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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Hadza - Das Leben der Jäger und Sammler


Chemiker
2009-11-29, 13:24:24
Ein sehr interessanter Bericht eines Journalisten, der wenige Wochen bei den Hadza, einer Gruppe afrikanischer Jäger und Sammler verbrachten.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,661712,00.html

Interessant ist, dass diese keine Hierachien, keine Religion, keine festen Gesetz, keine Ehe zu kennen scheinen. Jeder ist sein eigener Herr, dennoch gibt es Zusammenhalt in der Gruppe. Serielle Monogamie. Die Toten werden nicht betrauert, man lässt sie liegen. Keine Kriege, keine Sorgen, ein anderes Verständnis von Zeit.
Wenn man das so ließt kann man kaum glauben, dass Menschen wirklich so dermaßen frei leben können.
Auch wenn ich ein Freund der Zivilisation, der Wissenschaft und Technik, all des Wissens, der Kunst und der Musik bin, so muss ich doch anerkennen, dass diese Art zu Leben wahrscheinlich die zukunftsfähigste Lebensart des Menschen ist und vielleicht noch am Ehesten ein dauerhaft zufriedenes Leben ermöglicht. Die Populationen sind klein, aber stabil. Kein religiöser Wahn, keine Hierachien, keine Sklaven und Herren. Man lebt einfach von einem Tag zum anderen. Natürlich auch immer bedroht von Krankheit, Verletzungen und Tod. Jeder ist dem anderen anscheinend gleichgestellt, man teilt die Jagdbeute und hat über den Tag keine Knochenarbeit.
Ich war nie ein Freund von romantischen Vorstellungen vom edlen Wilden. Denn in vielen Naturvölkern gibt es brutale Hierachien, Regeln und Riten, ein hartes, sehr anstrengendes Leben.
Ich kann mir vorstellen, dass die Sesshaftigkeit des Menschens letztlich dessen baldiges Aussterben eingeläutet haben könnte. Damit begannen viele Probleme und Ungerechtigkeiten.
Natürlich könnte wohl niemand von uns so leben. Das Leben als Jäger und Sammler ist wohl die einzige wirkliche Alternative die den Menschen dienlich wäre, zur zivilisierten Lebensart und des endlosen Fortschrittes zu einer Art zu leben, die vielleicht wesentlich lebenswerter, interessanter und befriedigender ist.
Ich habe hier keine konkrete Fragestellung, ich stelle dies einfach mal in den Raum und vielleicht hat ja jemand eine Meinung dazu und es ergibt sich ein interessantes Gespräch.

Tindal Gelb
2009-11-29, 14:31:36
Die Zeit, in der der Mensch als Jäger und Sammler lebte, war schlichtweg das Paradies. Selbst die Bibel hat ja noch eine vage Vorstellung davon.
Einmal in der Woche (also nach unserem Verständnis) jagen und für den Rest der Woche istz erstmal Ruhe. Höhlen bemalen, Steine schlagen, Holz bearbeiten und was weiß ich, womit sie ihren Alltag so aufhellten.
Einfach leben, ohne sich um die Vergangenheit oder die Zukunft zu kümmern.

Mit der Seßhaftigkeit fing alles an, Arbeitsteilung und eine vertikale Aufteilung der Gesellschaft, das Grundübel unseres Daseins.

Wenn es ein 'Drüben' gäbe, wo man als Jager und Sammler lebt, dann würde ich direkt rübermachen.

hasufell
2009-11-29, 14:52:46
Die Zeit, in der der Mensch als Jäger und Sammler lebte, war schlichtweg das Paradies.
wer meint, das sei ein sorgenfreies Leben hat keinen plan.
keinen.

ob das das Paradies ist, ist keine allgemein beantwortbare Frage.

probiert es doch aus.

Weyoun
2009-11-29, 16:21:47
wer meint, das sei ein sorgenfreies Leben hat keinen plan.
keinen.

ob das das Paradies ist, ist keine allgemein beantwortbare Frage.

probiert es doch aus.

