Cyphermaster
2014-12-15, 17:44:40
Seagate SSHD-Hybridfestplatten für den Desktop: Power-Pack oder Mogelpackung?
Nachdem wieder mal bei einem PC, bei dem ich Hand anlegen darf, zum Austausch fällig war, habe ich mich dazu durchgerungen, mal eine der eher "exotischen" Kombinationen auszuprobieren - eine konventionelle Festplatte mit zusätzlichem Flashspeicher-Cache. Die Wahl fiel mangels großer Konkurrenz in diesem Bereich (SSHDs werden aktuell nur von Toshiba und Seagate angeboten, und Toshiba beschränkt sich auf 2.5"-Laptop-Platten) auf folgendes Modell:
http://geizhals.at/p/8345/988345/988345-1.jpghttp://geizhals.at/p/8345/988345/988345-2.jpg
(Bildquelle: Geizhals.at)
Seagate Desktop SSHD, 2TB, SATA 6GB/s (http://geizhals.at/de/seagate-desktop-sshd-1tb-st1000dx001-a988345.html)
1. Einleitung
Eigentlich würde man mittlerweile erwarten, daß in einen Desktop-PC in jedem Fall eine SSD für die Systempartition verbaut wird. In einer Preisregion von etwa 100 Euro finden sich schließlich inzwischen nicht wenige Modelle jenseits der 240 GB, und diese sind in Benchmarks deutlich solchen Hybrid-Platten überlegen. Weshalb also überhaupt eine SSHD statt einer SSD kaufen, wenn man nicht Einbauplatz-limitiert ist wie bei Laptops? Kurz gesagt: Bei dem betreffenden PC geht es eben nicht um einen Maximum-Performance-Gaming-PC. Das angestrebte Nutzungsprofil des Rechners beinhaltet neben etwas Surfen und Videos im Wesentlichen Bilder, Bilder, Bilder und nochmals Bilder (na gut, ein paar Videos sind auch noch dabei). Ziel ist also nicht die ultimativste Performance, sondern eine gute Mischung aus flotten Reaktionszeiten und ordentlich Speicherplatz bei einem vernünftigen Budget. Bauraum steht genug zur Verfügung. Eine große SSD schied also von vorn herein aus, es blieb nur die Frage, ob kleine SSD plus große HDD oder eine große SSHD. Bei SSD+HDD stellte sich dann noch die Frage, ob man eine eigene System-SSD+Datengrab verbaut, oder auf die ebenfalls eher exotische Lösung "ReadyCache" von SanDisk setzt. Dabei handelt es sich um eine normale 32GB (keine andere Größe verfügbar/unterstützt) SSD, die über eine zusätzliche Software im System versteckt als Cache für die Laufwerke eingebunden wird, und wie der Seagate-Controller die meistbenutzten Daten erlernt und bereitstellt. Dieses Modell kostet aber mit ca. 40 Euro aktuell genauso viel wie eine 60GB SSD.
Die Rechnung war also:
SSD 60GB + HDD 2TB: 40+70 = ~120€
SSHD 2TB: ~100€
SSD 60GB + HDD 1TB: 40+50 = ~90€
SSHD 1TB: ~80€
Andere Modelle als 1TB und 2TB werden aktuell nicht angeboten, wobei auch die 2TB-Version einfach nur 2x die 1TB-Platter besitzt.
Wie man sieht, kommt man mit den SSHDs ein gutes Stück billiger weg, als mit der Kombination aus SSD+HDD. Bleibt die Frage nach der Performance, also auf in medias res.
2. Auspacken/Zubehör/Installation
Gesagt, getan, die SSHD bestellt. Wenige Tage danach hatte ich das gute Stück in Händen. Recht schmuck- und leider auch zubehörlos (weiß man aber, Kabel hatte ich zurechtgelegt), lediglich in Antistatikfolie gehüllt - eine Festplatte eben. Die SSHD unterscheidet sich optisch von anderen 3,5-Zoll-Festplatten praktisch überhaupt nicht, nur die Controller-Platine scheint etwas größer zu sein, um die 8GB Flashspeicher und den extra Controller zusätzlich aufnehmen zu können. Leider sind diese auf der Platine innenseitig verbaut, so daß ohne Garantieverlust nicht wasserdicht herauszubekommen war, wieviele Speicherbausteine dafür verbaut werden, respektive wieviel spare area man zum internen wear management einkalkuliert hat.
