Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Widerrufsrecht bei mangelhafter Ware
Spasstiger
2011-10-04, 19:11:00
Ich hab bei einem Onlineshop für einen Bekannten eine Webcam bestellt, die defekt geliefert wurde. Ich habe wenige Minuten nach Erhalt beim Händler angerufen und um einen Retourenaufkleber gebeten. Mir wurde am Telefon gesagt, ich solle eine E-Mail schreiben. Das hab ich gemacht. Es vergingen 3 volle Werktage ohne Antwort, dann hab ich nochmal angerufen. Die Frau am Telefon meinte dann, sie hätte es total vergessen und sie würde sich sofort drum kümmern. Nochmal einen ganzen Werktag später hab ich dann endlich den Retourenaufkleber per E-Mail bekommen. Ich habe auf dem Retourenschein, den ich ins Paket gelegt habe, angekreuzt, dass ich den Vertrag widerrufe und hab das auch per E-Mail so kommuniziert. Außerdem habe ich den Defekt beschrieben. Zwei Tage später wurde mir der Eingang der Rücksendung beim Händler bestätigt, jedoch wurde geschrieben, dass man den Artikel "wie gewünscht" zur Reparatur einschicken würde und ich mich gedulden solle. Sofort habe ich zurückgeschrieben, dass ich den Kaufvertrag widerrufen habe und um eine Rücküberweisung des Rechnungsbetrags bitte.
Jetzt vergingen wieder einige Tage und mir wurde Folgendes geantwortet:
vielen Dank für Ihre Nachricht - bitte haben sie jedoch Verständnis dafür, dass das Widerrufsrecht bei defekten Geräten nicht gilt - natürlich haben sie hier die Möglichkeiten der § 437ff BGB - also Mängelbeseitigung.
Ist der Händler hier im Recht oder lügt er mich dreist an?
Ich hab es noch nie erlebt, dass ich einen Vertrag nicht innerhalb von 14 Tagen widerrufen konnte, selbst wenn ich als Grund für den Widerruf eine Beschädigung der Ware angegeben habe.
P.S.: Ich will definitiv kein repariertes Produkt, da die Webcam auch abgesehen von der Beschädigung nicht den Vorstellungen entsprach und der Bekannte bereits woanders eine gekauft hat. Der Standfuß der Webcam war entgegen der Beschreibung auf der Homepage zu keinem meiner Monitore brauchbar kompatibel. Es war die Rede von Universalstandfuß für alle Arten von Monitore. Außerdem war das Kabel mit rund 1 m viel zu kurz.
/EDIT: Der Thread sollte eigentlich ins OT, war im falschen Unterforum.
Philipus II
2011-10-04, 19:37:02
Ein Widerrufsrecht auszuüben ist immer möglich, selbst wenn du gar keine Ware erhalten hast. Von daher: Der Händler verarscht dich.
BAGZZlash
2011-10-04, 19:54:05
Der Händler hat erstmal recht, was die Beseitigung von Sachmängeln gemäß § 437 i. V. m. § 434, 439 und 440 BGB angeht. Kurz gesagt hast Du als Käufer keineswegs das Recht, einfach vom Vertrag zurückzutreten. Statt dessen musst Du dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung (auf Deutsch: zur Reparatur) geben. Erst, wenn diese zweimal fehlgeschlagen ist, kannst Du vom Vertrag zurücktreten.
Allerdings gibt es da ja noch die Normen, die früher als "Fernabsatzgesetz" bezeichnet wurden. Demnach hast Du aus § 312d I i.V.m. 355 bzw. 356 BGB ein Wiederrufs- bzw. Rückgaberecht. Dafür muss
der Verkäufer Unternehmer i.S.d. § 14 BGB sowie
der Käufer Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sein und
ein Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312b BGB vorliegen.
Außerdem muss die Wiederrufserklärung des Verbrauchers innerhalb der Wiederrufsfrist von 14 Tagen in Textform oder durch Rücksendung der Ware erfolgen, auch ohne Angabe von Gründen (§ 355 II BGB).
Wenn ich mal typischerweise annehme, dass all diese Voraussetzungen bei Dir erfüllt sind, bleibt als Fazit zu sagen, dass der Typ im Unrecht ist und Dich vermutlich nur beeindrucken will, indem er mit Paragraphen um sich wirft.
Mein Rat: Teile ihm mit, dass Du zu keinem Zeitpunkt Nacherfüllung i.S.d. § 439 BGB verlangt hast, sondern auf Deinen Anspruch auf Wiederruf aus § 312d I, 355 BGB bestehst. Dann wird er schnell Ruhe geben.
Bitte halte uns auf dem Laufenden, wie es weitergeht.
PedarPan
2011-10-04, 20:16:43
Der Händler hat erstmal recht, was die Beseitigung von Sachmängeln gemäß § 437 i V. m. § 434, 439 und 440 BGB angeht. Kurz gesagt hast Du als Käufer keineswegs das Recht, einfach vom Vertrag zurückzutreten. Statt dessen musst Du dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung (auf Deutsch: zur Reparatur) geben. Erst, wenn diese zweimal fehlgeschlagen ist, kannst Du vom Vertrag zurücktreten.
