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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bald kein Sand mehr für Beton?


chatman
2014-10-03, 21:55:07
Bin auf dieses - in der Öffentlichkeit eher unbekannte - Thema gestoßen: der für Beton verwendbare Sand ist nicht so massig vorhanden wie man meinen möchte. Wüstensand geht z.B. nicht da dessen Körner rund sind, man aber sich verhakende, kantige, Körner braucht. Deshalb importiert z.B. Dubai sienen sand aus Australien! :freak:
Sehr gut hierzu diese Dokumentation: http://www.youtube.com/watch?v=CPbdL1WVAcA&list=PLTYU4yo6sz3IHU6lglbCFQDCHfLiRmdeD
(Teil 3 konnte ich nur mit französichem Proxy anschauen)

Soweit mal zum Status Quo.

Was mich jetzt beschäftigt: im Film wird als denkbare Option geschreddertes Glas genannt, das ja auch aus Sand hergestellt wird und sich so als "Sandersatz" eignen würde.
Mal abgesehen davon, daß man die benötigten Mengen (üer 15 Mrd Tonnen im Jahr!) nicht durch Glasabfälle substituieren könnte, stellt sich mir folgende Frage: lt. Wikipedia "werden"die weltweiten Quarzsandreserven als praktisch unbegrenzt angegeben"
So, dann frage ich mich: was spricht dagegen, gleich Quarzsand für die Betonherstellung heranzuziehen? Den gefundenen Bildern nach müsste dieser den strukturellen Anforderungen genügen.

Denkfehler meinerseits oder Fehler in der Conclusio der Dokumentation?

BlueI
2014-10-04, 10:09:30
Die Frage ist ja weniger die Zusammensetzung des Sandes, sondern mehr die Form der Körner: Und der Großteil des weltweiten (Quarz-)Sandes ist nunmal Meeressand (ob nun aktuell an Küsten oder vor Jahrmillionen mal eben solcher gewesen ist ja egal) und der ist natürlich rundgescheuert. Das bedeutet, um Meeressand verwenden zu können, müsste man ihn aufschmelzen, aushärten und dann wieder zerkleinern (also dass, was mit Glas gemacht wird, bis auf die zwischenzeitliche Nutzung als Fenster, Flasche, etc.), um kantige Sandkörner zu bekommen. Und das wäre für billigen Beton, der so schon ohne Ende Energie verschlingt, energetischer Wahnsinn.

registrierter Gast
2014-10-04, 10:22:02
[..] Und das wäre für billigen Beton, der so schon ohne Ende Energie verschlingt, energetischer Wahnsinn.
Gibt es Alternativen zu Beton? :uponder:

Commander Keen
2014-10-04, 10:30:26
Gibt es Alternativen zu Beton? :uponder:

Nazi Superbeton.

Ich mach mir ja auch viele Gedanken um die Welt und die Zukunft im allgemeinen, aber über einen Mangel an Beton habe ich noch nie nachgedacht. Solange man noch Betonpflaster für 8,50/m² einkaufen kann oder der C12/15 115€/m³ oder so im Mischwerk kostet, sehe ich auch noch keine Knappheit :|

Käsetoast
2014-10-04, 11:40:50
Ach - die Nutzung vom runden Sand sollte doch auch kein großes Thema sein. Ist das nicht oftmals sogar erwünscht? Ich meine für den ganzen Hochhausbau würden die "selbstverdichtenden" Beton nehmen, wo die Körner sehr rund sind, weil die den Beton ansonsten nicht in den 100. Stock hochgepumpt bekämen weil denen bei besagtem Sand mit der Möglichkeit zur Verzahnung die Rohre verstopfen würden. Wenn so ein Beton im Hochhausbau ok ist, dann kann es so schlecht um die Betonlage ja nicht stehen...

Haarmann
2014-10-04, 12:54:16
chatman

Glasschaumbeton - isoliert auch gleich. Gibts in der Schweiz als Misapor.

Und nicht immer soll Beton auch halten...

Windi
2014-10-04, 14:56:23
Ich habe darüber auch schon andere Dokumentationen gesehen.

Das Erschreckendste dabei ist einfach, das man überall nur den scharfkantigen Sand aus Flüssen oder den Küsten benötigt. Also nicht nur beim Beton, sondern auch beim künstlichen Aufschütten von Inseln oder der Landgewinnung in vollkommen überfüllten Regionen wie Singapur oder Hongkong.

