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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Recht, unglücklich zu sein.


DerEineHades
2012-04-03, 09:14:43
Liebe Forumsmitglieder,


mich beschäftigt seit geraumer Zeit ein Phänomen, das virulent um sich greift und offensichtlich keinen Abbruch findet. In unserer Gesellschaft ist kein Platz mehr für das Empfinden persönlichen Unglücks, und wenn, dann in speziell dafür isolierten Räumen (der Psychotherapie, der Selbsthilfegruppe, das [wohlgemerkt mit Anonymität ausgestattete] Sozi...).

Unglück, Leid oder Anstrengung zu Empfinden ist inzwischen beinahe eine Taktlosigkeit, es disqualifiziert Diskussionsteilnehmer, Freunde, Arbeitnehmer und wird nicht als Bestandteil der natürlichen Ordnung gewertet. Stattdessen leben wir in einem Überangebot der vermeintlichen Glücksempfindung. Wie sie von den Plakaten runterlächeln mit den blitzeweißesten Zähnen, die man je gesehen hat. Bombardiert mit der Botschaft, dass Konsum uns glücklich macht, selbst derjenige vollkommen absurder Produkte, die mit Sicherheit das Gegenteil bewirken. Ich denke da nur an die Coca-Cola-Herzgesundheitwerbung mit Heidi Klum, die auf so vielen Ebenen verkehrt war, dass ich nicht mehr aus dem Kopfschütteln kam. Alles ist Wellness, Genuss, Wohlfühlen, Sex und mich würde nicht wundern, wenn sie das demnächst auch noch auf Holzkohle drucken.

Das reicht inzwischen in die persönlichen Beziehungen. Für individuelle Missempfindungen ist in "Freundschaften" nur bis zu einem gewissen Grad Platz. Sobald der andere größere Sorge und damit Unwohlsein bei einem auslöst, ist er gewiss besser beim Psychiater aufgehoben. Man hat sich einer Quelle potentieller Unlust entledigt. Die Patientenzahlen wachsen stetig, und da man ohne Diagnose nicht therapieren kann, haben wir immer mehr Kategorien für abweichendes Verhalten, bekommen qua Ausschlussverfahren ein immer präziseres Bild von Normalität. Und die Pillen erst. Ich will nicht behaupten, dass sie unnütz sind, in manchen Fällen bestimmt auch notwendig. Aber man kann doch nicht ernsthaft glauben, dass hier nichts verkehrt ist, wenn man sich die Verschreibungsstatistiken z.B. in den USA anguckt.

Nach und nach ist uns das Recht entzogen worden, unglücklich zu sein, obwohl es eine völlig normale Geschichte ist. Ohne Sonne kein Schatten, ohne Windstille kein Orkan, ohne Frustration keine Befriedigung. Jedes verdammte Problem ist auf einem Wege lösbar: Mach Karriere, dann kannst du kaufen, dann bist du glücklich. Und hast Geld und die Frauen wollen dich (was auch oft stimmt). Nichts ist mehr funktional, alles ist emotional. Du hast kein Badezimmer mehr, du hast eine Wellness-Oase. Du fährst mit deinem Auto nicht zur Arbeit, du genießt in ihm deine Freiheit. Du zahlst bei Klamotten nicht für Qualität drauf, sondern für eine Idee, die in einer multimilliardenschweren Industrie erschaffen wird und auf nichts baut außer der permanenten Reizüberflutung großer Massen von Menschen. Und die dich selbstverständlich glücklich macht.

Und da stehen wir jetzt alle gelegentlich mit einer Empfindung, die vollkommen normal sein sollte, und fragen uns: Was ist verkehrt mit mir? Alle anderen sind so glücklich. Ich sollte Light-Käse kaufen. Einen Duschkopf mit LED-Beleuchtung nutzen, um mein Well-Being zu verbessern. Duschgel mit Kick-Effekt nutzen. Schöfferhofer Weizen wird mir den Sex mit einer Französin substituieren und so schön lange prickeln. Und wenn das alles nichts hilft, dann schalte ich RTL ein und gucke mir fette Hartzer-Säue mit einem Wortschatz von unter 200 Vokabeln an. Wenigstens so niedrig bin ich noch nicht und kann mit einem Lacher die ständige Angst vertreiben, so zu enden.

Niemand ist gerne unglücklich. Aber wir alle haben ein Recht dazu. Was ich außerordentlich bedenklich finde, ist die Tatsache, dass uns dieses Recht entzogen worden ist. Schleichend, aber endgültig. Wer unglücklich ist, konsumiert nur nicht genug.

Bin ich der Einzige, der das so wahrnimmt? Und wenn nicht, was führt euch zu anderen Annahmen?

Commander Keen
2012-04-03, 12:31:16
Nach und nach ist uns das Recht entzogen worden, unglücklich zu sein, obwohl es eine völlig normale Geschichte ist. Ohne Sonne kein Schatten, ohne Windstille kein Orkan, ohne Frustration keine Befriedigung.

Das Unglück wurde einfach outgesourced, nach China und Afrika z.B. Damit stimmt die Bilanz wieder.

Dem Grundgedanken stimme ich btw. zu, jemand der unglücklich ist (aus welchen Gründen auch immer) wird oftmals gleich zum Sonderling abgestempelt. Lustigerweise sind die meisten unglücklichen Menschen auch noch überdurchschnittlich intelligent, wohingegen die dumpfe, partymachende Biersaufmaschine gar nicht erst in die Verlegenheit kommt unglücklich zu sein.

Lyka
2012-04-03, 12:50:19
gutes Buch/er:
http://www.amazon.de/Die-Gl%C3%BCcksl%C3%BCge-Glauben-Machbarkeit-Lebens/dp/3404605535/ref=sr_1_2?s=books&ie=UTF8&qid=1333450039&sr=1-2
http://www.amazon.de/The-Happiness-Equation-ebook/dp/B0040GJ4JS/ref=ntt_at_ep_dpt_1
http://www.amazon.de/Happiness-Overrated-Raymond-Angelo-Belliotti/dp/074253362X/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1333450157&sr=8-2

es ist nunmal so, dass die Welt total auf extrovertiertes "Ich bin glücklich! Tschakka" steht... alles andere wird misstrauisch betrachtet.

ux-3
2012-04-03, 12:52:11
Jeder hat das Recht, das halbleere Glas zu sehen. Aber nicht jeder mag diesen Blickwinkel.

jxt666
2012-04-03, 13:45:29
Wenns es hier einem mies geht, oder man sich über was beschwert, heißt es ja von allen Seiten auch immer gleich nur "schau mal wie schlecht es anderen geht" oder "in anderen Ländern gehts den Menschen viel schlechter, was willst Du eigentlich". Ich find das eigentlich eine Frechheit. Wer will MIR denn absprechen, dass es MIR schlecht geht? Dazu hat schlichtweg keiner ein Recht.

PHuV
2012-04-03, 13:46:41
Ich hätte da mehrere gute Antworten, warum permanent unglücklich sein einfach blöde und dumm ist, wenn Du sie hören wolltest, und vor allen Dinge, ertragen könntest. ;)

Update: Besser formuliert, warum vieles gegen permanentes unglücklich sein spricht.

mercutio
2012-04-03, 13:55:27
Jeder kann doch mit seinem Leben machen was er will.
In dem Wissen, dass er nur durchschnittlich 75 Jahre hier auf Erden hat, darf er die doch gerne unglücklich verbringen. Wenn das die Erfüllung seiner Träume ist, warum nicht.

Du darfst aber nicht Lifestyle-Werbung als Maßstab für ein Leben ansetzen. Werbung hat schon immer Tresterfleisch genommen, so lange draufgehauen, bis es wie Filet aussieht und dann verkauft.
Genauso erzeugt Werbung Wünsche und Sehnsüchte nur zu einem Zweck: Zum Verkaufen!
Nicht als Maßstab für ein Leben und auch nicht, damit wir glücklich sind.

Glück ist in einem selbst zu finden und nicht in weltlichem Besitz.

Weltlicher Besitz macht nur noch mehr Hunger auf schneller höher weiter mehr.
99% von dem was man kaufen kann, braucht man nicht. Wenn man sich dem entziehen kann, findet man auch Glück.

Lyka
2012-04-03, 14:00:35
Wenns es hier einem mies geht, oder man sich über was beschwert, heißt es ja von allen Seiten auch immer gleich nur "schau mal wie schlecht es anderen geht" oder "in anderen Ländern gehts den Menschen viel schlechter, was willst Du eigentlich". Ich find das eigentlich eine Frechheit. Wer will MIR denn absprechen, dass es MIR schlecht geht? Dazu hat schlichtweg keiner ein Recht.

gefällt mir. (y)
niemand würde sagen: Wie, du hast das Bein gebrochen, aber ich kenne einen, der hat beide Beine gebrochen, dem gehts viel schlimmer:P aber bei anderen Dingen, die seelische Schmerzen verursachen statt körperliche, wird immer ein "stell dich nicht so an" hingeworfen. Falls die seelischen Beschwerden aber anfangen, das Leben dauerhaft zu beeinflussen, würde ich was dagegen tun :uponder:

http://en.wikipedia.org/wiki/Weltschmerz

Messias
2012-04-03, 14:19:46
Was du da sehr anschaulich am Beispiel des Unglücklichseins beschreibst stimmt auch im Hinblick auf das Verrücktsein.
Natürlich ist niemand gerne unglücklich. Aber unglücklich sein bekommt eine größere Schwere noch dadurch, daß die Suggestion in unserer Gesellschaft immer ist, daß es nicht normal ist, unglücklich zu sein. Daß der Normalzustand und zumindest der erstrebenswerte Zustand ist, glücklich zu sein, wobei auch Glücklichsein teilweise in einer sehr verkürzten Form verstanden wird, nämlich als "Spaß haben", sich vergnügen.
So ähnlich ist es doch mit der verwandten Kategorie Verrücktsein. Irgendwann wurde angefangen, das "Normale" vom "Verrückten" abzutrennen. Das war der Anfang der medizinischen Diagnose des Wahnsinns.
Irgendwo wurde die Grenze gezogen zwischen normal und verrückt - und zwar von Menschen und damit relativ willkürlich. Und dann gab es immer mehr Krankheitsbilder, die beschrieben werden konnten, womit die "Verrückten" von handelnden Subjekten zu untersuchten, beschriebenen (kranken) Objekten herabgewürdigt und aus der (schrumpfenden) Gemeinschaft der Normalen abgesondert wurden.
Damit wurde ein Druck zur Normierung erzeugt - denn wer ist schon gerne verrückt = ausgeschlossen?
Finde ich alles ganz interessante Überlegungen, gerade in einer Gesellschaft, die drauf ausgelegt ist, die Norm engmaschig und funktional auf maximale Effizienz auszulegen. Da werden in den nächsten Jahrzehnten noch viele "Abnormitäten" das Licht der Welt erblicken und Menschen aussortiert werden.
Schön zu diesem Thema: Michel Foucault: "Wahnsinn und Gesellschaft".