Im positiven Sinne unspektakulär verläuft auch die Installation, respektive das Migrieren der alten Installation: Ab ins Gehäuse, Kabel stecken und PC starten, alte Platte klonen, läuft! Der Flashspeicher wird weder irgendwo als Speicherplatz angezeigt, noch ist er konfigurierbar, da die 8GB Flashspeicher direkt und nur über einen zusätzlichen, Festplatten-eigenen Controller angesprochen und verwaltet werden. Man muß weder auf Alignment, noch TRIM-Einstellungen, Partitionsgrößen, oder Sonstiges achten. Auch eine Treiber- oder Software-Installation ist unnötig. Die SSHD verhält sich so "gutmütig" wie eine HDD, Fehler sind also abseits von böser Absicht schwer zu machen.
3. Der Praxistest
Wer hier große Benchmarkorgien mit synthetischen Tools erwartet, wird (zumindest aktuell) enttäuscht - ich habe mich auf die real angewendete Software beschränkt. Was aber unmittelbar festzustellen ist, ist die Tatsache, daß der Controller eine spürbare "Lernkurve" aufweist. Da es keine Möglichkeit gibt, der Festplatte aktiv zu sagen, welche Anwendungen und Dateien im schnellen SSD-Teil gecached werden sollen, verteilt der Controller den Platz ganz simpel nach dem Nutzungsverhalten: die nach Statistik am Häufigsten benötigten Daten werden gespiegelt, bis der Cache voll ist, und Punkt. Verändert man sein Nutzungsverhalten wesentlich (z.B. Aufspielen neuer Software, häufigeres Laden von neuen oder lange nicht mehr benutzten Dateien), nutzt einem der Cache nichts, und die Platte verhält sich 1:1 wie eine konventionelle Seagate Barracuda. Besonders zu spüren ist das bei einer Neuinstallation/größeren Windows-Updates oder bei den ersten Sitzungen: Der SSD-typische "WOW!!!"-Effekt fehlt erst einmal. Nach den ersten 5-7 Sitzungen sieht es dann aber völlig anders aus, wenn der Controller sich auf den Benutzer eingestellt hat:
Startzeit Windows 7 vorher (alte Platte): ca. 68 Sekunden.
Startzeit Windows 7 SSHD (1. Start): ca. 59 Sekunden
Startzeit Windows 7 SSHD (5+ Starts): ca. 28 Sekunden
Startzeit Mailprogramm vorher (alte Platte): ca. 5 Sekunden
Startzeit Mailprogramm SSHD (1. Start): ca. 5 Sekunden
Startzeit Mailprogramm SSHD (5+ Starts): ca. 1 Sekunde
Startzeit Bildbearbeitung vorher (alte Platte): ca. 10 Sekunden
Startzeit Bildbearbeitung SSHD (1. Start): ca. 9 Sekunden
Startzeit Bildbearbeitung SSHD (5+ Starts): ca. 3 Sekunden
Zufälliger Level - Ladezeit im Lieblingsspiel vorher (alte Platte): ca. 15 Sekunden
Zufälliger Level - Ladezeit im Lieblingsspiel SSHD (1. Start): ca. 13 Sekunden
Zufälliger Level - Ladezeit im Lieblingsspiel SSHD (5+ Starts): ca. 10 Sekunden
Schreiben große Bilddatei (RAW-Format) vorher (alte Platte): ca. 6 Sekunden