Es ist leider schon soweit, das viele Pazifische Inseln eher von den Sanddieben, als vom Klimawandel bedroht sind. Das heißt, das dort vor den Küsten illegal (oder bestochen) Sand abgebaut wird. Die Löcher bleiben aber nicht ewig bestehen, sondern füllen sich allmählich wieder mit Sand aus der Region. Also dem Sand der Inseln.
Wenn man heute Bilder sieht, wo Strände regelrecht weg gespült worden sind, dann hat das weniger mit einem ein paar Millimeter gestiegenen Meeresspiegel zu tun, sondern damit, das der Sand in die entstandenen Löcher nach gerutscht ist.

chatman
2014-10-04, 16:50:45
Nazi Superbeton.

Ich mach mir ja auch viele Gedanken um die Welt und die Zukunft im allgemeinen, aber über einen Mangel an Beton habe ich noch nie nachgedacht. Solange man noch Betonpflaster für 8,50/m² einkaufen kann oder der C12/15 115€/m³ oder so im Mischwerk kostet, sehe ich auch noch keine Knappheit :|

Ich habe mir mal angesehen ob es Unternehmen, deren Hauptgeschäft die Sandgewinnung ist, an der Börse gibt. Bin auf die Firma U.S. Silca gestossen. Die liefern Spülsand für Fracking. Der Kurs der Aktie ist zwar im letzten Monat etwas eingebrochen, hat sich davor seit Ende 2012 aber vervierfacht! So ganz grundlos dürfte die Sorge also nicht sein.

Allerdings gibt es aktuell tatsächlich noch genug Sand, einerseits in Australien, andererseits an viele Stränden. Was allerdings passiert wenn der aufgebraucht ist... (und 15 Mrd Tonnen pro Jahr - Tendenz steigend - muß man sich erst mal vorstellen!)

Kafkaresk fand ich ja den Bericht in der Doku, das in Marokko die Mafia den Sand der Strände stiehlt um damit Hotels an der Küste für Gäste zu bauen, die wegen eben dieser Strände dort Urlaub machen sollen...:freak:

Flyinglosi
2014-10-04, 16:58:25
Ich sehe dass eher so: derartige Knappheiten werden zu neuen Entwicklungen führen. "Rauen" Sand einzusetzen, ist aktuell eben die günstigste Variante. In 20 Jahren ätzt man dann vielleicht durch spezielle Chemikalien oder chemische Prozesse die Oberfläche der Körner während des Aushärtens an, um die Haftung zu verbessern.

Desti
2014-10-04, 19:12:27
Ich habe darüber auch schon andere Dokumentationen gesehen.

Das Erschreckendste dabei ist einfach, das man überall nur den scharfkantigen Sand aus Flüssen oder den Küsten benötigt. Also nicht nur beim Beton, sondern auch beim künstlichen Aufschütten von Inseln oder der Landgewinnung in vollkommen überfüllten Regionen wie Singapur oder Hongkong.

Es ist leider schon soweit, das viele Pazifische Inseln eher von den Sanddieben, als vom Klimawandel bedroht sind. Das heißt, das dort vor den Küsten illegal (oder bestochen) Sand abgebaut wird. Die Löcher bleiben aber nicht ewig bestehen, sondern füllen sich allmählich wieder mit Sand aus der Region. Also dem Sand der Inseln.
Wenn man heute Bilder sieht, wo Strände regelrecht weg gespült worden sind, dann hat das weniger mit einem ein paar Millimeter gestiegenen Meeresspiegel zu tun, sondern damit, das der Sand in die entstandenen Löcher nach gerutscht ist.


Wenn die Inseln eh untergehen, kann man sie doch auch wegbaggern. Das ist doch eher zum Vorteil, denn durch den Verkauf des Sandes können die Bewohner dann die Umsiedlung bezahlen.

Pinoccio
2014-10-04, 21:49:01
Zeit (34/2014):
Wie Gold am Meer
Den Urlaubsparadiesen geht der Rohstoff aus. Strände schrumpfen, Kriminelle verkaufen feuchte Klumpen, und Staubsauger-Schiffe holen letzte Körnchen aus dem Wasser. Der Sand wird zur Kostbarkeit. Was ist passiert?
(http://www.zeit.de/2014/34/strand-sand-verschwinden/komplettansicht)

mfg

Fusion_Power
2014-10-04, 22:36:01
Ich bin sicher dass man den reichlich vorhandenen Wüstensand ebenso prima zur Betonherstellung verwenden kann, wäre ja auch bescheuert wenn nicht. Es gibt unzählige Betonmischungen, mit entsprechenden Zusätzen und moderner Technik sollte auch rundkörniger Sand gut genug halten.
Man stelle sich vor, die Saudis müssten ihren Bausand einfliegen lassen weil ihr Wüstensand nicht der "richtige" Sand ist, bescheuerter gehts ja nicht. :freak:

chatman
2014-10-04, 23:13:53
Man stelle sich vor, die Saudis müssten ihren Bausand einfliegen lassen weil ihr Wüstensand nicht der "richtige" Sand ist, bescheuerter gehts ja nicht. :freak:

Genau das passiert, wie im Eingangsposting geschrieben, in Dubai. Von Wüste umgeben müssen die ihren Bausand aus Australien importieren.
Bis zum heutigen Tag ist Wüstensand also nicht geeignet!

