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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Was haltet ihr von "Democratic Interfaces"


alkorithmus
2013-07-10, 17:12:52
Hallo,

im Rahmen meiner Vorlesungsfreien Zeit™ beschäftige ich mich bald mit s.g. "Democratic Interfaces" und der Frage, ob das Format wie zBsp. das 3D-Center Forum veraltet und unpraktisch ist. Wer nicht ganz genau weiß was "Democratic Interfaces" eigentlich sind: Reddit.com oder wer-weis-was.de ist ein Beispiel. Im Grunde geht es um die Selbstbestimmung aller Beteiligten. Man kann Beiträge wählen und die werden dann eher gelesen als andere. Bei reddit.com heißt es "Karma". Ganz charmant diese Angelegenheit und eventuell die Zukunft? Wer wirklich daran interessiert ist kann sich unter diesen Stichpunkten durch's Netz wühlen. Es gibt Paper und Thesis zu lesen.

Meine momentane Vorangehensweise schaut in etwa so aus:

- Aktueller Stand der Forenkultur im Netz
- Zielgruppenanalyse (Bedürfnisse und technischer Wandel)
- Pro/Contra Democratic Interfaces
- welche Arten der Kommunikation gibt es noch? (Vor- und Nachteile?)

Mit Grundlage dieses Wissens kann man, so schätze ich, das ein schon einmal gut was starten. Abschließend noch eine Umfrage für euch, wie ihr das einschätzt.

SuperStar
2013-07-10, 17:24:13
hab kein problem mit foren wie 3dc.
was genau soll hier unpraktisch sein?

DarkFox
2013-07-10, 17:32:25
Ansich ganz nett, funktioniert imo aber nur im kleinen Rahmen und außerhalb des Mainstreams. Bei Reddit z.B. haben die interessantesten Subreddits <50000 Abonnenten und widmen sich eher Nischenthemen.
Je näher man dem Mainstream rückt, desto anfälliger wird man für Bots und andere Manipulationen.

alkorithmus
2013-07-11, 16:36:48
hab kein problem mit foren wie 3dc.
was genau soll hier unpraktisch sein?

hm ja, dazu habe ich mich bisher nicht geäußert, um die Diskussion nicht zu sehr zu lenken. Worum geht es? Das 3D-Center folgt dem einfachen Prinzip der zeitlichen Ordnung. Die Struktur wird so dargestellt, wie Beiträge abgesetzt werden. Ein Forum kann einerseits das Bedürfnis haben, dem Leser schnelle und gute Informationen zu liefern oder aber viel Geplapper, quasi um den heißen Brei herum zu liefern. Das 3D-Center Forum macht im Augenblick alles, nur nicht fix und gezielt nützliche Informationen zu bieten. Ich möchte hier nicht den Anspruch des 3D-Center Forums kritisieren. Es geht mir lediglich um die Beschaffung von guten Informationen durch Crowed-Based Content. Einige Foren haben einen Schritt in die Richtung, mit dem Bewerten von Antworten, gemacht. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eine visuelle Stütze und nicht um ein "Sortierungsparameter". Am Ende ist aber genau das der Zweck von Bewertungen von Beiträgen.

geforce
2013-07-13, 07:34:36
Lustig das du gerade jetzt so einen Thread eröffnest.

Ich kenn es ... ich finde es gut ... aber es hat meiner Meinung nach einen entscheidenden Nachteil:

Es ist für mich mehr eine Frage als ein wirklich gravierender Nachteil. Sollten Andere oder gar eine dazu geschaffene Engine (in ferner oder evtl. doch naher Zukunft) dafür Sorge tragen die Beiträge der Nutzer für dich nach Relevanz zu sortieren? Für mich eine Frage die ich ganz persönlich strikt mit "Nein!" beantworte -- ich bin in der Lage meine Informationen selbst zu filtern und ich möchte nicht von Anderen vor die Nase gesetzt bekommen was ich zu lesen habe.