Messias

resistansen
2012-04-03, 14:40:12
ich mag unglücklichsein. es gibt momente da suhle ich mich gar gern darin. wenn ich das mache habe ich den eindruck, mein kopf ist offener und aufnahmefähiger für alles was um mich herum geschieht. ich sehe geschichten, ich sehe momente, ich sehe meine inneren parallelwelten.

ich kaufe produkte weil sie neu sind, weil ich neugierig bin und habe festgestellt, dass ich glücklich darüber bin so weit ab von gesellschaftlicher norm zu stehen dass es mir egal ist, was ich substituieren soll.

eine der schönsten erinnerungen an letztes jahr, dir wird sie bekannt vorkommen, war es nachts um 1 am seerhein zu sitzen, bier aus dosen zu trinken und sarah nixey zuzuhören während sie "life is unfair, kill yourself or get over it" sang. zu dritt. jeder in seinem momentanen unglück, das zu der zeit anlang, verweilend.

man sollte es sich auch gönnen auf einem hotelzimmerbett zu liegen, während einem tränen das gesicht runterlaufen und man das licht an und ausschaltet, während man grade depressiven französischen chanson hört.

unglücklichsein will ausgelebt werden, sonst macht es wirklich unglücklich.
als ich an dem punkt ankam und mir zugestand, dass nichts mit mir verkehrt sei, empfand ich zufriedenheit.

manchmal bin ich glücklich, manchmal unglücklich und alles davon ist wahr und gut und schön.

jxt666
2012-04-03, 14:50:18
gefällt mir. (y)
niemand würde sagen: Wie, du hast das Bein gebrochen, aber ich kenne einen, der hat beide Beine gebrochen, dem gehts viel schlimmer:P aber bei anderen Dingen, die seelische Schmerzen verursachen statt körperliche, wird immer ein "stell dich nicht so an" hingeworfen. Falls die seelischen Beschwerden aber anfangen, das Leben dauerhaft zu beeinflussen, würde ich was dagegen tun :uponder:

http://en.wikipedia.org/wiki/Weltschmerz


Ja ganz klar! Ich setze hierbei auch zeitliche begrenztes Unglücklich sein voraus! Alles was darüber hinaus geht, oder einfach gesagt "permanentes Gejammer" ist dann schon eher krankhaft und sollte vielleicht behandelt werden. Führt ja sehr schnell zur Depression ect.

Ich meinte das jetzt wirklich auf normaler Ebene

Mosher
2012-04-03, 14:56:36
ich mag unglücklichsein. es gibt momente da suhle ich mich gar gern darin. wenn ich das mache habe ich den eindruck, mein kopf ist offener und aufnahmefähiger für alles was um mich herum geschieht. ich sehe geschichten, ich sehe momente, ich sehe meine inneren parallelwelten.

ich kaufe produkte weil sie neu sind, weil ich neugierig bin und habe festgestellt, dass ich glücklich darüber bin so weit ab von gesellschaftlicher norm zu stehen dass es mir egal ist, was ich substituieren soll.

eine der schönsten erinnerungen an letztes jahr, dir wird sie bekannt vorkommen, war es nachts um 1 am seerhein zu sitzen, bier aus dosen zu trinken und sarah nixey zuzuhören während sie "life is unfair, kill yourself or get over it" sang. zu dritt. jeder in seinem momentanen unglück, das zu der zeit anlang, verweilend.

man sollte es sich auch gönnen auf einem hotelzimmerbett zu liegen, während einem tränen das gesicht runterlaufen und man das licht an und ausschaltet, während man grade depressiven französischen chanson hört.

unglücklichsein will ausgelebt werden, sonst macht es wirklich unglücklich.
als ich an dem punkt ankam und mir zugestand, dass nichts mit mir verkehrt sei, empfand ich zufriedenheit.

manchmal bin ich glücklich, manchmal unglücklich und alles davon ist wahr und gut und schön.

Sehr schön geschrieben :)

Für mich ist glücklich zu sein ein Zustand der inneren Ruhe und dem Einklang mit seinem eigenen Leben. Zähneblitzendes Jauchzen, heiterstes Lachen gehören für mich zu den Momenten des Lebens, in denen es einem gerade gut geht, man sich fallen lassen kann.
Diese beiden Phänomene existieren für mich quasi unabhängig voneinander:

Auch in schwersten Krisenzeiten gab es diese Momente des Vergessens, des vergnügens am Sein. Aber es waren eben nur Momente.
Umgekehrt durchlebe ich auch zB jetzt, wo ich mich glücklich schätze, immer wieder Momente der Trauer, des Schmerzes, des nicht-da-sein-wollens.

Ich brauche beides davon, alles davon, um mich komplett zu fühlen, aber ich kenne ein paar Figuren, die das Unglücklichsein regelrecht leben.
Es aufführen, wie ein erprobtes Theaterstück, an dem täglich gefeilt und die Regie geändert wird.
Leider kann und will ich solche Menschen nicht in meinem Leben zulassen, da sie einfach komplett gegen meine Einstellung arbeiten und im Endeffekt nur Kräfte zehren.
Schätzungsweisen geht es vielen so, weshalb das Bild entsteht (ein wahres Bild), dass permanent Unglück praktizierende Menschen an den Rand gedrückt und vergessen werden.

hmx
2012-04-03, 15:03:02
Liebe Forumsmitglieder,


mich beschäftigt seit geraumer Zeit ein Phänomen, das virulent um sich greift und offensichtlich keinen Abbruch findet. In unserer Gesellschaft ist kein Platz mehr für das Empfinden persönlichen Unglücks, und wenn, dann in speziell dafür isolierten Räumen (der Psychotherapie, der Selbsthilfegruppe, das [wohlgemerkt mit Anonymität ausgestattete] Sozi...).

Unglück, Leid oder Anstrengung zu Empfinden ist inzwischen beinahe eine Taktlosigkeit, es disqualifiziert Diskussionsteilnehmer, Freunde, Arbeitnehmer und wird nicht als Bestandteil der natürlichen Ordnung gewertet. Stattdessen leben wir in einem Überangebot der vermeintlichen Glücksempfindung. Wie sie von den Plakaten runterlächeln mit den blitzeweißesten Zähnen, die man je gesehen hat. Bombardiert mit der Botschaft, dass Konsum uns glücklich macht, selbst derjenige vollkommen absurder Produkte, die mit Sicherheit das Gegenteil bewirken. Ich denke da nur an die Coca-Cola-Herzgesundheitwerbung mit Heidi Klum, die auf so vielen Ebenen verkehrt war, dass ich nicht mehr aus dem Kopfschütteln kam. Alles ist Wellness, Genuss, Wohlfühlen, Sex und mich würde nicht wundern, wenn sie das demnächst auch noch auf Holzkohle drucken.

Das reicht inzwischen in die persönlichen Beziehungen. Für individuelle Missempfindungen ist in "Freundschaften" nur bis zu einem gewissen Grad Platz. Sobald der andere größere Sorge und damit Unwohlsein bei einem auslöst, ist er gewiss besser beim Psychiater aufgehoben. Man hat sich einer Quelle potentieller Unlust entledigt. Die Patientenzahlen wachsen stetig, und da man ohne Diagnose nicht therapieren kann, haben wir immer mehr Kategorien für abweichendes Verhalten, bekommen qua Ausschlussverfahren ein immer präziseres Bild von Normalität. Und die Pillen erst. Ich will nicht behaupten, dass sie unnütz sind, in manchen Fällen bestimmt auch notwendig. Aber man kann doch nicht ernsthaft glauben, dass hier nichts verkehrt ist, wenn man sich die Verschreibungsstatistiken z.B. in den USA anguckt.

Nach und nach ist uns das Recht entzogen worden, unglücklich zu sein, obwohl es eine völlig normale Geschichte ist. Ohne Sonne kein Schatten, ohne Windstille kein Orkan, ohne Frustration keine Befriedigung. Jedes verdammte Problem ist auf einem Wege lösbar: Mach Karriere, dann kannst du kaufen, dann bist du glücklich. Und hast Geld und die Frauen wollen dich (was auch oft stimmt). Nichts ist mehr funktional, alles ist emotional. Du hast kein Badezimmer mehr, du hast eine Wellness-Oase. Du fährst mit deinem Auto nicht zur Arbeit, du genießt in ihm deine Freiheit. Du zahlst bei Klamotten nicht für Qualität drauf, sondern für eine Idee, die in einer multimilliardenschweren Industrie erschaffen wird und auf nichts baut außer der permanenten Reizüberflutung großer Massen von Menschen. Und die dich selbstverständlich glücklich macht.

Und da stehen wir jetzt alle gelegentlich mit einer Empfindung, die vollkommen normal sein sollte, und fragen uns: Was ist verkehrt mit mir? Alle anderen sind so glücklich. Ich sollte Light-Käse kaufen. Einen Duschkopf mit LED-Beleuchtung nutzen, um mein Well-Being zu verbessern. Duschgel mit Kick-Effekt nutzen. Schöfferhofer Weizen wird mir den Sex mit einer Französin substituieren und so schön lange prickeln. Und wenn das alles nichts hilft, dann schalte ich RTL ein und gucke mir fette Hartzer-Säue mit einem Wortschatz von unter 200 Vokabeln an. Wenigstens so niedrig bin ich noch nicht und kann mit einem Lacher die ständige Angst vertreiben, so zu enden.

Niemand ist gerne unglücklich. Aber wir alle haben ein Recht dazu. Was ich außerordentlich bedenklich finde, ist die Tatsache, dass uns dieses Recht entzogen worden ist. Schleichend, aber endgültig. Wer unglücklich ist, konsumiert nur nicht genug.

Bin ich der Einzige, der das so wahrnimmt? Und wenn nicht, was führt euch zu anderen Annahmen?

Naja, andererseits ist es doch so, dass unglücklich zu sein doch in vielen Belangen, und zwar abseits der Medien, eine oft kommunizierte Norm ist. Stell' dich doch mal hin und sage, du bist mit deiner Gesamtsituation zufrieden und blickst hoffnungsvoll in die Zukunft. Da wirst du doch in unseren Breiten wie ein Irrer angeschaut. ;)

V2.0
2012-04-03, 15:03:40
Es gibt imho eine gravierenden Unterschied zwischen unglücklich sein und dem dringenden Bedürfnis anderen am eigenen Unglücklichsein teilhaben zu lassen. Das erste kann einem niemand nehmen, mit dem anderen kann man anderen Menschen tierisch auf den Sack gehen. Das bedeutet nicht, dass man immer gut drauf sein muss, das bedeute nicht dass man sein Leid nicht teilen darf, dass beduetet aber, dass nicht jeder Mensch zu jeder Zeit und zu jedem Anlass mit diesem Leid konfrontiert (eher belästigt) werden will.

Cyphermaster
2012-04-03, 15:04:08
Jeder hat das Recht, das halbleere Glas zu sehen. Aber nicht jeder mag diesen Blickwinkel.Theoretisch hat man das Recht dazu, nur darf man es sich in der Praxis nicht mehr nehmen, da pflichte ich Hades bei. Wer bei Frust im Job sich nicht umgehend in ein Motivationsseminar einschreibt, bei Trauer >3 Tagen nicht einen Therapeuten gegen Suizid-Tendenzen aufsucht, oder sich sonstwie abseits der ganzen Lemminge der "tschakka, du schaffst es"-Mainstream-Gesellschaft hält, wird zunehmend für abnorm und mittlerweile wieder behandlungsbedürftig krank angesehen. Ich bin allerdings der Ansicht, daß es zum Leben dazu gehört, auch "unbequeme" Blickwinkel nicht einfach zu ignorieren oder als "geistige Störung" abzutun.
Genauso wie dieser "Glas halbleer" Blickwinkel nicht der Einzige ist, sollte man auch nicht umgekehrt mit verlogenen Eternal-Happiness-Scheuklappen durch die Welt stolpern. Sicher, letzteres ist "netter"; aber deshalb ist es noch lange nicht "gesünder", sich die Welt schön zu lügen und jegliches ungute Gefühl in sich rein zu fressen/verdrängen, als damit umzugehen und sich damit auseinander zu setzen.

Wie schizophren dieser Versuch unserer heutigen Gesellschaft ist, sieht man doch am Beispiel, wie mit Liebeskummer umgegangen wird: Wer lange und intensiv Liebeskummer hat, dem empfiehlt man eine Therapiegruppe (damit es keine Depression wird) - und wer kaum Liebeskummer verspürt (also schnell wieder happy ist, das Positive dran sieht), würde wegen Gefühlskälte usw. dann von der gleiche Person am Liebsten für die Therapiegruppe eine Tür weiter eingetragen...

DerEineHades
2012-04-03, 15:23:21
Was du da sehr anschaulich am Beispiel des Unglücklichseins beschreibst stimmt auch im Hinblick auf das Verrücktsein.
...
Schön zu diesem Thema: Michel Foucault: "Wahnsinn und Gesellschaft".