BlueI
2014-10-05, 10:35:49
Gibt es Alternativen zu Beton? :uponder:
Textilbeton statt Stahlbeton würde zumindest einiges an Material einsparen können.
Stahlverstärkung braucht ca. 6cm Überdeckung (je Seite) um eine Korrosion zu verhindern. Carbon-/Glas-/Polymerfaser-verstärkter Beton hat dieses Problem theoretisch nicht; entsprechend bräuchte man auch nur noch soviel Beton, wie mechanisch notwendig ist.
Allerdings haben die textilen Verstärkungen wieder andere Probleme...

Käsetoast
2014-10-05, 11:20:01
Textilbeton statt Stahlbeton würde zumindest einiges an Material einsparen können.
Sicher dass das ein gleichwertiger Ersatz ist? Man benutzt den Stahl ja, weil der Beton die Zug- oder Druckkräfte (eins von beiden - kann mir nie merken welches) nicht ohne Probleme aufnehmen kann. Den Job übernimmt dann der Stahl im Beton. Ich bin skeptisch, ob irgendwelche Textilfasern da ein gleichwertiger Ersatz sind...

anddill
2014-10-05, 11:44:00
Beton kann keinen Zug aufnehmen.
Und genau das ist die Stärke diverser Kunstfasern. Die sind da mindestens genauso gut wie Stahl.

Lokadamus
2014-10-05, 18:45:39
Irgendwas wird sich im Notfall finden lassen.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/ungewoehnlicher-baustoff-chinesen-bauten-grosse-mauer-mit-reis-a-697802.html

Windi
2014-10-05, 19:52:51
Das Problem ist ja nicht, das es keine Alternativen zum Beton gibt.

Aber so lange Sand und Beton das billigste Baumaterial sind, werden sie auch hauptsächlich verwendet.
Und genau dadurch werden wir auch weiterhin das Problem der verschwindenden Küsten und Inseln haben.

Käsetoast
2014-10-05, 21:16:41
Beton kann keinen Zug aufnehmen.
Und genau das ist die Stärke diverser Kunstfasern. Die sind da mindestens genauso gut wie Stahl.
Ja, aber reichen da einige Fasern in der Betonmatrix? Ich meine man schnibbelt ja auch keine Stahlspäne in den Beton, sondern zieht da ganze Gitter oder je nachdem sogar dicke Träger ein. Kann mir gerade nicht vorstellen, dass da eine Textilie genauso funktioniert wie der Stahl...

anddill
2014-10-05, 21:40:18
Ich wollte primär erst mal nur die Frage nach Druck oder Zug beantworten.

piker
2014-10-05, 21:47:29
leute verarsche!!

ich pack den "runden" sand vor ort in eine mühle und "veredle" ihn einfach oder bagger ihn aus dem meer aus größerer tiefe....sand verschiffen...pah!!
:freak:

BlueI
2014-10-06, 13:48:27
Ja, aber reichen da einige Fasern in der Betonmatrix? Ich meine man schnibbelt ja auch keine Stahlspäne in den Beton, sondern zieht da ganze Gitter oder je nachdem sogar dicke Träger ein. Kann mir gerade nicht vorstellen, dass da eine Textilie genauso funktioniert wie der Stahl...
Läuft bei Textilbeton praktisch genauso: Da kommen Faserbündel im Bereich von mehreren Tausend Einzelfasern zum Einsatz. Aus denen werden Gitter hergestellt, beschichtet und dann wie die Stahlgitter bisher auf'm Bau verlegt und mit Beton eingegossen/eingespritzt.
Gibt's aber auch andere Formen, z.B. als Kurzfaserverstärkung direkt im Betonmischer mit eingemischt oder Endlosfaserbündel mit Kunstharz eingegossen. Letztere sehen dann auch von der Form genauso wie Stahlgitter aus (sind also steif und unflexibel). Vorteil liegt halt im geringeren Gewicht bei gleicher Traglast und der geringeren Überdeckung, d.h. die Architekten können sich bspw. filigranere Strukturen ausdenken und umsetzen.

