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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Darf man volljährige Selbstmörder zwangseinweisen?


Mosher
2011-07-10, 16:32:15
Wir hatten gestern eine kleine Diskussion:

angenommen, ein 22-jähriger Typ rennt in der Öffentlichkeit rum und brüllt, dass er sich vor den Zug werfen will.

Ist es legitim, ihn quasi "zwangseinzuwiesen", also gegen seinen Willen unter psychiatrische Beobachtung zu stellen, solange akute Suizidgefährdung besteht, oder verstößt das gegen seine Persönlichkeitsrechte?

Hat da jemand Ahnung?

mfg,
Mosher

atlantic
2011-07-10, 23:39:59
sobald du zB einen medizinischen Hilfsdienst wie rotes Kreuz etc. rufst, werden sie dafür sorgen (was übrigens schlicht ihre Pflicht ist), das so jemand an die richtige Stelle kommt. Kommt er in die Akutabteilung einer Psychiatrie, verlierst du quasi alle Rechte auf Selbstbestimmung. Die werden dir erst durch richterlichen Entscheid wieder zugesprochen, nachdem sich ein Gutachter davon überzeugt hat, das du nicht mehr akut gefährdet bist.

Es ist den wenigsten klar, was das bedeutet, wenn man zb seinen besten Freund dort hinbringt, weil er mal einen Durchhänger hat. Rein kommst du dort schnell. Raus kann sich verdammt ziehen. Liegt schlicht an der Tatsache, das die Ärzte dafür haftbar gemacht werden können, wenn sie jemanden laufen lassen, und derjenige sich dann, wie in deinem Beispiel, doch vor einen Zug wirft.

sei laut
2011-07-10, 23:45:19
Irgendwie kann ich mir nur schwer vorstellen, dass ein echter Selbstmörder das vorher ankündigt.

Zwergi
2011-07-11, 00:11:12
sobald du zB einen medizinischen Hilfsdienst wie rotes Kreuz etc. rufst, werden sie dafür sorgen (was übrigens schlicht ihre Pflicht ist), das so jemand an die richtige Stelle kommt. Kommt er in die Akutabteilung einer Psychiatrie, verlierst du quasi alle Rechte auf Selbstbestimmung. Die werden dir erst durch richterlichen Entscheid wieder zugesprochen, nachdem sich ein Gutachter davon überzeugt hat, das du nicht mehr akut gefährdet bist.

Andersrum: Zwangseinweisung für 6 Wochen per richterlichen Entscheid. Eine Aberkennung von Selbstbestimmungsrechten kommt nur sehr selten vor, das wäre die Entmündigung. Was meinst du mit Gutachter? Jemand externes? In einer geschlossenen Abteilung (Akutstation), machen das eigtl. die behandelnden Psychiater.


Es ist den wenigsten klar, was das bedeutet, wenn man zb seinen besten Freund dort hinbringt, weil er mal einen Durchhänger hat. Rein kommst du dort schnell. Raus kann sich verdammt ziehen. Liegt schlicht an der Tatsache, das die Ärzte dafür haftbar gemacht werden können, wenn sie jemanden laufen lassen, und derjenige sich dann, wie in deinem Beispiel, doch vor einen Zug wirft.

So dramatisch nun auch wieder nicht. Es gäbe ja nur noch Psychiatrien, wenn die die Leute kaum noch entlassen. Kostet doch alles Geld ;( Ausserdem gibts viele gute Medikamente. Haftbar gemacht wird da auch seltenst jemand und wenn, sind Ärzte gut verischert über die Klinik. Ein psychisch kranker Mensch...dessen Stimmung schwankt. Man kann niemanden zwingen sich behandeln zu lassen, der aus dem Leben scheiden will (ohne richterliche Anordnung jetzt). Wer das wirklich will, findet Wege.

Mosher: Du selbst kannst niemanden zwangseinweisen. Das können nur Ärzte, notfalls auch Zahnärzte. In der Psychiatrie wird der Mensch dann untersucht, ggfs. ein Richter hinzugezogen und von deren Entscheidung hängt der Verbleib oder die Entlassung des Patienten ab.

Lurtz
2011-07-11, 00:25:59
Irgendwie kann ich mir nur schwer vorstellen, dass ein echter Selbstmörder das vorher ankündigt.
Suizide sind meistens ein Hilferuf. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass jemand, der die Tat ankündigt, wahrscheinlich keinen Suizidversuch unternehmen wird.

derpinguin
2011-07-11, 01:15:04
jemand der einen selbstmord ankuendigt oder versucht wird mittels notarzt und rettungsdienst und polizei zwangseingewiesen (in hessen waere das nach §10 hessisches freiheitsentzugsgestz) und dann psychiatrisch begutachtet. sollte es dabei herauskommen, dass er ein psychisches problem hat wird er einer therapie zugefuehrt, ansonsten kommt ersieder auf freien fuss, wird aber die kosten mit hoher wahrscheinlichkeit aufgedrueckt bekommen.
die freiheit ist aber erstmal weg.

