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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erfahrungsbericht eines Informatikers im Öffentlichen Dienst


Guofu
2014-01-23, 11:44:17
Hallo alle zusammen,

ich bin zufällig auf dieses viel diskutierte Thread gestoßen.Es geht dort um eine Anfrage nach einer Bewerbung für Informatiker im öffentlichen Dienst.

http://www.forum-3dcenter.org/vbulletin/archive/index.php/t-431380.html

Da ich derzeit in der öffentlichen Verwaltung arbeite, möchte ich mal von meinen Erfahrungen als Informatiker dort berichten.

Zunächst zu meiner Situation:
Ich bin 24 Jahre alt, habe an einer Universität einen Bachelorstudiengang in Informatik studiert. Im März letzten Jahres habe ich mein Bachelorstudium abgeschlossen. Ich wollte damals schon mal etwas Berufserfahrungen sammeln und finanziell unabhängig werden, bevor ich mit einem Masterstudium anfange. Also habe ich mich vor meinem Abschluss noch überall bei den Bundesbehörden/Landesbehörden beworben. Schließlich habe ich eine Zusage von einem Landesministerium erhalten und habe dann die Zusagen für ein Masterstudium von fünf Unis abgesagt. Im Mai wurde ich dann in den Landesdienst unbefristet eingestellt. Seitdem arbeite ich als Informatiker im gehobenen Dienst in einem Landesministerium.

Hochmotiviert bin ich in das Berufsleben gestartet. Meine Kollegen fand ich zunächst alle sehr nett, auch die Arbeitssituation im öffentlichen Dienst (Gleitzeit, kaum Druck, geregelte Arbeitszeit) fand ich äußerst angenehm. Ich fühlte mich zunächst gut aufgehoben dort. Dazu möchte ich anmerken, dass ich schon mal in der Uni bei einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin als studentische Hilfskraft gearbeitet habe. Im Gegensatz zu meinem Studentenjob in der Uni fühlte ich mich im Landesministerium von meinen Vorgesetzten als Fachkraft geschätzt. Jedenfalls habe ich meine Probezeit auch sehr erfolgreich abgeschlossen. Aber nach und nach kam doch die Ernüchterung hoch. Folgende Tatsachen habe ich bezüglich der Arbeitswelt in der Verwaltung leider feststellen müssen:
1. Der gehobene Dienst wird dominiert von Verwaltungsbeamten mit einer FH-Ausbildung oder Verwaltungsfachangestellten mit 2 Lehrgängen. Fast alle Kollegen im gehobenen Dienst sind 20-30 Jahre älter als ich und haben oftmals auch keinerlei akademische Ausbildung abgeschlossen. Die meisten von denen sind sehr motivationslos und sitzen oft ihre Zeit bis zur Rente/Pension nur noch ab.
2. Der höhere Dienst wird nahezu ausschließlich dominiert von Juristen.
3. Die Landesministerien bzw. die Landesverwaltung allgemein sind geprägt von juristischen Arbeitsinhalten. Sobald ich in einer Besprechung sitze, dreht es sich nach wenigen Minuten nur noch um juristische Fragestellungen, bei denen ich die ganzen juristischen Begriffe nur schwer verstehen kann, geschweige denn in die Diskussionen einbringen kann.
4. Ein Aufstieg vom gehobenen Dienst in den höheren Dienst ist äußerst schwierig. Praktisch sind das zwei völlig voneinander getrennte Laufbahnen. Bildungsabschlüsse sind enorm wichtig, ein Bachelor in der Uni wird immer einem Fachhochschul-Diplom bzw. Bachelor gleichgestellt. Ein Masterabschluss, egal von Uni oder FH, eröffenet hingegen den Zugang zum höheren Dienst.
5. Verbeamtung im gehobenen Dienst der Landesverwaltung in meinem Bundesland findet nur äußerst selten noch statt. Wenn überhaupt werden nur Verwaltungsleute verbeamtet. Informatiker müssen erstmal 2 Jahre Berufserfahrungen sammeln. Aber auch dann ist eine Verbeamtung eines Informatikers äußerst unwahrscheinlich, selbst wenn er eine Laufbahnbefähigung durch 2 Jahre Berufserfahrungen erworben hat. Verbeamtung ist im gehobenen Dienst, wenn überhaupt, nur noch für langjährige Mitarbeiter mit Verwaltungshintergrund möglich. Alle anderen, gerade die jungen, müssen außen vor bleiben.
6. Hingegen werden die allermeisten Leute im höheren Dienst, auch neu eingestellte Juristen, sofort verbeamtet.
7. Ein Informatiker, der verbeamtet werden will, findet dafür oft nur Spott unter den Kollegen, da die meisten sich überhaupt nicht vorstellen können, warum ein Informatiker verbeamtet werden soll. Jedoch wird ein Jurist, der kein Beamter ist, ungläubig hinterfragt, wie das denn dazu käme.
8. Juristen haben das höchste Ansehen in der öffentlichen Verwaltung. Ein Jurist wird automatisch mit Führungskraft bzw. zukünftige Führungskraft gleichgesetzt. Hingegen wird ein Informatiker mit einem "Techniker" gleichgesetzt. Alle Kollegen im Ministerium, denen ich bisher begegnet bin, haben keinerlei Ahnungen davon, was ein Informatiker eigentlich ist. Oftmals wird ein Informatiker mit einem Facharbeiter/Fachinformatiker gleichgesetzt, deren Tätigkeiten auch.

Verstehe mich nicht falsch. Ich möchte niemanden nahetreten, der eine verwaltungs- bzw juristische Ausbildung hat. Nur: Für Informatiker sehe ich keinerlei weitere berufliche Perspektive in der *klassischen* öffentlichen Landesverwaltung. Zwar wurde ich vergleichsweise als Berufsanfänger im gehobenen Dienst relativ gut bezahlt mit E11, dennoch sehe ich keine Möglichkeiten für mich als Informatiker in der Landesverwaltung, dass ich beruflich weiterkommen kann.

