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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lebenssituation macht mich krank!


Gast
2010-10-23, 02:23:57
Guten Abend allerseits!

Ich bin öfters hier bei euch unterwegs, amüsiere mich teilweise über manche Posts - und nun halte ich mich selbst für bekloppt, dass ich meine Probleme an euch herantrage. ;)

Mein Problem ist folgendes:

Ich habe vor etwa einem halben Jahr eine Ausbildung in einem Mittelständischen IT-Unternehmen zum IT-Systemkaufmann abgeschlossen. Ich war dabei mit einer der besten 20 in NRW. Die Firma war hauptsächlich ein Systemhaus mit vielen namhaften Großkunden, wovon ich einige auch selber Aqkuiriert und gepflegt habe.

Leider ist es so, dass mich dieser Job krank gemacht hat.

Das Klima war nicht besonders und von Anfang an stand im Raum, dass der Laden den Bach runter geht - was dann im Endeffekt auch geschehen ist.
Ich hatte zum Ende der Ausbildung hin fast schon Panik dort hin zu gehen, hatte Magen und Darmprobleme, welche dann in Krankenhausaufenthalten und Operationen geendet sind. Die Krankheiten waren alle Stressbedingt, Burn-Out war auch ein Thema. Seitdem bin ich leider sehr Stress empfindlich, aber ich arbeite daran. ;)

Nun wurde ich direkt nach der Ausbildung noch gezogen und leiste gerade den Zivildienst ab, was wie Urlaub gleich kommt. ;)
Früher war es nicht unüblich 14h und mehr am Tag zu arbeiten - womit ich auch kein Problem hätte, wenn das Geld wenigstens gestimmt hätte.
Ich bin Arbeit eigentlich gewohnt, hab zu Schulzeiten mehrere Jobs nebeneinander gehabt um mir Sachen wie ein eigenes Auto und Führerschein leisten zu können - denn geschenkt bekommen habe ich nie etwas.

Nun ist es so, dass mit dem schwindenden Stress auch die Krankheitserscheinungen weniger werden, bzw. ganz verschwunden sind.

Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, allerdings ist genau das Gegenteil der Fall. Ich mache mir ständig Gedanken darüber, wie es in der Zukunft weiter gehen soll.
Ich habe Ziele vor Augen, welche ich erreichen möchte, nur werden die Irgendwie nicht greifbar... Im Hinterkopf habe ich immer, was passiert, wenn ich eine gute Stelle bekomme, dort aber wegen oben genannten Gründen keine 100% geben kann.

In den alten Beruf möchte ich eigentlich eher ungern, zumindest was Großkunden angeht. Meiner Meinung nach waren die Gesundheitlichen Probleme ein deutliches Vorzeichen. Ich denke also ich wäre im Privat-Kunden Segment glücklicher, alleine schon wegen dem engeren und vielschichtigerem Kundenkontakt, ohne die hohle Anzugparade, Auftragspoker oder Bullshit-Bingo. Nur ist im Privat-Segment als Angestellter auch nicht so das Geld zu verdienen.

Meine nächste Überlegung (bzw. mein Traum auch schon vor der Ausbildung) ist die Selbstständigkeit.
Ich habe mir bereits einige Gedanken dazu gemacht, den Businessplan schon fast fertig und die VHS Kurse zu dem Thema auch schon gebucht.
Nur kommt mir das ganze auch nicht so Koscher vor.
Ich meine klar, in der heutigen Zeit machen viele Geschäfte zu, weil es wirtschaftlich echt beschissen aussieht. Andererseits denke ich mir, dass viele Geschäfte (z.B. IT-Buden) einfach nicht mit der Zeit gehen. Mit dem reinen Hardwareverkauf und Service kann man doch heute in Zeiten von Alternate und co. keinen mehr Begeistern. Meine Überlegungen gehen da etwas weiter, wohin genau soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden. ;)

Andererseits plagen mich aber auch Gewissensbisse, wie ich mir quasi als Berufsgrünschnabel in Erwägung ziehen kann, mit meinem bis jetzt angeeignetem Wissen überhaupt auf einen grünen Zweig zu kommen.