Messias

Jo. Am Anfang habe ich auch auf die Heterotopien angespielt. Da kann man auch noch Fromm und Link dazunehmen, insbesondere aber Ulrich Bröckling. Natürlich sind derartige Tendenzen auch anderen schon aufgefallen und sie haben sie extensiver und besser auf den Punkt gebracht als ich.

@V 2.0: Das ist aber eine völlig andere Geschichte als jene, die ich beschreibe.

@PHuV: Erstens spricht hier keiner von permanent unglücklich sein, zweitens komme ich ganz sicher ohne die Ratschläge eines Coaches und Heilpraktikers aus (sprich: Einer Person, die ihre Asche mit genau dem Problem macht, das ich beschreibe). Aber ich hab schon verstanden. Du bist der Mäck, du hast die Botschaft, wir sind nur nicht hart genug, sie zu ertragen. Quod erat demonstrandum. :facepalm:

ux-3
2012-04-03, 15:38:09
Genauso wie dieser "Glas halbleer" Blickwinkel nicht der Einzige ist, sollte man auch nicht umgekehrt mit verlogenen Eternal-Happiness-Scheuklappen durch die Welt stolpern.

Du solltest Dir klar werden, ob Du das als Aussage oder schon als Annahme über die anderen machst.

Sofern das Zweite zutrifft, müsstest Du das zunächst belegen.

Dicker Igel
2012-04-03, 15:42:23
@ Topic

Du bist nicht der Einzige.

Für mich gilt mehr oder weniger:„A dog owns nothing, yet is seldom dissatisfied" Dieses irische Sprichwort trifft es imo auf den Punkt(für mich persönlich). Mich machen eher Menschen unglücklich, aber dies muss ich dann mit mir klären, ohne Pillen oder Psychoanalytiker. Materialismus ist mir vollkommen egal, ich muss nicht alles haben.

PHuV
2012-04-03, 15:50:21
Jzweitens komme ich ganz sicher ohne die Ratschläge eines Coaches und Heilpraktikers aus (sprich: Einer Person, die ihre Asche mit genau dem Problem macht, das ich beschreibe).

Du bist sehr lernresistent, oder? Ich habe schon mehrmals betont, daß ich damit kein Geld verdiene.

Aber ich hab schon verstanden. Du bist der Mäck, du hast die Botschaft, wir sind nur nicht hart genug, sie zu ertragen.

Richtig, und je eher Du das ehrlich und aufrichtig akzeptierst, um so besser für Dich. Und mach mal bitte aus dem "wir" ein "ich", den Du alleine bist derjenige mit einer ständig miesepetrigen Stimmung hier, eine Art sehr negativer attension whore, wenn man sich Deine Threads so allgemein anschaut.

DerEineHades
2012-04-03, 16:18:06
Du bist sehr lernresistent, oder? Ich habe schon mehrmals betont, daß ich damit kein Geld verdiene.

Mein geheimer Indianername lautet "Der mit dem Bisonschädel".

Richtig, und je eher Du das ehrlich und aufrichtig akzeptierst, um so besser für Dich.

Sprach Jesus Christus.

Und mach mal bitte aus dem "wir" ein "ich", den Du alleine bist derjenige mit einer ständig miesepetrigen Stimmung hier, eine Art sehr negativer attension whore, wenn man sich Deine Threads so allgemein anschaut.

Alter. Nochmal. Ich bin überhaupt nicht miesepetrig. Ich amüsiere mich (zumindest momentan) prächtig, du bekommst es nur nicht mit.

Cyphermaster
2012-04-03, 16:23:31
Du solltest Dir klar werden, ob Du das als Aussage oder schon als Annahme über die anderen machst.

Sofern das Zweite zutrifft, müsstest Du das zunächst belegen.Natürlich, die Bereitschaft des Hinterfragens des eigenen ist ja grade der Punkt hinter dem Zulassen anderer Blickwinkel.


Meine Wahrnehmung ist allerdings, daß die Bereitschaft zur Akzeptanz von Menschen, die nicht grundsatz-optimistisch sind, in der Gesellschaft (abseits der von hmx erwähnten "Meckerkultur", die aber imo eher Selbstzweck ist) abnimmt. Schon sichtbare traurige Stimmung wird von der Umgebung mittlerweile bereits nach kurzer Zeit als Belästigung empfunden (ganz ohne Reden/Diskussionen o.ä.!). Daß auch PHuV sofort mit "guten Antworten" gegen das Unglücklichsein ankommen will, und Begriffe wie "Miesepetrigkeit" verwendet (auch wenn er es auf permanente Emotionen zielt), zeigt doch, daß unsere Gesellschaft langsam ein wenig in den Gedanken abdriftet, man könne negative Emotionen irgendwie "behandeln", und wie einen überflüssigen Kropf entfernen, wenn man denn wolle.
Aber Dinge wie den Verlust einer nahestehenden Person, das Platzen eines Lebenstraums sind -zumindest in meinen Augen- nicht behandelbar, oder behandlungswürdig. Man kommt nicht umhin, diese Dinge zu durchleben, und Spuren davon zurück zu behalten, auch wenn man irgendwann vielleicht wieder glücklich wird, sobald man sie für sich abschließen konnte. Für das Verarbeiten gibt es keine "Abkürzung".

Für mich gehört "Unglück" genau wie "Glück" zum Leben. Untrennbar, und unvermeidlich. Daher sind mir auch Leute, die ausnahmslos gut drauf sind, nicht weniger suspekt als die, die sich in immerwährender Agonie ergehen.

Vikingr
2012-04-03, 16:37:45
Jeder hat das Recht, das halbleere Glas zu sehen. Aber nicht jeder mag diesen Blickwinkel.
True Story.
+1
Eine gutes Bild, an der man erkennen kann ob jemand Optimist oder Pessimist ist.

Edit:
Was du hades mit; "Aber wir alle haben ein Recht dazu." im Grunde meinst ist:
Wir sind Menschen mit einer Seele. Wir sind nach Gottes Ebenbild geschaffen. Emotionen gehören dazu & sind normal. Ob man nun traurig** oder fröhlich ist, das ist jedermanns ganz eigene Sache. Aber in diese Freiheit muss man erst mal reinkommen. Ich halte es da folgendermaßen:
www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=YtDizyT1tnw#t=2628s
(I'm not goin' to be a Slave of the Stiff upper Lip. If I want to cry, I'm going to cry. If People don't like it, that's their problem.
But I'm not goin' to supress, God given Emotions, because my Culture* doesn't agree with it!)
(*Culture=Humanismus =alles ist in Bewegung==in Bezug hier auf's Thema=also auch, wann du das Recht hast glücklich oder traurig zu sein, da keine feste Komponente)

**Wenn es allerdings schon Richtung Depris usw. geht, ist sowas natürlich schon unnormal & hat nix mehr mit dem Thema hier zu tun.

Lyka
2012-04-03, 16:39:03
wäre gut, wenn es ein drittes gäbe :D

aka "im 250ml Glas befinden sich 125ml Flüssigkeit und 125ml Luft" o_O

PHuV
2012-04-03, 16:59:57
Daß auch PHuV sofort mit "guten Antworten" gegen das Unglücklichsein ankommen will, und Begriffe wie "Miesepetrigkeit" verwendet (auch wenn er es auf permanente Emotionen zielt), zeigt doch, daß unsere Gesellschaft langsam ein wenig in den Gedanken abdriftet, man könne negative Emotionen irgendwie "behandeln", und wie einen überflüssigen Kropf entfernen, wenn man denn wolle.


Naaa, da hast Du mich aber gründlich mißverstanden. Da muß ich es doch mal genauer ausführen, was ich damit meinte. Ich sage nicht, daß man nicht unglücklich sein darf, ich rede von permanent (!), das ist schon ein Unterschied. Dem Rest kann ich zustimmen, es gehört alles dazu, Glück, Unglück. Ein permanent-mit-Jesus-Blick-Güte-grinse-Gesicht ist mir auch suspekt genau wie permanente Trauermine. Im Gegensatz zu Deiner Meinung finde ich sehr wohl, daß negative Emotionen sehr wohl behandelt werden können. Es gibt viele Gründe dafür, warum man das auch tun sollte. Damit meine ich jetzt nicht explizit Trauer oder temporäres Unglück, das muß man sehr wohl differenzieren!

Zum einen weiß man ja heute sehr genau, daß Unglücklichsein sehr wohl negativ auf den Körper auswirkt. Weiterhin ist es eine Tatsache, daß Unglücklichsein schlichtweg die Perspektiven und Sichtweisen verzerrt (genau wie es zuviel glücklich sein auch kann). Nur hat das Unglücklichsein die sehr negative Eigenschaft, antriebshemmend und änderungsresistent zu wirken. Das kann für einen Zeitraum sicherlich auch hilfreich sein, aber als permanent verfestigtes Muster ist das sehr kontraproduktiv. Man findet sich im Unglücklichsein dann eher mit Dingen ab, weil man meint, sie nicht ändern zu können. Es gibt sogar Menschen, die sich förmlich darin suhlen, und damit für sich eine Rechtfertigung zu haben, sich weder zu bewegen noch etwas an ihrem Zustand zu ändern. Ich bin sehr wohl der Meinung und habe die Erfahrung gemacht, daß verfestigte Muster, auch das Unglücklichsein, sehr wohl geändert werden können.

Zudem ist Unglücklich zu sein sooo einfach. Man gibt einfach auf! Das kann doch jeder Depp. Und genau so ist das Unglücklichsein sehr ansteckend, und man zieht damit andere auch herunter. Frage, ist das dann gerechtfertigt? Ist das dann auch sinnvoll? Und genau das meine ich mit dreisemestrig. Unglückliche Menschen reden dann auch gerne vieles schlecht, und machen vielleicht gute Ansätze und Dinge gleich zunichte, und verhindern erfolgreich, Dinge einfach mal auszuprobieren und zu testen, bevor man sich ein Urteil bildet. Destruktiv zu sein ist immer einfach, daß kann jeder Idiot. Dagegen konstruktiv zu sein, etwas aufzubauen, oder etwas aus seiner Niederlage oder Trauer zu machen, ist viel schwieriger und mühsamer. Allein Unglücklichsein bringt nichts, es verändert nichts, es bringt einen nicht weiter, es hilft nicht weiter, es erfüllt dann auch keinen Zweck.

Richtig, traurig sein, unglücklich sein gehört mal zum Leben dazu, es ist auch hilfreich die Frage ist nur wie. Wenn man es sinnvoll für sich nutzen kann, ist es in Ordnung. Wenn man es aber nur sinnlos nutzt, um sich einfach darin zu suhlen, halte ich es für absolut nutzlos. Gerade im Umgang mit Kindern hat das u.U. sehr fatale Folgen. Und ich finde, dazu hat man, egal wie unglücklich man auch sein mag, gegenüber den Kindern nicht das Recht.

Es sollte aus meiner Sicht immer Hoffnung und einen Ausweg oder einen positiven Ausblick geben, egal wie stark und wie schlimm das Unglücklichsein auch sein mag. Damit kann man für sich verdeutlichen, daß man nicht aufgeben soll, und das es vielleicht auch irgend wann man besser gehen kann.

ux-3
2012-04-03, 17:39:51
"im 250ml Glas befinden sich 125ml Flüssigkeit und 125ml Luft" o_O

=) Cool, mein Glas ist voll! Aerodrink!

Cyphermaster
2012-04-03, 18:03:28
Naaa, da hast Du mich aber gründlich mißverstanden. Da muß ich es doch mal genauer ausführen, was ich damit meinte. Ich sage nicht, daß man nicht unglücklich sein darf, ich rede von permanent (!), das ist schon ein Unterschied.Nichts anderes habe ich gesagt, nichts anderes hast du auch zitiert.
Es sollte aus meiner Sicht immer Hoffnung und einen Ausweg oder einen positiven Ausblick geben, egal wie stark und wie schlimm das Unglücklichsein auch sein mag. Damit kann man für sich verdeutlichen, daß man nicht aufgeben soll, und das es vielleicht auch irgend wann man besser gehen kann.Auch mit den vorherigen, aber besonders diesem Absatz bestätigst du, was ich gesagt habe: Auch du willst Alles mit der Prämisse sehen, daß es einen Ausweg, einen positiven Ausblick gibt - als ginge es nicht auch ohne, eine präemptive Annahme, daß jeder ohne so einen Ausblick schon fast notgedrungen in sinnloser Apathie verharrt. Das entspricht dem, was aktuelle Gesellschaftsmode ist, und worauf ich hinaus wollte.

