PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Betriebswirtschaftlich-philosophische Betrachtung: Versicherungen und Mitgliedsanzahl


Ash-Zayr
2011-05-27, 09:35:33
Hallo
Folgende Gedanken kamen und beschäftigen mich.

Wie jeder Dienstleister, so wird und sollte sicher auch eine Versicherung darum bestrebt sein, dass die Anzahl der Mitglieder stetig wächst. Soweit eigentlich reine Logik.
Eine Versicherung ist ja nun aber im Gegensatz zu z.B. einem Telefonanbieter, wo der Nutzer für eine fixe Leistung zahlt, ein solidarisches Wahrscheinlichkeitskonstrukt, das aus Sicht des Versicherers auf der Hoffnung und Annahme beruht, dass die mit den Beiträgen erkaufte Dienstleistung faktisch aber nie zum Tragen kommt; also im Optimalfall niemals eine Versichtungssumme gezahlt werden muss. Die Summe aller Beiträge reicht ja bei weitem nicht aus, um mal im Extrem gesehen allen Mitgliedern, sollten diese gleichzeitig etwas geltend machen, zu zahlen. Das ist ja das Prinzip, das selbst die Summe, die man zu Lebzeiten in Form der kleinen Beiträge einzahlt, niemals ausreichen würden, um einen einzigen größeren z.B. Hausratfall davon zu zahlen - es gilt also: erst über die Vielzahl aller Einzahler ist über die Zeit so viel Geld im Topf, dass daraus dem Einzelnen eben mehr Gegenleistung erbracht werden kann, als er selbst jemals beitragen kann.

Aus Sicht der Versicherung, knallhart betriebswirtschafltich gesehen, ist es ja nun schwierig, einen Break-even-point zu berechnen, im Sinne von: wie viele Mitgleider brauchen wir mindestens, die wie hoch angesetzte Beiträge zahlen bei statistisch aufkommenden Fällen X mit Gesamtleistungsumme Y, so dass wir aber immer noch Gewinn machen.
Tendenz ist klar....mehr Mitglieder und/oder höhere Beiträge....

So, geht man bisher davon aus, dass da eine mehr oder minder linare Funtion hintersteht, deren Graph irgendwo einen definierten Punkt scheidet, den break-even, wäre es einfach.
Jetzt kommt aber die große Frage, die mich wurmt: steckt da im Grunde nicht eine weitaus kompliziertere Funktion hinter, bei der nämlich der Graph irgendwann noch einen Punkt schneidet, und das ist dann quasi der anti-break-even, ab dem massiv Verlust gemacht wird?

Denn, mehr Mitglieder zahlen zwar auch mehr in den Topf ein, der zu ungeahnten Größen schwellen mag - aber je mehr Mitglieder, desto mehr steigt doch dann auch die statistische Möglichkeit, dass den Mitgliedern Dinge widerfahren, woraufhin die Versicherung dann leisten muss. Und da jeder ausgezahlte Fall eine Summe verschlingt, die sicher tausende weitere Mitglieder über Jahre gezahlt haben, kollabiert doch das System einer Versicherung ab einem bestimmten Punkt; und erst recht, wenn mit einer Mitgliederexplosion die Chance immer größer wird, dass immer häufiger auch die richtg großen Summen wie Lebensicherungen, Privathaftpfllichtfälle mit Sach- und Personenschäden in Millionenhöhe, Unfallversicherungen mit lebenslangen Renten, Hausbrände, usw.

Fazit: muss eine Versicherung ab einem bestimmten ermittlten Punkt auch dicht machen? Oder haben Verischerer diese Betrachtung nicht und mehr ist auch immer mehr; also stetig auf Kundenfang? Kann eine Versicherung gesättigt sein an einem opimalen Punkt von Mitgliedzahl, Beitragshöhe und statistische Häufigkeiten von zu leistenden Fällen? Geschlossenes System ab dann, oder weite rnach oben offen?

Ash

darkcrawler
2011-05-27, 11:07:38
aus statistiken den erwartungswert berechnen (umso mehr mitglieder, desto mehr wird sich der eintritt der wahrscheinlichkeiten darum einpendeln).

das risiko per standardabweichung

Poekel
2011-05-27, 11:44:27
Denn, mehr Mitglieder zahlen zwar auch mehr in den Topf ein, der zu ungeahnten Größen schwellen mag - aber je mehr Mitglieder, desto mehr steigt doch dann auch die statistische Möglichkeit, dass den Mitgliedern Dinge widerfahren, woraufhin die Versicherung dann leisten muss.
Hier liegt der Fehler bei deiner Argumentation. Wenn die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts 1% ist, bleibt diese Wahrscheinlichkeit auch bei mehr Mitgliedern 1%. Je höher die Mitgliedsanzahl, desto unwahrscheinlicher wird es gleichzeitig, dass in einem gewählten Zeitraum der Schaden häufiger als wahrscheinlich berechnet eintritt.

