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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mit 30 nochmal beruflicher Neuanfang möglich? Was für Möglichkeiten?


chrismaddahl
2010-06-17, 11:54:14
Hi

Zuerst mal kurz zu meiner Vorgeschichte:
Ich hab Kartographie an einer FH studiert.
Abgeschlossen mit GUT im Jahr 2006.

Seitdem habe ich versucht ich in dem Bereich einen Job zu finden,
habe es bisher aber einfach nicht geschafft.


Das lag meiner Meinung nach unter anderem an folgenden Problemen:

- Zur Auswahl standen Vertiefungsrichtung GIS (Geoinformationssysteme) und Digitale Medien.
Ich hatte mich für Digitale Medien entschieden.
Es war interessant und befasste sich mit der klassischen Gestaltung und Produktion von kartographischen Produkten. Hab auch meine Diplomarbeit in diesem Themenbereich geschrieben.
Was wohl mein erster Fehler war.
Im Bereich Kartographie will heute jeder Arbeitgeber nur noch GIS,
als andere interessiert keine Sau.

- Es gibt viel zu wenig Stellen. Wenn ich ein bis zwei neue Stellenangebote pro Monat finde, ist das schon viel.
Durch Rückfragen bei früheren Bewerbungen, weiss ich das die Bewerberzahlen teilweise bis in den dreistelligen Bereich gehen.
Meine Noten und Praktikumszeugnisse sind alle im Bereich 1 bis 3,
aber eben null Berufserfahrung. Ich denk das dürfte zu den meisten Absagen geführt haben.

- Im nachhinhein muss ich sagen das wir während des Studiums teilweise echt verarscht wurden. Es wurde uns eine viel zu geringe Softwarebandbreite gezeigt/gelehrt und immer die heile Berufswelt vorgegauckelt. In den meisten Stellenangeboten wird Erfahrung mit Software verlangt die während des Studiums mit keine Wort erwähnt wurde. Auf die Realtität wie es auf dem Arbeitsmarkt wirklich aussah wurde nie in irgendeiner Form hingewiesen.

- In ähnlichen Berufen, wie Mediengestalter, hatte ich bisher auch kein Glück, denen bin ich zu spezialisiert oder es fehlt ihnen mediengestalterisches Fachwissen meinerseits.

- Ich hab wohl auch zu lange daran festgehalten als Kartograph vielleicht doch noch einen Job zu finden. Es viel mir einfach schwer davon loszulassen. Das Studium hat sehr viel Spass gemacht, war interessant und ich habe mit guten Noten abgeschlossen.


Aber ich kann mir momentan nix schlimmeres vorstellen was ich hätte studieren können.


Ich bin nun 30, bin Dipl.Ing. Kartographie (FH), hab die letzten 4 Jahre nix als Absagen kassiert und bin mit den Nerven ziemlich am Ende und weiss einfach nicht mehr weiter. Bis vor nem halben Jahr war ich bei wechselnden Unternehmen als Zeitarbeiter beschäftigt (fachfremde Branche, aber von irgendwas muss man ja leben), aber da wurde ich nun auch gekickt aus wirtschaftlichen Gründen. Nun gibts ALGI und ich seh mich schon in ALGII abrutschen.

Ich hab mich soweit nun damit abgefunden, das das alles ein totaler Griff ins Klo war, 8 Jahre meines Lebens am Arsch sind und überleg nun wie ich nochmal neu anfangen kann.

Mein erster Gedanke wäre einfach eine Ausbildung zu machen und nochmal bei Null anzufangen.
Aber die Frage ist, ob man es mit 30 überhaupt in einen Ausbildungsplatz reinschafft?

Oder was kann man sonst noch machen?
Bin für alle Vorschläge offen.

Danke schonmal.

GBL
2010-06-17, 12:06:40
Klar kannst Du auch mit 30 noch eine Ausbildung anfangen, das ist nicht unüblich und in fast jeder Berufsschulklasse gibts Leute die entweder eine 2. Ausbildung anfangen oder sich umorientieren möchten.

Krümelmonster
2010-06-17, 12:19:22
Ich kenne mich dahingehend nicht aus, aber vlt. gibt es ja eine Uni/FH an der du einen Master machen kannst der dir neue Perspektiven (vlt. ja sogar im GIS Bereich) bietet mit denen du bessere Arbeitsmarktchancen hast.

So hättest du einen guten Abschluss und dein FH Studium wäre nicht für die Katz. Unter der Prämisse das das überhaupt möglich ist :/

Vukov
2010-06-17, 12:39:24
Klar kannst Du auch mit 30 noch eine Ausbildung anfangen, das ist nicht unüblich und in fast jeder Berufsschulklasse gibts Leute die entweder eine 2. Ausbildung anfangen oder sich umorientieren möchten.