Bei Facebook sieht man ja diesen "social relevent"-Quark schon -- und ständig wird man gefragt ob man Dies oder Das bei FB gesehen hat und muss ständig antworten das man es eben nicht gesehen hat. Warum? Nutzt man nicht regelmäßig die "Neueste Meldungen"-Funktion sortiert FB gnadenlos diverse Beiträge aus, die man dann übersieht. Wenn ich aber gottverdammt die rülpsende Biene bei YT sehen will, dann ist das eben so.

Lege ich dieses Schema einem Forum zu Grunde dann habe ich die Vermutung das Informationen, die ausgerechnet ICH suche, und seien diese noch so unbedeutend für die Masse, dann evtl. nicht zu finden sind -- obwohl sie die Lösung für eben genau mein Problem darstellen.

Naja, ich könnte darüber Stunden schreiben -- allerdings bringt dir das ja sicherlich auhc nichts ;)

MfG Richard

Trap
2013-07-13, 21:16:14
Für Frage-Antwort Seiten funktioniert es ziemlich gut. stackoverflow.com zum Beispiel.

Für Diskussionen hilft es in der heute üblichen Umsetzung nicht wirklich, mehr Popularity-Contest als alles andere.

Monger
2013-07-14, 23:16:28
Naja, dass an dem 3DC auch der Zahn der Zeit nagt, ist ja jetzt kein Geheimnis. Kann mich da so an einige Diskussionen erinnern, dass z.B. die Kaufberatung der Hauptseite nicht nur hier sondern auch woanders drastisch an Lesern verloren hat. Heute verbreiten sich Verkaufstipps stärker und schneller über die sozialen Medien. Dass klassische redaktionelle Inhalte kaum noch Leser finden, davon können auch alle anderen Newsseiten ein Lied singen.

Ich hab die Nutzerzahlen vom Forum nicht im Kopf, aber auch die sind wohl insgesamt eher rückläufig. Eine wichtige Aufgabe des Forums ist es nunmal, bereits bestehende Informationen zu referenzieren und zu kommentieren - das passiert heute oft genug auch über soziale Medien oder halt direkt an der Quelle.

Klar, das heißt jetzt nicht dass Foren irgendwann mal obsolet werden, aber dass da ein Wandel stattgefunden hat, kann man halt nicht abstreiten.

Asaraki
2013-07-15, 16:22:14
Klar, das heißt jetzt nicht dass Foren irgendwann mal obsolet werden, aber dass da ein Wandel stattgefunden hat, kann man halt nicht abstreiten.

Definitiv. Ich glaube die Diskrepanz zwischen den momenaten technischen Möglichkeiten - respektive den implementierten Techniken - und den Ansprüchen ist grösser denn je. Früher hatten die Internetuser noch eine gewisse technikaffininät und man mochte pragmatische Lösungen, heute aber wo das Internet keinen grundsätzlichen Reiz mehr hat - es ist ja einfach da - möchte man nur noch schnellstmöglich die relevanten Informationen beschaffen und wieder etwas anderes machen.

Dazu kommt die Inflation an Content, gut und schlecht. Daher ist meiner Meinung der Schritt zu "Democratic Interfaces" nur logisch, aber es dürfte sich dabei bloss um eine Zwischenstufe handeln zu einer vorerst längerfristig bleibenden Lösung.

Imho spricht Trap das wahre Problem dieser Lösungen an. Stackoverflow als exzellentes Beispiel wo im Vergleich nur sehr wenige sich äussern, wenn sie nicht eine fundierte Meinung haben - und als Gegenbeispiel Facebook, wo kaum einer von 100 Beiträgen irgendeine inhaltliche Relevanz hat.

Ich hatte dazu mal einen schönen Satz gelesen :
"I only like posts to get more likes on mine"

Darum kann das auf Stackoverflow auch funktionieren, weil es um wissenschaftliche Themen geht bei denen Richtig und Falsch keine Frage der eigenen Meinung sind. Bei sozialen Themen jedoch führen demokratische Prozesse - wie immer - nicht zu einer grösstmöglichen Vielfalt an Meinungen sondern zu einem vorgegebenen Konsens und jeder, der nicht zustimmt, wird zwangsläufig geschasst - 'down-ge-votet'. D.h. in diesen Systemen wird die populärste Meinung nicht immer die 'richtigste' oder 'fundierteste' sein.

