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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wissenschaftliche Stelle (TVöD) vs. Wirtschaft


Gast
2011-05-06, 13:32:06
Hallo Community,

möglicherweise hatte der ein oder andere eine ähnliche Situation und kann was aus dem Nähkästchen erzählen.

Ich bin Berufseinsteiger (frisch von der Uni) und habe die Möglichkeit am wissenschaftlichen Institut (Max-Planck) zu arbeiten (2 Jahre).

Ein Start-Up Unternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter) hat mir ebenfalls ein Angebot gemacht.
Von den Aufgaben sind beide sehr gut. Das Start-Up hat einige Vorzüge was Arbeitzeiten, Geld (300-400 Netto mehr) und Familie angeht. Auch durfte ich in die Arbeit reinschnuppern. War sehr gut.

Die Frage ist: Lohnt sich ein wissenschaftliches Institut (Max., Fraun.) im Lebenslauf?
Oder ist das völlig egal und man sollte sich am Geld orientieren? Auch wenn das Start-Up vielleicht nicht langfristig erfolgreich ist?

Danke

Gast

maximAL
2011-05-06, 22:02:19
Naja, ich hab mal beim einem Fraunhofer Institut gearbeitet und war alles andere als schwer beeindruckt :rolleyes:
Die Reaktionen von Kommilitonen gingen auch eher in Richtung "Öffentlicher Dienst? Da arbeitet doch eh keiner ordentlich". KA, obs irgendwo Leute gibt, die sich von Namen wie Fraunhofer oder Max Planck blenden lassen.
Wenn du nicht in die Wissenschaft willst (also vorallem noch ein Promotion planst), dann lass es. Vorallem, wenn auch die Rahmenbedingungen abseits vom Gehalt beim anderen Angebot besser sind - das sind ja sonst meisst die einzigen Gründe, die für den öffentlichen Dienst sprechen.

Colin MacLaren
2011-05-06, 22:07:49
Wenn Du promovieren willst sicherlich die bessere Lösung als an der Uni, wo es heißt "halbe Stelle bezahlt, aber 60h/Woche Pussy des Profs for everything". Bei einem Start-Up Unternehmen stellt sich allerdings auch die Frage, ob Du nicht "ausnahmsweise, nur bis das Projekt fertig ist, mal die Woche jeden Abend bis 22 Uhr und am Samstag wenigstens bis 8" arbeiten könntest. Ohne bezahlte Überstunden, versteht sich. Ich kenn eigentlich keinen frisch gebackenen Uni-Absolventen, der vor 60h/Woche Feierabend machen kann. Egal ob Ingenieur, Geisteswissenschaftler oder "irgendwas mit Medien" ;) Genau deswegen promovier ich nächstes Jahr ohne Stelle an der Uni und versorg mich lieber selber mit Zeitarbeit. Die ist in dem Fall ausnahmsweise mal die liebenswertere Lösung.

Kennung Eins
2011-05-06, 22:14:04
Ich war in gleicher Situation, nur MPI gegen FhG tauschen. Hab mich fürs Fraunhofer entschieden, um es als Sprungbrett zu nutzen. Hat geklappt. Kommt aber extrem drauf an, wie man selber die Situation steuert (siehe auch maximAL's Kommentar).

Ich würde mich micht am Geld sondern am Tätigkeitsprofil orientieren. Oder halt, wenn dir Sicherheit wichtig ist, evtl nicht das Startup wählen (je nach dem, wie etabliert das schon ist).

edit, das muss ich mal quoten:
... ob Du nicht "ausnahmsweise, nur bis das Projekt fertig ist, mal die Woche jeden Abend bis 22 Uhr und am Samstag wenigstens bis 8" arbeiten könntest. Ohne bezahlte Überstunden, versteht sich.
Das war bei mir exakt gleich am Fraunhofer, würde ich nicht aufs Startup beschränken.