Ich zitiere aus dem verlinktem Artikel:

"Seine Arme und seine Brust sind vom Leben im Busch gezeichnet: mit Narben von der Jagd, von Schlangenbissen, von Pfeilen und Messern, von Skorpionstichen und Dornen. Mit Narben vom Sturz aus einem Affenbrotbaum und vom Angriff eines Leoparden. Er hat nur noch die Hälfte seiner Zähne. "

Zum Vergleich:
Während ich diese Zeile schreibe, sitze ich hier in meinem Chefsessel vor meinem TFT-Monitor, futtere grad Lebkuchenherzen und Kiwis.

Wer lebt im Paradies?

Ein Hoch auf das 21. Jahrhundert und die Errungenschaften der westlichen Zivilisation!

Chemiker
2009-11-29, 16:30:27
Jede Art zu leben hat ihren Preis. Aber es ist eine Art des Lebens, die ich mir, wenn ich es von Kind an gewohnt bin, als angenehm vorstelle.
Wir haben unsere Zivilisationskrankheiten (die nicht zuletzt davon kommen, dass wir bequem im Sessel sitzen und Lebkuchen essen; welche zudem selten behandelbar oder gar heilbar sind), unsere Sorgen, Überbevölkerung, Ressourcenmangel, Kriege, Religion, Armut und Hierachien usw...
Natürlich haben wir auch allerlei Luxus, Musik, allerlei Zerstreuung und faszinierende Beschäftigungsfelder, man denke eben an Kunst und Wissenschaft, die den Horizont der Menschheit gewaltig erweitert haben. Wir wissen so viel über die Welt und doch immer noch so wenig, man kann ein Leben mit lesen und lernen und forschen verbringen. Tausende Leben. Und es ist eine schöne Beschäftigung, imho, mehr über die Welt herauszufinden.

Keiner lebt im Paradies, darum geht es ja auch nicht. Unsere Art zu leben zerstört letztlich unsere Lebensgrundlagen, falls wir da nicht noch Auswege finden.

Jede Art zu leben hat ihre Vor- und Nachteile. Aber so wie die Hadza leben, könnte ich es mir auch noch vorstellen. Besser jedenfalls als in eigentlich allen anderen eher primitiveren Gesellschaften.

hasufell
2009-11-29, 17:19:26
Jede Art zu leben hat ihren Preis. Aber es ist eine Art des Lebens, die ich mir, wenn ich es von Kind an gewohnt bin, als angenehm vorstelle.
angenehm? "intensiv" könnte ich eher nachvollziehen. Vor allem, was das Selbst -und Zeitbewusstsein angeht...

Wir haben unsere Zivilisationskrankheiten (die nicht zuletzt davon kommen, dass wir bequem im Sessel sitzen und Lebkuchen essen; welche zudem selten behandelbar oder gar heilbar sind), unsere Sorgen, Überbevölkerung, Ressourcenmangel, Kriege, Religion, Armut und Hierachien usw...
Natürlich haben wir auch allerlei Luxus, Musik, allerlei Zerstreuung und faszinierende Beschäftigungsfelder, man denke eben an Kunst und Wissenschaft, die den Horizont der Menschheit gewaltig erweitert haben. Wir wissen so viel über die Welt und doch immer noch so wenig, man kann ein Leben mit lesen und lernen und forschen verbringen. Tausende Leben. Und es ist eine schöne Beschäftigung, imho, mehr über die Welt herauszufinden.
die Frage, ob die Wissenschaft den Horizont des Menschen erweitert hat, finde ich äußerst interessant.
Wird Horizont von Wissen bestimmt? Verstehen wir uns besser als die Hadza?

Aber ich verstehe natürlich was du mit forschen meinst...
Keiner lebt im Paradies, darum geht es ja auch nicht. Unsere Art zu leben zerstört letztlich unsere Lebensgrundlagen, falls wir da nicht noch Auswege finden.