Es gibt manchmal einfach keine "Hoffnung", keinen "positiven Ausblick", z.B. wenn ein geliebter Mensch bei einem Unfall qualvoll gestorben ist, an diesem Faktum führt kein realer Weg vorbei. Man muß nicht präventiv den Schmerz "wegtherapieren" wollen, und unbedingt überall irgendwas Positives hinein zwingen, um derartige Erfahrungen und Gefühle als leichter darzustellen. Es gibt durchaus auch Möglichkeiten, solche Dinge einfach anzunehmen, als das, was und so, wie sie nun mal sind. Inklusive der Erkenntnis, daß es manchmal auch Zeit und Mühen braucht, um damit klar zu kommen. Solange sich solche Gedanken nicht als ausschließliches Schema destruktiv verfestigen, halte ich das im Gegenteil sogar für nützlicher, als die immer poulärer werdende Illusion, daß man sich durch das befolgen irgendwelcher Ratschläge quasi die Wiedererlangung der Glückseligkeit einfach schnellstmöglich und gut planbar "buchen" könne.

Wie gut sowas funktioniert, sieht man ja breit in den Medien ausgewalzt an den vielen Hollywood-Granden, die hinter dem heilen Schein ihrer teuren Therapeuten, geschlossenen "Rehab"-Kuren und was nicht alles noch, am Ende mit der Wirklichkeit, den gesellschaftlichen Anforderungen und sich selbst doch nicht klar kommen.

Auch für das Oberstübchen gilt: Wenn etwas nicht kaputt ist, versuch es nicht zu reparieren.

Dicker Igel
2012-04-03, 18:07:27
Es sollte aus meiner Sicht immer Hoffnung und einen Ausweg oder einen positiven Ausblick geben, egal wie stark und wie schlimm das Unglücklichsein auch sein mag. Damit kann man für sich verdeutlichen, daß man nicht aufgeben soll, und das es vielleicht auch irgend wann man besser gehen kann.

Finde ich auch. Es gibt immer mal Phasen in denen man unglücklich, traurig, oder nur mies gelaunt ist. Aber man sollte nicht darin versinken. Dasselbe gilt allerdings imo auch für "das Glück an sich": Ständig gut gelaunte Menschen lassen bei mir auch die Alarmglocken läuten, wenn es die Sichtweise erlaubt.

Es gibt durchaus auch Möglichkeiten, solche Dinge einfach anzunehmen, als das, was und so, wie sie nun mal sind. Inklusive der Erkenntnis, daß es manchmal auch Zeit und Mühen braucht, um damit klar zu kommen. Solange sich solche Gedanken nicht als ausschließliches Schema destruktiv verfestigen, halte ich das im Gegenteil sogar für nützlicher, als die immer poulärer werdende Illusion, daß man sich durch das befolgen irgendwelcher Ratschläge quasi die Wiedererlangung der Glückseligkeit einfach schnellstmöglich und gut planbar "buchen" könne.

Davon bin ich eigentlich ausgegangen. Ich denke PHuV meint damit auch die "Selbstheilung". Die üblichen Ratschläge dazu helfen einem ja eh nicht weiter, nur durch Selbsterkenntnis heilt man den Schmerz. Eine Trauer bleibt aber mMn ein Leben lang bestehen, wenn auch weniger intensiv als direkt nach dem diesbezüglichen Erlebnis.

doublehead
2012-04-03, 18:07:37
Wenn man es sinnvoll für sich nutzen kann, ist es in Ordnung. Wenn man es aber nur sinnlos nutzt, um sich einfach darin zu suhlen, halte ich es für absolut nutzlos. Gerade im Umgang mit Kindern hat das u.U. sehr fatale Folgen. Und ich finde, dazu hat man, egal wie unglücklich man auch sein mag, gegenüber den Kindern nicht das Recht.
Alles was Du davor geschrieben hast habe ich mal nicht zitiert, weil ich dem im Grunde voll und ganz zustimme. Ich wollte nur mal anmerken dass nicht jeder Kinder in die Welt setzt, und damit dieser Punkt Deiner Argumentation nicht allgemeingültig sein kann. Man könnte es jetzt auch noch auf Verantwortung gegenüber weiteren Sozialkontakten ausweiten, aber das empfinde ich schon wieder als unfair gegenüber wirklich unglücklichen Menschen. Das tendiert schon wieder in die Richtung diesen Menschen noch ein Schuldgefühl einzureden, was sie ja noch unglücklicher machen könnte.
Sicherlich muss man dann auch noch zwischen wirklichen Depressionen und dem selbstverliebten Weltschmerz unterscheiden.

Es sollte aus meiner Sicht immer Hoffnung und einen Ausweg oder einen positiven Ausblick geben, egal wie stark und wie schlimm das Unglücklichsein auch sein mag. Damit kann man für sich verdeutlichen, daß man nicht aufgeben soll, und das es vielleicht auch irgend wann man besser gehen kann.
Ja, klingt schön. Jedoch ist Sinnhaftigkeit eine sehr individuelle Sache. Da könnte man jetzt stundenlang interkulturell herumohilosophieren. Aber wenn man wirklich in einer echten Depression steckt, dann ist man für solche Sichtweisen u.U. auch gar nicht mehr empfänglich. Und da hilft es mir nicht weiter, wenn das jemand als "schön dumm" bezeichnet.

Dicker Igel
2012-04-03, 18:35:09
Aber wenn man wirklich in einer echten Depression steckt, dann ist man für solche Sichtweisen u.U. auch gar nicht mehr empfänglich.

Wenn man so depressiv ist, dass man sich selbst nicht mehr das Licht am Horizont zeigen kann, sollte man wirklich besser einen Arzt aufsuchen. Allerdings sollte es dann auch eine entsprechende Depression sein, und nicht nur das eigene absichtliche Unvermögen sich aus diesem Tief wieder herauszuziehen: "Seht, mir geht es schlecht, bemitleidigt mich alle, denn ich brauche Aufmerksamkeit ..." Letztendlich stellt sich vielleicht noch heraus, dass der derjenige sein ganzen soziales Umfeld einzig durch seine ständige Heulerei verkrault hat. Was soll man dann dazu sagen?

Piffan
2012-04-03, 18:39:42
Der Mensch ist ein soziales Wesen, er blüht auf mit seinen Mitmenschen oder er welkt, wenn er zu viel negativen Input bekommt.

Ein Nieselprim wird nun mal nicht gerne wahrgenommen und möglichst gemieden. Ist logisch, und trotzdem richtig.

Wenn jemand beliebt ist, dann weil er seiner Umgebung mehr gibt als er nimmt. Das heißt aber auch, dass er auch einen gewissen Kreditrahmen hat und auch mal anderen Menschen die Ohren abnagen darf, wenn es ihm dreckig geht. Wer allerdings chronisch miesepetrig ist, der isoliert sich selbst.

Die bunte Halligalli- Werbewelt nimmt wohl niemand als Realität an, genauso sollte die Biersauf- und Diskophase auch mal enden. Der Mensch entwickelt sich weiter und mit anderem Blickwinkel setzt er auch die Prioritäten neu. Vielleicht wirken ja auch nur manche Menschen auf andere unglücklich, sind es aber gar nicht? Nur weil jemand nicht permanent grinst und pausenlos plappert, ist er nicht unbedingt unglücklich. Stimmungskanonen hingegen sind vielleicht in bestimmten Stunden todunglücklich, wer will das wissen.

Ich habe schon mehrfach Leute gehört, die sich über die depressiven Deutschen ärgern, wenn sie nach längerem Aufenthalt z.B. in Australien wieder in Deutschland sind. Die würden am liebsten sofort wieder in den Flieger einsteigen und zurückdüsen. Es gibt definitiv Völker, die besser draus sind als wir. Die sind einfach schlauer und machen das Beste draus. :wink:

Dicker Igel
2012-04-03, 19:04:34
Wenn einem das Umfeld nicht mehr passt, sollte man sich imo neu orientieren. Das heißt aber Bewegung und gesundes Selbstbewußtsein, eben nix für jedermann. Weil, man hat ja einen "Ruf" zu verlieren.

hmx
2012-04-03, 19:06:56
Ich habe schon mehrfach Leute gehört, die sich über die depressiven Deutschen ärgern, wenn sie nach längerem Aufenthalt z.B. in Australien wieder in Deutschland sind. Die würden am liebsten sofort wieder in den Flieger einsteigen und zurückdüsen. Es gibt definitiv Völker, die besser draus sind als wir. Die sind einfach schlauer und machen das Beste draus. :wink:


Jop. Hier denken viele, dass sie die einzigen sind, welche dir Probleme unserer Welt und des Seins sehen und dass alle anderen wie Lemminge dem Streben nach Glück hinterherhecheln. Dumm nur, wenn dieses Denken keine Ausnahme sondern die Regel ist und sich trotzdem jeder für den Aufgeklärtesten hält. Nach dem Motto - je zynischer und pessimistischer ich bin, desto klüger wirke ich.

Dicker Igel
2012-04-03, 19:14:39
Naja, man muss es relativ betrachten. Was hat man in DE für Möglichkeiten, was hat man in anderen Ländern. In Südamerika gibt es kein HartzIV. Man muss seinen Arsch bewegen weil man sonst im Arsch ist. War man selbst mal in so einer Situation, weil wohlmöglich das soziale Netz nicht gegriffen hat, hat man quasi einen anderen Blick auf derartige Dinge. Aus einem gewissen Wohlstand heraus(was H4 für einen Südamerikaner oder Afrikaner etc wäre) läßt es sich immer besser kritisieren, ohne dabei das wesentliche zu sehen.

Lyka
2012-04-03, 19:22:48
Ich habe schon mehrfach Leute gehört, die sich über die depressiven Deutschen ärgern

du umgibst dich mit interessanten Leutchen.

btw. Wer ist denn noch Wirtschaftsmacht? es ist Spass-im-Spiel Spanien/Italien etc..^^

Palpatin
2012-04-03, 20:42:23
Wir sind nur auf Platz 30 im Glücksindex: http://www.bild.de/reise/2012/glueck/die-10-gluecklichsten-laender-23476490.bild.html :eek:.
Der Deutsche ist halt nur glücklich wenn er was zum jammern hat und imo gehts uns einfach zu gut. Würd grad alles den Bach runter gehen wären wir warscheinlich auf Platz 1 :D.

Piffan
2012-04-03, 21:11:40
du umgibst dich mit interessanten Leutchen.

btw. Wer ist denn noch Wirtschaftsmacht? es ist Spass-im-Spiel Spanien/Italien etc..^^

Es sind junge Leute, die vor oder kurz nach dem Abitur längere Zeit im Ausland eine andere Schule besucht haben. Die sind verwundert über die Herzlichkeit und Offenheit von Australiern und Amis und verwundert über die miese Stimmung hierzulande.
Möchte mal wissen, wie es wäre, wenn wir von ähnlichen existenzbedrohenden Naturkatastrophen aufgesucht werden wie Australier oder Amis. Wahrscheinlich würde man in der Zeit des Aufbaus und der Freude, heile davongekommen zu sein, einen Großteil seiner Depri vergessen......Wir haben zu viel Zeit, um auf dumme Gedanken zu kommen. :tongue:

PHuV
2012-04-03, 22:25:48
Man beachte, daß ich unglücklich Sein und anders schreibe, um das Sein und den Zustand des Unglücklichen als Zustand des Seins zu verdeutlichen, um nicht das Unglücklichsein als Gesamtbeschreibung zu verherrlichen.
Auch mit den vorherigen, aber besonders diesem Absatz bestätigst du, was ich gesagt habe: Auch du willst Alles mit der Prämisse sehen, daß es einen Ausweg, einen positiven Ausblick gibt - als ginge es nicht auch ohne, eine präemptive Annahme, daß jeder ohne so einen Ausblick schon fast notgedrungen in sinnloser Apathie verharrt. Das entspricht dem, was aktuelle Gesellschaftsmode ist, und worauf ich hinaus wollte.
Das interpretierst Du jetzt so raus, das ist aber weder was ich meinte noch was ich gesagt habe. Wo behaupte ich, daß unglücklich sein sofort in Apathie führt? Und Du brauchst Dir doch nur mal genauer unsere Gesellschaft anschauen, wie die mit dem unglücklich Sein umgeht, und dann all die Ersatzbefriedigungen angeboten werden, die sehr gerne und häufig angenommen werden. So trivial, wie Du das jetzt darstellst, ist es nicht.