hmx
2011-05-06, 22:17:03
Wenn Du promovieren willst sicherlich die bessere Lösung als an der Uni, wo es heißt "halbe Stelle bezahlt, aber 60h/Woche Pussy des Profs for everything". Bei einem Start-Up Unternehmen stellt sich allerdings auch die Frage, ob Du nicht "ausnahmsweise, nur bis das Projekt fertig ist, mal die Woche jeden Abend bis 22 Uhr und am Samstag wenigstens bis 8" arbeiten könntest. Ohne bezahlte Überstunden, versteht sich. Ich kenn eigentlich keinen frisch gebackenen Uni-Absolventen, der vor 60h/Woche Feierabend machen kann. Egal ob Ingenieur, Geisteswissenschaftler oder "irgendwas mit Medien" ;) Genau deswegen promovier ich nächstes Jahr ohne Stelle an der Uni und versorg mich lieber selber mit Zeitarbeit. Die ist in dem Fall ausnahmsweise mal die liebenswertere Lösung.

Das kann man sicher nicht verallgemeinern. Es gibt auch Unis in denen das nicht so ist.
Trotzdem ist wohl, falls man nicht in die Wissenschaft will, das Startup besser geeignet. Allerdings auch nicht um da ewig zu bleiben, sondern um mit der Erfahrung in einem vernünftigem Unternehmen unterzukommen. War bei meinem Cousin auch so. Der ÖD hingegen ist eher nicht so das Sprungbrett.

maximAL
2011-05-06, 22:17:19
Wenn Du promovieren willst sicherlich die bessere Lösung als an der Uni, wo es heißt "halbe Stelle bezahlt, aber 60h/Woche Pussy des Profs for everything".
Also beim meinem Institut gabs für die Promotion auch nur eine halbe Stelle. Dagegen kenn ich Leute, die an der Hochschule promovieren und dabei eine volle Stelle ohne Lehrverpflichtung haben.
Ich kenn eigentlich keinen frisch gebackenen Uni-Absolventen, der vor 60h/Woche Feierabend machen kann. Egal ob Ingenieur, Geisteswissenschaftler oder "irgendwas mit Medien" ;)
Ich kenn keinen, der 60h/Woche arbeitet. Ich selbst mach auch nur (minutengenaue ;D) 40h/Woche - in der Industrie.

Colin MacLaren
2011-05-07, 08:20:11
Dann hast Du Glück gehabt.

Ich kenn eine mit BWL die arbeitet wirklich 6-7 Tage die Woche, Sonntags eigentlich immer und ist nie vor 21 Uhr aus dem Betrieb raus. Internetbranche. Ein Kollege, gleiches Profil, gleiche Branche sollte genau das gleiche machen. "junior entrepeneur" nannte sich das und das erste, was ihm gesagt wurde, war "wir sind die ersten die kommen und die letzten die gehen."

Anderer Kollege promoviert in Physik und sitzt auch jeden Abend bis 21 Uhr im Labor. Seine Freundin leitet den hiesigen Praxisübungskanal für alle Medienstudenten und Praktikanten, genau das gleiche. Der letzte ist Verkehrsingenieur in einem Ingenieurbüro und arbeitete ab Monat 2 auch jeden Samstag.

Gott, ich will nie arbeiten.

Kennung Eins
2011-05-07, 09:19:30
Es hängt IMMER davon ab, was man selber will. Du willst nicht 60h/Woche arbeiten und Pussy des Profs sein? Dann sei es nicht. Man selber hat die Wahl.

"Nein" sagen lernen gehört einfach dazu.

noid
2011-05-07, 10:17:19
Es hängt IMMER davon ab, was man selber will. Du willst nicht 60h/Woche arbeiten und Pussy des Profs sein? Dann sei es nicht. Man selber hat die Wahl.

"Nein" sagen lernen gehört einfach dazu.

Auch in der Wirtschaft, wenn du wirklich was kannst, dann hat der Chef auch keine Lust dich dauerhaft zu verheizen. Klar schaufelt man zu gewissen Zeiten Überstunden an, die sollte man aber auch wieder abbauen können!
(alles andere ist ein Anzeichen, dass die Firma chronisch überlastet ist oder nicht in der Lage ist ihre Arbeiten richtig zu managen)

maximAL
2011-05-07, 11:08:07
Es hängt IMMER davon ab, was man selber will. Du willst nicht 60h/Woche arbeiten und Pussy des Profs sein? Dann sei es nicht. Man selber hat die Wahl.