Jede Art zu leben hat ihre Vor- und Nachteile. Aber so wie die Hadza leben, könnte ich es mir auch noch vorstellen. Besser jedenfalls als in eigentlich allen anderen eher primitiveren Gesellschaften.
Das schlimme finde ich ist ja, dass so wenige Menschen bereit sind über andere Arten zu leben nachzudenken.
Es gibt durchaus Wege ähnlich wie die Hadza zu leben und wenn es als Jäger in Sibirien ist.

und dabei will ich hier garnix schön reden. Weder die rauhe Lebensweise der Hadza, die jedes mal im Wissen, dass es der letzte Tag sein könnte, auf die Jagd gehen oder unsere Zivilisation.

ausserdem: imo gibt es theoretisch ein gleichgewicht zwischen Umwelt und Technologie... aber das würde auch große Einbußen mit sich ziehen.

PacmanX100
2009-11-29, 19:13:57
Wer lebt im Paradies?

Immer noch er. ;)
Vom Baum fallen, sich Stechen lassen, Zahnprobleme zu haben, das gibts auch alles in Ländern die in Luxus schwimmen.

Man kann es zudem nicht wirklich vergleichen. Ziemlich wahrscheinlich kennen diese Menschen den Lebensstil anderer nicht, können ihn daher nicht vermissen. Würde man vom aktuellen Stand (der über Jahrhunderte hinweg aufgebaut wurde) in einen anderen übergehen, so muss erstmal eine Umgewöhnung stattfinden. Die kann sehr lange, vielleicht mehrere Generationen lang dauern.

Das heißt aber nicht, das es deswegen besser ist in Luxus zu leben. Selbst in einer modernen Gesellschaft gibt es Probleme die anhaltend sind.
Ich stelle es mir sehr angenehm vor, das zu tun, was man tun möchte und niemanden im Rücken zu haben, der einen dazu anstiftet, etwas tun zu müssen. Allein die Sache mit dem Geld... zwingt einen dazu, sich unterzuordnen. Warum sich mit Dingen herumärgern, die eigentlich belanglos sind?

Interessanterweise dürfte diese Lebensweise sogar weniger schadend für die Natur sein. Fahren sie Autos? Produzieren sie Industriemüll? Fällen sie Bäume? Verbrauchen sie Strom?

Urion
2009-11-29, 19:28:24
und dabei will ich hier garnix schön reden. Weder die rauhe Lebensweise der Hadza, die jedes mal im Wissen, dass es der letzte Tag sein könnte, auf die Jagd gehen oder unsere Zivilisation.


naja das kann dir bei "uns" auch jeden Tag passieren

vom Laster überfahren
gegen Baum gerast
übern Teppich gestolpert
bei der Arbeit verunglückt
etc etc

Leben ist gefährlich, überall

Dr.Doom
2009-11-29, 19:30:20
Ich steh voll auf die Errungenschaften der "Zivilisation", allem voran: Zahnbürste und Zahnpasta und dass man nach misslungener Jagd nicht die Unterseite von Steinen und die Innenseite von Baumrinde nach Insekten absuchen muss.
Es gibt natürlich diverse Schattenseiten, aber Lebenserwartung und -standard sind heute dann doch was höher als im frühen Damals.
Bin ganz froh, heute zu leben und nicht vor tausenden Jahren (wobei die Leuts damals sicherlich auch froh waren, nicht noch früher gelebt zu haben. ich glaube aber, dass sie wenig Zeit dazu hatten, sich darüber einen Kopf zu machen :ugly: ).

hasufell
2009-11-29, 19:41:15
naja das kann dir bei "uns" auch jeden Tag passieren

vom Laster überfahren
gegen Baum gerast
übern Teppich gestolpert
bei der Arbeit verunglückt
etc etc

Leben ist gefährlich, überall
und ist doch etwas völlig anderes.