Schreiben große Bilddatei (RAW-Format) auf SSHD (1. Start): ca. 5 Sekunden
Schreiben große Bilddatei (RAW-Format) auf SSHD (5+ Starts): ca. 5 Sekunden
<...hier kommen noch weitere Daten rein...>
Man bemerkt sehr deutlich, daß sich das System hinsichtlich der Performance satt in Richtung SSD bewegt, was die Ladezeiten betrifft. Auch die an sich geringe Größe von nur 8GB (sogar bei der kleinsten 1TB-Version der Baureihe sind das nur 0,8% der gesamten Platte!) limitieren beim üblichen, eingeschränkten Spektrum an genutzten Anwendungen nicht. Die SSHD ist bei Lesezugriffen in ihrem Element, und nutzt auch bei parallelem Laden aus dem SSD-Cache und von der Magnetplatte ihre Leistung voll aus. Bei Schreibzugriffen dagegen bewegt sich nichts nennenswert schneller voran, was aber im Alltagsbetrieb nicht wirklich ein großer Flaschenhals ist (u.a. wird auch bei den erfolgreichen Corsair SSDs m4/M5000/MX der Fokus auf Lesen gelegt), genauso wie der Aufruf von Bilddateien bei bereits geöffnetem Bearbeitungsprogramm - da ist wie gehabt sowieso der Mensch beim Suchen der richtigen Datei im Ordner die größere Bremse. Aber auch im alltäglichen Lese-/Schreib-"Mischbetrieb" schlägt sich die SSHD überraschend gut, die Reaktivität des System ist spürbar gegenüber einer Standard-Magnetplatte gestiegen, wenn man beispielsweise zwischen dem Browser mit vielen offenen Tabs und dem Mailprogramm wechselt.
Als SSD-Verwöhnter wird man sicherlich versucht sein, "Na DA ist meine SSD aber doch deutlich schneller!" zu sagen; allerdings erstens nur ab und an, und zweitens relativiert sich das doch schnell, wenn man sich das Preisniveau von 1TB/2TB SSDs ansieht. Je mehr man als User ein "Standardschema" hinsichtlich der Benutzung seines PC hat -was die große Mehrheit der Leute sein dürfte- hält sich die Anzahl dieser Gelegenheiten sowieso sehr in Grenzen.
<...hier kommen noch weitere Daten rein...>
4. Lautstärke und Vibrationen
Wie jede mechanische Festplatte, kommt auch die mit ein paar Flashspeichern aufgerüstete Seagate nicht ohne einen gewissen Geräuschpegel weg. Der ist wie bei vergleichbaren Seagate 7200rpm-Platten nicht besonders hoch, aber für Silent-Fetischisten natürlich suboptimal. Eine gewisse Besonderheit gibt es aber bei der SSHD: Im Durchschnitt gesehen, ist das Geräuschniveau wie die Vibrationen etwas geringer bzw. angenehmer, abhängig davon, wieviele Zugriffsbewegungen des Schreib-/Lesekopfs durch den Flashspeicher vermieden werden können. Meßtechnisch ist sowas schwer wiederzugeben, aber gefühlt ist das System durch die sehr viel selteneren Geräuschspitzen deutlich unaufdringlicher für den User.