Will sagen : Wie bei allen menschlichen Prozessen ist und bleibt der Mensch das grösste Risko.

Alles in allem aber ein sehr interessantes Thema an dem ich auch selbst immer wieder ein bisschen herumdenke, da ich noch nicht über eine Lösung gestolpert bin mich derart überzeugt hat, dass ich nicht zumindst das Gefühl hatte, dass das besser geht.

alkorithmus
2013-07-15, 22:00:19
Im diesem Sinne kann man eventuell von den genannten Extremen vorbei denken und über eine Art Hybridlösung sinnieren. Wieder Reddit als Beispiel: Zwar werden Beiträge als wichtiger markiert, jedoch werden dadurch Diskussionen nicht unbedingt taub. Es gibt eine Art Kommentarfunktion in der Kommentarfunktion, was das Entertainment erheblich erhöht. Gerne würde ich hier von euch auch Beiträge lesen, mit Ansätzen - gerne gesponnen - von Benutzern sowohl mit hoher Lese- als auch Beitragsmotivation. Das beginnt bei der Position von Schaltflächen, geht über die Navigation innerhalb der Unterforen und hört bei der Darstellung von Inhalt nicht auf.

MartinB
2013-07-15, 22:07:02
Auf reddit spielt aber auch die zeitliche Ordnung bei der Anzeige der populären Posts eine Rolle. Beliebte Threads bleiben nicht für immer ganz oben, sondern verschwinden auch nach einer Zeit.

Find eich ne recht gute Lösung, solange eben keine Bots den Rang verändern.

Trap
2013-07-15, 22:27:28
Bei sozialen Themen jedoch führen demokratische Prozesse - wie immer - nicht zu einer grösstmöglichen Vielfalt an Meinungen sondern zu einem vorgegebenen Konsens und jeder, der nicht zustimmt, wird zwangsläufig geschasst - 'down-ge-votet'. D.h. in diesen Systemen wird die populärste Meinung nicht immer die 'richtigste' oder 'fundierteste' sein.
Ich fände es spannend eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumentationen der verschiedenen Poster durch ein dafür passend gestaltetes Interface zu unterstützen. Grade bei Themenbereichen die sonst sehr schnell in persönliche Angriffe oder bloßes Bekanntgeben der eigenen Position verfallen.

Wie man das genau umsetzen könnte weiß ich allerdings auch nicht (Zitieren und auf das Zitierte antworten funktioniert bei sehr kleinen Diskussionsrunden, aber skaliert sehr schlecht mit der Anzahl Diskussionteilnehmer)...

Asaraki
2013-07-15, 23:41:20
Ich fände es spannend eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumentationen der verschiedenen Poster durch ein dafür passend gestaltetes Interface zu unterstützen. Grade bei Themenbereichen die sonst sehr schnell in persönliche Angriffe oder bloßes Bekanntgeben der eigenen Position verfallen.

Wie man das genau umsetzen könnte weiß ich allerdings auch nicht (Zitieren und auf das Zitierte antworten funktioniert bei sehr kleinen Diskussionsrunden, aber skaliert sehr schlecht mit der Anzahl Diskussionteilnehmer)...

Das ist imho auch der Heilige Gral den alle finden wollen, schon lange vor Internet und Computern. :)

Asaraki
2013-07-16, 00:37:58
Im diesem Sinne kann man eventuell von den genannten Extremen vorbei denken und über eine Art Hybridlösung sinnieren. Wieder Reddit als Beispiel: Zwar werden Beiträge als wichtiger markiert, jedoch werden dadurch Diskussionen nicht unbedingt taub. Es gibt eine Art Kommentarfunktion in der Kommentarfunktion, was das Entertainment erheblich erhöht. Gerne würde ich hier von euch auch Beiträge lesen, mit Ansätzen - gerne gesponnen - von Benutzern sowohl mit hoher Lese- als auch Beitragsmotivation. Das beginnt bei der Position von Schaltflächen, geht über die Navigation innerhalb der Unterforen und hört bei der Darstellung von Inhalt nicht auf.