Chemiker
2009-11-29, 21:38:13
Mit Forschung meine ich naturwissenschaftliche Forschung. Bin der Meinung, dass z. B. die Quantenphysik, die Relativitätstheorie und andere Erkenntnisse über die Natur durchaus meinen Horizont erweitert haben. Durch all das Wissen über die Funktionsweise des menschlichen Körpers, über unsere Psyche, also die Neurologie und die Rolle von Hormonen etc... haben wir sicherlich ein tieferes Verständnis unserer selbst als die Hadza. Auch das stetig wachsende Verständnis was Leben ist, wie Leben funktioniert. Wir haben fundierte Vorstellungen über den Beginn des uns bekannten Universums, die Entstehung der Erde und wie all das mal enden wird. Dieses Wissen verändert die Menschen (sofern sie es besitzen) imho. Und es ist großartig, dass wir all dies in Erfahrung bringen konnten und ein Ende und Grenzen der Erkenntnis nicht absehbar sind.
Die Wissenschaft hat uns zudem etliche Annehmlichkeiten gebracht. Unter anderen auch eine extreme Verringerung der Kindersterblichkeit (die ist bei den Hadza sehr hoch im Vergleich), die Verlängerung des Lebens und auch nicht zuletzt durch das Haber-Boschverfahren die Versorgung einer Milliardenbevölkerung. Verletzungen und Krankheiten an denen die Hadza sterben würden, können wir dank moderner Medizin, schnellem Transport zu dieser Versorgung überleben und davon auch wieder vollständig genesen.
Dennoch muss man natürlich die andere Seite sehen. All dies führt zu einer stetig wachsenden Weltbevölkerung, bzw. der Überalterung der Bevölkerung. Und somit letztlich auch wieder zu problemen. Irgendwann ist die Kapazität der Erde erschöpft und es werden wieder mehr Menschen verhungern...
Wir sind in einer Spirale. Mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen werden Veränderungen bewirkt, die Verbesserungen für das Leben mit sich bringen, aber auch wieder neue Probleme schaffen die gelöst werden müssen. Da können wir nicht mehr aussteigen.

Das Leben der Hadza ist stetiger, das Ökosystem stabil. Die könnten bis zur nächsten großen Katastrophe immer so weiter machen. Wir müssen uns stetig anpassen und verändern, wir müssen reagieren auf die Probleme die wir uns selbst schaffen.

Sterben müssen wir letztlich alle, früher oder später. Ob Hadza oder Deutsche. Irgendwann ist es soweit. Ich habe den Eindruck, dass die Hadza mit dem Tod besser zurechtkommen als wir.

[dzp]Viper
2009-11-29, 21:54:20
Sicher verhundern die Menschen irgendwann. Das wiederrum nennt sich dann aber auch (auch wenn es hart klingt) natürliche Auslesen. Genau das was bei den Hadza tag täglich geschieht.

Das Leben was diese Leute führen (ständig am Rande des Hungers und ständig die Gefahr von wilden Tieren und gefährlichen Giften umgeben zu sein, ....) ist alles andere als "paradisisch" - es folgt einfach der Natur der natürlichen Auslese.

Die Zivilisation hat diese natürliche Auslese nach "hinten" geschoben aber es wird definitiv wieder so kommen.

Und Kriege entstanden in genau solchen Lebensformen als erstes. Denn Jagtgebiete, Beute und co. wurden für sich beansprucht und wenn dann andere Stämme kamen die am Hunger litten, dann war der Drang nach Essen größer als der Respekt vor Leben...

Ich glaube manche stellen sich so ein Leben etwas zu "einfach" vor ;(

Tindal Gelb
2009-11-29, 22:05:43
Viper;7689083']

Und Kriege entstanden in genau solchen Lebensformen als erstes. Denn Jagtgebiete, Beute und co. wurden für sich beansprucht und wenn dann andere Stämme kamen die am Hunger litten, dann war der Drang nach Essen größer als der Respekt vor Leben...


Aha das weißt du?

Warum sollten Jäger und Sammler Hunger leiden? Es kommt natürlich auf die Gegend an, in der sie sich niederlassen. Im Urwald oder im ewigen Eis ist es schwer zu jagen, aber in offenen Landschaften gibt es mehr als genug.

Darüberhinaus stellt die Jagd keinerlei Gefahr dar, sie ist allenfalls anstrengend.
Waffen und koordiniertes Handeln macht den Menschen jedem Wildtier weit überlegen. Außerdem jagen Menschen keine Raubtiere.

Monger
2009-11-29, 22:13:28
Die Populationen sind klein, aber stabil.