Mosher
2011-07-11, 09:04:18
ok, danke für alle Antworten.
Meine Frage wurde geklärt.

mfg,
Mosher

clockwork
2011-07-11, 13:07:36
Weder ein Arzt, das Rote Kreuz, ein Neurologe oder sonst wer wird dich anfassen und mitnehmen, und dürfen sie auch nicht. In Bayern darf dich nur die Polizei und die Feuerwehr anfassen und wo hin bringen, sonst niemand. In eine Psychiatrie in der man bleiben muss kommt man nur auf richterlichen Entschluss, und dann auch nur mit der Polizei.

derpinguin
2011-07-11, 13:12:25
Da wirst du dich wundern, wenn du im rettungswagen in die psych gebracht wirst mit Arzt und Polizist neben dir.

clockwork
2011-07-11, 13:27:20
Wenn man nichts getan hat, also nicht verletzt ist, holen die auch die Polizei. Die dürfen dich dann für 24 Stunden einweisen in der der Amtsrichter nach einem Unterbringungsantragschaut was los ist. Der Notarzt oder Rettungsdienst kann sagen dass man sofort eingewiesen werden muss, (was auch nicht so leicht ist, wenn eine andere Person dabei ist die das Gegenteil behauptet) die holen dann auch idR die Polizei dazu.

Desti
2011-07-11, 18:44:39
Es gibt keinen Selbstmord. Das ist nur eine Vorstellung der perversen Christenrassenländer.

Mosher
2011-07-11, 20:31:59
"Aus dem Unwillen, weiter zu leben, heraus wie auch immer geartete Aktion an sich selbst durchgeführt, um sein Leben zu beenden" war mir aber zu blöd zu schreiben.

greeny
2011-07-11, 21:09:03
Es gibt keinen Selbstmord. Das ist nur eine Vorstellung der perversen Christenrassenländer.
*unterschreib*

Zumal, @Topic, "Selbstmörder" bereits tot sind, somit also nicht eingewiesen zu werden brauchen...
Wobei mir aber auch grad kein brauchbarer Begriff einfällt... ^^ "potentielle Suizidenten" vielleicht?!

derpinguin
2011-07-11, 21:13:16
Der Duden Verlag trifft sich einen Raum weiter.

Dktr_Faust
2011-07-11, 22:10:09
Um das jetzt mal genau aufzudröseln:

Die sog. Zwangseinweisung ist (in diesem Fall) die Unterbringung auf Basis des PsychKG (IMO §19 - die Bundesländer können dazu die Ausführungsbedingungen schaffen, s Pingu) in einer psychiatrischen Akutabteilung auf Grund von (anzunehmender) Fremd- bzw. Eigengefährdung AUF GRUND einer psychiatrischen Erkrankung.

Das darf man nicht so einfach selber machen (ins Auto packen und in die Klapse fahren dürften mindestens den Straftatbestand der Freiheitsberaubung erfüllen). Wenn man der Meinung ist, dass sich irgendwer in einer psychischen Ausnahmesituation befindet, diese seine Urteilskraft trübt* und deswegen sich selbst gefährdet, dann bleibt einem nur der Griff zum Telefon und der Anruf beim Rettungsdienst. Der schickt einem einen Arzt (egal welchen) und dieser befindet, ob die Laieneinschätzung korrekt ist. Ist sie das, dann ordnet er die Unterbringung an --> der Patient wird auch gg. seinen Willen und notfalls mit Gewalt in eine geschlossene psychiatrische Abteilung gebracht (dazu braucht man übrigens nicht zwingend die Polizei, z. B. in Bayern kann das jeder Beamte [also auch die Berufsfeuerwehr und ihr Rettungsdienst oder das Ordnungsamt]).

Sobald der Patient in der psychiatrischen Abteilung ist, muss binnen 24 h ein Facharzt für Psychiatrie IMO mit einschlägiger Erfahrung a) die Entscheidung des einweisenden Arztes begutachten und b) das erwähnte Unterbringungsverfahren vor Gericht einleiten.

@atlantic: Eigentlich wird umgekehrt ein Schuh drauß...man kommt wesentlich schwerer zu Unrecht in die Psych rein als zu Unrecht aus selbiger raus --> das Gesetzt ist mit Absicht und um genau solchen Vorstellungen vorzubeugen sehr heftig in Richtung "in dubio pro reo" ausgelegt.

