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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum ist das Alter in Deutschland so wichtig?


blackbox
2011-08-14, 17:06:35
Moin,
das frage ich mich gerade.... warum achtet man in Deutschland so extrem auf das Alter?
Oder irre ich mich und in anderen Ländern ist es genau so?

Beispiele
Sport: Hier gilt man im Profisport schon mit 30 als alt und verbraucht. Schaut man aber über den großen Teich, so ist das ganz anders. In der NBA bekommen sogar noch 32 Jahre alte Sportler langfristige Verträge. Auch ganz allgemein habe ich den Eindruck, dass in der Berichterstattung in den USA so gut wie gar nicht über das Alter gesprochen wird. Aber wenn man das Thema Ballack anspricht, so kommt das Thema Alter gleich an erster Stelle.

Beruf: Wird man als 50-jähriger heute arbeitslos, so findet man so gut wie nicht mehr ins Arbeitsleben zurück, weil es immer heißt: zu alt.

Schule: Gerade erst hat man das Abitur auf 12 Jahre komprimiert

Studium: Heute wird man geradezu gedrängt, das Studium schnellstmöglich abzuschließen. Ansonsten gibt es Strafen der verschiedensten Art. Das war früher (70er, 80er) noch ganz anders, hat es Deutschland geschadet?

Vielleicht kennt ihr noch andere Beispiele.....

Womit haben wir es hier also zu tun?
Wir sollen möglichst lange arbeiten bis zur Rente, aber alte Menschen werden ins Abseits gestellt.

Ich habe das Thema bewusst ins Offtopic gestellt, denn es nur mit der Politik oder Wirtschaft zu erklären wäre zu eng gefasst.

Watson007
2011-08-14, 17:09:22
da gebe ich dir völlig recht, das ist in Deutschland scheisse.

Aber das Problem wird sich von selbst erledigen, wegen des Geburtenknicks.

Dktr_Faust
2011-08-14, 17:10:21
Ich kann das nur aus meiner eigenen Branche Medizin erklären: "Wir" sind extrem amerikanophil, allerdings dauert alles knapp 10 Jahre bis es von USA zu uns schappt (z. B. BMI, bei uns total hip in USA schon wieder out).

Ähnlich dürfte es mit der Jugend sein: Vor 10-15 Jahren hat man in USA die Idee, der ideale Arbeitnehmer ist 20, hat drei Abschlüsse, ist Vollwaise, etc....das ist eben jetzt bei uns angekommen - wobei wir IMO den Peak schon überschritten haben und sich die Firmen nach diversen kapitaleren Reinfällen wieder auf die Erfahrung der älteren besinnen.

Beim Sport könnte ich es mir evtl. anders erklären: Klinsmann/Löw haben mir ihren sehr jungen Mannschaften im Verhältnis große Erfolge gefeiert - jetzt will das jeder kopieren.

Grüße

(del)
2011-08-14, 17:21:58
In der Hinsicht ist Deutschland noch liberal. Vieles, was hier gesetzlich an gewisse Altersgrenzen geknüpft ist, wird durch Gewohnheit aufgeweicht.

Wenn du wissen willst, wie sehr die penible Einhaltung von Altersgrenzen funktioniert, solltest du dich mal in den USA umsehen. Ob das schön oder weniger schön ist, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall wird da nicht lange gefackelt und diskutiert. Tenor: "Altergrenzen sind Altersgrenzen, basta."

Und bezogen auf die Fixierung des Jugendwahns und der Erwartungshaltung einen möglichst stromlinienförmig, kurzen Bildungsweg zu absolvieren sind uns die Engländer, die Amerikaner und die Chinesen doch auch schon weit voraus. Unsere Gesellschaft mag aus mancher Sicht schon etwas unbarmherzig wirken. Im internationalen Vergleich ist sie es aus meiner Sicht nicht ganz so sehr. Es gibt unbestritten gewisse Erwartungshaltungen hinsichtlich des Werdegangs und des damit verbundenen Alters aber so extrem wie es im angloamerikanischen Raum in den oberhalb des Durchschnitts dotierten Berufen der Fall ist, ist es hier noch nicht ganz. Jeder, der sich erklären kann, wird gehört. Man verfällt nur allzu leicht in die Panik, dass man als unattraktiv betrachtet wird. Da muss ich nur an jeden appellieren, dass Selbstbewusstsein zu erarbeiten, das nötig ist, um gewisse Anomalien im Werdegang vernünftig erklären zu können.
Und wenns dann doch nicht klappt, gab es halt einen besseren Bewerber. Das ist doch kein Weltuntergang. Über kurz oder lang, wird es aufgrund der demographischen Entwicklung genügend Berufsmöglichkeiten für all diejenigen geben, die nicht in der Produktion bzw. im unterdurchschnittlich bezahlten Dienstleistungsgewerbe arbeiten.