Und hier widerspreche ich Dir sehr wohl, man kann allem einen positiven Aspekt abgewinnen. Ob das immer angebracht oder sinnvoll ist, sei dahingestellt. Das ist wiederum einen Frage der eigenen Lebensweise und Gestaltung des Seins. Wenn es den Zweck erfüllt, das Beste aus einer Situation zu machen, und eben weiter zu machen, halte ich das, im Gegensatz zu Dir, für völlig legitim. Daran sehe ich jetzt nicht furchtbares, wie Du es hier hinstellst, falls ich es richtig verstehe. Die größte Katastrophe in meinen Augen ist immer das Verharren, wenn es nicht abgesichert ist oder ungeschützt erfolgt, genau darauf wollte ich hinaus.
Es gibt manchmal einfach keine "Hoffnung", keinen "positiven Ausblick", z.B. wenn ein geliebter Mensch bei einem Unfall qualvoll gestorben ist, an diesem Faktum führt kein realer Weg vorbei. Man muß nicht präventiv den Schmerz "wegtherapieren" wollen, und unbedingt überall irgendwas Positives hinein zwingen, um derartige Erfahrungen und Gefühle als leichter darzustellen.
Das sagte ich ja gar nicht, und dann verstehst Du auch nicht, wie heutige Trauerarbeit – psychologisch betreut - funktioniert, aber dazu unten mehr. Es wird rein gar nichts „wegtherapiert“ und darüber brauchen wir hoffentlich nicht weiter zu diskutieren, weil das in so einem Fall Unsinn ist.
Es gibt durchaus auch Möglichkeiten, solche Dinge einfach anzunehmen, als das, was und so, wie sie nun mal sind. Inklusive der Erkenntnis, daß es manchmal auch Zeit und Mühen braucht, um damit klar zu kommen.
Vollkommen richtig, und genau das leistet beispielsweise psychologisch betreute Trauerarbeit. Ich verstehe immer nicht, wie alle so immer auf die Idee kommen, daß man mit Therapie immer nur behandelt oder etwas „wegtherapieren“ will. Gerade von Dir hätte ich so einen platten Ansatz nicht erwartet. Viele Menschen werden mit der Trauer alleine gelassen, und sie wissen oftmals eben nicht, wie sie mit dieser Trauer umgehen sollen. Die einen verdrängen es (was u.U. auch nicht falsch ist), die andere verleugnet es, andere wiederum beschäftigt es dauernd. Es wird eben nicht beigebracht, wie man mit dieser Trauer, den daraus entstehenden Wut und Frust, oder auch des Loslassens, umgehen soll, da es die Gesellschaft oft tabuisiert.

Gerade das Nicht-Loslassen-Können ist oft ein großes Problem. Trauer oder Unglücklichsein ist im Prinzip nichts anderes als ein sich nicht lösen können, oder kann so betrachtet werden. Warum können sich den Menschen nicht lösen, oder warum halten sie oft an Dingen fest? Warum ist unglücklich Sein, um mal ein ganz anderen Aspekt hier reinzubringen, eine Form von krampfhaften Festhalten von Wünschen, Sehnsüchten, Zuständen, Erlebnissen usw.? Das unglücklich Sein ist ja oft nicht nur einen Form von Trauer, sondern auch von ständig festgehaltenem Schmerz, unverarbeiteter Wut, Hilflosigkeit, uvm. Diese Art von permanenten Unglücklich sein mündet dann oft in unvollständigen Verarbeitungsprozessen, was dann sehr oft subtil in Form von Süchten und unsinnigen Ablenkungen münden kann: Sammelsucht bei Messis, Trinksucht, Konsumsucht, Beschäftigungssucht usw.

Hier kann man oft eine tiefe Unsicherheit vom Menschen finden, die sich aus diversen Gründen dann an diese Dinge haften, und sie nicht loslassen wollen, weil sie es als Teil ihrer Identität vermuten. Dann wird der Verlust eines nahestehenden Menschen oder eine Verhaltensweise ebenfalls als ein Teilverlust der Identität wahrgenommen, was aber so erst mal nicht stimmt. Die Identität ist immer individuell, und bleibt bei einem selbst! Je unselbstständiger und je unsichere ein Mensch ist, umso schwerer kann er von diesen Dingen, die ihn eigentlich unglücklich machen, oder die ihm das unglücklich Sein erleichtern, loslassen. Sie bieten ja im ersten Moment einen Scheinhalt, eine gewisse Sicherheit.

Und dann wird in einer Therapie nichts entfernt oder etwas getan wie Du es als wegtherapieren bezeichnest. Das zeigt mir, daß Du überhaupt nicht verstehst, wie moderne Therapie arbeitet. Sie schafft erst mal eine Stütze für die Menschen, die es nicht so nicht können, oder meinen nicht zu können. Und sie vermittelt neue Perspektiven, so daß Menschen eben neu erlernen, Stück für Stück loszulassen. Das was für Dich klar und verständlich und vielleicht sogar trivial ist, das ist es eben für viele Menschen leider nicht. Natürlich brauchen die Prozesse Zeit, Trauerarbeit braucht Zeit, Akzeptanz des Unvermeidlichen braucht Zeit. Jedoch gibt es dann Menschen, die sich dann wohlerfühlen, wenn man sie in dieser Zeit begleitet, und einfach mit ihnen zusammen ist, damit sie es Schritt für Schritt begreifen, daß es unwiderruflich ist.

Ob es nun das beste und optimalste Mittel ist, sei dahingestellt. Es kam ja auch die Kritik auf, daß die Menschen früher angeblich damit besser zurecht gekommen seien, und man doch sich nicht so weicheimäßig haben soll. In meiner praktischen Erfahrung zeigt sich aber, daß die Menschen von damals durch Krieg, Hunger und Verluste mitnichten besser verarbeitet hatten, sie haben es schlichtweg verdrängt, und meistens nicht zu deren Vorteil. Ich kenne viele alte Menschen, die genau diese ganzen Erlebnisse im Alter erheblich plagen und richtig quälen, was deutlich zeigt, daß die Verdrängung doch kein so gutes Mittel ist.

Um bei Deinem aufgeworfenen Problem des verstorbenen geliebten Menschen zu bleiben: Natürlich ist der Tod unwiderruflich, und er ist durch nichts zu beschönigen oder zu verherrlichen. Jedoch ist es eine unumwundene Tatsache, daß das Leben weitergeht, auch ohne diesen Menschen. Das kannst Du aber in der unmittelbaren Trauer bei vielen Menschen nicht einfach so sagen. Wie Du es vollkommen richtig sagest, Trauer benötigt Zeit, bei einem mehr, beim anderen weniger.

In einem widerspreche ich Dir vehement, es gibt sehr wohl Hoffnung auch beim Verlust eines Menschen: Einerseits die Erkenntnis, daß es einen Menschen gab, mit dem wir eine gute und vielleicht wundervolle und wertvolle Zeit hatten, das wir ihn in guter und liebevoller Erinnerung behalten können. Das wir mit Freude an schöne Momente mit ihm erinnern können, und ihn nicht vergessen werden. Aber dem steht gegenüber, daß das Leben offen ist, und auch ohne ihn lebenswert ist. Das wir trotz des Verlustes Erfüllung finden können, oder sogar die Dinge sich für uns verbessern können. Und das wir in seinem Tode das Leben ehren, respektvoll achten und feiern. Das ist alles eine Frage der Perspektive und Sichtweise. Das dazu die Trauer und das unglücklich Sein temporär dazugehören, ist in meinen Augen selbstverständlich, und bräuchte an sich nicht weiter diskutiert werden. Es geht ja nicht darum, dann gleich gutgelaunt und freudestrahlend - weil die Gesellschaft es so will - weiterzumachen. Da hast Du mich dann gründlich mißverstanden.
Solange sich solche Gedanken nicht als ausschließliches Schema destruktiv verfestigen, halte ich das im Gegenteil sogar für nützlicher, als die immer poulärer werdende Illusion, daß man sich durch das befolgen irgendwelcher Ratschläge quasi die Wiedererlangung der Glückseligkeit einfach schnellstmöglich und gut planbar "buchen" könne.
Das hört sich bei Dir so negativ und fast sarkastisch an. Wenn man erst mal nicht mehr unglücklich ist, ist ja schon eine Menge gewonnen. Es heißt ja nicht, daß man daraus gleich das grenzenlose Glück erleben soll.
Wie gut sowas funktioniert, sieht man ja breit in den Medien ausgewalzt an den vielen Hollywood-Granden, die hinter dem heilen Schein ihrer teuren Therapeuten, geschlossenen "Rehab"-Kuren und was nicht alles noch, am Ende mit der Wirklichkeit, den gesellschaftlichen Anforderungen und sich selbst doch nicht klar kommen.
Du sagst hier einen entscheidenden Punkt, den ich für sehr wichtig erachte: Das mit sich selbst klar kommen! Das ist eigentlich eine zentrales Bedürfnis, was durch Nichterfüllung eben beim unglücklich Sein in den Fokus rückt.
Auch für das Oberstübchen gilt: Wenn etwas nicht kaputt ist, versuch es nicht zu reparieren.
Richtig, aber genau das macht ja eine moderne und gute Therapie nicht. Wenn man unglücklich ist, heißt es ja auch nicht, daß man automatisch geistig nicht gesund ist oder ein tiefes psychisches Problem hat. Es ist oft nur eine Frage der Sichtweise, der Perspektive und des Anspruches. Gerade überhöhte Ansprüche an sich selbst, Dinge, die nicht klappen, oder die nicht so funktionieren, wie wir uns vorstellen, führen oft zu dieser Unzufriedenheit, die dann in der Permanenz zum unglücklich sein führen. Hier kann ebenfalls eine Therapie einfach ein paar neue Perspektiven vermitteln, ohne daß das Grundverständnis verändert werden muß. Aber das führt jetzt zu weit.
Im Endeffekt führt es alles dazu, daß der Mensch irgendwann das Unweigerliche und Unveränderliche akzeptieren kann, und mit sich selbst in vielen Facetten klar kommen kann. Das kann durch Sport, Nachdenken, Therapie oder einfach nur die Zeit selbst kommen. Fakt ist, daß das unglücklich sein kein Dauerzustand ist, der lebens- oder ertragenswert ist, und die Menschen dafür eben etwas tun müssen, egal wie. Ob dadurch automatisch glücklich Sein entsteht, sei dahingestellt. Vielleicht ist für manche schon das nicht unglücklich sein eine Form vom Glück.

PHuV
2012-04-03, 22:35:08
Davon bin ich eigentlich ausgegangen. Ich denke PHuV meint damit auch die "Selbstheilung". Die üblichen Ratschläge dazu helfen einem ja eh nicht weiter, nur durch Selbsterkenntnis heilt man den Schmerz. Eine Trauer bleibt aber mMn ein Leben lang bestehen, wenn auch weniger intensiv als direkt nach dem diesbezüglichen Erlebnis.

Danke Dicker Igel, das ist wirklich ein sehr schöner Begriff, den ich auch meinte. Es geht darum, die Selbstheilung zuzulassen, und nicht zu sehr auf das unglücklich Sein zu fokussieren. Er wenn wir das in uns selbst zulassen und erlauben können, kann diese Selbstheilung wirken. Wer auf jedoch auf das unglücklich sein vehement besteht, verhindert eben genau diesen Mechanismus, und dann stellt sich wirklich die Frage, ob das klug und sinnvoll ist. Meine Meinung ist hier ganz klar nein.