Die klassische öffentliche Verwaltung ist einfach keine Domäne für Informatiker. Für meine derzeitige Tätigkeit wurde eine Stelle geschaffen, woanders in der Ministerialverwaltung gibt es aber keine Informatiker. Im Gegensatz dazu können Juristen überall in den Ministerien bzw. Landesbehörden eingesetzt werden. Es gibt für Juristen quasi eine vorgegebene karriere-Laufbahn, die sie durchlaufen können und bei guter Leistung beruflich sehr weit kommen können. Für Informatiker ist das nicht möglich. Folgende schlichte Tatsache habe ich mir verinnerlicht, was mir vorher nicht so bewusst war: Informatiker in der Landesverwaltung gehören schlicht nicht richtig zum "System", sondern wurden bei Bedarf "eingekauft", mehr aber auch nicht. Bei uns gibt es im Ministerium auch einige wenige Referatsleiter, die keine Jura studiert haben, sondern als Verwaltungskraft aufgestiegen waren. Selbst die werden von anderen Juristen ausgegrenzt. Es herrscht de facto ein Juristenmonopol im höheren Dienst. Da werden das ganze Jahr über Juristen in den höheren Dienst eingestellt und sobald sie ein AC durchlaufen haben, werden sie sofort zu Regierungsräten ernannt. Für andere Berufszweige gibt es diese Möglichkeit nicht, für Informatiker oder anderes technisches Personal überhaupt nicht.
Ich muss zugeben, dass diese Perspektivlosigkeit mich sehr frustriert.
Dass man einen Masterabschluss für den höheren Dienst benötigt, ist mir vor der Einstellung in den öffentlichen Dienst durchaus bekannt. Allerdings wusste ich nicht, dass der höhere Dienst in der allgemeinen Landesverwaltung derart von Juristen dominiert wird und dass der Beruf eines Informatikers in der allgemeinen Landesverwaltung derart von weiteren Karrieremöglichkeiten ausgegrenzt wird. Mir ist jetzt bewusst, dass ich mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Landesverwaltung auch dann nicht in den höheren Dienst gelangen kann, selbst wenn ich einen Masterabschluss erworben habe. Es gibt einfach keine Stellen für Informatiker im höheren Dienst in der allgemeinen Landesverwaltung.

Aber auf keinen Fall möchte ich in meinem jungen Alter schon die Zeit absitzen. Daher habe ich mich erneut für ein Masterstudium
an einer Uni beworben. Ich habe vor, schon im nächsten Semster berufsbegleitend zu studieren. Meinen Job in der Landesverwaltung will ich aber nicht kündigen, weil ich damit mein Studium finanzieren möchte.

Natürlich bietet der öffentliche Dienst auch einige Vorzüge, die so in der privaten Wirtschaft nicht existieren. Man ist auch als Angestellter in der Regel vor Kündigung absolut geschützt, wenn man einen unbefristeten Vertrag hat. Betriebsbedinge Kündigungen gibt es einfach nicht in der Landesverwaltung oder Bundesverwaltung. Daher möchte ich trotz alldem gerne im öffentlichen Dienst weiterbleiben, weil ich die Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst sehr schätze. Aber dafür will ich auch in einem Bereich arbeiten, wo auch Informatiker echte beruflichen Aufstiegschancen haben.

Ich glaube, dass man als Informatiker die besten Chancen in einer Behörde hat, bei der auch viele Informatiker angestellt sind und ein Regelbedarf nach Informatikern besteht.
Solche Behörden sind meines Erachtens in der Bundesverwaltung zu finden.
Ich habe dort folgende IT-Behörden festgestellt (Nachrichtendienste kommen hier nicht in Betracht):
1. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
2. Bundesanstalt für IT-Dienstleistungen (dlz-it)
3. Das Zentrum für Informationsverarbeitung und Informationstechnik (ZIVIT)
Daneben stellen die Bundesnetzagentur, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, das Bundesverwaltungsamt und das Bundeskriminalamt nach meinen Erkenntnissen auch oft Informatiker ein.

Wenn ihr noch von mehr Bundesbehörden wisst, die einen regelrechten Bedarf an Informatikern haben, könnt ihr hier gerne auch noch um weitere Behörden ergänzen.

Mein Ziel derzeit besteht darin, mein baldiges Masterstudium mit meiner Arbeit zu vereinbaren und nach 2-3 Jahren einen universitären Masterabschluss in Informatik und mehrjährige Berufserfahrung zu erwerben, um dann schnellstmöglich auf eine IT-Fachbehörde oder Behörde mit großem IT-Bedarf in der Bundesverwaltung zu wechseln , wo mir auch weitere berufliche Aufstiegsmöglichkeiten eröffent werden können.


Fazit:

Von einer Beschäftigung eines Informatikers in der allgemeinen Landesverwaltung der Bundesländer würde ich dringend abraten, wenn derjenige noch was aus seinem Berufsleben machen möchte und weitere Karriereschritte plant. Wir Informatiker haben dort einfach keine Nische, wo wir Aufstiegschancen haben können.

Für die Kommunalverwaltungen sehe ich diesbezüglich noch geringere Chancen für Informatiker, in den höheren Dienst zu gelangen, weil die noch weniger Stellen anbieten können.

Wenn überhaupt wäre eine IT-Fachbehörde oder Behörde mit großer IT-Abteilung in der Bundesverwaltung das Richtige für studierte Informatiker, wenn diese Karriere im öffentlichen Dienst machen wollen.

Ich hoffe, ich kann damit einigen Informatikern bzw. angehenden informatikern im Forum, die eine Karriere im öffentlichen Dienst planen, etwas weiterhelfen. Ich freue mich auch auf jede Rückmeldung bzw. Antwort auf meinen Erfahrungsbericht!


Viele Grüße

Botcruscher
2014-01-23, 11:55:35
Ja ist so. Du kommst da auch noch sehr gut weg. Geh mal in Richtung Bildung oder Forschung. Da gibt es nicht mal eine unbefristete Anstellung. Verbeamtet wird maximal die Institutsleitung.

Guofu
2014-01-23, 12:04:22
Ja ist so. Du kommst da auch noch sehr gut weg. Geh mal in Richtung Bildung oder Forschung. Da gibt es nicht mal eine unbefristete Anstellung. Verbeamtet wird maximal die Institutsleitung.
Ich wollte aus diesem Grund auch nie in die Forschung gehen, weil man dort in der Regel nur befristete Verträge als wissenschaftlicher Mitarbeiter bekommen würde. Früher gab es mal einen beamteten akademischen Mittelbau, akademische Räte etc. Aber die gibt es heute nur noch in den seltensten Fällen.

mercutio
2014-01-23, 12:11:16
Also der BND sucht auch immer nach Informatikern. Müsstest halt bereit sein, nach Berlin zu gehen.

Commander Keen
2014-01-23, 12:39:23
Also der BND sucht auch immer nach Informatikern. Müsstest halt bereit sein, nach Berlin zu gehen.

Ich dachte der ist in Pullach (bei München)?

