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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neuer Fiat Zweizylinder mit 63kW im Gleichtakt


FlashBFE
2010-12-21, 13:23:32
Hallo,
ich habe mal eine Verständnisfrage zum neuen Fiat Twinair-Motor, einem Zweizylinder mit schnuckeligen 875cm^3 Hubraum:

Als "Downsizing in seiner extremsten Form" bezeichnet Fiat den Twinair genannten Motor, in dem 875 Kubikzentimeter Hubraum auf zwei Zylinder verteilt sind. Die Leistung der Maschine liegt bei 85 PS, den Durchschnittsverbrauch für die Variante mit Fünfgang-Schaltgetriebe gibt Fiat mit 4,1 Liter an, der entsprechende CO2-Wert liegt bei 95 Gramm je Kilometer. Wer den Motor mit dem automatisierten Dualogic-Schaltgetriebe (Aufpreis 900 Euro) kombiniert, senkt den Durchschnittsverbrauch auf 4,0 Liter. Sparsamer und sauberer ist derzeit weltweit kein anderer Pkw-Benziner.
...
Ebenfalls unbegründet ist die Sorge vor heftigen Vibrationen wegen der im Gleichschritt arbeitenden Kolben. Die so genannten Massenkräfte erster Ordnung, üble Schwingungen, die normalerweise das ganze Auto in Wallung versetzen würden, puffert eine Ausgleichswelle wirkungsvoll ab. Der Fiat 500 Twinair vibriert so wie jedes andere Auto, sobald der Motor läuft.
http://www.spiegel.de/auto/fahrberichte/0,1518,734998,00.html

Und zwar: Was hat es für einen Grund, dass man beide Zylinder im gleichen Takt laufen lässt anstatt gegeneinander? Dadurch handelt man sich ja Probleme ein, die man nur wieder umständlich umgehen muss wie oben beschrieben. Ich sehe darin irgendwie keinen Vorteil. Was haltet ihr von so einem Motor?

Um noch was zum Verbrauch zu sagen: Den Spiegel-Bericht finde ich derbe daneben. Es ist doch normal, dass ein kleiner Benziner bei -10°C Außentemperatur deutlich mehr verbraucht. Und dann noch bis zu vier Insassen rumkutschen? Vielleicht ist es auch am Redakteur vorbeigegangen, dass die "Start-Stopp-Automatik [...], die auch durchgehend eingeschaltet war" bei Kälte bei den meisten Autos garnicht arbeitet, bis der Motor richtig warm ist, was bei dem kleinen Motörchen ein bisschen dauern kann. Und das ist regelrecht inkompetent oder absichtlich böswillig: "Fast durchgehend aktiviert waren allerdings auch Klimaanlage und Gebläse, anders geht es ja nicht bei knackigem Winterwetter. Insofern lässt sich die deutliche Abweichung vom offiziellen Verbrauchswert erklären. Man fragt sich jedoch, was Downsizing, Hightech und Sparsysteme nützen, wenn in der Praxis kaum etwas dabei herausspringt."

stav0815
2010-12-21, 13:38:01
Hallo,
ich habe mal eine Verständnisfrage zum neuen Fiat Twinair-Motor, einem Zweizylinder mit schnuckeligen 875cm^3 Hubraum:


http://www.spiegel.de/auto/fahrberichte/0,1518,734998,00.html

Und zwar: Was hat es für einen Grund, dass man beide Zylinder im gleichen Takt laufen lässt anstatt gegeneinander? Dadurch handelt man sich ja Probleme ein, die man nur wieder umständlich umgehen muss wie oben beschrieben. Ich sehe darin irgendwie keinen Vorteil. Was haltet ihr von so einem Motor?

Um noch was zum Verbrauch zu sagen: Den Spiegel-Bericht finde ich derbe daneben. Es ist doch normal, dass ein kleiner Benziner bei -10°C Außentemperatur deutlich mehr verbraucht. Und dann noch bis zu vier Insassen rumkutschen? Vielleicht ist es auch am Redakteur vorbeigegangen, dass die "Start-Stopp-Automatik [...], die auch durchgehend eingeschaltet war" bei Kälte bei den meisten Autos garnicht arbeitet, bis der Motor richtig warm ist, was bei dem kleinen Motörchen ein bisschen dauern kann. Und das ist regelrecht inkompetent oder absichtlich böswillig: "Fast durchgehend aktiviert waren allerdings auch Klimaanlage und Gebläse, anders geht es ja nicht bei knackigem Winterwetter. Insofern lässt sich die deutliche Abweichung vom offiziellen Verbrauchswert erklären. Man fragt sich jedoch, was Downsizing, Hightech und Sparsysteme nützen, wenn in der Praxis kaum etwas dabei herausspringt."