In meinen Augen ist dann der Unglückliche wie ein Kind, der einfach genau in diesem Zustand gefangen bleiben will, aus diversen Gründen. Da steckt vielleicht auch eine gewisse Trotzigkeit und Rebellion, aber es führt zu nichts, die Gesundung bleibt aus.

Ich verweise hier gerne wieder auf eines meiner Lieblingsbücher: Barry Long - Nur die Angst stirbt.

Das mag jetzt platt klingen, aber seit ich dieses Buch gelesen haben, ist mir persönlich und in einer sehr bewegenden Tiefe klar geworden, daß es für mich keinen Grund gibt, unglücklich zu sein!

Monger
2012-04-03, 22:50:36
Puh... komplizierte Frage.

Ich würde grundsätzlich mal zwischen sozialer Interaktion und der eigenen Psyche unterscheiden.
Anderen gegenüber ist es völlig okay, auch mal schlechte Laune zu zeigen. Das ist wohl eine ziemlich deutsche Eigenart: wenn ich etwas beschissen finde, dann sage ich das auch. Ich halte nicht viel von der künstlichen Freundlichkeit die in großen Teilen Asiens und Amerikas praktiziert wird. Ich finde es verlogen, wenn man sich erst nach den Kindern erkundigt um einen anschließend zu entlassen. Das Leben besteht nunmal aus Höhen und Tiefen, und ich finde beides muss man artikulieren dürfen.


Die psychische Perspektive ist viel komplizierter.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen: wenn man jahrzehntelang nicht mit sich selber zurecht kommt, gewöhnt man sich allmählich an diesen Zustand. Irgendwann findet man es völlig "normal", unglücklich zu sein. Aber chronische Melancholie ist krankhaft. Man verklärt das dann zum Charakterzug, und dass man eigentlich gar nicht anders sein will.
Nachdem es mir - einigen dramatischen Einschnitten in meinem Leben und etwas Therapie sei dank - allmählich besser geht, finde ich diese Denkweise rückblickend ziemlich verhängnisvoll. Will nicht wissen, wieviele Menschen jahrzehnte- oder gar lebenslang leiden, und dieses Leid in sich hinein fressen.

Es gibt nicht immer eine Lösung, und manchmal ist eine gewisse Abstumpfung gegen unveränderliche Lebensumstände gar nicht so verkehrt. Wie so viele Effekte der Psyche ist ja auch Melancholie ein gewisser Schutzreflex.
Aber umgekehrt Depressionen kulturell zu legitimieren, wie z.B. die Goth Bewegung das ein Stück weit macht, halte ich für gefährlich. Es ist NICHT gesund, sich den Schmerz wegzuritzen. Damit bekämpft man nur Symptome, keine Ursachen. Es ist nicht gesund, sich Depressionen als Aushängeschild für Individualität umzuhängen.

Dicker Igel
2012-04-03, 23:31:01
Es gibt nicht immer eine Lösung, und manchmal ist eine gewisse Abstumpfung gegen unveränderliche Lebensumstände gar nicht so verkehrt. Wie so viele Effekte der Psyche ist ja auch Melancholie ein gewisser Schutzreflex.

Wenn man in DE in einer warmen Wohnung sitzt und sein Kapital wohlmöglich noch vom Amt bekommt(keine Anspielung), ansonsten auch keinerlei "lebenserhaltende" Verpflichtungen hat, kann man sich vielleicht gewisse Abstumpfungen leisten. Aber in Wirklichkeit kann man das nicht. Wenn man auf sich selbst gestellt ist, hat man gar keine Zeit für sowas, es sei denn, man will nicht mehr leben.

PHuV
2012-04-04, 09:45:00
Könnte man nicht eher den alten Begriff Melancholie für manche Zustände, die hier beschrieben werden, verwenden? Der paßt IMHO eher als unglücklich Sein.

Teileweise kann ich Piffan und Igel zustimmen, wem es an sich gut geht, kann sich unglücklich Sein leisten. Andere Menschen haben diesesn Luxus eben nicht, weil sie das Leben und die beteiligen Personen irgendwie stemmen müssen.

V2.0
2012-04-04, 10:05:25
@V 2.0: Das ist aber eine völlig andere Geschichte als jene, die ich beschreibe.

Deine Geschichte hätte ich eher als Melancholie empfunden. Solche Momente hat imho jeder Mensch und es gibt immer wieder Momente in denen man solche Stimmungen erlebt.
Mir ging es mehr um Menschen, die ihr Unglücklichsein leben - ich möchte fast zum Selbstzweck sagen. Und damit meine ich nicht Menschen, die wirklich einen Schicksalsschlag erlebt haben, sondern eher den "modernen deprissiven Kulturkritiker", Menschen bei denen eine negative Grundstimmung als Beweis für die eigene Individualität gesehen wird. Menschen, die auf einer Grillparty unbedingt über das Problem der Massentierhaltung diskutieren müssen.

Cyphermaster
2012-04-04, 10:42:25
Die größte Katastrophe in meinen Augen ist immer das Verharren, wenn es nicht abgesichert ist oder ungeschützt erfolgt, genau darauf wollte ich hinaus.Und genau das ist mein Punkt: Heutzutage wird man schon fast zwangsweise "geschützt". Ob man es will oder nicht, und ob man es braucht oder nicht.
Es wird eben nicht beigebracht, wie man mit dieser Trauer, den daraus entstehenden Wut und Frust, oder auch des Loslassens, umgehen soll, da es die Gesellschaft oft tabuisiert.Dazu sage ich: ja, und nein. Ja, wegen der Tabuisierung (siehe das Beispiel oben, daß traurige Menschen als "störend" empfunden werden), nein weil es teilweise eine Art Überangebot an guten bzw. weniger guten Ratschlägen/Ansätzen gibt, die einem vorgaukeln, man könne praktisch aus jedem Tief und jeder noch so schlimmen Katastrophe binnen kürzester Zeit problemos herausfinden - womit sich der Kreis zur Erwartungshaltung der Gesellschaft, daß man quasi immer "funktioniert", schließt.

Aber: Mit sich selber klar zu kommen, ist überwiegend eine lebenslange, individuelle Selbsterfahrung, und nicht (ja, etwas flapsig ausgedrückt) das Abspulen von Zeug, das man sich über einen VHS-Abendkursus mal eben reinpfeifen kann. "Lernen" hat da viel weniger mit dem "technischen" Lernen und Lehren von Methoden zu tun, als mit dem Begreifen seiner selbst und den Schlüssen daraus.
Trauer oder Unglücklichsein ist im Prinzip nichts anderes als ein sich nicht lösen können, oder kann so betrachtet werden. Warum können sich den Menschen nicht lösen, oder warum halten sie oft an Dingen fest? Warum ist unglücklich Sein, um mal ein ganz anderen Aspekt hier reinzubringen, eine Form von krampfhaften Festhalten von Wünschen, Sehnsüchten, Zuständen, Erlebnissen usw.? Das unglücklich Sein ist ja oft nicht nur einen Form von Trauer, sondern auch von ständig festgehaltenem Schmerz, unverarbeiteter Wut, Hilflosigkeit, uvm.Und da ist es wieder: Trauer bedeutet eine Störung, ein "sich nicht lösen können" - da widerspreche ich dir vehement. Trauer und Schmerz sind mitnichten automatisch ein "ich kann mich von etwas nicht lösen", sondern für mich die -ganz normale, gesunde- Phase, in der meine nicht-bewußte graue Grütze in der Hirnschale der bewußten grauen Grütze in der Hirnschale signalisiert, daß es noch etwas zu "verdauen" gibt.

Ab dem Zeitpunkt, wenn man dieses "Verdauen" nicht schafft, ist für mich Hilfe sinnvoll, so wie du sagst:
Sie schafft erst mal eine Stütze für die Menschen, die es nicht so nicht können, oder meinen nicht zu können. Und sie vermittelt neue Perspektiven, so daß Menschen eben neu erlernen, Stück für Stück loszulassen.Allerdings eben erst dann, wenn man es wirklich nicht kann/glaubt, nicht zu können, und nicht prinzipiell immer und sofort! Meine Wahrnehmung ist, daß man immer stärker gedrängt wird, schnellstens alles Mögliche (manchmal auch Unmögliche) an "Hilfe" anzunehmen - und ich denke, darauf wollte Hades mit seiner These auch raus.
Es wird nicht akzeptiert, wenn man sagt: "Ich brauche keine neuen Perspektiven, ich brauche einfach nur die Zeit, um drüber weg zu kommen." Alles, was nicht ratz-fatz wieder in der üblichen Spur läuft, wird heutzutage schon als abnorm und damit als tendenziell pathologisch betrachtet - und eine Weigerung, Hilfe zu suchen (auch wenn man sie nicht braucht/will), schier unweigerlich als das interpretiert, was du als "Verharren" beschreibst.
Ob es nun das beste und optimalste Mittel ist, sei dahingestellt. Es kam ja auch die Kritik auf, daß die Menschen früher angeblich damit besser zurecht gekommen seien, und man doch sich nicht so weicheimäßig haben soll. In meiner praktischen Erfahrung zeigt sich aber, daß die Menschen von damals durch Krieg, Hunger und Verluste mitnichten besser verarbeitet hatten, sie haben es schlichtweg verdrängt, und meistens nicht zu deren Vorteil. Ich kenne viele alte Menschen, die genau diese ganzen Erlebnisse im Alter erheblich plagen und richtig quälen, was deutlich zeigt, daß die Verdrängung doch kein so gutes Mittel ist.Auch Verdrängung findet nicht wie angedeutet automatisch immer dann statt, wenn nicht therapiert wird, sondern nur dann, wenn jemand mit etwas ohne nicht klar kommt. Viele Menschen können das aber, das hat nichts mit "nicht so weicheimäßig" zu tun.

Und sogar, wenn man mal an einem "Totpunkt" hängt: Oft reicht es dann schon als gedankliche Stütze, wenn man weiß, daß und wo man Hilfe findet, wenn man sie braucht.

Wenn man beginnt/versucht, solche Menschen zu therapieren, die es nicht benötigen, sehe ich das nicht mehr als positiv an. Ab diesem Punkt sehe ich eher die Frage aufkeimen, ob man nicht -unabsichtlich- beim Versuch zu helfen, neue Risiken/Probleme aufwirft. Sei es, daß die Leute "überpositiviert" sind, und damit sich eine überzogene Erwartungshaltung an sich und das Leben einstellt, sei es, daß die Leute glauben, daß alleine die alle abgehakten Sitzungstermine im Kalender schon eine heilende Wirkung hätten, oder sei es, daß die Leute beginnen zu glauben, alleine könnten sie solche Dinge gar nicht mehr bewältigen, und dann bei der nächsten Krise tatsächlich nicht mehr ohne "mentale Krücke" zurecht kommen. Das ist es, worauf ich mit meinem Satz bzgl. Oberstübchen von weiter oben hinaus wollte.

@V2.0: Melancholie hat für mich mit Unglück nichts zu tun. Melancholie ist eine ausschließliche innere Geisteshaltung (und damit nicht das, worauf Hades anspielte), Unglück hat auch äußere Ursachen.

Piffan
2012-04-04, 11:40:50
Menschen, die auf einer Grillparty unbedingt über das Problem der Massentierhaltung diskutieren müssen.

Solche Berufsdeprssiven isolieren sich über kurz oder lang selbst. Und dann haben sie erst richtig Grund depri zu sein....

V2.0
2012-04-04, 12:27:28
@V2.0: Melancholie hat für mich mit Unglück nichts zu tun. Melancholie ist eine ausschließliche innere Geisteshaltung (und damit nicht das, worauf Hades anspielte), Unglück hat auch äußere Ursachen.
Mit Unglück hat Melancholie nichts zu tun, aber mit Unglücklichsein. Es ging hier ja nicht um einen sachlichen Umstand, sondern um einen Gefühlszustand. Dieser Zustand des Unglücklichseins kann durch ein Unglück ausgelöst werden, aber imho gibt es auch viele Menschen die diesen Zustand auch ohne Auslöser erreichen.