Guofu
2014-01-23, 12:47:05
Also der BND sucht auch immer nach Informatikern. Müsstest halt bereit sein, nach Berlin zu gehen.
Nach meinen persönlichen Erfahrungen ist die Bewerberzahl von Informatikern auf freie Stellen vom BND enorm groß. Es kann sein, dass die Natur eines Nachrichtendienstes Informatiker *anzieht*. Jedenfalls muss man wirklich TOP-Noten vorweisen können, um überhaupt in die engere Auswahl bei einem BND-Bewerbungsverfahren kommen zu können.

Übrigens muss man sich dort einer Sicherheitsüberprüfung dritter Stufe unterziehen, muss fünf Referenzpersonen angeben, die dann über dich aussagen müssen, usw. Allein diese Sicherheitsüberprüfung dauert bis zu einem Jahr. Erst wenn das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung positiv ist, kann der BND einen Bewerber überhaupt einstellen. Dies würde bedeuten, dass ein Bewerbungsverfahren bei einer BND-Stelle mehr als 1 Jahr dauern würde.


Übrigens muss man sich auch bei BSI einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen, allerdings nur der zweiten Stufe, die etwa 4 Monate dauern würde.

Und außerdem werden meist Informatikerstellen im gehobenen Dienst beim BND ausgeschrieben, ganz selten im höheren Dienst. Gemessen an der Anzahl der Informatiker, die dort arbeiten (es gibt im BND eine große IT-Abteilung, auch bei der technischen Aufklärung arbeiten viele Informatiker), werden nur wenige Stellen öffentlich ausgeschrieben. Ich vermute, dass der BND einen Großteil seiner Informatiker selber ausbildet oder intern aus den Bundesbehörden/aus der Bundeswehr rekrutiert.

Viele Grüße!

Commander Keen
2014-01-23, 12:51:36
Übrigens muss man sich dort einer Sicherheitsüberprüfung dritter Stufe unterziehen, muss fünf Referenzpersonen angeben, die dann über dich aussagen müssen, usw.

Vater, Mutter, Bruder und zwei langjährige Freunde sollten zu finden sein. Du wirst unser deutscher Eduard Schneegrube und versorgst das 3dc mit exklusiven Insiderinfos :upara:

Moman
2014-01-23, 12:52:54
Naja E11 und eine sichere Stelle ist doch was:rolleyes:

Guofu
2014-01-23, 12:53:15
Ich dachte der ist in Pullach (bei München)?
Die IT-Abteilung des BND zieht in wenigen Jahren komplett nach Berlin um. Nur die technische Aufklärung soll weiterhin im süddeutschen Raum verbleiben.

Morale
2014-01-23, 12:53:41
Das ist nun nicht zwingend ein Informatikerproblem, also das mit den fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten.
Es brauch halt wenig "Häuptlinge" und umsomehr "Indianer".
Und Master ist nunmal dort Häuptling. Höherer DIenst ist ein ganz kleiner Teil, die Juristen eben, da diese nunmal auf "Masterebene" sind und es nicht anders geht. Und dann die Lehrer die ab Sek.2 ja auch alle im hD sind. Der ganze Rest kann sich den hD idR abschminken. Dazu muss man eben auch eine Stelle innehaben, die auf Masterniveau rangiert. Und das sind dann eben welche wo man Leitungsfuktionen übernimmt.

Aber allgemein gehört der öD mal überarbeitet, man will z.b. im IT Bereich fähige Leute, aber die bekommt man oft nicht. Oft "reicht" es einen Fachinformatiker oder Techniker einzustellen, aber der kann ja nur nach mD Gehalt bezahlt werden und dann meldet sich keiner, deswegen sucht man dann für normale Support oder Adminstellen einen Akademiker, dem kann man dann halt mehr bezahlen, oft gerade in Großstädten mit vielen Stellen, ist das aber auch wenig.

THEaaron
2014-01-23, 12:54:28
Was hast du im öffentlichen Dienst mit einem Bachelor erwartet? Ernsthaft. In Deutschland wird in der öffentlichen Laufbahn strikt mit Abschlüssen gehandelt. Ein gut gehütetes Geheimnis ist das nun wirklich nicht.

Morale
2014-01-23, 12:57:04
Was hast du im öffentlichen Dienst mit einem Bachelor erwartet? Ernsthaft. In Deutschland wird in der öffentlichen Laufbahn strikt mit Abschlüssen gehandelt. Ein gut gehütetes Geheimnis ist das nun wirklich nicht.
Nur dass es halt kaum Stellen im hD gibt, da bringt auch kein Master etwas.

Guofu
2014-01-23, 13:15:26
Das ist nun nicht zwingend ein Informatikerproblem, also das mit den fehlenden Aufstiegsmöglichkeiten.
Es brauch halt wenig "Häuptlinge" und umsomehr "Indianer".
Und Master ist nunmal dort Häuptling. Höherer DIenst ist ein ganz kleiner Teil, die Juristen eben, da diese nunmal auf "Masterebene" sind und es nicht anders geht. Und dann die Lehrer die ab Sek.2 ja auch alle im hD sind. Der ganze Rest kann sich den hD idR abschminken. Dazu muss man eben auch eine Stelle innehaben, die auf Masterniveau rangiert. Und das sind dann eben welche wo man Leitungsfuktionen übernimmt.

Aber allgemein gehört der öD mal überarbeitet, man will z.b. im IT Bereich fähige Leute, aber die bekommt man oft nicht. Oft "reicht" es einen Fachinformatiker oder Techniker einzustellen, aber der kann ja nur nach mD Gehalt bezahlt werden und dann meldet sich keiner, deswegen sucht man dann für normale Support oder Adminstellen einen Akademiker, dem kann man dann halt mehr bezahlen, oft gerade in Großstädten mit vielen Stellen, ist das aber auch wenig.
Das ist richtig. Mehr denn je ist mir klar geworden, wie starr der öffentliche Dienst funktioniert. Es war mir, wie bereits erwähnt vorher schon klar, dass man einen Masterabschluss für den höheren Dienst braucht. Allerdings wusste ich nicht genau, dass in der öffentlichen Verwaltung eigentlich nur Juristen bzw. vielleicht paar wenige Verwaltungsleute Karriere machen können. Juristen werden wie erwähnt nach Bestehen eines eintätigen Accessment-Centers sofort verbeamtet und in den höheren Dienst eingestellt. Sodann sammeln sie als Referenten routinenmäßig in mehreren Ministerien oder Landesbehörden Berufserfahrungen, bis sie sich dann irgendwann in einem bestimmten Bereich festgesetzt haben. Die werden systematisch auf spätere Führungspositionen vorbreitet. Natürlich kann man sich auch nicht damit rechnen, dass man als Jurist in der Verwaltung automatisch Führungsverantwortung hat bzw. stetig befördert wird, aber immerhin werden Wege für sie ermöglicht, um genau das zu erreichen.