5. Pro/Contra-Liste
+ Sehr deutlich beschleunigter Systemstart
+ Bei immer gleichem Benutzungsprofil sehr deutliche Verringerung von Ladezeiten der genutzten Programme
+ Laufgeräusch und Vibrationen tendenziell verringert
+ Praktisch narrensichere Installation (keine Treiber, keine Konfiguration, nur ein Anschluß und ein Gehäuseslot belegt)
+ Durchgehend hohe Übertragungsraten
+ Reaktivität des Systems sehr deutlich gestiegen
+ Aufpreis gegenüber konventionellen HDDs gering, billiger als Kombination aus separater SSD+HDD
- Schlechte Verfügbarkeit im Handel (besonders 4 GB-Version)
- Performance insgesamt klar unterhalb von reinen SSDs (geringere Datentransfer-Rate, geringere IOPS)
- Praktisch keine Beschleunigung von Schreibvorgängen und beim Lesen wenig genutzter Dateien
- Keine Varianten mit mehr als 8GB Flashspeicher erhältlich, um mehr/größere Programme zu cachen
- Keine Konfigurationsmöglichkeiten für den Cache, bei wechselnden Benutzern mit verschiedenem Nutzungsverhalten absehbar sinkender Beschleunigungseffekt
- Cache ist nur vom Laufwerk selbst ansprechbar, im Gegensatz zu SanDisks "ReadyCache"-Lösung (Caching ALLER Laufwerke)
- Unklare Menge des spare area (wichtig für Cache-Effektivität über die Lebensdauer)
6. Fazit/Ausblick
Insgesamt läßt sich sagen: Ich bin aktuell, also nach einigen Wochen Gebrauch, deutlich positiv überrascht, wie positiv bereits die nur 8GB Flashspeicher-Cache sich auf die Alltagsnutzung einer Festplatte auswirken können. Man sollte bei einem Kauf zwar nicht erwarten, mit einer SSD konkurrieren zu können, aber verglichen mit einer rein konventionellen Festplatte ist die SSHD nichts desto trotz eine Rakete - passendes Nutzungsprofil vorausgesetzt. Darüber hinaus ist die Lösung extrem unkompliziert, und der Aufpreis absolut erträglich. Was das Bild als Einziges etwas trübt, ist die doch etwas magere, feste Cache-Größe, die bei Usern von großen Software-Suiten und vielen Programmen nicht für alles ausreichen und die Beschleunigung etwas verhageln könnte. Ebenfalls ein gewisser Kritikpunkt ist, daß die Performance über die Zeit eventuell deutlicher sinken könnte als bei SSDs gewohnt, weil praktisch durchgehend der komplette Flashspeicher in Benutzung ist. Es war jedenfalls auch bisher nicht herauszufinden, ob und wieviel zusätzlicher Flashspeicher als Reserve verbaut ist, oder ob gar die 8GB nur "brutto" sind, also davon nochmal spare area abzuziehen ist (z.B. dann nur 6GB effektiv genutzt werden und 2 GB Reserve bleiben). Da wäre etwas mehr Information seitens Seagate schön gewesen, genau wie die Option, für ein paar wenige Euro mehr noch Flashspeicher zu haben. Unter dem Strich also: Würde ich mit dem jetzigen Wissen die SSHD wieder kaufen? Absolut! Für ein günstiges, trotzdem flottes System mit viel Speicherplatz wie z.B. einem HTPC oder einem heimischen Arbeits-PC eignen sie sich wirklich exzellent, ohne daß man sich in irgendeiner Weise in Konfigurations- oder Platzoptimierungs-Orgien versteigen müßte.
Wertung meinerseits: 8/10 Punkten.
Ich kann mir sogar vorstellen, daß eine SSHD auch da zukünftig ihre Nischen finden könnte, wo sie bisher gar nicht eingesetzt wird bzw. nicht geplant wurde. An sich war ganz klar die Idee hinter der SSHD, die Vorteile einer SSD mit denen einer HDD zu verbinden, wenn man für eine Kombination nicht den Platz (v.a. in Laptops) oder nicht das Budget hat. Gelöst hat man das mit dem Kompromiß, hauptsächlich die Lese-Performance für häufig genutzte Daten zu verbessern. Blickt man aber über den Tellerrand, so fällt einem ein, daß ja wie bei normalen Anwendungen auch beim Gaming immer wieder die gleichen Daten angefordert werden, und moderne Spiele in ihrer Installationsgröße mittlerweile mit Leichtigkeit einige Gigabytes groß sind. Für Diejenigen unter den Gamern, die nun nicht über so großes Budget verfügen, könnten also solche Hybrid-SSD/HDD-Lösungen erlauben, sich mit einer kleineren Betriebssystem-SSD zu begnügen, und trotzdem bei den Nachladezeiten nicht ganz so stark beeinträchtigt zu sein, wie mit der Installation der Spiele auf einer HDD ohne SSD-Cache. Dafür wären dann allerdings Varianten mit etwas mehr Flashspeicher wünschenswert, um auch große Spiele-Installationen komplett im Cache halten zu können.
