PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erfahrungen mit Geschäftsunfähigkeit?


Metzler
2015-05-04, 19:31:53
Hallo zusammen,

gibt es hier andere Menschen, die Erfahrungen mit dem Thema Geschäftsunfähigkeit bei Verwandten haben?

Mich interessiert insbesondere, wie diese festgestellt wurde, wie aufwändig das zugehörige Gutachten in der Erstellung war, wer dazu alles befragt wurde etc.

Mein Hintergrund ist, dass mein Vater (Ende 50) seit einigen Jahren Halluzinationen und Wahnvorstellungen hat, die in den letzten 6 Monaten deutlich zugenommen haben. Diese "ausgewachsene Schizophrenie" (wie es sein Hausarzt nennt, der ihn für nicht geschäftsfähig hält) kommt nicht von ungefähr, sondern von einer Mischung aus seiner langen Parkinson Erkrankung, vielen Operationen (auch 3 Gehirnoperationen) sowie einem bunten Sammelsurium an Medikamenten. Er verneint absolut die Möglichkeit gegenüber seiner Familie / Bekannten, dass er womöglich Halluzinationen / Wahnvorstellungen haben könnte, hat aber bereits 3 mal (seit Dezember 2014) die Polizei wegen solchen Dingen angerufen.
Da er immer wieder lichte Momente hat und auch in der Lage ist, den Psychiater anzulügen (z.B. auf die Frage, ob er denke, dass er Halluzinationen habe, meinte er, dass er es nicht ausschließen könne...), bin ich gespannt, was bei einem Gutachten rauskommen würde... Meine Bedenken sind, dass der Gutachter nur meinen Vater direkt befragen und es dabei belassen würde.

Dankeschön!

suikoden007
2015-05-11, 17:31:03
Hallo,

ein Stichwort, das mir hierzu einfällt ist "Vormundschaft". Das ist ein "normaler" Prozess und kann denke ich schnell in die Wege geleitet werden. Diese Vormundschaft kann durch Familienangehörige eventuell übernommen werden.
Ich rede hier aber über Dinge mit denen ich als Zivi zu tun hatte - leider schon sehr lange her.

Somit mein Tip: Einfach mal bei einer Sozialstation aus der Gegend anfragen - die haben bestimmt viel Erfahrung mit "ähnlichen" Fällen und könnten vielleicht wertvolle Tips geben.

PHuV
2015-05-20, 17:10:09
Die klassische Vormundschaft und Unmündigkeit gibt es so seit vielen Jahren nicht mehr.

@TS

Hier mußt Du auf die jeweiligen Gesetze des entsprechenden Bundeslandes schauen, wo Dein Vater wohnt. Das kennt sich Psychisch-Kranken-Gesetz (http://de.wikipedia.org/wiki/Psychisch-Kranken-Gesetz) oder abgekürzt PsychKG. Hier wird dann per Gericht ein Betreuer festgelegt. Das klassische Entmündigen und Absprechen der Geschäftsunfähigkeit gibts so nicht mehr. Wie gesagt, mehr muß ein psychiatrischer Gutachter klären und entsprechender Betreuer abberufen werden.

Wende Dich dazu bitte einfach an das zuständige Sozialamt, oder frage über die psychiatrische Hotline in Deinem Landkreis oder Stadt nach.

Monger
2015-05-20, 17:59:32
Naja, mal ketzerisch gefragt: was wäre denn, wenn dein Vater geschäftsfähig bliebe? Was befürchtest du?

Dein Vater darf ja ruhig schizopren sein. Solange das weder sein noch das Leben eines anderen behindert, ist alles in Ordnung. Statt nachzuweisen dass dein Vater schizophren ist, würde ich daher eher empfehlen nachzuweisen was das denn bisher schon alles für negative Konsequenzen hatte, um daraus dann zu schließen was man alles vermeiden könnte wenn man ihm die Geschäftsfähigkeit entzieht.

Gouvernator
2015-05-20, 22:20:37
Hallo zusammen,

gibt es hier andere Menschen, die Erfahrungen mit dem Thema Geschäftsunfähigkeit bei Verwandten haben?

Mich interessiert insbesondere, wie diese festgestellt wurde, wie aufwändig das zugehörige Gutachten in der Erstellung war, wer dazu alles befragt wurde etc.