Ist der durchschnittliche Schaden nun 100€ im Jahr, nimmt die Versicherung einfach als Gebühr 150€ im Jahr und macht s Gewinn.

Probleme gibts dann, wenn die berechneten Wahrscheinlichkeiten nicht korrekt sind oder Versicherungsnehmer (zum Beispiel bei Krankenkassen) falsche Angaben machen, um einen niedrigeren Tarif zu erhalten.

Ein gutes Beispiel wäre die Diskussion um die jetzige Lebensversicherung. Durch die Geschlechtertrennung konnte man die Versicherung für Männer (die früher sterben) so anbieten, dass sie auch als Anlageform interessant war. Das Verbot dieser Trennung führt nun dazu, dass die Kosten für die Versicherung durch zusätzliche schlechte Risiken, die alle bezahlen müssen steigen, und die Versicherung plötzlich für die bisherig Versicherten uninteressant wird. Hier haben die Versicherungen nur bedingtes Interesse an einer weiteren Erhöhung der Versicherten gehabt.

LarsVegas
2011-05-27, 12:34:51
je mehr versicherte einzahlen, desto sicherer wird die prognostizierte schadenshäufigkeit erreicht. gleichzeitig verteilt sich das risiko auf viel mehr versicherte (die einzahlen), so dass gleichzeitig ja auch viel mehr versicherte (absolut) einzahlen und keinen schadensfall haben.


für die versicherung gilt: mit steigender anzahl der versicherten kann sie immer besser kalkulieren, weil die absolute einzahlbasis verbreitert wird bei gleichzeitig gleichem relativen risiko. die versicherung zahlt also prozentual an den einzahlungen gemessen immer den gleichen satz aus, aber nimmt gleichzeit absolut gesehen mehr ein.

je mehr es die versicherung schafft, dem versicherungsnehmer das risiko (und damit die jeweilige prämie) höher zu verkaufen, als es tatsächlich ist, desto mehr geld wird sie verdienen.

beispiel berufsunfähigkeit: die allianz wirbt damit, dass ca. 25% aller erwerbstätigen im laufe ihres lebens berufsunfähig werden. was auch stimmt. allerdings verschweigt die allianz, dass sich das risiko ganz massiv splittet nach den verschiedenen berufsgruppen. bauarbeiter z.b. sind sehr gefährdet, "schreibtischtäter" aber nur recht gering. wenn jetzt eine versicherung, die einen hohen bauarbeiter anteil hat, nun auch noch die schreibtischtäter aufnimmt, dann verbessert sie sogar das risiko für sich (nicht für den einzelnen!) und kann mehr gewinn schreiben.

Trap
2011-05-27, 12:40:26
Das http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_der_gro%C3%9Fen_Zahlen wäre für die Argumentation ganz hilfreich.

Poekel
2011-05-27, 14:07:26
beispiel berufsunfähigkeit: die allianz wirbt damit, dass ca. 25% aller erwerbstätigen im laufe ihres lebens berufsunfähig werden. was auch stimmt. allerdings verschweigt die allianz, dass sich das risiko ganz massiv splittet nach den verschiedenen berufsgruppen. bauarbeiter z.b. sind sehr gefährdet, "schreibtischtäter" aber nur recht gering. wenn jetzt eine versicherung, die einen hohen bauarbeiter anteil hat, nun auch noch die schreibtischtäter aufnimmt, dann verbessert sie sogar das risiko für sich (nicht für den einzelnen!) und kann mehr gewinn schreiben.
Der Gewinn erhöht sich dadurch nicht. Eine Versicherung, die einen Einheitstarif anbieten würde, würde zwar theoretisch für schlechte Risiken günstiger sein, aber für gute Risiken teurer. Das heisst, die Bauarbeiter sparen, die Büroarbeiter zahlen drauf (sobald es eine Versicherung gibt, die Tarife nach Risikoklassen geordnet anbietet).

Deswegen sind die Tarife für die BU nach Berufstätigkeit gestaffelt. Die Bauarbeiter in einer Risikogruppe, Büroarbeiter in einer anderen (in der Realität ist das noch viel weiter aufgesplittet).