Aber für Informatiker gibt es diese Karrierewege alles nicht. Dabei gibt es durchaus auch interessante Bereiche in den Landesminsterien, wo auch das Fachwissen eines Informatikers benötigt wird. Im Innenministerium meines Bundeslandes zum Beispiel werden auch IT-Strategien für das Land konzepiert und IT-Sicherheit gefördet oder im Wirtschaftsministerium der Breitenbandausbau vorangetrieben. ABER diese Tätigkeiten werden ausschließlich von Juristen bzw. Verwaltungsfachleuten ausgeübt, ich kenne in den beiden Ministerien keinen einzigen Informatiker in den genannten Bereichen. Es gibt auch keine Stellen für Informatiker für derartige Tätigkeiten.

Von daher sehe ich meine berufliche Zukunft im öffentlichen Dienst nur in den IT-Behörden des Bundes, wo wenigstens ein erheblicher Teil der Bechäftigten studierte Informatiker sind und Informatiker auch mal Referatsleitungsposten übernehmen können wie im BSI der Fall ist.

PHuV
2014-01-23, 13:17:17
Meine Erfahrung mit Behörden (als externer DL): Hier sitzt in den meisten Fällen nur die 2.-3. Wahl an Informatikern und IT-Sachkundigen. Die Bezahlung ist einfach schlecht, Fortbildung suboptimal, von diversen IT-Technologien und Innovationen bis zur Umsetzung mal ganz zu schweigen. Die Topleute arbeiten alle fast ausnahmslos in der Wirtschaft, und die werden dann als Externe von den Behörden und öffentlichen Einrichtungen oft teuer eingekauft. Projekte erfolgreich stemmen funktioniert fast ausschließlich mit externen Kräften. Die internen Kräfte machen an sich nur die oberflächlichen Arbeiten und die Verwaltung. Sobald es etwas komplexer und weitreichender wird, strecken sie schnell die Segel, bzw. stecken schnell fest an überzogenen Erwartungen, niedrigem Budget und zuwenig Personal, und vor allen Dingen oft auch am wirklich mangelhaften Wissensstand und sehr schlechte Planung. Solche Probleme sind aber IMHO definitiv hausgemacht.

Ich habe mich vor 3 Jahren auch mal im ÖD beworben. Von der schlechten Bezahlung, Arbeitszeiten (im Gehalt waren Rufbereitschaft und Wochenenddienst enthalten :crazy:) mal ganz zu schweigen, was eine üble Tatsache, daß sich mit in der Gehaltsstufe weit unter meinem tatsächlichen Alter nur einstufen wollten. Das finde ich schon mal ein Unding und geht gar nicht.

Wer technologisch auf einen guten Stand sein möchte, kreativ, flexibel und vor allen Dingen auch mit Jobs, die einen intellektuell wirklich fordern, sollte ÖD auf alle Fälle meiden, oder dort nur als Externer arbeiten. Da wo wirklich das Geld fließt, gibts einfach interessantere Dinge zu tun. Natürlich wird in der Wirtschaft auch nur mit Wasser gekocht, gibt es schludrige und schlechte Lösungen, aber das ist wirklich das kleinere Übel im Vergleich zum ÖD.

Und ich kann Guofu nur zustimmen. An den entsprechenden Positionen sitzen überwiegen Juristen und Verwaltungsangestellte, keiner, der wirklich eine Ahnung von IT und IT-Projekten hat.

Spasstiger
2014-01-23, 13:20:29
Die Landesverwaltung Rheinland-Pfalz sucht sogar an der Uni Stuttgart Ingenieure für den höhren Dienst (Einstieg mit Referendariat).

Morale
2014-01-23, 13:32:22
Paar interessante Stellen gibt es schon im öD.
Klick mich (http://www.stepstone.de/stellenangebote--IT-Projektleiter-in-fuer-die-Optimierung-des-Ratsinformationssystems-RIS-Muenchen-Landeshauptstadt-Muenchen--2743223-inline.html?cid=partner_oeffentlicher-dienst___SP)
Bezahlung (3000 netto minus PKV) ist da ja auch noch ok.
Brauch man aber halt viel BE, da könnte man (gerade auch in München) in der Wirtschaft das Gehalt noch toppen.

Allerdings ist es da auch immer knapp mit dem Geld.
Bin ja selber als Student gerade im öD in der IT und was hier für Gurken stehen und noch laufen müssen. Auf 40-50% der Rechner ist auch noch XP drauf.

GBWolf
2014-01-23, 13:38:49
Ich persönlich finde ja eine E11 im TV-L oder TVÖD richtig gut.

Vor allem als Einstieg, das dürfte selbst beim ambitionierten Threadstarter also noch weiter gehen.

Referendare aus dem Juristenbereich steigen ja auch nicht sofort im höheren Dienst ein.

Und wenn man mal vergleicht, in kleinen Kommunen biste mit E10 schon Amtsleiter ;)

Also es ist wohl Ansichtssache, aber ich finds nicht so düster wie ihr es darstellt.

Eidolon
2014-01-23, 13:40:49
Naja E11 und eine sichere Stelle ist doch was:rolleyes:

Sehe ich auch so. Klingt für mich eher nach jmd. der die freie Witschaft noch gar nicht erlebt hat und nach dieser "auf der anderen Seite ist das Gras grüner".

Ich, mit 36, wäre mittlerweile glücklich über einen Job im öffentlichen Dienst mit E11, denn ich bin schon über 10 Jahre in der freien Wirtschaft als Systemadministrator.

Morale
2014-01-23, 13:47:52
Sehe ich auch so. Klingt für mich eher nach jmd. der die freie Witschaft noch gar nicht erlebt hat und nach dieser "auf der anderen Seite ist das Gras grüner".

Ich, mit 36, wäre mittlerweile glücklich über einen Job im öffentlichen Dienst mit E11, denn ich bin schon über 10 Jahre in der freien Wirtschaft als Systemadministrator.
Die 11 gibts aber nur als Akademiker.
Klar in so manchen Regionen ist die Bezahlung mit 11 nicht schlecht, aber wenn ich mich hier so umschaue, als Informatiker kann man locker mit 45-50k Brutto einsteigen, ja direkt nach dem Studium.
Da lockt die 11 mit 36k zum Einstieg fast keinen hinterm Ofen hervor.