Probleme sind je nach Fasertyp: schlechtere Hitze-/Brandbeständigkeit, mangelnde Beständigkeit im nassen Beton (pH>12), höherer Preis, zumindest in Deutschland bisher fehlende bauliche Zulassung, etc.

Stahlträger sind natürlich nochmal 'ne ganz andere Hausnummer. Keine Ahnung, ob's da (sinnvolle) textile Umsetzungen gibt...

ilPatrino
2014-10-06, 15:02:14
Ja, aber reichen da einige Fasern in der Betonmatrix? Ich meine man schnibbelt ja auch keine Stahlspäne in den Beton, sondern zieht da ganze Gitter oder je nachdem sogar dicke Träger ein. Kann mir gerade nicht vorstellen, dass da eine Textilie genauso funktioniert wie der Stahl...
kurze fasernbündel (12..30mm) untermischen, und die rißbildung ist um größenordnungen besser.

als material entweder stahl, alkaliresistene glasfaser oder alkaliresistente kunststoffe (pp zum beispiel)

Cyphermaster
2014-10-06, 15:12:31
Das Sandproblem ist -leider- real. Es ist nun mal so, daß Wüstensand die Anforderungen vieler technischer Anlagen an Körnung (nicht grob genug) oder Oberfläche (zu glatt/rund) nicht erfüllen kann, und auch mit irgendwelchen Nachbehandlungen nicht erfüllen können wird - man kann ja schlicht nicht aus kleineren Körnern wieder größere zaubern. Deshalb werden zum Bau von Wasserreinigungsanlagen, Betonbauten und verschiedenen anderen Anwendungen auch in Wüstengegenden riesige Mengen Sand importiert.

Die Probleme sind weniger die, daß man technisch keinerlei Alternativen hätte oder entwickeln könnte (siehe "Glassand"), sondern daß die preisgetriebene, starke "Entsandung" der Bereiche, in denen das Material sich natürlich ablagert, diverse ökologische, klimatologische und geologische Probleme verursacht, die sich noch deutlich verstärken werden.

ilPatrino
2014-10-06, 17:17:10
zum anderen darf man nicht vergessen, daß sich viele sande auch aufgrund ihrer chemischen eigenschaften einfach nicht eignen*. daß sich einige sandvorkommen nicht für beton eignen, wurde bereits zu ddr-zeiten umfassend erforscht. nach der wende wurde dieses wissen gaaaanz tief verbuddelt (bzw. man hat die warnungen *VOR* beginn der bauphase der a14 nach kräften ignoriert und totgeschwiegen).

*der zement und die zuschlagstoffe reagieren miteinander - auch nach der aushärtung > der beton löst sich auf.
theoretisch liese sich die schlechtere sandqualität durch anderen zement und diverse zuschlagstoffe kompensieren, aber dadurch steigt der preis deutlich...

mercutio
2014-10-08, 12:05:33
Gibt es Alternativen zu Beton? :uponder:
Steinbruch -> Stein auf Stein mauern

Steineklopfen könnte die Jugendarbeitlosigkeit in Europa abschaffen.

derpinguin
2014-10-08, 12:06:23
Ne, ne...Dann gehen uns demnächst die Steine aus.

mercutio
2014-10-08, 13:38:07
Also bis die Alpen weg sind, dauerts ne Weile.

Dann haben wir endlich freie Sicht bis zum Mittelmeer.

FeuerHoden
2014-10-08, 13:54:24
Ja, aber reichen da einige Fasern in der Betonmatrix? Ich meine man schnibbelt ja auch keine Stahlspäne in den Beton, sondern zieht da ganze Gitter oder je nachdem sogar dicke Träger ein. Kann mir gerade nicht vorstellen, dass da eine Textilie genauso funktioniert wie der Stahl...

http://de.wikipedia.org/wiki/Aramide

Man verwendet das Zeug nicht umsonst in Schusssicheren Westen, oder als Alternative zu Stahl bzw, in Formel 1 Reifen. Ich bin mir nicht sicher aber ich glaube die Seile die einen Reifen am Formel 1 Auto halten sind auch nicht aus Stahl, oder zumindest nicht pur, und die in Holzfällerhosen vernähten Fasern zum Stoppen von Motorsägen sind auch aus Kunststoff.

https://www.youtube.com/watch?v=4-eAjBpWDZ0

Also Kunstfasern und Verbundstoffe haben Stahl längst überholt, sind aber teurer.