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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Pädagogik-Studium: danach ist davor?


Gast
2015-04-12, 23:20:45
Hi,

ich studiere Pädagogik M.A. und bin kurz vor dem Abschluss. Mein Schwerpunkt ist Erwachsenenbildung/Sonderpädagogik. Im "Hauptstudium" habe ich mich auf Gesundheitsbildung spezialisiert. Das Studium hat viel Spass gemacht und es waren schöne 5 Jahre, jedoch habe ich riesige Angst davor, dass ich nach dem Abschluss ohne Job dastehen werde bzw. mit einem schlecht bezahlten Job, von dem ich nicht leben kann.

Von anderen Leuten, die ebenfalls Pädagogik studiert haben und auf der Suche sind oder waren, höre ich fast nur Horrorgeschichten: Arbeitslosigkeit, 1200€ Netto für eine Vollzeitwoche inkl. vieler Überstunden, prekäre Arbeitsverhältnisse, Umschulung usw.! Das sind ja Perspektiven wie bei einem Ungelernten. Ich will ja nun nicht reich werden, aber ich will auch nicht vegetieren. Vom Aufbau und Finanzierung einer Familie ganz zu schweigen.

Es gibt zwar durchaus Jobs, die ganz OK bezahlt sind, aber erstens sind das dann Stellen, wo 300 Bewerbungen auf eine Stelle eintrudeln und zweitens gibt es viel Konkurrenz aus anderen Studiengängen, die sich dafür dann auch bewirbt (BWLer mit bestimmten Schwerpunkten, Ökotrophologen, Psychotherapeuten usw.)! Manchmal denke ich echt, dass man studiert um arm oder arbeitslos zu sein. Ich habe schon darüber nachgedacht, mich Richtung Lehramt bzw. Berufsschullehramt weiterzubilden, aber das wären dann wohl zusätzliche 2 bis 3 Jahre, je nach nachdem. Allerdings wären danach die Perspektiven deutlich besser.

Mich würden vor allem Meinungen und Erfahrungswerte von Leuten interessieren, die einen ähnlichen Lebenslauf haben oder Erfahrungen in der Hinsicht.

MFG, Gast

Shink
2015-04-13, 08:25:31
Meine Frau hat das auch gemacht, Schwerpunkt Sozialpädagogik. Und sie würde dir wohl zustimmen.
Ich hingegen nicht... das, was ich bei ihrem Studium gelernt hab, hab ich in meiner Informatiker-Laufbahn und auch privat gut anwenden können; so unlogisch das auch klingt.

Zum Pädagogik-Studium selbst: Das ist tatsächlich für sich alleine gestellt als Berufsvorbereitung für wenig zu gebrauchen.
Wichtig ist, dass du nicht einen Beruf als Taxler, Regaleinräumer o.ä. ergreifst.

Wenn du tatsächlich in "der Branche" bleibst oder eine hochwertige parallele Ausbildung machst, kannst du langfristig noch vom Studium profitieren. Das muss das "Endziel" sein, dann klappt es auch irgendwann mit der Bezahlung.

Du könntest ja deinen pädagogischen Wunschberuf als langfristiges Ziel definieren und in den nächsten Jahren Dinge machen, die dich dort weiter hinbringen: Ein winziger Nebenjob in der Erwachsenenbildung, eine ehrenamtliche Tätigkeit, eine Weiterbildung mit Berufsbefähigkeitsprüfung (oder wie auch immer das bei euch heißt) - am besten bezahlt vom Stakeholder des Nebenjobs oder der ehrenamtlichen Tätigkeit.

Klingt jetzt nicht so toll, ich weiß. Vielleicht hast du auch das Glück, eine wahnsinns-Stelle zu finden, aber wenn nicht - den Fall solltest du auf jeden Fall auch einplanen.

Ich kenne auch genug Studiumsabgänger von anderen Richtungen (z.B. Biologie, BWL), die als erstes einen halbwegs gut bezahlten Beruf in der Informatik gefunden haben und dort früher oder später ihr Wissen einbringen konnten. Oder auch nicht. Kann passieren... Wobei ich denke, dass du da mit Pädagogik gar nicht so schlecht dran wärst.

Backbone
2015-04-13, 08:34:01
Arbeit mit Menschen wird schlecht bezahlt, wenn überhaupt. Das ist leider so und wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Wenn du in der Branche bleiben willst muss du eben die Ochsentour machen und viele viele Bewerbungen schreiben, befristete Projektstellen annehmen oder sogar Praktika machen. Blöd, aber so isses nunmal.
Es hindert dich aber andersherum auch keiner daran, in augenscheindlich völlig fachfremde Branchen zu schauen. Man würde sich etwa wundern, welche Lebensläufe man bei Beratungsfirmen oder in einigen Abteilungen von Industriekonzernen so findet.
Wenn du diesen Weg gehen willst, dann vergiss die Idee dich als Pädagoge zu bewerben. Such Stellen wo du deine Fähigkeiten anbringen kannst. Schau auch mal nach Trainee-Stellen bei großen Konzernen. Mit deinem Studium bist du vielleicht erstmal ein Paradisvogel, aber das kann durchaus ein Vorteil sein.