Nachdem wieder mal bei einem PC, bei dem ich Hand anlegen darf, zum Austausch fällig war, habe ich mich dazu durchgerungen, mal eine der eher "exotischen" Kombinationen auszuprobieren - eine konventionelle Festplatte mit zusätzlichem Flashspeicher-Cache. Die Wahl fiel mangels großer Konkurrenz in diesem Bereich (SSHDs werden aktuell nur von Toshiba und Seagate angeboten, und Toshiba beschränkt sich auf 2.5"-Laptop-Platten) auf folgendes Modell:
http://geizhals.at/p/8345/988345/988345-1.jpghttp://geizhals.at/p/8345/988345/988345-2.jpg
(Bildquelle: Geizhals.at)
Seagate Desktop SSHD, 2TB, SATA 6GB/s (http://geizhals.at/de/seagate-desktop-sshd-1tb-st1000dx001-a988345.html)
1. Einleitung
Eigentlich würde man mittlerweile erwarten, daß in einen Desktop-PC in jedem Fall eine SSD für die Systempartition verbaut wird. In einer Preisregion von etwa 100 Euro finden sich schließlich inzwischen nicht wenige Modelle jenseits der 240 GB, und diese sind in Benchmarks deutlich solchen Hybrid-Platten überlegen. Weshalb also überhaupt eine SSHD statt einer SSD kaufen, wenn man nicht Einbauplatz-limitiert ist wie bei Laptops? Kurz gesagt: Bei dem betreffenden PC geht es eben nicht um einen Maximum-Performance-Gaming-PC. Das angestrebte Nutzungsprofil des Rechners beinhaltet neben etwas Surfen und Videos im Wesentlichen Bilder, Bilder, Bilder und nochmals Bilder (na gut, ein paar Videos sind auch noch dabei). Ziel ist also nicht die ultimativste Performance, sondern eine gute Mischung aus flotten Reaktionszeiten und ordentlich Speicherplatz bei einem vernünftigen Budget. Bauraum steht genug zur Verfügung. Eine große SSD schied also von vorn herein aus, es blieb nur die Frage, ob kleine SSD plus große HDD oder eine große SSHD. Bei SSD+HDD stellte sich dann noch die Frage, ob man eine eigene System-SSD+Datengrab verbaut, oder auf die ebenfalls eher exotische Lösung "ReadyCache" von SanDisk setzt. Dabei handelt es sich um eine normale 32GB (keine andere Größe verfügbar/unterstützt) SSD, die über eine zusätzliche Software im System versteckt als Cache für die Laufwerke eingebunden wird, und wie der Seagate-Controller die meistbenutzten Daten erlernt und bereitstellt. Dieses Modell kostet aber mit ca. 40 Euro aktuell genauso viel wie eine 60GB SSD.
Die Rechnung war also:
SSD 60GB + HDD 2TB: 40+70 = ~120€
SSHD 2TB: ~100€
SSD 60GB + HDD 1TB: 40+50 = ~90€
SSHD 1TB: ~80€
Andere Modelle als 1TB und 2TB werden aktuell nicht angeboten, wobei auch die 2TB-Version einfach nur 2x die 1TB-Platter besitzt.
Wie man sieht, kommt man mit den SSHDs ein gutes Stück billiger weg, als mit der Kombination aus SSD+HDD. Bleibt die Frage nach der Performance, also auf in medias res.
2. Auspacken/Zubehör/Installation
Gesagt, getan, die SSHD bestellt. Wenige Tage danach hatte ich das gute Stück in Händen. Recht schmuck- und leider auch zubehörlos (weiß man aber, Kabel hatte ich zurechtgelegt), lediglich in Antistatikfolie gehüllt - eine Festplatte eben. Die SSHD unterscheidet sich optisch von anderen 3,5-Zoll-Festplatten praktisch überhaupt nicht, nur die Controller-Platine scheint etwas größer zu sein, um die 8GB Flashspeicher und den extra Controller zusätzlich aufnehmen zu können. Leider sind diese auf der Platine innenseitig verbaut, so daß ohne Garantieverlust nicht wasserdicht herauszubekommen war, wieviele Speicherbausteine dafür verbaut werden, respektive wieviel spare area man zum internen wear management einkalkuliert hat.