Grüße

* Wichtiges Detail: Nicht jeder Mensch, der seinem Leben ein Ende setzen möchte leidet an einer psychiatrischen Erkrankung --> schlussendlich ist es Dein gutes Recht, Dein Leben zu führen und zu beenden wie Du es willst. Ein Bsp. wäre z. B. Gunter Sachs. Für diese greift das PsychKG nicht. Ebenso wenig für selbstschädigendes Verhalten bei geistig Gesunden (z. B. verweigern einer Behandlung bei dringendem Vd. a. Herzinfarkt)

derpinguin
2011-07-11, 22:11:47
So ist es; Danke für die Ausführungen.

Mosher
2011-07-11, 22:21:29
jepp, fundiert, und deckt sich größtenteils mit dem, was ich über das Thema zu wissen glaubte.

doublehead
2011-07-12, 06:09:17
* Wichtiges Detail: Nicht jeder Mensch, der seinem Leben ein Ende setzen möchte leidet an einer psychiatrischen Erkrankung
Menschen haben eine Psyche, können demzufolge psychisch erkranken. Eine "psychiatrische" Erkrankung wäre es, wenn man sich in der Psychiatrie einen Schnupfen einfängt. Aber das ist wohl sicher nicht gemeint.

Ansonsten kenne ich auch eine Selbstmordkandidatin die einmal zwangseingewisen wurde, und darüber im Nachhinein sehr froh ist.

clockwork
2011-07-12, 10:25:46
Versteift euch mal nicht zuuu sehr auf die Gesetze. Bis auf das, dass man keine Nuklearexplosion verursachen darf, werden wohl wenige eingehalten. In 9 von 10 Fällen muss man davon ausgehen, dass ohne die Polizei nichts gemacht wird. Wie ich das gesehen habe laufen die einem nicht mal nach wenn man aus einer Psychiatrie abhaut, da wird auch die Polizei gerufen. Ich kenne es nicht anders, wenn ich nach Erfahrungen schaue oder andere Frage kommt da ähnliches raus.

Was die Einweisung betrifft muss ich da eher atlantic recht geben. Rein kommt man leichter als raus. Aber nicht weil jemand dafür haftbar gemacht werden kann, was meistens, auch bei der Medikamentengabe, Abmeldung, Erpressung usw keinen interessiert, sondern weil man nicht der Norm entsprechende, "störende" oder unangenehme Menschen lieber weg sperrt und mit sedierenden Medikamenten voll stopft.

Simon Moon
2011-07-12, 22:49:48
Wir hatten gestern eine kleine Diskussion:

angenommen, ein 22-jähriger Typ rennt in der Öffentlichkeit rum und brüllt, dass er sich vor den Zug werfen will.

Ist es legitim, ihn quasi "zwangseinzuwiesen", also gegen seinen Willen unter psychiatrische Beobachtung zu stellen, solange akute Suizidgefährdung besteht, oder verstößt das gegen seine Persönlichkeitsrechte?

Hat da jemand Ahnung?


Das nennt sich hier Fürsorglicher Freiheitsentzug (FFE) und ist rechtlich vollkommen legitim. Der kommt dann zum Zuge wenn entweder eine akute Fremd oder Selbstgefäderung dahinter steht.

Und imo sogar auch moralisch. Erst recht, wenn sich jemand vor einen Zug werfen will (Fremd und Selbstgefährdung!).

Gerade wenn das akut ist, ist das imo auch sinnvoll. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass sich der Betroffene die Sache nochmal überlegt und zu Sinnen kommt. Bei diesem akuten Zustand kann man sowieso davon ausgehen, dass der Betroffene nicht mehr zurechnungsfähig ist.

Achja, ich kenn mehrere Personen die schon in der Situation war. Das letzte mal als ich sowas erlebte, hatte ich wohl Glück, nicht auch gleich eingewiesen zu werden :ugly:

Cubitus
2011-07-12, 23:03:44
In meiner alten Firma erlitt der dortige Meister einen Nervenzusammenbruch, wobei dieser richtig manisch zwischen lautem Lachen und verbitterten Weinen wurde und auf dem Boden herum kullerte,
beruhigen ließ er sich von uns nicht mehr. Der Rettungsdienst kam, die konnten ihn aber auch nicht beruhigen, er wurde dann in die Psych gebracht.

Es muss nicht immer Selbstmord der Grund für eine Zwangsanweisung sein.