Ja. Der "Gutachter" ist ein Amtsrichter. Die Grundlage dafür war ein Antrag des behandelnden Arztes. Das "Gutachten" ist einfach ein längeres Gespräch zwischen dir, dem Patient, dem Richter und einem weiteren Zeugen. Der Richter muss an Ort und Stelle überzeugt werden das die Situation dermaßen verzweifelt aussieht das jeweiliger Mensch tatsächlich selber nichts mehr zu Stande bringt. Einfache Halluzinationen reichen dem nicht aus, es muss schon z.B. fortschreitende Demenz nachgewiesen werden... der Richter stellt sich zu Beginn vor und irgendwann nach 10 min. Gespräch fragt nochmal nach wie er heißt, richtige Antwort --> keine Demenz. Es liegt auch in seinem Ermessen die Vollmacht zeitlich begrenzt auszustellen oder gewisse Sachen auszuschließen z.B. Konto.
Alles in allem würde ich sagen, wenn du den Vater nicht direkt händchenhaltend führen musst, wirst du kein gesetzlicher Betreuer. Der Richter guckt auch welches Feedback der Patient über jeweils in Frage kommende Person als Betreuer abgibt. Dann hast du eventuell das Problem das du noch eine ehrenamtliche Person bezahlen musst, wenn der Vater mit allen im Clinch liegt... Aber wie gesagt solange dein Vater dem Richter genau sagen kann: wo er sich gerade befindet, warum er sich dort befindet, er selber gehen kann oder in absehbarer Zeit wird und die Sachen nicht laufend vergisst - hast du null Chancen.

PS.
Ist er denn schon eh ein Pflegefall mit Pflegestufe ect.?

Anadur
2015-05-21, 23:54:26
Informiere dich schnellstmöglich wie das bei dir im Bundesland um die Möglichkeiten der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht bzw. der Betreuungsverfügung steht.

Warte da nicht auf ein Gericht. Im schlimmsten Fall bekommst du da einen neutralen Betreuer an die Seite gestellt, der sich in euer Leben einmischt. Ich kenne da einige Kandidaten hier bei uns in der Gegend, die dazu von den Gerichten ausgewählt werden. Solche "Betreuer" wünscht man nicht mal seinem schlimmsten Feind!

Si|encer
2015-05-22, 11:42:44
Informiere dich schnellstmöglich wie das bei dir im Bundesland um die Möglichkeiten der Patientenverfügung und der Vorsorgevollmacht bzw. der Betreuungsverfügung steht.

Warte da nicht auf ein Gericht. Im schlimmsten Fall bekommst du da einen neutralen Betreuer an die Seite gestellt, der sich in euer Leben einmischt. Ich kenne da einige Kandidaten hier bei uns in der Gegend, die dazu von den Gerichten ausgewählt werden. Solche "Betreuer" wünscht man nicht mal seinem schlimmsten Feind!


So exakt ist es. Vormundschaft durch einen Anwalt regeln lassen, das geht aber nur mit Einverstädniss deines Vaters!

Meine Frau hat das gerade hinter sich mit ihrem Vater. Bei eine ihrer Tanten war es das Gericht, welches entschieden hat das der Sozialdienst das Recht bekommt. Da gehts auch um Geld, weshalb die SOzialdienste immer vorne dabei sind um diese Rechte zu bekommen.

Damit will ich aber um Gottes Willen nicht die Sozialdienste verurteilen. Die machen teils gute Arbeit, aber unterm Strich gehts auch bei denen nur ums Geld.

Metzler
2015-05-22, 18:50:43
Danke für die Antworten.

Ich hätte gedacht, dass auch das Treffen irrationaler Entscheidungen schon zur Geschäftsunfähigkeit führen kann? Was, wenn jemand dadurch sein Geld verbrät, weil er in seiner Traumwelt lebt? Ich dachte, Alzheimer alleine (was es für mich wäre, wenn jemand nach 10 Minuten den Namen nicht mehr weiß) muss es nicht sein, um als geschäftsunfähig zu gelten...?

Wie hängt denn Selbstschädigung da mit drinnen? Also wenn jemand davon ausgeht, noch alles tun zu können wie z.B. Ski fahren, Auto fahren, sich selbst versorgen, etc., obwohl er seit vielen Monaten kaum mehr laufen kann (nur noch an besseren Tagen mit Hilfe) und auch eine Pflegestufe hat? (Stufe 1)

Die Halluzinationen sind übrigens gerade besser bei meinem Vater, dafür ist die Bewegung stärker eingeschränkt...