Im positiven Sinne unspektakulär verläuft auch die Installation, respektive das Migrieren der alten Installation: Ab ins Gehäuse, Kabel stecken und PC starten, alte Platte klonen, läuft! Der Flashspeicher wird weder irgendwo als Speicherplatz angezeigt, noch ist er konfigurierbar, da die 8GB Flashspeicher direkt und nur über einen zusätzlichen, Festplatten-eigenen Controller angesprochen und verwaltet werden. Man muß weder auf Alignment, noch TRIM-Einstellungen, Partitionsgrößen, oder Sonstiges achten. Auch eine Treiber- oder Software-Installation ist unnötig. Die SSHD verhält sich so "gutmütig" wie eine HDD, Fehler sind also abseits von böser Absicht schwer zu machen.
3. Der Praxistest
Wer hier große Benchmarkorgien mit synthetischen Tools erwartet, wird (zumindest aktuell) enttäuscht - ich habe mich auf die real angewendete Software beschränkt. Was aber unmittelbar festzustellen ist, ist die Tatsache, daß der Controller eine spürbare "Lernkurve" aufweist. Da es keine Möglichkeit gibt, der Festplatte aktiv zu sagen, welche Anwendungen und Dateien im schnellen SSD-Teil gecached werden sollen, verteilt der Controller den Platz ganz simpel nach dem Nutzungsverhalten: die nach Statistik am Häufigsten benötigten Daten werden gespiegelt, bis der Cache voll ist, und Punkt. Verändert man sein Nutzungsverhalten wesentlich (z.B. Aufspielen neuer Software, häufigeres Laden von neuen oder lange nicht mehr benutzten Dateien), nutzt einem der Cache nichts, und die Platte verhält sich 1:1 wie eine konventionelle Seagate Barracuda. Besonders zu spüren ist das bei einer Neuinstallation/größeren Windows-Updates oder bei den ersten Sitzungen: Der SSD-typische "WOW!!!"-Effekt fehlt erst einmal. Nach den ersten 5-7 Sitzungen sieht es dann aber völlig anders aus, wenn der Controller sich auf den Benutzer eingestellt hat:
Startzeit Windows 7 vorher (alte Platte): ca. 68 Sekunden.
Startzeit Windows 7 SSHD (1. Start): ca. 59 Sekunden
Startzeit Windows 7 SSHD (5+ Starts): ca. 28 Sekunden
Startzeit Mailprogramm vorher (alte Platte): ca. 5 Sekunden
Startzeit Mailprogramm SSHD (1. Start): ca. 5 Sekunden
Startzeit Mailprogramm SSHD (5+ Starts): ca. 1 Sekunde
Startzeit Bildbearbeitung vorher (alte Platte): ca. 10 Sekunden
Startzeit Bildbearbeitung SSHD (1. Start): ca. 9 Sekunden
Startzeit Bildbearbeitung SSHD (5+ Starts): ca. 3 Sekunden
Zufälliger Level - Ladezeit im Lieblingsspiel vorher (alte Platte): ca. 15 Sekunden
Zufälliger Level - Ladezeit im Lieblingsspiel SSHD (1. Start): ca. 13 Sekunden
Zufälliger Level - Ladezeit im Lieblingsspiel SSHD (5+ Starts): ca. 10 Sekunden
Schreiben große Bilddatei (RAW-Format) vorher (alte Platte): ca. 6 Sekunden