Eidolon
2014-01-23, 13:58:28
Mich schon, würde mir völlig reichen als Einstieg. Nach 10 Jahren freier Wirtschaft reicht es mir da echt...
Ich wohne angenehm in einer neuen und großen Wohnung mit meiner Frau (arbeitet selbst im öffentlichen Dienst) auf dem Land (Speckgürtel Hamburg). Finanziell würde das absolut ausreichen bei uns um angenehm zu leben.
Dafür den ganzen Stress und Druck hinter mir zu lassen... da wäre ich sofort dabei.

Morale
2014-01-23, 14:00:53
Stress und Druck kann man auch im öD haben.
Mein Chef war die letzten Tage immer bis 20 Uhr im Büro und in der IT hat keiner ein Überstundenkonto kleiner 100 ;)
Kommt auch immer auf den eigegen Anspruch an.
Dazu gibts dann kaum Geld, das muss man immer lieb bettelnd erfragen,, damit man endlich die alten P4 komplett rausrangieren kann.

maximum
2014-01-23, 14:07:22
Die 11 gibts aber nur als Akademiker.
Klar in so manchen Regionen ist die Bezahlung mit 11 nicht schlecht, aber wenn ich mich hier so umschaue, als Informatiker kann man locker mit 45-50k Brutto einsteigen, ja direkt nach dem Studium.
Da lockt die 11 mit 36k zum Einstieg fast keinen hinterm Ofen hervor.

Schon nach einem Jahr gibt es ohne zu verhandeln einen guten Batzen mehr. Sowas tolles ist ein 3-jähriger Bachelor jetzt auch wieder nicht, dass man mit 24 Jahren ohne Berufserfahrung über eine E11 mäkeln muss. Gerade, wenn man die anderen Vorzüge wie Gleitzeit berücksichtigt. Just my 2 Cents.

Morale
2014-01-23, 14:15:56
Schon nach einem Jahr gibt es ohne zu verhandeln einen guten Batzen mehr. Sowas tolles ist ein 3-jähriger Bachelor jetzt auch wieder nicht, dass man mit 24 Jahren ohne Berufserfahrung über eine E11 mäkeln muss. Gerade, wenn man die anderen Vorzüge wie Gleitzeit berücksichtigt. Just my 2 Cents.
Naja "nur" 4000 mehr.
öD hat seine Vorteile, aber gerade in wirtschaftsstarken Regionen fällt es eben dem öD sehr schwer wen zu finden. Und E11 gibt es idR auch nicht zum Einstieg, sondern eher E9 oder evtl. mal die 10.
11 musste jetzt offenbar die Stadt München machen, weil sie anscheinend sonst kein findet.
Bei Siemens, Bosch und Konsorten hat man auch ne 35 Std. Woche bei 50k zum Einstieg und später sind dann auch 80-100k drin oder man geht woanders hin.
Klar für "normale" Admins ist das Gehalt mit E11 nicht schlecht.

Bei Heise gabs mal eine große Gehaltsanalyse und da war der öD mit Abstand am schlechtesten von der Bezahlung her.
Finde leider den Link nichtmehr, die haben gerade die Seite überarbeitet (jedenfalls Gehalt und Jobsabteilung)

PS:
Ich will den öD aber nicht soo schlecht machen, habe selber gerade eine Bewerbung da am laufen (E10 - aber halt ohne fertiges Studium, nur mit Ausbildung, dafür ist das Gehalt sehr gut).
Es kommt auch immer auf die anderen Leute mit denen man arbeitet an.

Watson007
2014-01-23, 14:26:29
bei Gehaltsstatistiken bitte immer beachten wie die ermittelt wurden, oft wird das nicht angegeben.

ungeeignet: arithmetischer Durchschnitt.
besser: Median

Watson007
2014-01-23, 14:31:51
Schon nach einem Jahr gibt es ohne zu verhandeln einen guten Batzen mehr. Sowas tolles ist ein 3-jähriger Bachelor jetzt auch wieder nicht, dass man mit 24 Jahren ohne Berufserfahrung über eine E11 mäkeln muss. Gerade, wenn man die anderen Vorzüge wie Gleitzeit berücksichtigt. Just my 2 Cents.

diese akademischen Abschlüsse werden völlig überbewertet, aber selbst ein dreijähriger Bachelor ist nicht einfach ;) wenn ich bedenke wieviele bei uns schon abgebrochen haben fände ich alles unter 40k im Grunde nicht angemessen dafür.

aber ich kann leute nicht leiden die sich wegen akademischer abschlüsse für was besseres halten...

trotzdem sollte man sich nicht unter Wert verkaufen, in Deutschland wird ja vergleichsweise schlecht bezahlt, kann nicht schaden wenn mehr Leute proben zu wechseln...

sun-man
2014-01-23, 14:38:30
Also einer meiner Kunden ist eine der oben genannten Behörde. Keiner der bisherigen 3 Ref-Leiter hat irgendwas mit IT zu tun gehabt und wir sind direkt die IT - ITiger gehts nicht mehr. Sind seit der Ausbildung hier und haben keine IT Ausbildung.

Avalance
2014-01-23, 15:54:00
Hi,

ich überlege gerade den Wechsel von einem ziemlich gut laufendem Kapitalistischen Großkonzern wo ich eigentlich keine 2 Jahre mehr sein möchte weil es einfach zu krass ist (workload und keine annähernd entsprechenden benefits), in eine solche Umgebung (öffentlicher Dienst) ... und habe auch meine Bedenken, auch wie weit ich es dort (nicht?) bringen werde da ich weder Studium noch Abi habe, jedoch Jahrelange Berufserfahrung incl. Führungserfahrung (<- ich nenn das einfach mal so weil es das am besten ausdrückt). Ob ich da jemals nen Lehrgang bekomm? Ich hoffe es wird fordernd laufen und nicht nur "abgammeln" sein, letzteres wäre auch extrem blöd als Arbeitnehmer (kenne ÖD von Bekannten, wo ich mal beim Mittag war, erschreckend ... arme Steuergelder).