Filp
2011-07-12, 23:06:19
Vor der Zwangseinweisung kommt ja meistens erstmal die Frage ob man sich nicht selber freiwillig einweist, bzw bereit ist ne stationäre Therapie zu machen. Mit Zwangseinweisungen hatte ich damals im Rettungsdienst immer mal was zu tun. War immer nett gemütlich Taxi zu spielen, während die netten Herren von der Polizei den Stress mit den Patienten hatten.
Unsere Jugendlichen jetzt sind bisher, spätestens wenn Polizei und Norarzt da waren, immer freiwillig gegangen.

Simon Moon
2011-07-12, 23:33:17
In meiner alten Firma erlitt der dortige Meister einen Nervenzusammenbruch,

In meiner jetzigen Firma kennt mein Chef alle Klapsen der Umgebung, weil dahin schonmal einer eingewiesen wurde. Gerade heute durften sie einen rausbegleiten... aber cool ist der Typ, der 150x angerufen hat im Juli... Stand vor etwa einer Woche...

FeuerHoden
2011-07-14, 21:50:02
Also wenn einer ankündigt dass er sich vor den Zug werfen möchte, dann ist da meiner Ansicht nach mit allen notwendigen und legitimen Mitteln zu intervenieren. Allein deswegen weil er damit vorsätzlich einen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Da geht es noch gar nicht um irgendeine menschliche Komponente, die kommt direkt anschließend aber ist von der Rechtsprechung her zwar ausschlaggebend genug, aber nicht das erste was zum tragen kommt. Denn einen Zug aufzuhalten, wie auch immer, stellt eine Ordnungswidrigkeit, wenn nicht sogar eine Straftat dar und ist bei bekanntwerden der Absicht bereits zu melden. Da gehts gar nicht darum ob sich der Typ selbst vor den Zug wirft oder mit einem x-beliebigen Gegenstand die Gleise blockiert.

Das mal allein aus der Sicht der Deutschen Bahn betrachtet, die hier natürlich zuallererst ihren eigenen wirtschaftlichen Schaden sieht. Da gibt es die bekannte Geschichte eines Selbstmörders dessen Frau heute, von der Deutschen Bahn aus, finanziell enorm belastet ist weil ihr Mann sich vor einen Zug geworfen hat.

Ansonsten sind glaube ich Menschenkenntnis und Fingerspitzengefühl gefragt, ob man jemanden sofort einweist oder erstmal nur das Gespräch sucht. Ich denke die Erfahrung vieler Polizisten und Psychologen die schon länger dabei sind sieht eher so aus das ein Gespräch allein schon sehr fruchtend sein kann, sich derjenige dann aber doch vor die U-Bahn oder vom Balkon wirft. Da reicht ein einziger Fall und ein Psychologe oder Polizist der seinen Job ernst nimmt wird daraus seine Lehre ziehen und lieber einen oder zwei Schritte mehr als notwendig unternehmen als nocheinmal die Konsequenzen für einen vermeidbahren Tod zu übernehmen. Dabei geht es gar nicht mal zuerst um Dienstrechtliche Konsequenzen, sondern um das persönliche Gewissen möglicherweise ein Unglück verhindert hätten zu können ohne es getan zu haben, sowas kann sehr an einem nagen und manche erholen sich nie von so einem Schock.
Da ist Verständnis für die zuständigen Einsatzkräfte schon angebracht wenn meinetwegen ein Betrunker oder geistig Verwirrter mal eben daherplaudert dass er vorhat sich umzubringen. Ich denke die wenigsten unserer Rettungssanitäter, Polizisten, Feuerwehrleute, und Sonstigen lassen so einen einfach mal laufen und schlafen dann ruhig drauf, es sind ja doch Menschen mit Gefühlen und einem Empathieempfinden und selbst wenn man die Bullerei nicht mag sind doch einige dabei die soetwas wie ein moralisches Gewissen haben, die würden so einen auch dann nicht einfach ziehen lassen wenn sie nicht bei der Polizei wären. So klein das tatsächliche Risiko auch ist, und ja es gibt viele die um Aufmerksamkeit (aufgrund von persönlichen Missständen oder einfach nur Einsamkeit und Verzweiflung) zu erregen mal eben mit dem eigenen Suizid drohen, trotzdem ist auch das kleinste Risiko schon zuviel weil hier im schlimmsten Fall ein Leben mit Folgeschäden für andere beendet wird (man nehme als Beispiel den besoffenen Jugendlichen der aufgrund unerwiederter Liebe auf der Autobahn in den Gegenverkehr rast und dabei eine fünfköpfige Familie mitnimmt).