"Nein" sagen lernen gehört einfach dazu.
Interessanterweise hab ich auch noch nie gehört, das jemand entlassen wurde, weil er nicht endlos Überstunden machen wollte.

Gast
2011-05-07, 11:35:02
Wow, Danke für eure Antworten.

Eine Entscheidung fällen konnte ich noch nicht.
Nach den bisherigen Antworten gehe ich davon aus, dass sich MaxP/Fraunhofer nur dann lohnt, wenn man Promovieren möchte.

Für die Zukunft spielt es eigentlich keine Rolle, ob man in einem Start-Up oder im ÖD war.

Mit Promovieren ist halt schwierig. Das wurde mir nicht direkt angeboten vom MaxP. - es gibt dort auch viele (diplomierte)Mitarbeiter die Jahre lang dort sind und keine Promotion gemacht haben.

Ich finde die Wissenschaft definitv besser, wenn man nur einen wirtschaftlichen Job bekommt, wo man hinterm Tisch hockt. Dagegen finde ich Jobs mit direkten Kundenkontakt super.

Oid
2011-05-07, 11:53:21
Meine Erfahrung im wissenschaftlichen öffentlichen Dienst:

Klar gibt es manche Leute, die es etwas gechillter angehen lassen, aber andererseits hat man auch mit vielen Menschen zu tun, die vielleicht weltweit zu den Top-Leuten auf ihrem Gebiet zählen. Da ist ein MPI sicher nicht die falsche Adresse, vor allem weil das Umfeld an sich auch meistens ziemlich international ist.
Meiner Einschätzung nach ist es im öffentlichen Dienst wichtig, dass man einen klar definierten Aufgabenbereich hat. Ich hab halt festgestellt, dass viele Wissenschaftler vielleicht nur zu 20% Forschung betreiben und sich ansonsten um irgendwelchen Verwaltungskram kümmern müssen, weil die Personalstruktur nicht wirklich gut durchdacht ist.

Ich würde mich auch mal informieren, was es om öffentlichen für Bonusleistungen gibt. Dazu kann ich nichts sagen, war nur Praktikant.

sei laut
2011-05-07, 11:57:37
Interessanterweise hab ich auch noch nie gehört, das jemand entlassen wurde, weil er nicht endlos Überstunden machen wollte.
Frag mal im Einzelhandel, vorallem im Lebensmittelsektor nach.
Edit: Ich denke schon, dass auch in den höheren Berufszweigen einige ordentlich Überstunden machen, weil sie Angst haben, sonst ihren Job zu verlieren. Ich meine, das wurde den Leuten ja, als es noch jungen Nachschub ohne Ende gab, so eingetrichtert.

Gast
2011-05-07, 12:13:44
Wow, Danke für eure Antworten.

Hier nochmal ein paar Fakten, um vorherige Fragen zu beantworten:

Das Start-Up ist noch nicht etabliert. Es könnte sein, dass in 6-12Monaten wieder schluß ist.
Die Aufgabengebiete kenne ich nur vom Start-Up, die super waren. Ich hatte in der Testwoche sehr viel Kundenkontakt, was echt super war. Man hat quasi jeden Tag etwas anderes und ist bei verschiedenen Firmen.

Promotion: Ich gehe erstmal davon aus, dass keine Promotion stattfindet. Stelle ist auch auf 2 Jahre befristet.

Meine Sorge ist, dass ich eine Stelle im Start-Up annehme, der Laden in 6 Monaten zu macht und ich mich ärger, dass ich die Chance nicht genutzt habe, um in einem weltweitbekannten Institut zu arbeiten.

Andersherum würde ich mich auch ägern, wenn ich im MPI nur hinterm Tisch hocke.