Allein schon dafür, dass die Klimaanlage aktiviert war, sollte es einen hinter die Löffel für die Tester geben.

/: Und 6,6 Liter Realverbrauch bei tlw. vollbesetztem Fahrzeug halte ich (bei einem rel. schweren Fiat 500) für doch sehr gut.

san.salvador
2010-12-21, 13:39:49
Wär auf dem Auto ein Audi/BMW/VW/Mercedes-Logo drauf, wäre man vermutlich anders an die Sache herangegangen...

Pana
2010-12-21, 14:39:53
Den SPIEGEL-Bericht habe ich auch schon gelesen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, er wäre von einer Frau geschrieben worden. Im Gengensatz zum TS finde ich das ganze nämlich viel zu rosig aufgeschrieben.

Das Auto erfüllt überhaupt keinen vernünftigen Zweck, es ist ein reines Lifestyle-Objekt. Der Zweizylinder ist eine "genetische Behinderung" und der Spritverbraucht (voll besetzt mit Klimaanlage hin oder her) setzt überhaupt keine interessanten Akzente.

Für mich ist das ein zu kleines Triebwerk in einem zu kleinen Auto und der SPIEGEL-"Test" zeichnet sich durch fehlenden Abstand und mit der Abstinenz von Objektivität aus.

Warum man keinen gegenläufigen Zweizylinder gebaut hat, steht übrigens auch in dem Bericht.

iDiot
2010-12-21, 14:56:25
Das Auto bringt einen von A nach B, was soll sonst zweck sein. In der Stadt vollkommen ausreichend.

Und der unterschied zwischen Klima an + vollbesetzt und leer ist sehr groß, vor allem in der stadt.

Da braucht auch mein 160PS 4 Zylinder im schnitt locker 2-3l mehr.

6,6l mit 4 Leuten und klima ist übrigens sehr gut. das ist mit einem gleich starken 4-zylinder sauger nur extrem schwer zu schaffen.

stav0815
2010-12-21, 15:12:35
Das schaff ich mit meinem 1.6 16V alleine überland ohne Klima nur mit Müh und Not.

Shink
2010-12-21, 15:13:17
Das Auto erfüllt überhaupt keinen vernünftigen Zweck, es ist ein reines Lifestyle-Objekt.
Naja, würde jeder in der Stadt der nicht mehr Platz im Auto braucht mit so etwas fahren hätten wir kürzere Staus, mehr Platz auf Parkplätzen, weniger Parkschäden etc.
Chrom-Einstiegsleisten, Dekor-Aufkleber etc. sind tatsächlich sinnlos. Allerdings sind das lackierte Außenspiegel/Stoßfänger, Touchscreen-Radios und wunderschöne Alufelgen auch.

Der Zweizylinder ist eine "genetische Behinderung" und der Spritverbraucht (voll besetzt mit Klimaanlage hin oder her) setzt überhaupt keine interessanten Akzente.
Ob es wirklich Sinn macht jeden Stadt-Kleinwagen mit Turbomotor auszustatten um den Hubraum verkleinern zu können ist mir auch nicht ganz klar; hört sich für mich eher unvernünftig an.
Die Sache mit den 2 Zylindern ist grundsätzlich ganz vernünftig wenn man die Nachteile in Griff bekommt und um jeden Preis einen kleinen Hubraum will - immerhin will man ja AFAIR auch ein schwächeres Modell mit - richtig, 500ccm rausbringen. (Wahrscheinlich damit der Name wieder passt:freak:)

Lyka
2010-12-21, 15:16:02
85 PS ist nicht wenig. ich hab bisher immer mit <45PS gearbeitet^^

iDiot
2010-12-21, 15:20:38
Ob es wirklich Sinn macht jeden Stadt-Kleinwagen mit Turbomotor auszustatten um den Hubraum verkleinern zu können ist mir auch nicht ganz klar; hört sich für mich eher unvernünftig an.
Naja, mit anderer Technik um den Motor sparsamer zu machen ist man leider so ziemlich am Ende angelangt.