Mal schauen was die Gehaltsverhandlung bringen wird, und ob ich mit Stufe 3 TV einsteigen kann statt Stufe 1 ansonsten fällt das eh flach :freak: weil ich ungern für weniger wechseln würde aus unbefristet in eine befristete Stelle mit Probezeit.

edit: auch das finde ich total hart, dass man zu im ÖD wohl als "Neueinsteiger" nur nach akademischen Abschluss vergütet wird, weil man das überhaupt nicht messen kann, es gibt solche und solche Leute, was bringt´s da einen Akademiker für ~> 50k hin zu stellen der "nicht viel" vorantreiben wird, andererseits springt der 30k "nicht Akademiker" im Viereck und treibt. Leider sehe ich das durch viele Abteilungen, ziemlich bitter. Klar es gibt auch Leute die´s wirklich drauf haben und das auch durchziehen, als auch welche die einfach nur rumgammeln, das wizige und zugleich traurige ist aber, der herumspringende nicht Akademiker wird das über Jahre bis zum Lebensende machen ohne groß Benefit, der rumspringende Akademiker wird spätestens nach 6 oder 12 Monaten hochgelobt. Da bekomme ich echt das brechen

Grüße
aVa

Commander Keen
2014-01-23, 16:34:12
edit: auch das finde ich total hart, dass man zu im ÖD wohl als "Neueinsteiger" nur nach akademischen Abschluss vergütet wird, weil man das überhaupt nicht messen kann, es gibt solche und solche Leute, was bringt´s da einen Akademiker für ~> 50k hin zu stellen der "nicht viel" vorantreiben wird, andererseits springt der 30k "nicht Akademiker" im Viereck und treibt. Leider sehe ich das durch viele Abteilungen, ziemlich bitter. Klar es gibt auch Leute die´s wirklich drauf haben und das auch durchziehen, als auch welche die einfach nur rumgammeln, das wizige und zugleich traurige ist aber, der herumspringende nicht Akademiker wird das über Jahre bis zum Lebensende machen ohne groß Benefit, der rumspringende Akademiker wird spätestens nach 6 oder 12 Monaten hochgelobt. Da bekomme ich echt das brechen

So ist das halt beim Staat, der Hauptmann von Köpenick lässt grüßen. Du bist nur das, was auf dem Papier steht.

Ich hatte mich übrigens auch mal für eine Laufbahn im gehobenen Dienst (Verwaltung, nicht IT) beworben. Prüfung gut (gehörte zu den besten 10%), Vorstellungsgespräch gut, dennoch Absage wegen meiner 20% Behinderung. Könnte ja irgendwann ausfallen oder in Frühpension gehen. Klar, mit 20%. Bei einem Bürojob. Natürlich war das nicht die offzielle Begründung, aber hinter vorgehaltener Hand wurde das fast schon erschreckend offen so kommuniziert. Wären es 50% oder mehr, hätten die mich dagegen wiederum mit Kusshand genommen ;D

Naja, jetzt bin ich halt in der freien Wirtschaft und hab bei meinem jetztigen Arbeitgeber, bei dem ich mich soweit ganz wohl fühle, bisher genau einen Fehltag (in 2 Jahren). Aber für die Beamtenlaufbahn war ich zu krüppelig, ist klar.

PHuV
2014-01-23, 16:56:37
So ist das halt beim Staat, der Hauptmann von Köpenick lässt grüßen. Du bist nur das, was auf dem Papier steht.
Gerade das ist ein großes Hauptproblem dort. Du mußt nur einmal in Deiner Jugend nen Titel erwerben, und bist dann beim Staat im Prinzip ein gemachter Mensch, und kannst zu allem aufsteigen. Und die, die wirklich leisten, aber keine Titel haben, haben kaum eine Chance im ÖD.

pest
2014-01-23, 17:19:02
In der Wirtschaft bleibt dir der vertikale Aufstieg auch verwehrt, wenn du nicht einen entsprechenden Abschluss hast. Gibt auch einige Firmen da hat jeder in der Chefetage ein Dr. vor dem Namen stehen.
Mit entsprechendem Fleiß klappt das zwar zu Weilen auch, aber eben durch weitreichenden Verzicht auf Zeit - mir ist Letzteres lieber.

Im ÖD ist es halt einfacher sich durchzumogeln. Ich seh' hier viele Pappnasen denen ich in der Wirtschaft sofort kündigen würde.

Für den Osten Deutschlands ist die Bezahlung allerdings i.O. Ich liege mit meiner 50% Stelle knapp auf Armutsniveau :tongue:

Guofu
2014-01-23, 17:30:25
Ich persönlich finde ja eine E11 im TV-L oder TVÖD richtig gut.

Vor allem als Einstieg, das dürfte selbst beim ambitionierten Threadstarter also noch weiter gehen.

Referendare aus dem Juristenbereich steigen ja auch nicht sofort im höheren Dienst ein.

Und wenn man mal vergleicht, in kleinen Kommunen biste mit E10 schon Amtsleiter ;)

Also es ist wohl Ansichtssache, aber ich finds nicht so düster wie ihr es darstellt.
Hallo GBWolf,

du hast natürlich Recht. Für den Einstieg ist E11 für jemanden mit einem Bachelorabschluss eigentlich ziemlich gut. Meine Vorposter haben es schon erwähnt, in der Regel steigt man mit E9 oder E10 ein.

Aber meine derzeitige Stelle wurde mit E12 bewertet und da ich bei meiner Bewerbung keine Berufserfahrugen hatte, hat die Personalreferentin mir gesagt, dass man mir nur E11 geben konnte. Also habe ich E11 gekriegt.
Aber im Nachhinein habe ich von Kollegen erfahren, dass im öffentlichen Dienst die Regel gilt: Beamte können mit einer niedriger oder höherer bewerteten Stelle besetzt werden. Aber bei Angestellten darf man das eigentlich nicht machen, weil man als Angestellter nach der Arbeit bezahlt wird. Wenn man zum Beispiel mehr als 50Prozent seiner Tätigkeit eine höhrerwertige Aufgabe wahrnimmt, der hat einen Anspruch auf die entsprechende höhere Vergütung. Aus diesem Grunde hätte ich damals durchaus mit den Personalern verhandeln können, gegebenenfalls ene Zulage kriegen oder einen zeitlichen Rahmen vereinbaren können, dass man nach bestimmten Arbeisjahren die E12 kriegt, etc. Aber natürlich hatte ich damals als frischer Studienabsolvent schlechte Karten, da zu verhandeln.
Fakt ist aber, dass ein Kollege von mir die gleiche Tätigkeit wie ich wahrnimmt, er ist ein langjähriger Mitarbeiter der Verwaltung, hat keine Informatik studiert, sondern hat zwei Lehrgänge in Verwaltung gemacht. Er wird aber mit E12 vergütet. Von daher muss ich mich angesichts dieser Tatsache wohl nicht mit einer E11 begnügen.

Aber mir geht es in erster Linie gar nicht darum, ob ich die E11 oder E12 bekomme oder sonst was. Mir geht es um langfristige berufliche Entwicklung und den Aufstieg in den höheren Dienst. Und da sehe ich in der Landesverwaltung wirklich miese Aussichten für mich als Informatiker, weil es da kaum Stellen gibt für Informatiker im höheren Dienst.