Schreiben große Bilddatei (RAW-Format) auf SSHD (1. Start): ca. 5 Sekunden
Schreiben große Bilddatei (RAW-Format) auf SSHD (5+ Starts): ca. 5 Sekunden
<...hier kommen noch weitere Daten rein...>
Man bemerkt sehr deutlich, daß sich das System hinsichtlich der Performance satt in Richtung SSD bewegt, was die Ladezeiten betrifft. Auch die an sich geringe Größe von nur 8GB (sogar bei der kleinsten 1TB-Version der Baureihe sind das nur 0,8% der gesamten Platte!) limitieren beim üblichen, eingeschränkten Spektrum an genutzten Anwendungen nicht. Die SSHD ist bei Lesezugriffen in ihrem Element, und nutzt auch bei parallelem Laden aus dem SSD-Cache und von der Magnetplatte ihre Leistung voll aus. Bei Schreibzugriffen dagegen bewegt sich nichts nennenswert schneller voran, was aber im Alltagsbetrieb nicht wirklich ein großer Flaschenhals ist (u.a. wird auch bei den erfolgreichen Corsair SSDs m4/M5000/MX der Fokus auf Lesen gelegt), genauso wie der Aufruf von Bilddateien bei bereits geöffnetem Bearbeitungsprogramm - da ist wie gehabt sowieso der Mensch beim Suchen der richtigen Datei im Ordner die größere Bremse. Aber auch im alltäglichen Lese-/Schreib-"Mischbetrieb" schlägt sich die SSHD überraschend gut, die Reaktivität des System ist spürbar gegenüber einer Standard-Magnetplatte gestiegen, wenn man beispielsweise zwischen dem Browser mit vielen offenen Tabs und dem Mailprogramm wechselt.
Als SSD-Verwöhnter wird man sicherlich versucht sein, "Na DA ist meine SSD aber doch deutlich schneller!" zu sagen; allerdings erstens nur ab und an, und zweitens relativiert sich das doch schnell, wenn man sich das Preisniveau von 1TB/2TB SSDs ansieht. Je mehr man als User ein "Standardschema" hinsichtlich der Benutzung seines PC hat -was die große Mehrheit der Leute sein dürfte- hält sich die Anzahl dieser Gelegenheiten sowieso sehr in Grenzen.
<...hier kommen noch weitere Daten rein...>
4. Lautstärke und Vibrationen
Wie jede mechanische Festplatte, kommt auch die mit ein paar Flashspeichern aufgerüstete Seagate nicht ohne einen gewissen Geräuschpegel weg. Der ist wie bei vergleichbaren Seagate 7200rpm-Platten nicht besonders hoch, aber für Silent-Fetischisten natürlich suboptimal. Eine gewisse Besonderheit gibt es aber bei der SSHD: Im Durchschnitt gesehen, ist das Geräuschniveau wie die Vibrationen etwas geringer bzw. angenehmer, abhängig davon, wieviele Zugriffsbewegungen des Schreib-/Lesekopfs durch den Flashspeicher vermieden werden können. Meßtechnisch ist sowas schwer wiederzugeben, aber gefühlt ist das System durch die sehr viel selteneren Geräuschspitzen deutlich unaufdringlicher für den User.