Zephyroth
2010-12-21, 15:23:36
Und zwar: Was hat es für einen Grund, dass man beide Zylinder im gleichen Takt laufen lässt anstatt gegeneinander? Dadurch handelt man sich ja Probleme ein, die man nur wieder umständlich umgehen muss wie oben beschrieben. Ich sehe darin irgendwie keinen Vorteil. Was haltet ihr von so einem Motor?

Ich verstehe was du meinst. Du hättest gerne die Kolben um 180° versetzt auf der Kurbelwelle. Sprich wenn der eine im oberen Totpunkt (OT) ist, soll der andere unten (UT) sein.

Da es sich um einen Viertakt-Motor handelt, benötigt er 2 volle Umdrehungen um seine Takte abzuarbeiten. Gehen wir's durch, wir starten im OT:

1. Ansaugen: Kolben geht runter (180°)
2. Verdichten: Kolben geht wieder rauf (360°, hier haben wir schon eine volle Umdrehung)
3. Arbeiten: Kolben geht runter (540°)
4. Ausstoßen: Kolben geht wieder rauf (720°, jetzt sind wir wieder am Anfang des 1. Taktes)

Du hast also genau einen Arbeitstakt pro 2 Umdrehungen. Mit 2 Zylindern schaffst du aber 1 Arbeitstakt pro Umdrehung. Dazu arbeiten die beiden Zylinder um 360° versetzt. Geometrisch gibt es zwischen 720° und 360° keinen Unterschied, weshalb die beiden Kolben mechanisch im Gleichtakt, arbeitstechnisch aber versetzt arbeiten.

Als kompletten Viertakt-Twin geht der Zyklus so:

1. Ansaugen am 1. Zylinder, Arbeiten am 2. Zylinder
2. Verdichten am 1. Zylinder, Auspuffen am 2. Zylinder
3. Arbeiten am 1. Zylinder, Ansaugen am 2. Zylinder
4. Auspuffen am 1. Zylinder, Verdichten am 2. Zylinder

Bei einem Zweitakt-Twin würde man die Kolben tatsächlich um 180° versetzen, da hier bei jeder Umdrehung gezündet wird. Es gibt zwar Viertakter die um 180° versetzt sind um hohen Drehzahlen standzuhalten, allerdings liefern diese dann ihre Kraft recht ungleichmäßig, da sie nicht alle 360°KW (Grad Kurbelwinkel) zünden, sondern bei 0°KW und 180°KW, dann lange Pause von 540°KW. Hört sich so ähnlich an wie eine Harley. In einem Auto unbrauchbar.

Grüße,
Zeph

KakYo
2010-12-21, 15:26:32
Und zwar: Was hat es für einen Grund, dass man beide Zylinder im gleichen Takt laufen lässt anstatt gegeneinander? Dadurch handelt man sich ja Probleme ein, die man nur wieder umständlich umgehen muss wie oben beschrieben. Ich sehe darin irgendwie keinen Vorteil. Was haltet ihr von so einem Motor?



Die beiden Zylinder laufen nicht im gleichen Takt, sondern um 360 Grad versetzt, Zünden also immer im Wechsel und nicht parallel.
Gegenläufig hätte man wahrscheinlich die Kurbelwelle wieder größer dimensionieren müssen, da man dann ein Kippmoment auf die Welle bekommt.

Shink
2010-12-21, 16:08:37
Naja, mit anderer Technik um den Motor sparsamer zu machen ist man leider so ziemlich am Ende angelangt.
Mh... ich bin ja kein Experte aber ich kann mir kaum vorstellen dass der Fiat ohne Turbo wesentlich weniger braucht. Er hätte weniger Leistung und weniger Drehmoment (was bei so einem Kleinstwagen für die Stadt wohl halb so schlimm wäre)

iDiot
2010-12-21, 16:21:30
naja, ohne turbo wäre er wohl eine 45PS Kröte ohne drehmoment... und auch so ein Kleinstwagen wiegt ganz schön.