Ich muss dazu sagen, dass es für mich absolut naheliegend ist, einen Masterabschluss nachzuholen, wenn ich schon drei Jahre hart gearbeitet habe, um einen universitären Bachelor-Abschluss in Informatik zu schaffen. Nein, ich halte Akademiker nicht für etwas besseres. Es werden an der Uni bloss schwerpunktmäßig andere Sachen vermittelt als an einer FH oder bei einer Fachinformatiker-Ausbildung. Man lernt in erster Linie sehr viel Theorie und man lernt, die Problemlösung wissenschaftlich zu bearbeiten und zu lösen. FH-Informatiker oder Fachinformatiker können hingegen sehr gut praktische Sachen lösen. Es gibt viele Fh-Informatiker oder Fachinformatiker, die top programmieren können, da können sich viele Uni-Informatiker nicht mal das Wasser reichen. Darum geht es in einem universitären Informatikstudium auch nicht, also gut programmieren zu können.

Wenn ich auf mein Studium an der Uni zurückblicke, dann darf ich auf meine Leistungen schon stolz sein. Immerhin haben fast 80 Leute bei uns damals angefangen, Informatik zu studieren. Geschafft haben am Ende weniger als 20 Leute. Das Informatikstudium ist neben Mathematik eines der Studiengänge mit den höchsten Abbrecherquoten überhaupt.

Watson007
2014-01-23, 17:43:38
Wenn ich auf mein Studium an der Uni zurückblicke, dann darf ich auf meine Leistungen schon stolz sein. Immerhin haben fast 80 Leute bei uns damals angefangen, Informatik zu studieren. Geschafft haben am Ende weniger als 20 Leute. Das Informatikstudium ist neben Mathematik eines der Studiengänge mit den höchsten Abbrecherquoten überhaupt.

wie lange hat der Durchschnitt bei euch für den Bachelor-Abschluss gebraucht?

zum Teil hat sowas aber auch finanzielle Gründe, das darf man auch nicht vergessen...

PHuV
2014-01-23, 17:43:50
In der Wirtschaft bleibt dir der vertikale Aufstieg auch verwehrt, wenn du nicht einen entsprechenden Abschluss hast.
Kann ich Dir sofort zig Gegenbeispiele nennen. Es kommt auf die Größe der Firma an. In größeren Unternehmen wirken die Angestellen ja auch fast wie Beamte (ich sag jetzt mal Telekom, Siemens und Co.). In einer kleineren Firma, wo ich tätig war, gab es mehrere Teamleiter und einen Abteilungsleiter, die zwar Informatik studiert hatten, aber das Studium abgebrochen hatten.

Marscel
2014-01-23, 17:56:53
Von einer Beschäftigung eines Informatikers in der allgemeinen Landesverwaltung der Bundesländer würde ich dringend abraten, wenn derjenige noch was aus seinem Berufsleben machen möchte und weitere Karriereschritte plant. Wir Informatiker haben dort einfach keine Nische, wo wir Aufstiegschancen haben können.

Für diese Einsicht musstest du dort wirklich erstmal arbeiten?

Wenn man auch nur mal ansatzweise mit Behörden oder öffentlichen Einrichtungen zu tun gehabt hat, dann riecht man dieses Klima schon gegen den Wind. Und sei es bloß die öffentliche Schule.

Frucht-Tiger
2014-01-23, 19:51:43
Nein, ich halte Akademiker nicht für etwas besseres. Es werden an der Uni bloss schwerpunktmäßig andere Sachen vermittelt als an einer FH oder bei einer Fachinformatiker-Ausbildung. Man lernt in erster Linie sehr viel Theorie und man lernt, die Problemlösung wissenschaftlich zu bearbeiten und zu lösen. FH-Informatiker oder Fachinformatiker können hingegen sehr gut praktische Sachen lösen. Es gibt viele Fh-Informatiker oder Fachinformatiker, die top programmieren können, da können sich viele Uni-Informatiker nicht mal das Wasser reichen. Darum geht es in einem universitären Informatikstudium auch nicht, also gut programmieren zu können.


Nein, ich halte Juristen nicht für etwas besseres. Es werden bei einem Jura-Studium bloss schwerpunktmäßig andere Sachen vermittelt als bei technischen Studiengängen. Man lernt in erster Linie viel über rechtliche Abläufe und wie man diese in einer Behörde handhabt. Leute mit technischen Studiengängen könne eben viel besser theoretische Probleme lösen... usw. usv.

Ich denke du siehst worauf ich hinausmöchte, du hast sicher mit vielen Punkten Recht, aber deine Lösung wäre es ja scheinbar ein neue "Aufstiegslinie" genau unter dir zu ziehen.

Beim gehobenen Dienst geht es ja sicherlich um Personalverantwortung, ich glaube da wird ähnlich wenig bei FH und Uni Studium(und Jura natürlich auch) vermittelt ;)

Das Ziel sollte es doch eher sein, solche Strukturen ganz aufzubrechen und nicht im gleichen Zuge schon wieder das nächste Idiotendiktat zu installieren.

Ich glaube in so einer Behörde würde ich nichtmal einen Tag überleben, ganz große Katastrophe wenn Erwachsene sich immer noch mit ihren Abschlüssen messen müssen. Deswegen arbeite ich am liebsten mit/für kleineren Betrieben, da zählt was man kann, der Rest ist wumpe.

Backbone
2014-01-23, 20:13:34
Ich hab beruflich ausschließlich mit öffentlichen Einrichtungen zu tun. Da ist von Landesbehören über Staatsbetriebe bis zu zu Landkreisämtern, Gemeinden und Theatern alles dabei.
Dort hab ich Referatsleiter getroffen die neidisch auf die Gehälter in der freien Wirtschaft waren ohne dort jemals gearbeitet zu haben. Und meine Techies sind regelmäßg neidisch auf die "Kollegen" im öffentlichen Dienst die ne ruhige Kugel schieben ohne deren täglichen Frust zu kennen.

Mein Fazit: Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner. Letztlich muss man sich selbst prüfen was man für ein Typ ist. Will man einfach nur ruhig und ohne Stress seine Arbeit erledigen (möglichst ohne Überraschungen und mit viel Routine) ist man im ÖD gut aufgehoben. Das kann für viele auch genau das richtige sein.
Will man eher Abwechslung und ist bereit für Aufstiegschancen auch was zu tun, ist man bei der freien Wirtschaft besser aufgehoben.
Die jeweilige regionale Situation ist freilich immer zu berücksichtigen. Hier in der Region können gerade kleine Unternehmen oft nicht an die Gehälter im ÖD heran.