Außerdem ist unsere Gesellschaft ja glücklicherweise so gestaltet dass keiner unter dem Zwang steht sich umbringen zu müssen. Ich kann nicht sagen ob oft oder selten, aber immer wieder sind es Affekt-Aktionen die mit einer paar Momenten Nachdenken nicht passiert wären, und es gibt viele Leute die vom Suizid abgehalten wurden und das Leben neu kennen- und zu schätzen gelernt haben. Viel zu oft ist es allein der eigene Verstand der einen in den Suizid treibt. Ob manische Depression oder Liebeskummer in Verbindung mit Alkohol, nichts legitimiert den Freitod aus einem menschlichen Irrtum heraus den man als Außenstehender tatenlos geschehen lassen kann wenn man die Möglichkeit hätte zu intervenieren.

Und Selbstmörder sind zuweilen sehr entschlossen und kreativ wenn sie ihr einziges noch verbliebenes Ziel erreichen wollen. Sehr traurig war die Geschichte eines jungen Mannes der freiwillig mehrfach bei einer Anstalt um Hilfe ersucht hat, aufgenommen wurde, und sich dann dort im Waschraum mit dem Duschschlauch selbst das Leben genommen hat. Wäre ein Wärter anwesend gewesen oder einfach nur jemand der in Form eines Dialogs abgelenkt hätte, dann wäre dies vl. nicht passiert.

Worauf ich hinaus will. Die Mehrzahl der Suizide, und das ist meine Meinung, wäre durch Intervention von Außenstehenden zu verhindern. Und da man nicht wissen kann wann jemand den letzten Schritt vollzieht, halte ich jede Form der Intervention für Zielführend. Ob es nun ein Gespräch unter Freunden oder eine Zwangseinweisung ist, lieber ein wenig oder viel zuviel getan als jemanden aufgrund eines Irrtums beerdigen zu müssen. Und den Freitod betrachte ich, in der Mehrzahl der Fälle, als eine Entscheidung die auf einem Irrtum beruht.

greeny
2011-07-15, 01:12:21
Und den Freitod betrachte ich, in der Mehrzahl der Fälle, als eine Entscheidung die auf einem Irrtum beruht.
Seh' ich anders... ^^
Auf was für einem Irrtum soll sie denn deiner Meinung nach beruhen?

FeuerHoden
2011-07-15, 02:51:58
Seh' ich anders... ^^
Auf was für einem Irrtum soll sie denn deiner Meinung nach beruhen?

Auf dem Irrtum dass die aktuelle eigene Situation sich nicht mehr verändern wird, sich gar nicht mehr ändern lässt und auf dem Irrtum man sei zu schwach um dem empfundenen seelischen Schmerz auszuhalten.

Ich spreche nicht vom gewünschten Freitod unheilbar Kranker Patienten die vor Schmerzen nicht einmal mehr schlafen können. Das wäre Sterbehilfe und ist ein anderes Thema. Hier gehe ich von sonst weitestgehend körperlich gesunden Menschen aus die sich aufgrund eines schweren Schicksalsschlags oder langen Reihe negativer Erfahrungen in einem emotionalen Tief befinden. Bei denjenigen die tatsächlich krank sind und augrund einer nicht mehr reibungslos funktionierenden Biochemie dauerhaft depressiv und auf Medikation angewiesen sind (die besser oder schlechter funktioniert), will ich nicht darüber diskutieren ob es sich um eine seelische oder körperliche Krankheit handelt. Das Gehirn ist Teil des Körpers und das Leiden ist psychisch. Diese Menschen sind krank und haben ein Recht auf bestmögliche Hilfe.
Und ich selbst sehe keinen Unterschied ob das Gehirn durch eine (il)legale Droge oder durch Mediaktion betäubt ist, oder ob es durch eine eigene 'Funktionsstörung' zu einer anderen Entscheidungsfindung kommt. Ein Prozessor der außerhalb seiner Spezifikation betrieben wird spuckt falsche Ergebnisse aus, und unser Gehirn ist noch viel anfälliger dafür. Ob das jetzt eine plötzliche Drogenabstinenz, eine seelische Krankheit oder ein zweistündiger Liebeskummer ist macht im Ergebnis keinen Unterschied > Ein Grabstein mehr den es mit einem Grespräch mehr, einer (besseren Beratung) oder eben einer der letzten Notbremse 'Zwangseinweisung' nicht gegeben hätte.

tam tam
2011-07-15, 08:20:34
Suizide sind meistens ein Hilferuf. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass jemand, der die Tat ankündigt, wahrscheinlich keinen Suizidversuch unternehmen wird.