FlashBFE
2010-12-21, 16:34:28
Es gibt zwar Viertakter die um 180° versetzt sind um hohen Drehzahlen standzuhalten, allerdings liefern diese dann ihre Kraft recht ungleichmäßig, da sie nicht alle 360°KW (Grad Kurbelwinkel) zünden, sondern bei 0°KW und 180°KW, dann lange Pause von 540°KW. Hört sich so ähnlich an wie eine Harley. In einem Auto unbrauchbar.
Ah danke, das ist genau die Antwort, auf die ich alleine auf die Schnelle nicht gekommen bin. Und so schön ausführlich. (hier fehlt ein Smiley mit einer Glühbirne über dem Kopf. :wink:)
Beim Zweizylinder Viertakter muss man sich also entscheiden: Entweder laufen sie mechanisch unrund (schlecht bei hohen Drehzahlen) oder von der Kraftwirkung unrund (schlecht bei niedrigen Drehzahlen). Die mechanische Unwucht kann man aber leichter ausgleichen.

Ich bin mal gespannt, wann sich andere Autobauer trauen, auch Zweizylinder in den Markt zu bringen. Bei der "mehr Hubraum = mehr bumms"-Fraktion werden die Teile aber wohl einen schweren Stand haben, auch wenn dann die 78kW (105PS) Version auf den Markt kommt. Der Fiat 500 an sich ist aber auch nicht meine Geschmacksrichtung vom Aussehen her. Aber es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet Fiat zum Technologieführer für effiziente Benzinmotoren wird.

san.salvador
2010-12-21, 16:36:46
In Boxer-Bauweise könnte man die mechanische Unwucht beheben, nicht? :uponder:

Zephyroth
2010-12-21, 16:43:52
Ja. Ein Boxer läuft immer ausgeglichen, bis auf ein kleines Kippmoment, das durch den Hubzapfenversatz entsteht (sprich die beiden Kolben laufen nicht in der gleichen Ebene).

Aber es gibt andere Gründe, warum man hier keinen Boxer baut. Erstens braucht ein Boxer 2 getrennte Zylinderköpfe, folglich 2 Nockenwellen. Des weiteren ist er sehr breit, was ihn für den Quereinbau disqualifiziert (zumindest im Fiat 500).

Die ganze Rohrführung (Ansaug- und Abgastrakt) wird wesentlich komplizierter, mit dem benötigten Turbo wird's nochmal schwieriger. Dieser möchte nämlich kurze Verbindungen, mit dem Boxer ist das kaum möglich.

Grüße,
Zeph

stav0815
2010-12-21, 18:14:00
Ja. Ein Boxer läuft immer ausgeglichen, bis auf ein kleines Kippmoment, das durch den Hubzapfenversatz entsteht (sprich die beiden Kolben laufen nicht in der gleichen Ebene).

Aber es gibt andere Gründe, warum man hier keinen Boxer baut. Erstens braucht ein Boxer 2 getrennte Zylinderköpfe, folglich 2 Nockenwellen. Des weiteren ist er sehr breit, was ihn für den Quereinbau disqualifiziert (zumindest im Fiat 500).

Die ganze Rohrführung (Ansaug- und Abgastrakt) wird wesentlich komplizierter, mit dem benötigten Turbo wird's nochmal schwieriger. Dieser möchte nämlich kurze Verbindungen, mit dem Boxer ist das kaum möglich.

Grüße,
Zeph
Und das wichtigste hast du vergessen: MultiAir wäre an einem Boxer quasi doppelt so teuer, da durch die zwei Zylinderköpfe auch zwei MultiAir Module angebaut werden müssten.

/e: Fiat ist im Bereich der Motorenentwicklung eigentlich auf einer Stufe mit z.B. Honda, was Innovationen angeht. Also sehr weit oben.
So hat z.B. Fiat den ersten CommonRail Diesel gebaut und auch die Diesel mit Direkteinspritzung gehen auf Fiat zurück.
Bei den Benzinern wollen sie jetzt den Weg gehen, den VW schon geht: Möglichst zwischen Benzinern und Dieseln Blöcke etc. pp. vereinheitlichen.

san.salvador
2010-12-21, 18:15:53
Stimmt, das mit den zwei Köpfen hab ich komplett vergessen. Wäre grad bei so einem Zwutschgerlmotor völliger Unsinn. :D