Rooter
2014-01-23, 22:54:56
Naja E11 und eine sichere Stelle ist doch was:rolleyes:Würde ich auch sagen. Du kannst natürlich auf deinem hohen Niveau berechtigt jammern, hast aber alle Zeit der Welt dir eine bessere Stelle zu suchen.

MfG
Rooter (der seit 2006 mit 1700 brutto rumdümpelt :rolleyes:)

Morale
2014-01-23, 23:00:49
Du lässt dich ja auch schon ewig lang ausbeuten.
Beschisse Arbeit und dazu beschissenes Gehalt.
Wenn wenigstens eins davon gut wäre, aber so.

Noch gehts, so alt (ü50) biste ja nicht, also ran ;)

Guofu
2014-01-23, 23:11:00
Naja, ich habe auch in meinem ersten Beitrag geschrieben, dass ich mich in erster Linie weiter im öffentlichen Dienst entwickeln möchte, nur halt dann später gerne in einem Bereich, wo man als Informatiker auch zum Kerngeschäft gehört, zum Beispiel bei einer IT-Behörde.

Mich haben auch schon manche Kollegen gefragt, warum ich denn in einer Behörde arbeite anstatt in der freien Wirtschaft, wo ich viel mehr Geld kriegen würde. Das sind wirklich die Verwaltungsleute, die den Bezug zur Realität verloren haben. Ich kenne viele ehemalige Kommitonen, die heute in einem Wirtchaftsunternehmen arbeiten und kann deshalb etwas realistischer einschätzen.
PHuV hat recht. Man kann überhaupt nicht pauschal sagen, dass man im Wirtschaftsunternehmen automatisch mehr Geld bekommen würde. Es hängt schlicht von der Größe des Unternehmens ab. Je größer das Unternehmen, desto mehr bekommt man in der Regel als Berufseinsteiger Geld. In einem großen IG-Metall-Unternehmen bekommt man als Berufseinsteiger mit Bachelorabschluss monatlich fast 3700 Euro + Leistungszulage. Dann gibt es dort noch Urlaubsgeld+Weihnachtsgeld. Da kann man als Einsteiger im öffentlichen Dienst nur träumen. Wer allerdings bei einem KuM-Untenrnehmen anfängt, für den sieht die Welt wieder anders aus. Manch ein Bachelorabsolvent von Informatik bekommt da gerade mal 2500 Euro im Monat. Im öffentlichen Dienst muss man nicht mit seinem Chef um Lohnerhöhungen verhandeln, denn die kommen automatisch mit zunehmendem Dienstalter. Noch besser sieht es bei den Beamten aus. Eine Kollegin von mir, Regierungsamtsfrau mit A11, welche einer Tätigkeit der Tarifgruppe E10 entsprechen würde (denn in der Landesverwaltung entspricht Tätigkeit von A11 meist E10), bekommt monatlich mehr als 3000 Euro netto. Sie ist eine einfache Sachbearbeiterin und macht wirklich wenig Arbeit. So ein Netto-Gehalt muss man in der freien Wirtschaft erst mal verdienen! 5000 Euro Brutto müssten es mindestens schon sein.
Aber natürlich kann sie auch nur bis A13 (Regierungsoberamtsrätin) aufsteigen und dann ist endgültig schluß für den gehobenen Dienst.Dann braucht man einen Master und eine Stelle im höheren Dienst, um weiterzukommen.

Morale
2014-01-23, 23:31:42
Beamte verdienen nochmal ein Stück besser.
Man muss nur gucken, die Gehäter entwicklen sich ja, wer mit dem recht niedrigen Einstiegsgehalt zufrieden ist, für den kann das auch was sein.
A11 da kommt auch nicht jeder hin, viele Stellen sind schon bei A10 zuende.
Das muss man sich vor Augen halten nicht auf E11/A12 gucken sondern eben da wo die meisten beginnen, in der 9.
Z.b. hier (http://www.polizei.bayern.de/wir/stellenangebote/index.html/192493), Studium + weitreichende berufliche Kenntnisse = E9 = 32k brutto Jahresgehalt, mit Verhandlungsgeschick evtl. 35k.

Mosher
2014-01-23, 23:35:15
Würde ich auch sagen. Du kannst natürlich auf deinem hohen Niveau berechtigt jammern, hast aber alle Zeit der Welt dir eine bessere Stelle zu suchen.

MfG
Rooter (der seit 2006 mit 1700 brutto rumdümpelt :rolleyes:)

Rooter, da geht auf jeden Fall mehr!
Mach da bitte was. Dann wird man Dich vielleicht auch öfter im "was kocht ihr gerade"-Thread sehen.

Morale
2014-01-23, 23:49:20
Rooter beschwert sich da schon seit Jahren, nicht nur über das Gehalt.
Aber was ändern mag er irgendwie nicht so wirklich.
1700 brutto ist jedenfalls sehr sehr wenig.

Guofu
2014-01-24, 00:11:12
Beamte verdienen nochmal ein Stück besser.
Man muss nur gucken, die Gehäter entwicklen sich ja, wer mit dem recht niedrigen Einstiegsgehalt zufrieden ist, für den kann das auch was sein.
A11 da kommt auch nicht jeder hin, viele Stellen sind schon bei A10 zuende.
Das muss man sich vor Augen halten nicht auf E11/A12 gucken sondern eben da wo die meisten beginnen, in der 9.
Z.b. hier (http://www.polizei.bayern.de/wir/stellenangebote/index.html/192493), Studium + weitreichende berufliche Kenntnisse = E9 = 32k brutto Jahresgehalt, mit Verhandlungsgeschick evtl. 35k.
Ja, du hast Recht. Es gibt viele Beamten, die mit A10 nicht mehr weiterkommen. Insbesondere in dem Kommunalbereich oder bei der Polizei/Landesämtern ist es so. Aber in einem Landesministerium ist sowas eher unüblich. Die meisten Beamten dort im gehobenen Dienst haben A11 oder A12. Beamte im Ministerium werden oft auch schneller befördert.
Übrigens bei der Polizei würde ich als Angestellter eher nicht arbeiten wollen. Paar Kollegen von mir haben bei der Polizei gearbeitet und haben mir gesagt, dass es dort wohl eine richtige Klassengesellschaft herrscht. Die Polizeibeamten haben dort das Sagen, sehen sich als was besseres, dann kommen die Verwaltungsbeamten, schließlich die Verwaltungsangestellten. Aber die Verwaltungsangestellten werden ziemlich respektlos behandelt und als sogenanntes "Tarifpack" verumglimpft.
Wie dem auch sei: Es scheint überall das gleiche zu sein. Menschen erkennen Menschen mit selbem Berufshintergrund auch an. Das ist der Grund, warum mich nach IT-Behörden zieht.