Ich glaub, das ist ein ganz großes Problem. Solange eine Sippe nur ein, zwei dutzend Mitglieder hat, existieren viele Probleme schlicht nicht. Ein Volk von vielen Millionen braucht einen ganz anderen Rahmen als nur eine große Familie.

Jede Volksgruppe die allzu "erfolgreich" wurde, musste sich genau dem Problem stellen, und entsprechende Regeln finden.

Das Prinzip findet man auch in der Wirtschaft: große Firmen haben mit ganz anderen strukturellen Problemen zu kämpfen als kleine Startup Unternehmen. Das gibt den kleinen Firmen oftmals einen gewaltigen Vorsprung - aber nur bis zu dem Punkt, wo man wirklich große Projekte vor sich hat. Die kann man dann schlicht nicht mehr stemmen.

Analog dazu: das Leben als Jäger und Sammler mag insgesamt unkomplizierter gewesen sein - aber mit vielen Problemen war man trotzdem schlicht überfordert. Eine Krankheit z.B. hat halt dann mal glatt die Sippe weggeputzt - größere Gruppen konnten vielleicht eher durch Isolation der erkrankten Individuen reagieren.

noid
2009-11-29, 22:25:15
Aha das weißt du?

Warum sollten Jäger und Sammler Hunger leiden? Es kommt natürlich auf die Gegend an, in der sie sich niederlassen. Im Urwald oder im ewigen Eis ist es schwer zu jagen, aber in offenen Landschaften gibt es mehr als genug.

Darüberhinaus stellt die Jagd keinerlei Gefahr da, sie ist allenfalls anstrengend.
Waffen und koordiniertes Handeln macht den Menschen jedem Wildtier weit überlegen. Außerdem jagen Menschen keine Raubtiere.

Paviane würde ich nicht als zahme Schoßtiere bezeichnen ;)
Den Artikel würde ich btw zum lesen mal empfehlen... X-(

Also natürlich haben die eine interessante Art zu leben - aber mir wäre das zu direkt... (wobei die Art des Zusammenlebens schon genial einfach und funtionell ist)

Chemiker
2009-11-30, 09:23:08
Ich glaub, das ist ein ganz großes Problem. Solange eine Sippe nur ein, zwei dutzend Mitglieder hat, existieren viele Probleme schlicht nicht. Ein Volk von vielen Millionen braucht einen ganz anderen Rahmen als nur eine große Familie.Ja, natürlich. Die Volksmassen brauchen eben all die problematischen Dinge, wie Hierachien, Religion, Geld usw...
Die Sesshaftigkeit ist imho das Problem. Sie ist die Basis von Völkern mit all den damit verbundenen Problemen. Kleine, quasi isolierte Gruppen die von Jagen und Sammeln leben haben keine Notwendigkeit komplizierte Gesellschaftssysteme zu etablieren. Sie leben frei.

Analog dazu: das Leben als Jäger und Sammler mag insgesamt unkomplizierter gewesen sein - aber mit vielen Problemen war man trotzdem schlicht überfordert. Eine Krankheit z.B. hat halt dann mal glatt die Sippe weggeputzt - größere Gruppen konnten vielleicht eher durch Isolation der erkrankten Individuen reagieren.Naja, die amerikanischen Indianer wurden durch Seuchen auch fast komplett ausgerottet.
Wie in dem Text über die Hadza steht, bleiben Krankheiten auf die kleinen Gruppen beschränkt. Dann stirbt eine Gruppe vielleicht weg, aber durch die große räumliche Entfernung zur nächsten Gruppe verbreitet sich die Krankheit nicht.
Dass es die Hadza noch in unveränderter Form gibt, ist eine Erfolgsgeschichte ihrer Lebensart.