Ihr seht, das sind eigentlich Luxusprobleme. Nur, nachdem ich mich mit meiner Familie und meinen Freunden darüber ausgetauscht habe, wollte ich direkt mal "an der Quelle" nachfragen, also Leuten vom Fach...

...und nun seid ihr dran! ;)

Was denkt ihr, wie ich vorgehen sollte/könnte?
Wie würdet ihr vorgehen?

PS: Rechtschreibfehler dürft ihr behalten...war schon spät. :D

Der Fünfte Elefant
2010-10-23, 09:51:08
Dein Hauptproblem, so wie ich es verstehe ist, das du mit starken Stress nicht klarkommst bzw dein Körper darauf mit Psychosomatisch bedingten Krankheiten reagiert.
Die Erkenntniss die du meines Erachtens draus Gewinnen solltest wäre, die Streßbelastung auf einem verträglichen Niveau zu halten, auch wenn das möglicherweise bedeutet finanziell nicht auf ganz so großem Fuße leben zu können.
Die Überlegung dich Selbständig zu machen scheint mir deshalb höchst unvernünftig. Denn die Psychen Belastungen denen du insbesondere in der Anfangsphase augesetzt sein würdest, sind mit Sicherheit weitaus höher als alles was der gemeine Angestellte e durchmachen müßte.

Mein Rat: Such dir einen Job, sammle Berufspraxis, lote aus, wieviel Streß noch für dich verträglich ist, schaffe dir ein Finanzielles Polster + idealerweise entsprechende Kundenkontakte. In eine paar Jahren kannst du dich dann immer noch selbständig machen - mit einer besseren Ausgangsbasis und ohne das ein immer mögliches Scheitern gleich in einer Privatinsolvenz enden würde.

Morale
2010-10-23, 10:08:40
Wer selbstständig ist arbeitet selbst und ständig, da werden dir die 14 Stunden wie ein Traum vorkommen.

Muss natürlich nicht so sein, wenn du eine gute Idee hast und eine ordendliche Portion Glück kann es auch gemütlich laufen, aber da du eh Stress empfindlich bist rate ich dir wie mein Vorposter davon ab.

Klar verdient man da besser aber ich hab lieber einen Job wo ich weiß "Ab jetzt ist Feierabend" als selbstständig zu sein wo vielleicht am Samstag Abend ein Kunde was dringendes will und du MUSST da hin weil sonst ist der Kunde vielleicht weg.
Einer von unseren Elektrofirmen die das Kabelnetz für uns machen, da kenn ich den Chef und der arbeitet sich auch halbtot. Da sind 14 Std Standard, + am WE dann auch noch meistens etc.
Dann ist er grade bei uns auf der Baustelle und wird vom anderen Kunden angerufen, der braucht grade dringend was, etc.

BAGZZlash
2010-10-23, 10:32:26
Ich habe von Dir folgenden Eindruck:

- Du bist im bevölkerungsreichsten Land Deutschlands unter den besten 20 einer Berufsausbildung.
- Du schreibst eloquent und fehlerarm.
- Du kennst es, hart zu arbeiten (14 Stunden/Tag), wobei nicht dies Dein eigentliches Problem ist, sondern eher das Umfeld, die "Stimmung".

Nach dem, was man nach einem Post in einem Internetforum über einen Menschen wissen kann, erscheinst Du mir wie ein "High-Potential". Du hast was drauf!

Mein Rat an Dich wäre: Mach' ein Studium. Ein Freund von mir hat FISI gelernt, war der Beste seines Jahrgangs und hat nach ein, zwei Jahren Berufspraxis gemerkt, dass er sich an diesem Beruf verschwendet. Also hat er anschließend Wirtschaftsinformatik studiert. Nun ist er in einem Beruf, der ihn intellektuell fordert, abwechslungsreich ist, gut bezahlt wird und ihn einfach glücklich macht.