Deswegen würde ich auch nicht sagen, dass es ein mangelndes Verständnis für unglückliche Menschen gibt, nur bei manchen Menschen kann man diesen Zustand nicht verstehen. Imho ist empathischen Verhalten gegenüber einem unglücklichen Menschen einfach weit natürlicher, wenn es einen erkennbares Unglück gab, als wenn die Person von allgemeinem Weltschmerz geplagt wird. Nicht, dass nicht jeder solche Momente hat, aber imho ist es heute auch in gewisser Weise "Trend" geworden, einen gewissen Weltschmerz zu kultivieren. Von Massentierhaltung, über Kinderarbeit bis zur Klimaerwärmung, soviele Gründe deprimiert zu sein und dadurch seine Überlegenheit gegenüber den "zufriedenen Lemmingen" zu demonstrieren, die diese ganzen Unglücke gar nicht sehen.

PHuV
2012-04-04, 14:45:57
Und genau das ist mein Punkt: Heutzutage wird man schon fast zwangsweise "geschützt". Ob man es will oder nicht, und ob man es braucht oder nicht.
Das meinst Du jetzt nicht ernst, oder? Mich hat man als Sozialdarwinisten beschimpft, aber dann wäre ich ja gegen Dich ein Waisenknabe. ;) Verstehst Du überhaupt, was ich mit geschützt überhaupt meine? In einer solchen Phase ist es immer wichtig, genau das zu haben, ansonsten geht man unter. Oder propagierst Du dann etwa, daß die Menschen dann einfach untergehen sollen? Sollen sie dann aufgrund ihrer verharrenden Trauer ihren Job verlieren, ihre Familie, ihre Wohnung oder sonst etwas?
Dazu sage ich: ja, und nein. Ja, wegen der Tabuisierung (siehe das Beispiel oben, daß traurige Menschen als "störend" empfunden werden), nein weil es teilweise eine Art Überangebot an guten bzw. weniger guten Ratschlägen/Ansätzen gibt, die einem vorgaukeln, man könne praktisch aus jedem Tief und jeder noch so schlimmen Katastrophe binnen kürzester Zeit problemos herausfinden - womit sich der Kreis zur Erwartungshaltung der Gesellschaft, daß man quasi immer "funktioniert", schließt.
Tja, aber das wirst weder Du und noch ich lösen können. Erstens ist es sehr wohl möglich, auch wenn Du das verneinen magst, und zweitens, es existieren nun mal in unserer Gesellschaft gewisse Sachzwänge. Du mußt Deine Miete bezahlen, Du mußt für Deinen Unterhalt sorgen (oder sorgen lassen), Du mußt Steuern zahlen etc. Oder meinst Du, daß Traurige ihre Leben so weiterführen und dann trotzdem alles auf die Reihe bekommen? Da paßt doch irgendetwas nicht. Stell Dir vor, Du hast so einen Menschen bei Dir in einem wichtigen Projekt. Meinst Du etwa, daß er dann das genau leisten kann, was Du von ihm erwartest?
Aber: Mit sich selber klar zu kommen, ist überwiegend eine lebenslange, individuelle Selbsterfahrung, und nicht (ja, etwas flapsig ausgedrückt) das Abspulen von Zeug, das man sich über einen VHS-Abendkursus mal eben reinpfeifen kann. "Lernen" hat da viel weniger mit dem "technischen" Lernen und Lehren von Methoden zu tun, als mit dem Begreifen seiner selbst und den Schlüssen daraus.
Da muß ich Dir als jahrelanger Coach deutlich widersprechen! Es gibt sehr wohl Möglichkeiten, über eine Methodik genau das zu lernen, und es funktioniert auch.
Und da ist es wieder: Trauer bedeutet eine Störung, ein "sich nicht lösen können" - da widerspreche ich dir vehement. Trauer und Schmerz sind mitnichten automatisch ein "ich kann mich von etwas nicht lösen", sondern für mich die -ganz normale, gesunde- Phase, in der meine nicht-bewußte graue Grütze in der Hirnschale der bewußten grauen Grütze in der Hirnschale signalisiert, daß es noch etwas zu "verdauen" gibt.
Ach, und was muß dann verdaut werden? Aber dann können wir uns gleich darauf einige, daß hier es eine Definitions- und Anschauungssache, und auch vom eigenen Paradigma abhängig ist, wie man Trauer und unglücklich Sein definiert.
Allerdings eben erst dann, wenn man es wirklich nicht kann/glaubt, nicht zu können, und nicht prinzipiell immer und sofort! Meine Wahrnehmung ist, daß man immer stärker gedrängt wird, schnellstens alles Mögliche (manchmal auch Unmögliche) an "Hilfe" anzunehmen - und ich denke, darauf wollte Hades mit seiner These auch raus.
In Ordnung, sehe ich auch so.
Es wird nicht akzeptiert, wenn man sagt: "Ich brauche keine neuen Perspektiven, ich brauche einfach nur die Zeit, um drüber weg zu kommen." Alles, was nicht ratz-fatz wieder in der üblichen Spur läuft, wird heutzutage schon als abnorm und damit als tendenziell pathologisch betrachtet - und eine Weigerung, Hilfe zu suchen (auch wenn man sie nicht braucht/will), schier unweigerlich als das interpretiert, was du als "Verharren" beschreibst.
Richtig, stimme ich auch zu. Das kann man aber nur tun, wenn man eben in einer gesicherten Umgebung ist, sprich Du wirst versorgt, kannst Deinen Unterhalt und Miete bezahlen und Du kannst irgendwie agieren.
Wenn man beginnt/versucht, solche Menschen zu therapieren, die es nicht benötigen, sehe ich das nicht mehr als positiv an.
Nochmals, was verstehst Du unter „therapieren“ genau? Eine Therapie umfaßt viel mehr, siehe auch meinen Hinweis auf Trauerarbeit.
Ab diesem Punkt sehe ich eher die Frage aufkeimen, ob man nicht -unabsichtlich- beim Versuch zu helfen, neue Risiken/Probleme aufwirft. Sei es, daß die Leute "überpositiviert" sind, und damit sich eine überzogene Erwartungshaltung an sich und das Leben einstellt, sei es, daß die Leute glauben, daß alleine die alle abgehakten Sitzungstermine im Kalender schon eine heilende Wirkung hätten, oder sei es, daß die Leute beginnen zu glauben, alleine könnten sie solche Dinge gar nicht mehr bewältigen, und dann bei der nächsten Krise tatsächlich nicht mehr ohne "mentale Krücke" zurecht kommen. Das ist es, worauf ich mit meinem Satz bzgl. Oberstübchen von weiter oben hinaus wollte.
Nochmals, das ist das Klischee, was aber nicht mit der Realität unbedingt übereinstimmt. Sie mag in manchen Fällen so zutreffen, daß ist aber nicht die Regel.

Es sind halt 2 verschiedene Perspektiven, die sich hier anhand der eigenen Erfahrungen auftun. Du hast die eine, ich die andere, die je nach Fall und Unterscheidung zutrifft. Und ich würde hier Trauer doch noch etwas anders einstufen als das unglücklich Sein. Unglücklich sein heißt nicht automatisch auch, daß man trauert. ;) Ich beziehe mich eher auf genau das.

Cyphermaster
2012-04-04, 16:14:49
Mit Unglück hat Melancholie nichts zu tun, aber mit Unglücklichsein. Es ging hier ja nicht um einen sachlichen Umstand, sondern um einen Gefühlszustand. Dieser Zustand des Unglücklichseins kann durch ein Unglück ausgelöst werden, aber imho gibt es auch viele Menschen die diesen Zustand auch ohne Auslöser erreichen.Für mich ist Melancholie kein "unglücklich sein", sondern ein "sich für unglücklich halten". Also eher eine Frage, wie man Dinge bewertet, nicht wie man sie wirklich fühlt. Ein Optimist bewertet Dinge ja auch positiv, obwohl das vielleicht gar nicht mit seinen Gefühlen dazu korrelliert.
Das meinst Du jetzt nicht ernst, oder? Mich hat man als Sozialdarwinisten beschimpft, aber dann wäre ich ja gegen Dich ein Waisenknabe. ;) Verstehst Du überhaupt, was ich mit geschützt überhaupt meine? In einer solchen Phase ist es immer wichtig, genau das zu haben, ansonsten geht man unter. Oder propagierst Du dann etwa, daß die Menschen dann einfach untergehen sollen? Sollen sie dann aufgrund ihrer verharrenden Trauer ihren Job verlieren, ihre Familie, ihre Wohnung oder sonst etwas?Doch, das meine ich tatsächlich ernst. Dieser "Automatismus des Untergangs" ohne fremde Hilfe ist schlichtweg Unfug, und zwar im Quadrat! Es gibt genügend Leute, die sich erfolgreich ganz alleine, ohne zusätzlichen Schutz, aus solchen Phasen herausgearbeitet haben. Nicht jeder braucht Hilfe, sondern nur die, die es alleine nicht hinkriegen.

Man schickt ja auch seine Kinder nicht "vorsorglich" in Nachhilfe, damit sie das Klassenziel schaffen, sondern nur, wenn sie selber mit dem Stoff bzw. dem Lernen nicht klar kommen.
Du mußt Deine Miete bezahlen, Du mußt für Deinen Unterhalt sorgen (oder sorgen lassen), Du mußt Steuern zahlen etc. Oder meinst Du, daß Traurige ihre Leben so weiterführen und dann trotzdem alles auf die Reihe bekommen? Da paßt doch irgendetwas nicht. Stell Dir vor, Du hast so einen Menschen bei Dir in einem wichtigen Projekt. Meinst Du etwa, daß er dann das genau leisten kann, was Du von ihm erwartest?Ich behaupte nicht, daß ein unglücklicher Mensch genau die gleiche Leistungsfähigkeit hätte, wie ein Glücklicher. Ich behaupte allerdings, daß man seine Existenz in vielen Fällen auch bewältigen kann, wenn man nicht auf Höchstleistung läuft; auch wenn's dann vielleicht nicht unbedingt für einen riesigen Karrieresprung in der Zeit reicht.
Da muß ich Dir als jahrelanger Coach deutlich widersprechen! Es gibt sehr wohl Möglichkeiten, über eine Methodik genau das zu lernen, und es funktioniert auch.Meine bisherige persönliche Erfahrung ist, daß Menschen Individualwesen sind, und generische Methodik daher nicht universal funktioniert, genauso wie bei "one size fits all"-Klamotten das "passen" nur in Gänsefüßchen gesetzt richtig ist.
Ach, und was muß dann verdaut werden? Aber dann können wir uns gleich darauf einige, daß hier es eine Definitions- und Anschauungssache, und auch vom eigenen Paradigma abhängig ist, wie man Trauer und unglücklich Sein definiert.Natürlich. Allerdings dürften die meisten Dinge, die man so in einem durchschnittlichen Leben zu verarbeiten hat, relativ unstrittig sein: Krankheit/Tod nahestehender Menschen, Liebeskummer/Probleme in Beziehungen, Geplatzte Träume/Erwartungen, Rückschläge im Beruf bis hin zu materieller Not, Nicht-Akzeptanz durch Andere, das eigene Älterwerden,...
Richtig, stimme ich auch zu. Das kann man aber nur tun, wenn man eben in einer gesicherten Umgebung ist, sprich Du wirst versorgt, kannst Deinen Unterhalt und Miete bezahlen und Du kannst irgendwie agieren.Und dafür braucht JEDER, und IMMER gleich fremde Hilfe, um nicht zu Grunde zugehen? Ich denke nicht.
Nochmals, das ist das Klischee, was aber nicht mit der Realität unbedingt übereinstimmt. Sie mag in manchen Fällen so zutreffen, daß ist aber nicht die Regel.Solange die Leute noch anders klarkommen, warum sollten sie überhaupt das zusätzliche Risiko eingehen, unter diesen "manchen Fällen" zu landen? Ich schlucke jedenfalls nicht einfach auf Verdacht mehrere Antibiotika, nur weil ich Halsschmerzen habe.