Flyinglosi
2015-04-13, 12:47:39
Das sind ja Perspektiven wie bei einem Ungelernten.
...
Manchmal denke ich echt, dass man studiert um arm oder arbeitslos zu sein.

Wo steht denn geschrieben, dass ein Uniabschluss einem automatisch einen Vorteil beim Geldverdienen verschafft?

Es lag eigentlich in deiner Verantwortung dich nach bestem Wissen und Gewissen für ein Fachgebiet zu entscheiden, und hier steht es jedem frei, die für ihn relevanten Aspekte zu beurteilen. Du hast damals den späteren beruflichen Möglichkeiten scheinbar keinerlei Beachtung geschenkt, und nun rächt sich dass eben.

Aber da kann man dir nichtmal einen Vorwurf machen. Ständig wird freier und völlig unbeschränkter Zugang zu Bildung gefordert und es wird völlig vergessen, dass große Teile der Bevölkerung gar nicht fähig bzw. mündig genug sind, um derartige Entscheidungen zu treffen.

mfg Stephan

byola
2015-04-13, 13:06:15
Da wirst den Weg über die Praxis nicht vermeiden können oder bleibst gleich an der Uni.
Niemand wartet auf Theoretiker in deinem Bereich auf dem Arbeitsmarkt. Idealerweise hättest du schon während des Studiums Kontakte in der Praxis zu deinem erwünschten Arbeitsbereich geknüpft.
Für Positionen in Verantwortung (und mit besserer Bezahlung) geht hier nur der Weg von Unten nach Oben. Oft schicken Arbeitgeber lieber fähige Mitarbeiter zu einem berufsbegleitenen Studium, um sie für höhere oder Leitungspositionen zu qualifizieren, als einen praxisfernen, studierten Theoretiker mühsam einzuarbeiten.
Insofern hast du Recht mit "danach ist davor". Du hast bisher nur die rechtliche Qualifikation, um einen Job auszuüben, für den dir aber die reale Erfahrung fehlt.

drexsack
2015-04-13, 13:42:43
[x] Ein Studium ist kein Selbstzweck (mehr)

Nakai
2015-04-13, 14:25:49
[x] Ein Studium ist kein Selbstzweck (mehr)

This.

Wer nichts nebenher macht, ist selber schuld. Werkstudententätigkeiten, Praktikas, Projekte, etc. müssen während des Studiums ausgeführt werden, am Besten mit Fachbezug.

Watson007
2015-04-13, 14:30:29
This.

Wer nichts nebenher macht, ist selber schuld. Werkstudententätigkeiten, Praktikas, Projekte, etc. müssen während des Studiums ausgeführt werden, am Besten mit Fachbezug.

muss man auch erstmal finden, in Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit schwierig (viel Konkurrenz)

Argo Zero
2015-04-13, 14:30:44
Du könntest eine Marketing (Fachwirt-)Weiterbildung dran hängen. Das wird gesucht und gut bezahlt.

Flyinglosi
2015-04-13, 14:47:23
muss man auch erstmal finden, in Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit schwierig (viel Konkurrenz)

Wenn du nichtmal als Werksstudent oder Praktikant unterkommst, ist mit einem späteren Vollzeitjob in dieser Gegend ohnehin nicht zu rechnen.

PHuV
2015-04-13, 15:20:49
Da hast Du Dir mit Abstand das schlechteste Studium ausgesucht. Das war bei mir damals schon in den 80ern als fruchtlos bekannt, und Bekannte von mir arbeiten, wenn sie Arbeit haben, nicht als Sozial-Pädagogen, sondern in anderen Berufen, auch schlecht bezahlt. Ich verstehe sowie so nicht, warum so viele dieses Richtung überhaupt studieren. Der Bedarf ist - wenn überhaupt - ausschließlich bei Behörden, Kassen und Co. Und hier hat man permanent mit Stellenstreichungen und Budgetkürzungen zu kämpfen. In der Privatwirtschaft ist dieser Beruf überhaupt nicht nachgefragt.

Morale
2015-04-13, 16:08:15
Sattle auf Berufsschullehramt um, mit dem richtigen Zweitfach ist das schon noch eine Jobgarantie.

btw. wieso so eine Frage in einem IT/Technikforum?