Ich selbst hab' auch vor dem Studium eine Berufsausbildung gemacht. Dort wäre ich nie glücklich geworden. Jetzt bin ich Wissenschaftler an einer Universität und rundum glücklich.

Mein Rat: Mach' ein Studium. Eröffne Dir Möglichkeiten.

Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.

Pana
2010-10-24, 10:11:21
Ich sehe das anders. Wer am Darm erkrankt, weil das Klima im Job "nicht so besonders" ist, der krank wird weil ein Arbeitgeber (Unternehmen) "den Bach runter geht", der ist kein "High Potential", sonern ein Mensch, der in seiner Entwicklungszeit zum Erwachsenen wenig gereift ist. Vermutlich hat er zu wenig Probleme und zuviel Bestätigung erfahren. Dadurch ist er jetzt mit der Situation völlig überfordert, dabei ist sie für die meisten Menschen völlig normal. Die Selbstständigkeit könnte sich zum Alptraum für ihn entwickeln.

ux-3
2010-10-24, 10:19:28
Die Lektion, die du lernen musst, wenn du alt werden willst ist: "Geld allein macht nicht glücklich".
Der Ratschlag von Bagzzlash geht in die richtige Richtung: Finde heraus, was dich glücklich macht. Dann mache es.
Gesicherte Erkenntnis: Deine bisherige Tätigkeit ist es nicht!

Ach ja, ignoriere "Computer", der bewältigt hier oft seine Probleme.

raschomon
2010-10-24, 15:55:01
...
Ich habe Ziele vor Augen, welche ich erreichen möchte, nur werden die Irgendwie nicht greifbar... Im Hinterkopf habe ich immer, was passiert, wenn ich eine gute Stelle bekomme, dort aber wegen oben genannten Gründen keine 100% geben kann ...

Hier liegt imho der Hund begraben. Sind diese Ziele vor allem materieller Natur, kann man sie auf Heller und Pfennig taxieren? Wenn ja, was ich jetzt schlankweg einmal unterstelle, wird es schwer mit dem Finden einer für Dich optimalen individuellen Work-Life-Balance - ja, ich weiß, Bullshit-Bingo. Ein Studium ändert erst mal grundsätzlich nichts an dem Lebens- und Veränderungstempo das für Dich optimal ist.

Ein eigenes Unternehmen gründet man nach wie vor am besten gemeinsam mit Ex-Kollegen, die man kennt und denen man einigermaßen vertrauen kann - optimalerweise zu dritt -, auf einem Marktsegment mit dem man sich seit ein paar Jahren beschäftigt hat, und mit ersten Kunden (aus dem alten Betrieb) in der Hinterhand, die man einfach mitziehen kann. Dann kann man das Startkapital teilen, ebenso wie die Verantwortung und kommt meist auch schneller in einen Bereich der Konsolidierung, bei dem Deine Arbeit dann vor allem im Organisieren und Delegieren besteht - die Streßbelastung also tendenziell geringer wird. Wenn Politik, Wirtschaftsverbände und Arbeitsmarkt-Experten die Leute zur Aufnahme selbständiger Tätigkeit animieren, dann hegen sie dabei Hintergedanken, die an den Interessen der Betroffenen i. d. R. vorbeigehen. Ich will aber hier auch nicht ot werden.

Eine Wissenschaftskarriere an einer Hochschule ist, selbst auf dem NuTW-Gebiet mittlerweile mit so großen Risiken behaftet, daß ich mich ernsthaft gefragt habe zu was dieses Beispiel/Vorbild taugen soll.

{655321}-Hades
2010-10-24, 16:09:36
Eine Wissenschaftskarriere an einer Hochschule ist, selbst auf dem NuTW-Gebiet mittlerweile mit so großen Risiken behaftet, daß ich mich ernsthaft gefragt habe zu was dieses Beispiel/Vorbild taugen soll.