Alles wird gut!

deepmac
2011-08-14, 18:13:42
Softwareentwickler ist Dienstleistungsgewerbe??:rolleyes:

meinst nur für die E-Technik/Mabauings?

raschomon
2011-08-14, 21:31:37
Zum Körperkult als ursprünglich amerikanisches Phänomen. Das mag auch daran liegen, daß die Einwanderer über die Jahrhunderte tendenziell jung und tatendurstig waren. Vermutlich hat dies das Vorurteil bestärkt, daß die Menschen gerade ob ihrer Jugend zum amerikanischen Modell von Erfolg, Dynamik und Wachstum beigetragen haben. Außerdem ist die regelrechte Verkultung des schönen, sportlichen und damit fast zwangsläufig auch jungen Körpers ein Phänomen der 20er und 30er Jahre als in Südkalifornien die moderne Strand- und Badekultur (inkl. dem Ideal der gebräunten Haut als Attraktivitätsausweis) entstand und von Hollywood sofort aufgegriffen und medial multipliziert wurde.

da gebe ich dir völlig recht, das ist in Deutschland scheisse.

Aber das Problem wird sich von selbst erledigen, wegen des Geburtenknicks.

Diesbezüglich wäre ich ja sehr vorsichtig mit Prognosen. Genauso gut könnte das Gegenteil eintreffen. Eine noch rigidere Auswahl entlang von Altersgrenzen. Was die Apologeten des freien Marktes und der Durchsetzung des ökonomischen Prinzips in möglichst allen Bereichen menschlichen Lebens gerne unerwähnt lassen, ist die aus ihrer Ideologie geborene Prämisse, wonach Knappheiten immer sexy und ausreichende Mengen stets uninteressant sind. Wirtschaft(swissenschaft) soll und will Knappheiten managen, diese Fragestellungen interessieren am meisten. Die Ressource Jugend und junge (d.h. auch formbare, anspruchslose und billige) Arbeitnehmer wird immer knapper, Jugend wird auf dem Arbeitsmarkt im Westen mehr und mehr zum Engpaßfaktor. Dies kann durchaus auch zur Konzentration auf die ausschließliche Gewinnung dieser jungen Arbeitskräfte führen, bei gleichzeitiger Nichtbeachtung eines beträchtlichen Reservoirs an älteren Arbeitssuchenden. Konkret, die Unternehmen brüllen kakophonisch nach frischen und möglichst jungen Human ressources, werben sich die wenigen jungen Kandidaten gegenseitig mit horrenden Incentives ab und lassen gleichzeitig die Anfragen Qualifizierter älteren Semesters links liegen - wohlgemerkt ungeachtet der tatsächlichen Qualifikation der Älteren, selbst für den Fall, daß diese signifikant höher ist, paßgenau ausfällt und dringend benötigt wird.

FeuerHoden
2011-08-14, 22:54:42
Es mangelt an Selektionsfaktoren. Die wirklich wichtigen Eigenschaften zu bewerten erfordert mehr Aufwand, also nimmt man einen ungefähren Indikator der einfach festzustellen ist. Auch wenn dieser Indikator nur eine Trefferquote von Hausnummer 20% hat, erreicht man damit das Ziel zumindest die potenziell 'schlechten' alle mal aussortiert zu haben. Unter dem was dann noch übrig bleibt gibts dann immer noch genug 'gute' die man sich rauspicken kann.

maximAL
2011-08-14, 23:22:20
Beruf: Wird man als 50-jähriger heute arbeitslos, so findet man so gut wie nicht mehr ins Arbeitsleben zurück, weil es immer heißt: zu alt.
"Weil sie dann unkündbar sind" kann der AG ja schlecht sage...