PHuV
2012-04-04, 18:37:30
Doch, das meine ich tatsächlich ernst. Dieser "Automatismus des Untergangs" ohne fremde Hilfe ist schlichtweg Unfug, und zwar im Quadrat! Es gibt genügend Leute, die sich erfolgreich ganz alleine, ohne zusätzlichen Schutz, aus solchen Phasen herausgearbeitet haben. Nicht jeder braucht Hilfe, sondern nur die, die es alleine nicht hinkriegen.

Von denen rede ich aber die ganze Zeit nicht.


Man schickt ja auch seine Kinder nicht "vorsorglich" in Nachhilfe, damit sie das Klassenziel schaffen, sondern nur, wenn sie selber mit dem Stoff bzw. dem Lernen nicht klar kommen.

Richtig, wo behaupte ich das Gegenteil?


Ich behaupte nicht, daß ein unglücklicher Mensch genau die gleiche Leistungsfähigkeit hätte, wie ein Glücklicher. Ich behaupte allerdings, daß man seine Existenz in vielen Fällen auch bewältigen kann, wenn man nicht auf Höchstleistung läuft; auch wenn's dann vielleicht nicht unbedingt für einen riesigen Karrieresprung in der Zeit reicht.

Richtig, aber die sind auch nicht das große Problem, es geht um diejenigen, die nicht mehr agieren können, und durch ihr permanentes Negieren die gesamte Umgebung beeinträchtigen. Das kann sehr subtil bis offensichtlich wirken. Man vergißt hier ein kleines, aber wichtiges Detail im Projekt, verzögert oder verweigert die Mitarbeit, viele Anzeigen für unglücklich Sein. Und weil man selbst unglücklich ist, müssen die anderen darunter auch leiden. Schau Dich doch mal in diversen Firmen um, wenn Du mal rumkommst. Viele Anzeigen von sehr viel unglücklich Sein. Und dann wundert man sich, warum diverse Projekte reihenweise an die Wand fahren.


Meine bisherige persönliche Erfahrung ist, daß Menschen Individualwesen sind, und generische Methodik daher nicht universal funktioniert, genauso wie bei "one size fits all"-Klamotten das "passen" nur in Gänsefüßchen gesetzt richtig ist.

Richtig, aber Du verwechselst hier Äpfel mit Birnen. Nach Deiner Logik könnte man dann Menschen auch kein Rechnen oder ABC beibringen, was aber doch offensichtlich Unsinn ist. Das das Vermitteln von Glück sehr wohl möglich ist, zeigt ja dieses Projekt beispielsweise:

http://www.whs.hd.bw.schule.de/
http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,505005,00.html

Es kommt auf die Methodik an, die das Individuelle mit einbezieht. Mit pauschalen Aussagen, da stimme ich Dir vollkommen zu, kommt man hier nicht weit.


Natürlich. Allerdings dürften die meisten Dinge, die man so in einem durchschnittlichen Leben zu verarbeiten hat, relativ unstrittig sein: Krankheit/Tod nahestehender Menschen, Liebeskummer/Probleme in Beziehungen, Geplatzte Träume/Erwartungen, Rückschläge im Beruf bis hin zu materieller Not, Nicht-Akzeptanz durch Andere, das eigene Älterwerden,...
Und dafür braucht JEDER, und IMMER gleich fremde Hilfe, um nicht zu Grunde zugehen? Ich denke nicht.

Das behauptet doch keiner, wie kommst Du immer darauf? Wenn ein Mensch ausgeglichen ist, und gelernt hat, mit sich klar zu kommen, braucht das ganz klar nicht, das habe ich zu keiner Zeit bestritten. Und es gibt viele Menschen, die das sehr gut und alleine hinbekommen, irgendwie, auch richtig. Mit gesichert meine ich, daß man irgendwie irgendwo eingebettet ist. Wie gesagt, wenn man durch das Verharren dann plötzlich eine Lawine lostritt, daß man gesellschaftlich sich irgendwie ausgrenzt, und dadurch einiges verliert, sei es Arbeit, Familie, Wohnung usw., oder die Menschen dann sogar zur Sucht , Amoklauf oder Suzid greifen, dann war das Verharren eben hier nicht gesichert, und den Menschen überrollt diese Situtation, und sie können aufgrund ihres Zustandes nicht angemessen reagieren, und genau davon spreche ich. Das Verharren ist sehr wohl ein Luxus, den sich eben nicht jeder erlauben kann, besonders wenn irgendwelche Verpflichtungen vorhanden sind. Wenn man trotz unglücklich Seins seine Alltagsgeschäfte hinbekommt, und eben gewisse Dinge nicht aus den Augen verliert, geht das, wie Du richtig sagt, vollkommen in Ordnung. Dann kann das stabile System außen herum auch mal ein labiles System stützen.


Solange die Leute noch anders klarkommen, warum sollten sie überhaupt das zusätzliche Risiko eingehen, unter diesen "manchen Fällen" zu landen? Ich schlucke jedenfalls nicht einfach auf Verdacht mehrere Antibiotika, nur weil ich Halsschmerzen habe.

Richtig, da sind wir doch d'accord. Nur trotzdem stelle ich die These "Das Recht, unglücklich zu sein!", stark in Frage, weil allein die Formulierung da hindeutet, sich im diesem Zustand zu begnügen und es so zu belassen, und gar nicht die "Selbstheilung" zuzulassen. Und ich meine nicht, daß dies der Richtige weg ist. Wenn man diese Selbstheilung zulassen kann, und das meinte ich auch mit Hoffnung geben, dann ist auch eine längere Trauerzeit oder unglücklich Sein kein Problem. Nur kann, wie viele Fälle es beweisen, so was schnell ein Selbstläufer werden, der ziemlich tief abdriften kann (und nicht muß)! Da ist das unglücklich sein einfach viel verführerischer als das glücklich Sein. Für unglücklich Sein muß man nicht viel tun, für glücklich Sein sehr wohl.

CrazyHorse
2012-04-04, 20:07:36
Wenn man diese Selbstheilung zulassen kann, und das meinte ich auch mit Hoffnung geben, dann ist auch eine längere Trauerzeit oder unglücklich Sein kein Problem. Nur kann, wie viele Fälle es beweisen, so was schnell ein Selbstläufer werden, der ziemlich tief abdriften kann (und nicht muß)! Da ist das unglücklich sein einfach viel verführerischer als das glücklich Sein. Für unglücklich Sein muß man nicht viel tun, für glücklich Sein sehr wohl.

Da bin ich ganz bei dir. Man, wir, ich, der Mensch, die anderen, du und alle, die ich vergessen habe, haben die Fähigkeit, sich in den gegebenen Umständen einzurichten. Die Umstände zu ändern kostet Kraft. Ich bin mir daher nicht sicher ob man von einem Recht unglücklich zu sein sprechen sollte. In die beiden Zustände Glück/Unglück kommt man normalerweise auch nicht ganz allein, warum sollte man also einen Menschen im Zustand Unglück versauern lassen?

aoe_forever
2012-04-04, 21:03:28
Da bin ich ganz bei dir. Man, wir, ich, der Mensch, die anderen, du und alle, die ich vergessen habe, haben die Fähigkeit, sich in den gegebenen Umständen einzurichten. Die Umstände zu ändern kostet Kraft. Ich bin mir daher nicht sicher ob man von einem Recht unglücklich zu sein sprechen sollte. In die beiden Zustände Glück/Unglück kommt man normalerweise auch nicht ganz allein, warum sollte man also einen Menschen im Zustand Unglück versauern lassen?

Das stört mich am OT auch am meisten. Lass mich doch so sein! Kein Problem; die meisten Menschen möchten aber nicht mit einer dauerhaften Spaßbremse zusammensein; daher fühlt sich der OT irgendwie "ausgegrenzt". Das Problem ist halt OTs Einstellung zum Leben an sich.

PHuV
2012-04-04, 21:13:11
Das stört mich am OT auch am meisten. Lass mich doch so sein! Kein Problem; die meisten Menschen möchten aber nicht mit einer dauerhaften Spaßbremse zusammensein; daher fühlt sich der OT irgendwie "ausgegrenzt". Das Problem ist halt OTs Einstellung zum Leben an sich.

Was dann wiederum dazu führen kann, daß man dann abgegrenzt noch unglücklicher wird, und man gar nicht mehr versteht, warum eigentlich. Das man dann selbst unbewußt aktiv dazu beigetragen hat, wird nicht mehr wahrgenommen.

Das soziale Beisammensein hat ja auch was Kulturelles und Biologisches. Wir reagieren einfach viel wohlwollender auf nette, freundliche und kooperative Menschen, und von unglücklichen Menschen, die oftmals auch eine unwohlfühlende Atmosphäre verbreiten, wendet man sich eher ab. Das ist nun mal eine genetische oder biologische Tatsache.

aoe_forever
2012-04-04, 21:28:27
Was dann wiederum dazu führen kann, daß man dann abgegrenzt noch unglücklicher wird, und man gar nicht mehr versteht, warum eigentlich. Das man dann selbst unbewußt aktiv dazu beigetragen hat, wird nicht mehr wahrgenommen.

Das soziale Beisammensein hat ja auch was Kulturelles und Biologisches. Wir reagieren einfach viel wohlwollender auf nette, freundliche und kooperative Menschen, und von unglücklichen Menschen, die oftmals auch eine unwohlfühlende Atmosphäre verbreiten, wendet man sich eher ab. Das ist nun mal eine genetische oder biologische Tatsache.

Darum gehts im dem Thread ja eigentlich auch garnicht. Der OT postuliert das "Recht auf Unwohlsein" oder so ähnlich und ignoriert dabei daß es durchaus noch Menschen gibt, denen sein Wohlbefinden eine Rolle spielt...

Lyka
2012-04-04, 21:43:31
daß es durchaus noch Menschen gibt, denen sein Wohlbefinden eine Rolle spielt...

ja, soll es geben. Falls ja, sind diese zu nutzen, falls man mag. Man kann Parties ablehnen, wenn man eingeladen wird und irgendwann auch keine Einladungen mehr bekommen. Problem wäre hier aber, wenn man erst unglücklich wird, weil man eben keine anderen Menschen hat, denen das Wohlbefinden von einem selbst am Herzen liegt, weil Sie mit eigenen Problemen beschäftigt zu sein scheinen.
Unabhängig davon glaube ich, eine längere Traurigkeits/Unglücklichkeitsphase hat jeder mal in seinem Leben, auch wenn es Jahre dauert. Unglücklichkeit ein Leben lang ist genauso ungesund wie gezeigte Glücklichkeit ein Leben lang... btw. das Buch "Happiness is overrated" passt mir da durchaus in den Kram. :D

PHuV
2012-04-05, 10:55:26
Darum gehts im dem Thread ja eigentlich auch garnicht. Der OT postuliert das "Recht auf Unwohlsein" oder so ähnlich und ignoriert dabei daß es durchaus noch Menschen gibt, denen sein Wohlbefinden eine Rolle spielt...

Stimmt, auch noch ein wichtiger Punkt. :up: Das ist ja auch, was ich meinte, daß Umfeld wird unweigerlich - oft negativ - mit einbezogen. Das ist manchmal den anderen gegenüber auch nicht fair, weil die sich Sorgen machen, und sie damit automatisch mit belastet werden.

Dicker Igel
2012-04-05, 19:04:47
Man kann Parties ablehnen, wenn man eingeladen wird und irgendwann auch keine Einladungen mehr bekommen. Problem wäre hier aber, wenn man erst unglücklich wird, weil man eben keine anderen Menschen hat, denen das Wohlbefinden von einem selbst am Herzen liegt, weil Sie mit eigenen Problemen beschäftigt zu sein scheinen.

Wohl wahr :) Man wird von solchen Leuten dann quasi nur noch kontaktiert, wenn sie etwas von einem wollen.