Tindal Gelb
2009-11-30, 10:04:32
Ja, natürlich. Die Volksmassen brauchen eben all die problematischen Dinge, wie Hierachien, Religion, Geld usw...
Die Sesshaftigkeit ist imho das Problem. Sie ist die Basis von Völkern mit all den damit verbundenen Problemen. Kleine, quasi isolierte Gruppen die von Jagen und Sammeln leben haben keine Notwendigkeit komplizierte Gesellschaftssysteme zu etablieren. Sie leben frei.
Naja, die amerikanischen Indianer wurden durch Seuchen auch fast komplett ausgerottet.
Wie in dem Text über die Hadza steht, bleiben Krankheiten auf die kleinen Gruppen beschränkt. Dann stirbt eine Gruppe vielleicht weg, aber durch die große räumliche Entfernung zur nächsten Gruppe verbreitet sich die Krankheit nicht.
Dass es die Hadza noch in unveränderter Form gibt, ist eine Erfolgsgeschichte ihrer Lebensart.




Na ja ganz so frei leben sie nun auch wieder nicht.
Der Wald beispielsweise gibt nur wenig Nahrung her, in waldreichen Gegenden ist somit Seßhaftigkeit die erfolgreichere Form des Überlebens. Wenn man Wälder rodet, um Ackerbau zu betreiben, dann gibt man das Feld natürlich nicht so schnell auf.

Diejenigen Gruppen, die sich dennoch nicht ändern, müssen mit den Seßhaften interagieren, und ziehen auf Dauer den kürzeren, weil ihnen durch die Ausweitung des Lebensraumes der Seßhaften ihre Lebensgrundlage entzogen wird. Wie man bei den Hazda wohl gerade sehen kann.

dr_AllCOM3
2009-12-06, 00:54:08
"10.000 Jahre lang wollte hier offenbar niemand außer ihnen leben."
Muss ja voll das Paradies sein. Das ist ja so, als ob man Eskimos beneidet. Einmal die Woche eine Robbe jagen und ansonsten eierschaukeln im Iglu.

sChRaNzA
2009-12-06, 02:07:56
Während ich diese Zeile schreibe, sitze ich hier in meinem Chefsessel vor meinem TFT-Monitor, futtere grad Lebkuchenherzen und Kiwis!

Gezeichnet von Gesetzten, von Normen und Vorurteilen. Getreten von Vertretern des Volkes und der Menschheit. Die Augen und sein Gesicht gezeichnet von Überstunden und der Angst in der Arbeitslosigkeit zu enden. Er hat nur noch ein drittel seines Lebens um ''frei'' zu sein....

Ein Hoch auf das 21. Jahrhundert und die Errungenschaften der westlichen Zivilisation! ;(

Dicker Igel
2009-12-06, 02:34:29
Ein Hoch auf das 21. Jahrhundert und die Errungenschaften der westlichen Zivilisation!

Ganz genau und als Krönung stellt man sich noch eine Freiheitsstatue vor die Stadt ;D
Wer diese sogenannte "Zivilisation" als fortschrittlich betrachtet, hat wirklich ein echtes Problem, sorry ...

Feuerrad
2009-12-06, 03:13:18
Niemand zwingt euch! ;)
Ab in den Busch! Los, husch husch!
Warum habe ich nur das Gefühl dass die meisten von euch das keine Woche durchstehen würden? ;D;D

EDIT: Immer wieder lustig wenn Nerds auf ihre 30"TFTs fixiert und im Lederchefsessel sitzend und furzend in Naturromantik verfallen X-D

Dicker Igel
2009-12-06, 03:20:15
Ab in den Busch! Los, husch husch!

Wieso sollte man deswegen jetzt unbedingt in den Busch ?

huha
2009-12-06, 04:00:32
Warum sollten Jäger und Sammler Hunger leiden? Es kommt natürlich auf die Gegend an, in der sie sich niederlassen. Im Urwald oder im ewigen Eis ist es schwer zu jagen, aber in offenen Landschaften gibt es mehr als genug.
Kleiner Tip: Versorgungssicherheit. Wenn's nur mal eine Dürre gibt oder andere externe Faktoren dazu führen, daß weniger Nahrungsangebot vorhanden ist (Krankheiten etc.), dann bricht dir die Romantik sofort zusammen und es wird ein erbitterter Überlebenskampf.

Darüberhinaus stellt die Jagd keinerlei Gefahr dar, sie ist allenfalls anstrengend.
Waffen und koordiniertes Handeln macht den Menschen jedem Wildtier weit überlegen. Außerdem jagen Menschen keine Raubtiere.