Das sind aber fast ausschließlich Leute, die vom Amt die Ausbildung bezahlt kriegen. Also Azubis, die den Ausbildungsbetrieb nichts kosten. Bei einer Firma ganz regulär mit 30 eine Ausbildung anzufangen ist sehr, sehr schwer. Die wollen junge, formbare Auzubis und nicht entwickelte Charaktere. Teilweise werden auch gerne Vollhonks genommen, damit man eine Kraft für die ganzen Depperltätigkeiten hat (Ablage, Sortierung, u. ä.), die dann natürlich nicht übernommen werden.

Es zu probieren kann natürlich dennoch nicht schaden.

synergie
2010-06-17, 12:43:23
Eine ähnliche Frage hatten wir vor kurzer auch schon mal und meine Antwort lautete damals: Melde dich wenn du dich weiterbilden /andere Richtung einschlagen willst, an der Fernuni Hagen an und mache dort den Master.

Vorteile:
- Keine Studiengebühren
- Keine Anwesenheitspflicht
- Anerkannter M.Sc. Titel
- Kannst nebenbei arbeiten,etc.

Ich habe 2007 angefangen meinen M.Sc. in Elektro- und Informationstechnik zu machen und gebe in 3 Wochen meine Masterarbeit ab. Die Woche über arbeite ich 40h und halt ab und an fürs Fernstudium lernen.
Aus meiner Sicht ist es die ideale Ergänzung zum Berufsleben wenn man sich weiterbilen will und ich kann es jedem nur empfehlen.

sei laut
2010-06-17, 13:00:39
Willkommen im Forum

Kommt immer darauf an, wo und wie.
Es ist nichts Ungewöhnliches, dass studiert wird und dann keine Stellen da sind, da sich die Studienplätze nicht nach dem Bedarf orientieren.

Als ich Ausbildung machte, hat auch eine Diplom Zuhörerin (war afaik Psychologin) nach ihrem Studium eine Ausbildung angefangen. Allerdings ist sie über eine 400€ Tätgikeit dort reingekommen. Sie wurde nach einer gewissen Zeit gefragt, ob sie nicht eine Ausbildung machen will, damit sie schlussendlich mal davon Leben kann.

Es ist möglich, aber nicht einfach.

Aber: Die Ausbildung ist nicht immer besser als das Studium, was die Praxis angeht. Viele Betriebe sind so spezialisiert, dass sie die geforderte Breite nicht abdecken, während die Berufsschule nicht alles vermitteln kann. Dieses Dilemma hast du immer.

nggalai
2010-06-17, 13:04:56
Ich kenne eine Kartographin, die versucht hat, in derselben Situation ein Raumplaner-Studium nachzuschieben. Das Studium klingt vielleicht etwas wischi-waschi, aber die Leute tauchen zumindest hier in CH ständig auf Ausschreibungen für städtische Bauaufträge auf.

Wäre das eventuell eine Option?

Cheerio,
-Sascha

Executable
2010-06-17, 14:28:34
Errinert mich an :

http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/showthread.php?t=481612

chrismaddahl
2010-06-17, 14:36:05
Erstmal danke für die vielen Antworten. :)

@Krümelmonster
Müsst ich mich mal schauen, ob das möglich ist.
Problem könnte eventuell die Finanzierung sein.
Das ist ja dann ein normales Studium nochmal, mit den entsprechend hohen Studiengebühren, oder?
Wobei Kartographie für mich eigentlich eh gestorben ist.
Das war einfach zu speziell und es gibt viel zu wenig Stellen.


@synergie
Vom Prinzip her nicht schlecht, aber leider bieten die nichts an was in meine Richtung geht.
Ich würde schon gerne im grafischen/gestalterischen Bereich bleiben und darauf aufbauen.


@nggalai
Raum- und Stadtplanung hört sich interessant an.
Muss ich mich mal drüber informieren.
Gibts ja sicher auch als Ausbildung.


@Vukov & sei laut
Ich denk halt wenn ich mich jetzt für ne Ausbildung bewerben würde,
hab ich ja doch gewissse Vorteile nem jungen Azubi frisch von der Schule gegenüber:

- ich hab studiert, der ganze Berufsschulkram sollte also kein Problem darstellen
- wenn ich mich z.b. im Medienbereich bewerbe, bring ich ja schon ne ganze Ladung Fachwissen und Softwarewissen mit (ich kenn PC und MAC, Adobe CS kenn ich im Schlaf,...)
- ich könnte vom ersten Tag an schon produktiv arbeiten
- ich hab meine jungen wilden Jahre hinter mir ;)



Ich würd halt gerne aus zwei Gründen eine Ausbildung machen:
Man kriegt Geld von Anfang an, auch wenns nicht viel ist.
(Ich hab die letzten Jahre gelernt sparsam zu leben.)
Und man ist dann ja auch schon direkt in einer Firma drin und
man wird meist ja auch übernommen wenn man sich Mühe gibt
und sich nicht wie ein Volldepp anstellt.
Und dann kann man erstmal in Ruhe Berufserfahrung sammeln.
Ich hoff die sind nicht zu unrealistisch die Vorstellungen.