Suizide erfolgen lautlos und unangekündigt. Wie FeuerHoden schon schreibt, sind echte Suizide mit einem starken seelischen Schmerz verbunden. Bei allen anderen, die ihren Tod vorneweg ankündigen, würde ich sogar noch Sterbehilfe leisten(vorausgesetzt es springt dabei ein Hunderter raus). Diese Menschen triefen schon vor lauter Selbsmitleid. Da würd ich sogar noch nachhelfen, gesellschaftlich diese zu entsorgen. "Uuups, der wollte wohl gar nicht springen?" :confused:

Alle Fälle, die mir bisher bekannt sind, waren nur bei den Wenigsten voraussehbar. Und bei denen man es vermutete oder erahnte, die haben genausowenig solch Geschrei/Geheule verursacht. Um wirklich suizid gefährdete Menschen zu erkennen, bedarf es einer besonderen Wahrnehmung und Feingefühl. Ich möchte in Niemandem Haut stecken, welche dann versuchen, solchen Menschen zu helfen.

Klingone mit Klampfe
2011-07-15, 08:28:46
Wir hatten gestern eine kleine Diskussion:

angenommen, ein 22-jähriger Typ rennt in der Öffentlichkeit rum und brüllt, dass er sich vor den Zug werfen will.

Ist es legitim, ihn quasi "zwangseinzuwiesen", also gegen seinen Willen unter psychiatrische Beobachtung zu stellen, solange akute Suizidgefährdung besteht, oder verstößt das gegen seine Persönlichkeitsrechte?

Hat da jemand Ahnung?

mfg,
Mosher

Ja, das darf man wohl. In meinem familiären Umfeld gab es diesen Fall. Im Rahmen einer Depressionstherapie wurden Selbsmordgedanken geäußert, es folgte prompt die Einweisung in eine entsprechende Einrichtung.

clockwork
2011-07-15, 18:04:32
Suizide erfolgen lautlos und unangekündigt. Wie FeuerHoden schon schreibt, sind echte Suizide mit einem starken seelischen Schmerz verbunden. Bei allen anderen, die ihren Tod vorneweg ankündigen, würde ich sogar noch Sterbehilfe leisten(vorausgesetzt es springt dabei ein Hunderter raus). Diese Menschen triefen schon vor lauter Selbsmitleid. Da würd ich sogar noch nachhelfen, gesellschaftlich diese zu entsorgen. "Uuups, der wollte wohl gar nicht springen?" :confused:

Alle Fälle, die mir bisher bekannt sind, waren nur bei den Wenigsten voraussehbar. Und bei denen man es vermutete oder erahnte, die haben genausowenig solch Geschrei/Geheule verursacht. Um wirklich suizid gefährdete Menschen zu erkennen, bedarf es einer besonderen Wahrnehmung und Feingefühl. Ich möchte in Niemandem Haut stecken, welche dann versuchen, solchen Menschen zu helfen.
Du kennst dich da nicht besonders aus.

tam tam
2011-07-15, 20:49:09
Du kennst dich da nicht besonders aus.


Das ist alles? Mehr nicht? Na dann dürftest Du wohl recht haben... :freak:

Monger
2011-07-15, 21:01:15
Und den Freitod betrachte ich, in der Mehrzahl der Fälle, als eine Entscheidung die auf einem Irrtum beruht.
Dafür spricht auch, dass die allermeisten Menschen die einen Selbstmordversuch überleben diesen nie wiederholen.

Nightspider
2011-07-15, 23:29:39
Bei uns gab es heute auch so einen Kandidaten, der 5 Stunden lang alle in Atem gehalten und damit ne komplette (wichtige) Brücke blockiert hat:

http://www.polizei.sachsen.de/pd_dresden/6139.htm

Timolol
2011-07-16, 00:46:54
45 Beamte für einen Mann? Wären da nicht 1-2 "Vertrauenspersonen" bei soetwas nicht sinniger?

ShadowXX
2011-07-16, 01:03:12
45 Beamte für einen Mann? Wären da nicht 1-2 "Vertrauenspersonen" bei soetwas nicht sinniger?
Mich wundert nichts mehr seit dem ich gestern Abend mitbekommen habe das 5 Peterwagen (= das sind Polizeiwagen, die heißen in HH Peterwagen) einen jugendlichen Fahrraddieb hinterherjagten.....

(del)
2011-07-16, 01:06:13
Ich check den Thread immernoch nicht. Wo soll man einen Selbstmörder einweisen? Den kann man doch nur begraben, oder? :|

derpinguin
2011-07-16, 01:11:53
Ja, Mr. Spitzfindigkeit. Es geht um Menschen, die einen Selbstmord ankündigen oder versuchen, aber scheitern.

FeuerHoden
2011-07-16, 03:10:45
Dafür spricht auch, dass die allermeisten Menschen die einen Selbstmordversuch überleben diesen nie wiederholen.