Wir haben bisher nur auf Basis einer Patientenvollmacht gehandelt. Mein Vater hat sich jetzt einen Anwalt genommen, der prüft die Situation gerade selbst und bringt es dann vielleicht vor das Amtsgericht. Ich mach mich da gerade locker, weil es mich zuviel Energie gekostet hat im letzten Jahr. Wenn er tun und lassen darf, was er möchte, dann bitte. Wir empfinden die Entscheidungen nicht als rational, die er trifft. Sie sind es auch definitiv nicht. Wenn er davon ausgeht, eine fast-Vollzeit-Pflegekraft für 800€ im Monat zu finden (einen Polen), der dann aber Nachts nicht bei ihm schläft, sondern eine eigene Mietwohnung hat... Nun ja.

Desti
2015-05-22, 18:54:04
Hallo zusammen,

gibt es hier andere Menschen, die Erfahrungen mit dem Thema Geschäftsunfähigkeit bei Verwandten haben?

Mich interessiert insbesondere, wie diese festgestellt wurde, wie aufwändig das zugehörige Gutachten in der Erstellung war, wer dazu alles befragt wurde etc.

Mein Hintergrund ist, dass mein Vater (Ende 50) seit einigen Jahren Halluzinationen und Wahnvorstellungen hat, die in den letzten 6 Monaten deutlich zugenommen haben. Diese "ausgewachsene Schizophrenie" (wie es sein Hausarzt nennt, der ihn für nicht geschäftsfähig hält) kommt nicht von ungefähr, sondern von einer Mischung aus seiner langen Parkinson Erkrankung, vielen Operationen (auch 3 Gehirnoperationen) sowie einem bunten Sammelsurium an Medikamenten. Er verneint absolut die Möglichkeit gegenüber seiner Familie / Bekannten, dass er womöglich Halluzinationen / Wahnvorstellungen haben könnte, hat aber bereits 3 mal (seit Dezember 2014) die Polizei wegen solchen Dingen angerufen.
Da er immer wieder lichte Momente hat und auch in der Lage ist, den Psychiater anzulügen (z.B. auf die Frage, ob er denke, dass er Halluzinationen habe, meinte er, dass er es nicht ausschließen könne...), bin ich gespannt, was bei einem Gutachten rauskommen würde... Meine Bedenken sind, dass der Gutachter nur meinen Vater direkt befragen und es dabei belassen würde.

Dankeschön!


Lass bloß keinen Fremden zum Betreuer bestimmen. Der wird dann deinen Vater sofort für eine fette Provision in ein extra teures Heim stecken und du wirst für Elternunterhalt komplett zwangsgepfändet.

Filp
2015-05-22, 18:56:21
Lass bloß keinen Fremden zum Betreuer bestimmen. Der wird dann deinen Vater sofort für eine fette Provision in ein extra teures Heim stecken und du wirst für Elternunterhalt komplett zwangsgepfändet.
So ein Blödsinn...

Gouvernator
2015-05-22, 19:37:38
So ein Blödsinn...
Warum Blödsinn? Wenn dein Elternteil im Heim ist bist du komplett mit dem ganzen Erbe haftbar und wenn das nicht mehr reicht auch mit deinem Lohn ab ~1500€.


Ich hätte gedacht, dass auch das Treffen irrationaler Entscheidungen schon zur Geschäftsunfähigkeit führen kann? Was, wenn jemand dadurch sein Geld verbrät, weil er in seiner Traumwelt lebt?
Kann ich gut nachvollziehen... Die Lösung würde mich auch mal interessieren. Aber ich schätze es ist nichts zu machen.

Ich lese gerade mein Beschluss des Betreuungsgerichts.
"Bei der Auswahl des vorläufigen Betreuers ist das Gericht dem bedenkenfreien Vorschlag des Betroffenen gefolgt".
Wenn euer Vater aufgrund seiner Bedenken einen fremden Betreuer bekommt, hast du eventuell noch viel größeres Übel erreicht. Er bekommt nämlich das Recht Entscheidungen über "unterbringungsähnliche Maßnahmen" zu treffen... "Vertretung gegenüber Heim- und Klinikleitung, Behörden, Versicherungen und sonstigen Institutionen".

Shakti
2015-05-22, 22:38:56
edit.

Zwergi
2015-05-23, 21:42:00
Euer Hausarzt wirkt ahnungslos. Eine "ausgewachsene Schizophrenie" kommt nicht einfach so, das wäre euch sicher schon früher aufgefallen. Wenn überhaupt, hat er eine Psychose (maybe durch die Ops, maybe aber auch unabhängig davon!) und das ist auch nicht sicher, das sollte eher mal ein richter Facharzt abchecken, nicht der Hausarzt.