Ich spinne ein wenig für dich, respektive versuche meine früheren Gedanken zum Thema halbwegs verständlich zu machen :

Für mich sind die meisten Ansätze schon im Grundprinzip falsch, da stets ein Ein-Dimensionaler Ansatz verfolgt wird. Zeit / Relevanz / Featured oder Rangbasiert. Je nach Gebiet kann das auch o.k. sein, aber wir sehen auch hier im 3DC, dass sobald es um nicht-wissenschaftliche(=exakte/klare) Themen geht die Diskussionen kaum noch statt findet, stattdessen ist alles sehr "oppinionated" - sorry ich kenn dafür kein deutsches Wort, was das so schön ausdrückt. Es ist ein Schlagabtausch, ein Schützengraben-Gefecht ohne nennenswerte Veränderung jeglicher Position.
(Das ist jetzt erstmal keine neue Erkenntnis, aber so als Baseline für das folgende)

Nun stellen sich für mich folgende Fragen :
- Ist das ein Problem oder gar gewollt? Ist es ein Problem der Plattform oder ein Problem der Teilnehmer?
- Wo wir bei binären Dingen schlussendlich zu einer 'selected Answer' kommen können ist dies im gleichen Masse bei offenen Fragen nicht möglich.
- Wie definieren wir die betroffenen Teilbereiche einer offenen Frage ohne menschlichen Input?

Beispiel anhand eines polarisierenden Themas : "Wie können wir für eine faire Immigrationspolitik sorgen?"
Hier gibt es soviele richtige Antworten wie Diskussionsteilnehmer, aber auch diese unterscheiden sich in der Qualität deutlich. Es gibt fundierte, korrekte Aussagen die sich lediglich in der persönlichen Ansicht unterscheiden und es gibt totalen "Quark", welcher aber von den entsprechenden Leuten mit der gleichen Überzeugung 'geglaubt' wird. Wir wissen alle, dass in dieser Position die Leute nicht in der Lage sind, dies objektiv ebenso zu sehen, weshalb man mit "Sorry aber das ist völlig falsch" zwar richtig liegen mag aber trotzdem nichts erreicht.

In der echten Demokratie - als Staatsform - ist es ja auch nicht so, dass jeder gleich viel zu sagen hätte und das wird gemeinhin so akzeptiert. Wir haben Volksvertreter in verschiedensten Farmen und Formen, welche gewählt, bestimmt, zufällig ausgewählt sein können.

Und damit auch zum Fleisch am Knochen :
- Gruppiere Meinungen zu komplexen Themen ohne menschlichen Input.
- Analysiere die Akzeptanz dieser Teilgruppen pro Diskussionsteilnehmer => Gruppiere die Teilnehmer.
- Streue zufällig gewählte Meinungen zwischen die 'High-Value' Beiträge und prüfe deren Akzeptanz - als Gegengewicht zu einer sich zu schnell hinauskristallisierender Tendenz.

Ich sehe die - in diesem Falle - politische Positionierung in einer Art mehrdimensionalen "U" Form, wo sich die auf dem einen Spektrum am weitesten auseinanderliegenden Meinungen jedoch auf anderen Ebenen die nächsten sind. Z.b. "extrem links" und "extrem rechts", obwohl sich diese beiden wohl nie einig werden sind sie vom gemeinen Konsens normalerweise ähnlich weit entfernt. Deshalb muss man von diesen eher primitiven eindimensionalen Einstufungsformen weg und auf vielen, sich stet verändernden Ebenen denken.

So... jetzt bitte mit einer gesunden Portion Skepsis lesen und die Typos einfach runterschlucken :) Ich denke oftmals in leicht absurden Pfaden :)

P.S: Ich merk grad, dass ich es nur Ansatzweise zum "Interface" Teil geschafft habe (mein magisches U), aber jetzt isses spät und ich hab mal irgendwo nen Punkt gesetzt. Betrachte das daher als Spinnerei zu "was ich mit dem Interface darstellen will".