Oh, Menschen jagen keine Raubtiere? Aber klar jagen Menschen auch Raubtiere. Vielleicht nicht so gern, weil sich die dann doch recht gut wehren können, aber Raubtiere werden natürlich ebenfalls gejagt.
Ich finde deine Verklärung übrigens erstaunlich. Jagd bedeutet ja nicht, gemütlich auf dem Hochsitz zu sitzen und ab und an mal ein Reh abzuschießen. Primitive Fernwaffen töten nur höchst selten ein Tier (es sei denn, es ist sehr klein) und sind zudem nicht besonders genau. Das Tier wird also durch einen Pfeil nur verletzt und findet das natürlich nicht sehr spaßig, was du auch zu spüren bekommen wirst, wenn du dich ihm näherst. Direkt mit Waffen auf ein Tier einzustechen ist viel gefährlicher, weil sich kein Tier besonders gern töten läßt und sich entsprechend wehrt. Die riesige Gefahr, der du beim Jagen ausgesetzt bist, wird wohl von kaum einem Beruf in Deutschland erreicht; dir steht lediglich ein sehr kleines Arsenal primitiver Waffen zur Verfügung, wenn du dem Tier nicht schnell genug hinterherrennen kannst und dich dabei nicht verletzt, nicht die Aufmerksamkeit eines hungrigen Raubtieres auf dich ziehst oder das Tier verlierst, dann gibt's sogar was zu essen. Ansonsten gibt's nichts und du mußt nochmal jagen. Kurzum: Es ist sehr anstrengend und sehr gefährlich. Es erschließt sich mir daher nicht so ganz, wie man da eine Romantik hineininterpretieren kann, denn es gibt sie definitiv nicht.
Man kann sich natürlich wundervoll darüber beschweren, wie wir von Zivilisationskrankheiten geplagt sind und nur ein Viertel oder noch weniger unseres Lebens Zeit haben, Dingen nachzugehen, die wir wollen. Gleichzeitig sollte man dann aber sehen, daß unsere Zivilisationskrankheiten hauptsächlich unserer sehr hohen Lebenserwartung, unserer exzellenten Ernährung und unserer überragenden Gesundheitsversorgung geschuldet sind. Rückenprobleme sind ja auch nur deshalb Rückenprobleme, weil wir was dagegen tun können. Könnte man das nicht, dann müßte man eben damit leben oder deswegen sterben, fertig.

Zivilisation ist toll. Nicht zuletzt deshalb, weil sich durch eine gesicherte Lebensmittelversorgung durch Ackerbau und Viehzucht, Seßhaftigkeit und Städte etwas ergibt, das sich eine nomadische Gesellschaft aus Jägern und Sammlern einfach nicht leisten kann: Spezialisierung. Spezialisierung erzeugt Synergieeffekte, was schlußendlich zum Wohle aller ist.


Ich finde diese Verklärung "naturnaher" Lebensweisen (schon allein dieses Wort!) schrecklich. Wir genießen den Luxus, uns Gedanken über Dinge zu machen und nicht einfach nur so in den Tag hineinzuleben; oder eben auch nicht hineinzuleben, weil wir irgendwie sterben, weil's zuwenig zu essen gibt. Dafür leben wir radikal anders als alle anderen Tiere, können aber so unsere eigenen Schwächen überwinden.
Die Hazda haben sicher kein "schlechtes" Leben, aber man sollte es auch nicht als Naturromantik betrachten, denn es ist einfach nur eins: Relativ gnadenlos und frei von persönlichen Freiheiten, weil man mit dem Überleben beschäftigt ist.

-huha

Tindal Gelb
2009-12-06, 10:05:42
HuHa du unterschätzt die Menschen. Versorgungssicherheit ist nur für Bauern relevant, denn diese sind das Opfer von Dürren und Krankheiten..
Krankheiten enstehen primär da, wo Menschen und Tiere auf engem Raum zusammen in Seßhaftigkeit hausen. Eine klimatische Änderung, in deren Folge die Ernte verlorengeht, macht dem Bauern den Garaus. Dann überfällt er den Nachbarn, oder er verhungert.
Nicht so der Jäger, denn die können den Herden hinterherziehen, was sie ja auch über Jahrtausende gemacht haben, ob nach Norden oder Süden, es spielt keine Rolle.