Pfft. Risiko ist kein Ausdruck. Klar, wenn du Bock hast, ständig nur um 2 Jahre verlängert zu werden und mit jedem auslaufenden Projekt zum potentiellen Arbeitslosen zu werden, kannst du das machen. Mal ab von Gehalt, das echt stinkt, erst recht im Vergleich zur freien Wirtschaft (zumindest, wenn man aus den technischen Richtungen kommt).

Dann besteht die erste Chance auf eine Festanstellung als Privatdozent, und dafür muss man bekanntermaßen habilitiert haben. Alles in allem also um die 8 Jahre Frondienst an der unterbezahlten Wissenschaft leisten, um dann _eventuell_ irgendwann fest angestellt zu werden. Davon arbeitest du in der Regel um die 3 Jahre auf einer halben Stelle, die du selbstverständlich trotzdem voll arbeitest. Und die Professur, well, die dauert wirklich und so unendlich viele Stellen gibt es da auch nicht, Fluktuation ist aufgrund von Verbeamtung sehr gering. Und wenn es zu lange dauert, wirst du nicht einmal mehr in die Berufungskommissionen geladen, denn du bist ja "zu alt". Eine W4-Professur macht um die 6000 Euro AFAIK, das Gehalt, das du dann eventuell irgendwann einmal kassierst, hast du an anderer Stelle schneller verdient.

Ney, ehrlich, wissenschaftlicher Betrieb macht keine Freude, es sei denn, man fühlt sich da wohl. Kannst dich maximal auf ein paar Jahre dort einrichten, der Rest ist Glück und Vitamin B.

Gast
2010-11-02, 16:51:44
Hallo zusammen!

Erstmal vielen Dank für die Zahlreichen Antworten!

Ein Studium schließe ich erstmal aus. Um anständig studieren zu können (mit den passenden und auch interessanten Studiengängen) benötigt man meiner Meinung nach ein gutes Abitur - ich habe aber "nur" die Fachhochschulreife. Und ich möchte nicht der 23.485ste BWL Student an der FH sein. ;)

Ich habe für mich selbst dazu entschieden, mich bei früheren Kunden und Partnerunternehmen mal umzuhören, ob irgendwo eine gute Kraft gebraucht wird, bzw. mich auch in Großunternehmen mal umzusehen, welche vielleicht auch garnichts mit IT zutun haben - eine IT oder einen Einkauf hat ja mittlerweile jede größere Firma.
D.h. in naher Zukunft werde ich erstmal weiter Praxis im erlernten Beruf sammeln und die Selbsständigkeit hinten an stellen.

Ein netter Nebeneffekt ist dabei, zum einen ein für eine eventuelle spätere Selbsständigkeit zwingend notwendiges Startkapital zu erwirtschaften, zum anderen natürlich auch menschlich zu reifen und die Fähigkeiten zu Vertiefen. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. ;)

Meine "Ziele" sind übrigens nicht rein materieller Natur. Natürlich Träume ich wie fast jeder von einem kleinen Häuschen, nem schicken Auto, Unabhängigkeit usw.
Das ist für mich persönlich aber bei weitem nicht das wichtigste. Heutzutage ist es ja nun leider so, dass man ohne finanzielle Absicherung, gute Versicherungen, usw. unter Umständen relativ schnell am sozialen Abgrund landen kann.
Da habe ich leider auch im Bekanntenkreis einige Beispiele, die teils selbstverschuldet, teils aber auch unverschuldet arg abgestürzt sind und hinterher bei der Tafel ihre Lebensmittel holen mussten.
Das möchte ich meiner eigenen kleinen Familie und insbesondere meinem Nachwuchs, welcher in Planung ist, nicht antun.
Dafür nehme ich selbst auch gerne eine Mehrbelastung in Kauf.
Und natürlich gebe ich euch Recht, wenn ihr sagt "Geld macht nicht glücklich", aber es beruhigt ungemein. ;)