Gehalt spielt natürlich immer eine Rolle. 300-400 Netto pro Monat. Das ist ein halbes neues Auto pro Jahr - oder eine Hammerurlaubsreise pro Jahr - oder alle paar Monate ein neuer Rechner.
Das Gehalt beim MPI reicht natürlich auch aus um zu überleben.

PatkIllA
2011-05-07, 14:43:25
Ich kenn eigentlich keinen frisch gebackenen Uni-Absolventen, der vor 60h/Woche Feierabend machen kann. Mit 60h kenn ich eigentlich keinen. Selbst die mit der "Überstunden sind bereits mit dem Gehalt abgegolten"-Klausel im Vertrag.

Dktr_Faust
2011-05-07, 14:55:09
Was hast Du denn überhaupt studiert? Welchen Abschluss hast Du?

Die Frage kann man so nicht beantworten: Du musst Dich entscheiden, wo Dein Lebensweg hingehen soll. Willst Du mehr Karriere machen oder lieber Geld verdienen?

Für die Karriere (sei es universitär oder in der Wirtschaft) ist MPI sicherlich gut, in zwei Jahren hast Du auch Chancen auf eine Promotion (je nachdem in welchem Fach) - das schlägt sich aber u. U. nicht in der Geldbörse nieder. Für alles andere würde ich mir überlegen, noch ein paar mehr Bewerbungen zu verschicken und das StartUp als "Übergangslösung" zu nehmen - viel Tageslicht dürftest Du bei beiden nicht sehen.

Grüße

Watson007
2011-05-07, 15:16:31
(weniger als 10 Mitarbeiter)

ich möchte nur einmal erwähnen, das der Kündigungsschutz nur bei Unternehmen mit mehr 10 Mitarbeitern gilt, Geschäftsführer und Azubis zählen nicht, Teilzeitkräfte zählen anteilig.

Das mag im Moment nicht so wichtig erscheinen, jedoch gibt es auch kein Recht auf eine Abfindung. Abfindungen sind Verhandlungssache und hängen von der Durchsetzbarkeit einer Kündigungsschutzklage ab (sofern sie nicht vom AG freiwillig vereinbart wurde).

Ich würde die öffentliche Stellung bevorzugen - auf lange sicht. Aber du kannst ja später noch wechseln...

Aber das ist nur ein Faktor von vielen

maximAL
2011-05-07, 19:39:33
Für die Karriere (sei es universitär oder in der Wirtschaft) ist MPI sicherlich gut, in zwei Jahren hast Du auch Chancen auf eine Promotion (je nachdem in welchem Fach)
Oder der Vertrag wird nicht verlängert, weil die staatlichen Fördermittel wiedermal zusammen gestrichen wurden.
Und wie gesagt, öffentlicher Dienst ist nicht überall hoch angesehen. Da können schnell mal Zweifel aufkommen, ob man "draussen" überlebt.

T101
2011-05-07, 21:39:25
Ich würde keins der beiden Angebote annehmen.

Im Moment sieht es auf dem Arbeitsmarkt doch ganz gut aus. In 2-3 Jahren dürfte es wieder deutlich schlechter aussehen. Gibt es keine größeren Unternehmen, unbefristete Stellen im öD, ....bei denen du Chancen hast eingestellt zu werden?

Wenn dir die Arbeit im Start-Up gefallen hat und du ein gutes Gefühl hast, nehm besser das als die Stelle in einem Institut. Ausser du planst in der Karriere in der Forschung zu machen, aber ohne Dr.-Titel wird das nix.

alpha-centauri
2011-05-12, 14:12:07
Ab in freie Wirtschaft, wenn du kein Doktor machen willst. Sonst gibts dazu nix zu sachen...

Du machst dich für 1000 Brutto weniger im Monat doch zum Affen da.. Und nach 2 Jahren willst in freie Wirtschaft, weils da mehr gibt..

Zu dem bei TVÖD wirst du auch deine 24 Tage Urlaub und 40 h / Woche haben..

Zeiten mit 35 Tagen Urlaub udn 35 h / Woche im ÖD sind schon lang vorbei. Aber die Bezahlung ist immern och 30% weniger als in der Wirtschaft..