5. Pro/Contra-Liste
+ Sehr deutlich beschleunigter Systemstart
+ Bei immer gleichem Benutzungsprofil sehr deutliche Verringerung von Ladezeiten der genutzten Programme
+ Laufgeräusch und Vibrationen tendenziell verringert
+ Praktisch narrensichere Installation (keine Treiber, keine Konfiguration, nur ein Anschluß und ein Gehäuseslot belegt)
+ Durchgehend hohe Übertragungsraten
+ Reaktivität des Systems sehr deutlich gestiegen
+ Aufpreis gegenüber konventionellen HDDs gering, billiger als Kombination aus separater SSD+HDD
- Schlechte Verfügbarkeit im Handel (besonders 4 GB-Version)
- Performance insgesamt klar unterhalb von reinen SSDs (geringere Datentransfer-Rate, geringere IOPS)
- Praktisch keine Beschleunigung von Schreibvorgängen und beim Lesen wenig genutzter Dateien
- Keine Varianten mit mehr als 8GB Flashspeicher erhältlich, um mehr/größere Programme zu cachen
- Keine Konfigurationsmöglichkeiten für den Cache, bei wechselnden Benutzern mit verschiedenem Nutzungsverhalten absehbar sinkender Beschleunigungseffekt
- Cache ist nur vom Laufwerk selbst ansprechbar, im Gegensatz zu SanDisks "ReadyCache"-Lösung (Caching ALLER Laufwerke)
- Unklare Menge des spare area (wichtig für Cache-Effektivität über die Lebensdauer)
6. Fazit/Ausblick
Insgesamt läßt sich sagen: Ich bin aktuell, also nach einigen Wochen Gebrauch, deutlich positiv überrascht, wie positiv bereits die nur 8GB Flashspeicher-Cache sich auf die Alltagsnutzung einer Festplatte auswirken können. Man sollte bei einem Kauf zwar nicht erwarten, mit einer SSD konkurrieren zu können, aber verglichen mit einer rein konventionellen Festplatte ist die SSHD nichts desto trotz eine Rakete - passendes Nutzungsprofil vorausgesetzt. Darüber hinaus ist die Lösung extrem unkompliziert, und der Aufpreis absolut erträglich. Was das Bild als Einziges etwas trübt, ist die doch etwas magere, feste Cache-Größe, die bei Usern von großen Software-Suiten und vielen Programmen nicht für alles ausreichen und die Beschleunigung etwas verhageln könnte. Ebenfalls ein gewisser Kritikpunkt ist, daß die Performance über die Zeit eventuell deutlicher sinken könnte als bei SSDs gewohnt, weil praktisch durchgehend der komplette Flashspeicher in Benutzung ist. Es war jedenfalls auch bisher nicht herauszufinden, ob und wieviel zusätzlicher Flashspeicher als Reserve verbaut ist, oder ob gar die 8GB nur "brutto" sind, also davon nochmal spare area abzuziehen ist (z.B. dann nur 6GB effektiv genutzt werden und 2 GB Reserve bleiben). Da wäre etwas mehr Information seitens Seagate schön gewesen, genau wie die Option, für ein paar wenige Euro mehr noch Flashspeicher zu haben. Unter dem Strich also: Würde ich mit dem jetzigen Wissen die SSHD wieder kaufen? Absolut! Für ein günstiges, trotzdem flottes System mit viel Speicherplatz wie z.B. einem HTPC oder einem heimischen Arbeits-PC eignen sie sich wirklich exzellent, ohne daß man sich in irgendeiner Weise in Konfigurations- oder Platzoptimierungs-Orgien versteigen müßte.
Wertung meinerseits: 8/10 Punkten.
Ich kann mir sogar vorstellen, daß eine SSHD auch da zukünftig ihre Nischen finden könnte, wo sie bisher gar nicht eingesetzt wird bzw. nicht geplant wurde. An sich war ganz klar die Idee hinter der SSHD, die Vorteile einer SSD mit denen einer HDD zu verbinden, wenn man für eine Kombination nicht den Platz (v.a. in Laptops) oder nicht das Budget hat. Gelöst hat man das mit dem Kompromiß, hauptsächlich die Lese-Performance für häufig genutzte Daten zu verbessern. Blickt man aber über den Tellerrand, so fällt einem ein, daß ja wie bei normalen Anwendungen auch beim Gaming immer wieder die gleichen Daten angefordert werden, und moderne Spiele in ihrer Installationsgröße mittlerweile mit Leichtigkeit einige Gigabytes groß sind. Für Diejenigen unter den Gamern, die nun nicht über so großes Budget verfügen, könnten also solche Hybrid-SSD/HDD-Lösungen erlauben, sich mit einer kleineren Betriebssystem-SSD zu begnügen, und trotzdem bei den Nachladezeiten nicht ganz so stark beeinträchtigt zu sein, wie mit der Installation der Spiele auf einer HDD ohne SSD-Cache. Dafür wären dann allerdings Varianten mit etwas mehr Flashspeicher wünschenswert, um auch große Spiele-Installationen komplett im Cache halten zu können.