Allerdings gibt es da ja noch die Vorschriften, die früher als "Fernabsatzgesetz" bezeichnet wurden. Demnach hast Du nach § 312d I i.V.m. 355 bzw. 356 BGB ein Wiederrufs- bzw. Rückgaberecht. Dafür muss
der Verkäufer Unternehmer i.S.d. § 14 BGB sowie
der Käufer Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sein und
ein Fernabsatzvertrag i.S.d. § 312b vorliegen.
Außerdem muss die Wiederrufserklärung des Verbrauchers innerhalb der Wiederrufsfrist von 14 Tagen in Textform oder durch Rücksendung der Ware erfolgen, auch ohne Angabe von Gründen (§ 355 II BGB).
Wenn ich mal typischerweise annehme, dass all diese Voraussetzungen bei Dir erfüllt sind, bleibt als Fazit zu sagen, dass der Typ im Unrecht ist und Dich vermutlich nur beeindrucken will, indem er mit Paragraphen um sich wirft.
Mein Rat: Teile ihm mit, dass Du zu keinem Zeitpunkt Nacherfüllung i.S.d. § 439 BGB verlangt hast, sondern auf Deinen Anspruch auf Wiederruf i.S.d. § 312d I, 355 BGB bestehst. Dann wird er schnell Ruhe geben.
Bitte halte uns auf dem Laufenden, wie es weitergeht.
So ist das.
Imo sehr fragwürdiges Verhalten des Händlers.
@BAGZZlash
Schön formuliert. :up:
@Spasstiger
Eine Wiederrufsrecht innerhalb 14 Tagen ist bei Onlinekäufen heute Pflicht. Du kannst hier innerhalb der Frist IMMER zurücktreten, egal was mit dem Gerät ist. Da die Wiederrufserklärung laut Gesetzt nicht mal eine Angabe von Gründen erfordert, kann es dem Versender egal sein, warum Du zurück trittst.
Spasstiger
2011-10-06, 20:18:27
Ok, die Sache scheint jetzt in meinem Interesse abgeschlossen zu sein. Die Antwort ist für einen angeblich professionellen Händler aber etwas merkwürdig, um es vorsichtig auszudrücken:
vielen Dank für Ihre Nachricht - da wir eigentlich keine Lust dazu haben, hier Paragraphen und das BGB sowie unser Widerrufsrecht zu wälzen und da uns der Lieferant heute eine neue Kamera hat zukommen lassen, werden wir hier nun eine Gutschrift erstellen.
Wenn das Geld da ist, melde ich mich nochmal. Wer wissen will, um welchen Händler es geht, soll mir eine PN schicken.
BAGZZlash
2011-10-06, 21:46:43
Geil, auf so eine eindeutige "wir-haben-den-Schwanz-eingeklemmt"-Antwort hätte ich ja gar nicht zu hoffen gewagt! ;D
x-force
2011-10-07, 00:06:09
das ist doch die kümmerlichste antwort die der shop geben konnte, ohne das recht zu verletzen...
Spasstiger
2011-10-10, 16:22:12
Der volle Kaufbetrag inklusive Hinversandkosten ging heute auf meinem Konto ein. Auch der Rückversand wurde mir nicht in Rechnung gestellt, obwohl das der Shop strenggenommen hätte machen dürfen, da der Warenwert unter 40€ lag und ich auf einen Widerruf bestand. Man hat mir das Geld aber wie schon gesagt als Gutschrift im Rahmen einer Reklamation erstattet.
Insofern bin ich nicht unglücklich mit der Reaktion des Shops. Vielleicht war ich auch etwas vorschnell mit meinem Protest und hätte erstmal die Reaktion abwarten sollen. Andererseits hätte ich dann eventuell mein Widerrufsrecht verspielt.
Andi_669
2011-10-10, 20:24:56
Na Ja grob gesagt war das Einschinken der Ware durch den Händler schon nicht statthaft,
Zitat Wikipedia:
Welche Art der Nacherfüllung zu erbringen ist, bestimmt grundsätzlich der Käufer und nicht der Verkäufer; eine vertragliche Verlagerung des Wahlrechts ist zwar prinzipiell, nicht aber beim Verbrauchsgüterkauf möglich. Daher ist die Praxis des Einschickens an den Hersteller, welche gerade im Bereich Vertrieb von elektrischen Geräten sehr beliebt ist, an sich nicht statthaft, soweit der Käufer eine Ersatzlieferung verlangt. Solange der Verkäufer die Sache ohne Umstände austauschen kann, ist diesem Wunsch des Käufers zu entsprechen. Geht der Verkäufer hierauf nicht ein und beharrt auf der Einsendung, so verletzt er seine Pflicht zur Nacherfüllung und macht sich schadensersatzpflichtig (Schaden wären hier die Kosten eines Ersatzkaufs der Sache bei einem anderen Verkäufer). Etwas anderes kann sich lediglich ergeben, wenn der Austausch nicht möglich oder nur mit erheblichen Aufwand verbunden ist (§ 439 Abs. 3 S. 1 BGB).
Eine Webcam ist jetzt nicht so exotisch das man die nicht sofort austauschen kann. ;)
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