Ich romantisiere das Dasein als Jäger und Sammler nicht. Allerdings war es auch nicht der tägliche Existenzkampf auf primitivem Niveau, wie es hier allgemein scheinbar angenommen wird.
Laß sie halt Raubtiere jagen, ich wollte nur darauf hinaus, daß Menschen in aller Regel keine Opfer von Raubtieren sind. Jäger kennen ihr Umgebung, sie können Spuren lesen, sie können Fallen stellen, sie sind ausdauernd, und sie haben Geduld, viel Geduld. Warum sollten sie sich selber in Gefahr bringen, wenn es reicht abzuwarten, bis das verletzte Tier, in deinem Beispiel, an Schwäche zugrundegeht.
Und wenn es kein Fleisch gibt, dann gibts halt nur pflanzliche Kost, die Mann/Frau sammelt.

Die wenigen Jägergesellschaften, die es heute noch gibt, leben tatsächlich kein schönes Leben, aber das Bild sollte man nicht auf die prähistorischen Jäger/Sammler anwenden. Mitteleuropa, Nordamerika, die Steppen Asiens waren reiche Jagdgründe.

Natürlich können Jäger/Sammler nicht unbegrenzt Menschen ernähren, insofern ist Ackerbau und Viehzucht das erfolgreichere Modell, aber ich denke, kein Jäger würde freiwillig mit dem Elend des Bauern tauschen wollen.

Sicherlich würde ich keine Woche in der Wildnis überleben, aber ich habs auch nicht gelernt.
Der Gegensatz stimmt aber: hier eine Spezialisierung in einer stratifizierten, arbeitsteiligen, seßhaften Gesellschaft, die aber bei weitem nicht zum Wohle aller führt (also wenn das keine Verklärung ist, was dann?) und dort eine egalitäre Gesellschaft von Generalisten, die im Hier und Jetzt leben.

sChRaNzA
2009-12-06, 11:17:22
Niemand zwingt euch! ;)
Ab in den Busch! Los, husch husch!

Warum? :confused:

Warum habe ich nur das Gefühl dass die meisten von euch das keine Woche durchstehen würden? ;D;D

Müssen sie ja auch nicht, und selbst wenn wäre ich vorbereitet. :P

EDIT: Immer wieder lustig wenn Nerds auf ihre 30"TFTs fixiert und im Lederchefsessel sitzend und furzend in Naturromantik verfallen X-D

Es war 3,5'' und eine Parkbank. :biggrin:

ux-3
2009-12-07, 17:39:12
Die Augen und sein Gesicht gezeichnet von Überstunden und der Angst in der Arbeitslosigkeit zu enden. Er hat nur noch ein drittel seines Lebens um ''frei'' zu sein...



Die Unfreiheit, die du hier beklagst, kommt von innen, nicht von außen. Du kannst jederzeit die Freiheit der Hadza haben. Sie ist dir nicht verwehrt.

Arbeitslosigkeit ist nur bedrohlich, wenn du sie und ihre Konsequenzen fürchtest. Was ist daran eigentlich so bedrohlich? Der Verlust materieller Dinge? Die haben die Hazda kaum.



Da man hier im Schnitt mehr als dreimal so lange lebt wie die Hazda, ist man unterm Strich sogar freier!

huha
2009-12-07, 17:45:03
Arbeitslosigkeit ist bedrohlich? In DEUTSCHLAND?
Du kriegst eine Wohnung und genug Geld, um dir Essen kaufen zu können und sogar einer Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Was du dafür tun mußt, kostet sehr wenig Zeit und ist auch nicht gefährlich, ganz im Gegensatz zur Jagd und anderen Späßen.

-huha

hasufell
2009-12-07, 17:56:30
Niemand zwingt euch! ;)
Ab in den Busch! Los, husch husch!
endlich sprichts einer aus

es geht wirklich.