, egal was sie da für Papierzeug mitgeschleppt haben. Dazu muss man allerdings auch sagen, dass unser Job kein Ausbildungsberuf ist - und es ansonsten ebenfalls wenig bis gar keine Bildungsmöglichkeiten gibt (von privaten abgesehen). Klassischer Quereinsteigerjob quasi.

Schnaxel F.
2009-11-22, 13:51:16
^^Zu dumm nur, daß bei 99% der hiesigen Persos dieses undeutsche (Ami?-)Modell eben nicht genutzt wird.

Zu den anonymen Bewe's:
Was ist jetzt daran neu. Das ist doch schon seit Jahren Gesetz (AGG-Gesetz).
Im "bösen" Amerika schon seit den 60ern Usus, wird es jetzt mal versuchsweise in Franzosistan getestet. Doll. Hat es sich in USA überhaupt bewährt?

just4FunTA
2009-11-22, 14:58:33
Exakt. Ich habe ebenfalls Erfahrungen im recruitment sammeln können - und genau auf diese Leute möchte ich nicht verzichten. Ich habe bei Bewerbern eine ganze Menge an "Hyperqualifikation" auf dem Papier gesehen, aber aufgehört hatte es dann meist spätestens, als sie einen schriftlichen Test vor sich liegen hatten - oder im Vorstellungsgespräch nicht zu überzeugen wussten.

Dahingegen gab es auch viele Leute, welche mit Begeisterung für die Sache, Talent und einem genialen Gespräch sofort gewonnen haben, egal was sie da für Papierzeug mitgeschleppt haben. Dazu muss man allerdings auch sagen, dass unser Job kein Ausbildungsberuf ist - und es ansonsten ebenfalls wenig bis gar keine Bildungsmöglichkeiten gibt (von privaten abgesehen). Klassischer Quereinsteigerjob quasi.

Das ergibt jetzt bezogen auf das Thema aber nicht viel Sinn was darph und du jetzt schreiben. Das Problem theoretisches Wissen und praktische Fähigkeiten wird natürlich durch anonyme Bewerbungen nicht behoben, aber darum geht es ja auch nicht.

Es sollen ja nur die Infos wegfallen wie alt du bist, ob weiblich oder männlich und Name der eventuell Herkunft verrät. Dadurch gibst du diskriminierten zumindest eine bessere Chance sich überhaupt erst im Vorstellungsgespräch beweisen zu können. Das wird natürlich nur bei unterbewussten Rassismus helfen bei irgend einem Rassisten der Bilder von Hitler und co in seinem Schlafzimmer aufhängt wird das natürlich nichts bringen.

WBM
2009-11-22, 20:49:35
was hier mmn ein wenig unterschlagen wird ist die tatsache, dass man durch solche erschwerenden einstellungsregelungen (und dazu zählt die tatsache, dass man wegen jeglichem scheiß verklagt werden kann) nur zu solchen geschichten wie zeitarbeit (lohnsklaverei) führen, weil man sich als unternehmen nicht mehr an den lästigen arbeiter mit arbeitsvertrag binden muss.

viele firmen im mittelstand überlegen sich ihre einstellungen durch solche an sich gut gemeinten geschichten ja zweimal.

_Gast
2009-11-23, 08:45:30
Seit es das Internet in der heutigen Form gibt, sind solche Diskussionen obsolet.

In der Regel reicht die Eingabe des Namens in eine Suchmaschine und man bekommt Fotos, Hobbys, Vorlieben, Alter usw. besser präsentiert als in jeglicher Bewerbung.