Weil das ist einfach mittlerweile meine größte Angst,
ich mach ein Aufbaustudium oder ähnliches, butter da nochmal fleissig Geld rein
und am Ende steh ich dann wieder vor dem Problem,
ohne Berufserfahrung erstmal in eine Firma reinzukommen müssen.

Mir ist zwar klar das ich mich damit weit unter Wert verkaufe,
aber ich bin mittlerweile soweit das ich einfach mal gerne
wieder ein kleines Gefühl von Zukunftssicherheit hätte.
Das wurde die letzten vier Jahre durch Arbeitslosigkeit
und Zeitarbeit bei wechselnden Unternehmen gnadenlos zerstört.


edit:
war grad mit schreiben beschäftigt als executable den thread gepostet hat,
werd ich mir mal durchlesen.

Unioner86
2010-06-17, 14:49:35
Klar kannst Du auch mit 30 noch eine Ausbildung anfangen, das ist nicht unüblich und in fast jeder Berufsschulklasse gibts Leute die entweder eine 2. Ausbildung anfangen oder sich umorientieren möchten.

Oder bis 30 auf der faulen Haut bei Pension Mama vor dem Computer verbracht haben!;)

Vukov
2010-06-17, 14:58:25
@Vukov & sei laut
Ich denk halt wenn ich mich jetzt für ne Ausbildung bewerben würde,
hab ich ja doch gewissse Vorteile nem jungen Azubi frisch von der Schule gegenüber:


- wenn ich mich z.b. im Medienbereich bewerbe, bring ich ja schon ne ganze Ladung Fachwissen und Softwarewissen mit (ich kenn PC und MAC, Adobe CS kenn ich im Schlaf,...)
- ich könnte vom ersten Tag an schon produktiv arbeiten
- ich hab meine jungen wilden Jahre hinter mir ;)

Ich will dir deinen Plan wirklich nicht ausreden, es zu probieren kann, wie ich oben bereits schrieb, niemals schaden. Eigentlich sollte man ja annehmen, daß ein etwas gereifter Azubi bessere Leistungen bringt, als ein 16-17 jähriger Realschüler mitten in der Pubertät und ohne Plan vom Leben. Nur: Das wollen die Firmen, gerade größere Betriebe, gar nicht. Dem kleinen planlosen Spack kann man sich eben formen und auch Drecksarbeiten machen lassen, bei einem 30-jährigen studierten Ingenieur haben da etliche Entscheider sicherlich Bedenken.

"- ich hab studiert, der ganze Berufsschulkram sollte also kein Problem darstellen"

Kein Problem darstellen ist stark untertrieben. Du wirst massiv unterfordert sein und dich fragen mit was für Gestalten du da in einem Raum hockst. Aber das kann auch lustig sein ;)

"- wenn ich mich z.b. im Medienbereich bewerbe, bring ich ja schon ne ganze Ladung Fachwissen und Softwarewissen mit (ich kenn PC und MAC, Adobe CS kenn ich im Schlaf,...)"

Du sollst aber gar nichts können. Der Betrieb bringt dir bei, wie er sich die Lösung vorstellt und genau so sollst du das dann machen. Höchstens sehr kleine Betriebe oder Start-Ups werden dich für deine Skills mit Kusshand nehmen. Aber bei größeren Betrieben bringen dich umfassende Kenntnisse für die Bewerbung um eine Ausbildung in den seltensten Fällen weiter, eher im Gegenteil.

"- ich könnte vom ersten Tag an schon produktiv arbeiten"

Wie gesagt: Bei großen Betrieben ist das kein Kriterium. Für die ist die Ausbildung eh ein Verlustgeschäft, die versuchen sich damit auch eher Nachwuchs nach Maß heranzuzüchten. Ergo: Kleine Betriebe bei der Auswahl bevorzugen.

"- ich hab meine jungen wilden Jahre hinter mir ;)"

Auch das wird dir in einem großen Betrieb als Nachteil ausgelegt werden, weil du dort dann nicht das Schema passt, sprich man hat lieber bei den Azubis einen relativ gleichmäßigen Altersdurchschnitt, damit dort niemand groß aus der Reihe tanzt, o.ä.


Wenn du also wirklich eine Ausbildung, in welchem Bereich auch immer, starten willst, dann probiers verstärkt bei kleinen bis maximal mittleren Betrieben u.v.a nutze deine Kontakte. Mit Vitamin B hast du die größten Chancen. Der User "Das Auge" schrieb das ja schon recht anschaulich in dem oben verlinkten Thread.

Viel Glück ;)