Es ist das Wesen der Menschheit den selben Fehler mit beharrlicher Beständigkeit zu wiederholen, je dümmer umso beständiger.

Nein, ich sprach ja auch von manischer Depression und einer gestörten Botenstoffchemie im Gehirn, was ja der Fall ist wenn die Glücklichkeitsdrüsen nicht mehr funktionieren und bei den Traurigkeitsdrüsen das Regelventil nicht mehr zu geht, vereinfacht formuliert.
Natürlich wird so jemand immer wieder versuchen sich umzubringen, aber das heißt doch noch lange nicht dass es die einzige, richtige, sinnvollste und durchdachteste Entscheidung ist die man in so einer Situation treffen könnte, und blos weil er es 'derzeit' ach so sehr will man ihn ja unbedingt lassen soll.
Es gibt Menschen die mehrfach vom Suizid abgehalten wurden und Jahrzehnte voller Depression hinter sich haben, die sind heute nicht unbedingt glücklich, aber dankbar das man sie nicht aufgegeben hat. Nach 30 Jahren sieht man die Dinge halt doch ein wenig anders, nicht unbedingt schöner und es ist nicht unbedingt leichter, aber anders, vorallem aber mit mehr Reife und mehr Abstand zum erlebten.

Zwergi
2011-07-16, 04:07:39
Naja, und manche wurden behandelt und sind nun geheilt ;)

mapel110
2011-07-16, 04:09:13
Naja, und manche wurden behandelt und sind nun geheilt ;)
Man hat ihnen den Sinn des Lebens in Tablettenform gereicht.

Zwergi
2011-07-16, 04:26:09
Man hat ihnen den Sinn des Lebens in Tablettenform gereicht.

Es gibt Dauermedikationspatienten bei denen es nicht anders geht, Stichwort: Bipolare Störung oder auch veraltet, Manisch Depressive (http://de.wikipedia.org/wiki/Bipolare_St%C3%B6rung). Und es gibt Menschen, die das so wollen. Die Behandlung ist eigentlich individuell (nicht immer, ja), es wird aber Wert darauf gelegt, die Patienten nicht nur chemisch zu behandeln. Eine reine medikamentöse Behandlung ist sowieso nur die halbe Miete. :)

Dktr_Faust
2011-07-16, 10:28:50
45 Beamte für einen Mann? Wären da nicht 1-2 "Vertrauenspersonen" bei soetwas nicht sinniger?

Leute, kommt aus dem TV ins Leben zurück....da stehen nicht 45 vermummte SEK-Polizisten mit der MP5 im Anschlag um den Typen rum sondern höchstens ein geschulter Psychologe.

Da geht es mehr um wer sperrt eine der wichtigsten Brücken Dresdens für den Fußgänger- und Fahrrad- und Straßenverkehr? Und zwar so weitläufig, dass es auch noch auf dem Körner- und Schillerplatz ruhig wird? Wer verhindert, dass die Sächsiche Dampfschifffahrt mir fröhlichem Pfeifen unter der Brücke durchfährt?

Wenn dieser der Psychologe ihn dann ruhig bekommen hat, dann nehmen ihm zwei Mann seine Messerchen ab und bringen ihn von der Brücke - aber auch nur wenn es keine Aussicht gibt, dass er a) freiwillig mitkommt oder b) einfach mal die Brücke wieder gebraucht wird.

Grüße

Klingone mit Klampfe
2011-07-16, 10:43:01
Man hat ihnen den Sinn des Lebens in Tablettenform gereicht.

Ich finde den Effekt von Antidepressiva furchtbar mitanzusehen, diese falsche Glücklichkeit und chemisch induzierte Lebensfreude ist kaum zu ertragen, wenn es einfach nicht zu der Person passt, die man sein ganzes Leben kennt. Eine Gesprächstherapie muss einfach dazugehören, um die Balance zu wahren.

(del)
2011-07-16, 14:15:00
Ja, Mr. Spitzfindigkeit.Hej das mit deinem Kumpel letztens tut mir echt lied... :freak:

Es geht um Menschen, die einen Selbstmord ankündigen oder versuchen, aber scheitern.Ja, darf man. Die Wahrscheinlichkeit, daß sie bei der ersten und gescheiterten Methode nachher eine andere Wählen und bei der Aktion vielleicht auch andere mitnehmen - zufällig oder nicht - ist einfach zu groß.

