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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Verständnisfrage zur Wirtschaft


Infosucher
2012-11-12, 13:29:59
Hallo zusammen,

nachdem ich folgende Artikel heute gelesen habe:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/senkung-der-lohnkosten-krisensstaaten-gehen-den-deutschen-weg-1.1520783

Stellte sich mir die Frage nach der Bedeutung bei dem folgenden Satz:

Nach Eintritt in die Währungsunion erbten diese Länder das niedrige deutsche Zinsniveau - die erhoffte Euro-Dividende.

Kann mir das mal jemand erklären?

Vielen Dank.

Gruß
Infosucher

Shink
2012-11-12, 13:43:18
Nach Eintritt in die Währungsunion erbten diese Länder das niedrige deutsche Zinsniveau - die erhoffte Euro-Dividende.

Kann mir das mal jemand erklären?
Länder werden ja bezüglich ihrer Kreditwürdigkeit bewertet - je kreditwürdiger sie sind, desto weniger Zinsen muss das Land zahlen, wenn es Kredit aufnimmt.

Lustigerweise erbten - wie hier eben steht - bisher der €-Zone beigetretene Länder den niedrigen Zinssatz von Deutschland.
Also bekamen Portugal, Italien, Griechenland und Spanien plötzlich recht billige Kredite und konnten mehr Schulden aufnehmen, ohne dass es jemanden gestört hätte.

Plutos
2012-11-12, 15:00:24
Vor dem Euro-Beitritt galt: die Länder haben im Vergleich zu Deutschland höhere Inflation, daher schnellere Geldentwertung, daher regelmäßige Abwertungen der eigenen Landeswährung im Vergleich zur D-Mark bzw. dem Euro. Für die Staatsanleihen bedeutet das, dass auf den "Netto-Zins" natürlich noch Inflation und Risikoaufschlag dazukommen. So bezahlt man z.B. für eine deutsche Euro-Anleihe 2% netto + 2% wegen Inflation, macht 4%. Eine griechische Drachmen-Anleihe gab es meinetwegen für 2,5% + 6% Inflation = 8,5%.

Tritt ein Land dann der Euro-Zone bei, verliert es natürlich das eigene geldpolitische Instrument der Währungsauf- oder -abwertung. Im Gegenzug gewinnt es die aktiv verfolgte "Stabilität" (hinsichtlich Inflation) des Euro. Für griechische Staatsanleihen wird also kein Aufpreis wegen des Währungsrisikos der Drachme mehr fällig, eine griechische Euro-Staatsanleihe kostet also nur 2,5% + 2% Euroraum-Inflation, also 4,5% im Gegensatz zu vorher 8,5% und im Gegensatz zu den deutschen 4%.

Dass diese Länder also das "deutsche Zinsniveau" geerbt haben, ist IMHO derart verkürzt, dass die Aussage mindestens sehr schwammig wird...im Prinzip haben diese Länder davon profitiert, dass sie die proklamierte Geldwertstabilität des Euro erworben haben und gleichzeitig den Wegfall nationaler Geldpolitik als Steuerungsinstrument nicht im nötigen Ausmaß kompensiert haben.

Infosucher
2012-11-12, 15:49:48
Erstmal vielen Dank.

Wie hängt das aber mit den hohen Zinsen für die Staatsanleihen zusammen? Ich denke eine Abwertung führt auch zu einer Verringerung des Leitzins. Damit werden doch dann auch Staatsanleihen unattraktiver oder? Aber:

Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen lagen oft im zweistelligen Bereich.

Das ist doch sehr viel. Somit müsste doch die Währung stärker nachgefragt worden sein und somit die Währung aufgewertet oder nicht?

Danke Euch.

Gruß
Infosucher

Plutos
2012-11-12, 16:52:54
Andersrum wird ein Schuh draus: die Anleihen wurden nur deshalb überhaupt nachgefragt, weil die Zinsen (mithin also auch das darin eingepreiste Ausfall- und Währungsrisiko) so hoch waren. Wenn ich 10% Zinsen in Drachmen bekomme, ich aber gleichzeitig 5% an die Inflation verschenke und 5% beim Zurücktauschen in den relativ zur Drache aufgewerteten=teureren Euro, habe ich unter'm Strich 0% verdient.

Dasselbe gilt auch für griechische Anleihekäufer - die haben zwar "nur" an Inflation zu leiden, nicht jedoch am Währungsrisiko. Aber relativ zum Euro verlieren sie dann natürlich durch eine Abwertung trotzdem an Kaufkraft, weshalb sie evtl. lieber direkt in Euro-Anleihen investieren, weniger Zinsen bekommen aber dafür an der Euroaufwertung partizipieren und am Ende relativ zur griechischen Anleihe mehr Drachmen beim Umtausch wiederbekommen.

Infosucher
2012-11-12, 17:03:01
Sorry aber da habe ich echt ein Brett vor dem Kopf.

Habe folgendes gelesen:

http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/wirtschaft-und-finanzen/michael-grandt/auf-und-abwertung-einer-waehrung-was-bedeutet-das-.html

Und ich finde das widerspricht dem was in dem Artikel der sueddeutschen steht.

Wenn ich vorher hohe Zinsen (meinen die damit den Leitzins?) hatte ich eine geringe Inflation, weil die Geldmenge nicht so groß war. Jetzt habe ich geringere Zinsen als vorher und kann günstig an Geld kommen. Also erhöht sich die Geldmenge und somit die Inflation.

Mein VWL Verständnis wird gerade ein wenig über den Haufen geworfen :-(

Gruß
Infosucher

sei laut
2012-11-12, 18:29:21
Du wunderst dich jetzt aber nicht wirklich, dass im Kopp-Verlag das Gegenteil vom dem steht, was in der Süddeutschen steht oder?

Infosucher
2012-11-12, 18:53:57
Du wunderst dich jetzt aber nicht wirklich, dass im Kopp-Verlag das Gegenteil vom dem steht, was in der Süddeutschen steht oder?

Versuche es lediglich zu verstehen!

FeuerHoden
2012-11-12, 19:04:38
Beim Kopp Verlag schreiben verschiedene Autoren mit unterschiedlicher Zielsetzung. Es kann schon sehr gute Artikel geben, leider aber auch viel hanebüchenes. Als Laie wie ich einer bin würde ich solche Medien wie den Kopp Verlag also eher meiden weil ich diese Unterschiede nur schwer oder gar nicht feststellen kann.

Infosucher
2012-11-12, 21:16:05
Ah ok, danke Dir.

Gruß
Infosucher