Ende?

greeny
2011-07-16, 14:46:16
Ich finde den Effekt von Antidepressiva furchtbar mitanzusehen, diese falsche Glücklichkeit und chemisch induzierte Lebensfreude ist kaum zu ertragen, wenn es einfach nicht zu der Person passt, die man sein ganzes Leben kennt.
Scheine immun gegen die die Dinger zu sein (zumindest soweit ich sie vertrage). Außer Nebenwirkungen haben die ADs bei mir nichts gebracht... Aber die dann dafür auch richtig... :-/

Gast
2011-07-16, 17:07:55
Solange sich jemand nur selbst umbringt und nicht noch andere dabei gefährdet bzw. einem lebenslangem Trauma aussetzt zb. wenn sie sich vor den Zug schmeißen, sollte man sie gewähren lassen denn wer schon den Gedanken an Suizid hat, der arbeitet auch nicht produktiv und stellt somit keinen Wert für die Gesellschaft dar.

Dktr_Faust
2011-07-16, 17:57:38
Nach dieser Logik sollten wir auch alle die, die an mehr als an einem Schnupfen leiden umbringen - durch ihre Erkrankung ist ihr Wert für die Allgemein ebenfalls eingeschränkt und sie verursachen auch noch hohe Kosten......:freak:.

Das hatten wir zw. 1933 und 1945 schon mal....und ich für meinen Teil möchte es nicht wieder.

Grüße

(del)
2011-07-16, 19:50:28
@Faust
Auf wenn beziehst du dich da grad? Ich ahne nämlich schonwieder böses für dich...

Dktr_Faust
2011-07-16, 20:26:32
Solange sich jemand nur selbst umbringt und nicht noch andere dabei gefährdet bzw. einem lebenslangem Trauma aussetzt zb. wenn sie sich vor den Zug schmeißen, sollte man sie gewähren lassen denn wer schon den Gedanken an Suizid hat, der arbeitet auch nicht produktiv und stellt somit keinen Wert für die Gesellschaft dar.

Darauf.

Grüße

FeuerHoden
2011-07-16, 23:39:36
Solange sich jemand nur selbst umbringt und nicht noch andere dabei gefährdet bzw. einem lebenslangem Trauma aussetzt zb. wenn sie sich vor den Zug schmeißen, sollte man sie gewähren lassen denn wer schon den Gedanken an Suizid hat, der arbeitet auch nicht produktiv und stellt somit keinen Wert für die Gesellschaft dar.

Du lebst aber in einem Land mit einer Verfassung die einen Menschen unabhängig von seinem Wert für die Gesellschaft bewertet. Was das bedeutet oder Wert ist hast du noch nicht verstanden.

Simon Moon
2011-07-17, 01:32:26
Also wenn einer ankündigt dass er sich vor den Zug werfen möchte, dann ist da meiner Ansicht nach mit allen notwendigen und legitimen Mitteln zu intervenieren. Allein deswegen weil er damit vorsätzlich einen wirtschaftlichen Schaden verursacht.

Quatsch... dann müsste jeder Hedgefonds-Manager zwangseingeliefert werden... es geht nicht um den "wirtschaftlichen Schaden" sondern um die Selbst und Fremdgefährung. :facepalm:

Monger
2011-07-17, 01:48:54
Es gibt Menschen die mehrfach vom Suizid abgehalten wurden und Jahrzehnte voller Depression hinter sich haben, die sind heute nicht unbedingt glücklich, aber dankbar das man sie nicht aufgegeben hat.

Das kann ich auch bestätigen. Ich habe eine Bekannte, die jetzt schon sehr lange an Depressionen leidet, und auch schon einige Selbstmordversuche hinter sich hat... aber wie sie auch selbst sagt: nicht um zu sterben, sondern um sich mit dem Schmerz zu betäuben.

Das ist die eine Seite. Das sind die Menschen, die einen Versuch ankündigen, weil sie ihn eigentlich gar nicht tun wollen, nur dann von ihren Gefühlen übermannt werden. Und dann gibt es die, die in einer tiefen Melancholie versinken, und die sich selbst für völlig rational halten. Die können ein völlig normales Leben führen, bis sie sich eines Tages vor den Zug werfen.

Die darf man nicht alle in einen Topf werfen, da gibt es sehr unterschiedliche Formen von Störungen. Aber fast alle diese Menschen sind letztendlich über eine zweite Chance sehr froh.

FeuerHoden
2011-07-17, 04:36:04
Quatsch... dann müsste jeder Hedgefonds-Manager zwangseingeliefert werden... es geht nicht um den "wirtschaftlichen Schaden" sondern um die Selbst und Fremdgefährung. :facepalm:

Lese nochmal worauf ich geantwortet habe und facepalme dich selbst. Der Gast sprach von 'Selbstmörder haben keinen Wert für die Gesellschaft' Darauf habe ich geantwortet, den 'wirtschaftlichen Schaden' hast du dir ausgedacht.