Lass ihn erstmal einweisen und gescheit behandeln. Hallus kann man mit Medikamenten ganz gut in den Griff bekommen, sodass er dann normal weiterleben und sein Zeug regeln kann. In einer Klinik kann er auch nicht so einfach jeden anlügen, die erkennen das ganz gut.

Eine rechtliche Betreuung dauert Monate bis die durch ist. Erst kommt eine Sozialarbeiterin der Betreuungsbehörde und checkt ab in welchen Bereichen dein Vater Hilfe braucht. Das ist gestaffelt in mehrere Bereiche und alle bekommt man nur sehr selten durchgesetzt. Dan gibt diese ein Gutachten in Auftrag und dann kommt die Gerichtsanhörung. Dazu wird dein Vater definitiv befragt und es wird auch auf seinen Willen eingegangen. SO einfach ist das alles nicht.

Metzler
2015-05-23, 22:18:30
Ich versuch mich da jetzt lockerer zu machen, ich kann es ja eh nicht ändern. Ist aber gar nicht so einfach... Mein Vater hat schon seit vielen Jahren immer wieder viel Mist erzählt, hat einen sehr "eigenen" Charakter (die Familie hält ihn für teilweise psychopathisch), dazu der Parkinson, die Wunschwelt, in der er sich befindet ("Ich hab noch nie Hilfe gebraucht", sitzt aber seit 12 Monaten im Rollstuhl), Psychopharmaka möchte er keine (weil er Angst hat, dass es ihm dann körperlich schlechter geht), Halluzinationen hat er keine (sagt er, hat aber im letzten Jahr 3 mal die Polizei wegen Folterungen und Vergewaltigungen im Pflegeheim angerufen), etc... Naja, ich kanns nicht ändern. Vielleicht sagt der Anwalt auch, dass er das Mandat nicht annehmen möchte, aber gut, wir werden sehen...

Vielleicht noch eine andere Frage: Ich werde immer wieder mit der Aussage konfrontiert, dass eine Pflegekraft zuhause günstiger sei als ein Pflegeheim. Egal, wie ich es durchrechne, komme ich aber auf höhere Kosten für eine polnische Pflegekraft (zumindest der Teil, den man selbst bezahlen muss). Ich gehe von Pflegestufe 1 aus, die polnische Pflegekraft würde 1700€ aufwärts bekommen (zumindest online lese ich für bessere Kräfte was von 1700 bis 2500€), dazu dann halt noch Essen für zwei Personen (400 bis 500€), Unterhalt + Versicherungen + Strom + Wasser + etc. für ein komplettes Haus (bei nicht unbedingt energiesparender Lebensweise, auch nochmal gern 500 bis 600€), irgendjemand muss die Lebensmittel einkaufen und bringen (da wir heir auf dem Land wohnen, braucht man tendenziell ein Auto oder einen Dienst, der das macht), dazu noch ein Betreuer, dann noch Taschengeld, etc.. Kostentechnisch ist das dann ähnlich wie ein Pflegeheim (liegt aktuell bei ca. 3100€ für das Pflegeheim), nur dass die Krankenkassen deutlich weniger zahlen bei der Pflege zuhause (Pflegestufe 1 erhält man meine ich um die 450€ für die Pflege zuhause vs. ca. 1150€ Sachleistung im Pflegeheim). Was übersehe ich?

Ach und noch eine Frage: Würden Betreuer sich überhaupt um die Organisation polnischer Pflegekräfte kümmern? Gerade wenn die vielleicht dann mal einfach nach Hause fahren (soll ja durchaus vorkommen, gerade wenn der Patient nicht einfach ist), muss ja auch Ersatz organisiert werden. Wobei mein Vater ja gar keine polnische Pflegekraft möchte, insbesondere dann nicht, wenn sie bei ihm übernachten würde.....

Edit: Noch eine Frage: Ab wann muss man dem Wunsch des zu Pflegenden, zuhause gepflegt zu werden, wirklich nachkommen mit Hinsicht auf die Finanzen? Angenommen, er könnte sich das noch X Jahre lang leisten und dann wäre alles Geld aufgebraucht - was passiert dann? Er müsste ja glaube ich einen Sozialantrag stellen. An dem Punkt tu ich mich richtig schwer, weil ich und mein Bruder dann ja mindestens anteilig dafür aufkommen müssten... Könnte man also als Bevollmächtigter / Betreuer sagen, dass man die günstigere und finanziell nachhaltigere Lösung für ihn auswählt oder darf man das eigentlich nicht?

Gouvernator
2015-05-23, 23:20:23
Egal, wie ich es durchrechne, komme ich aber auf höhere Kosten für eine polnische Pflegekraft (zumindest der Teil, den man selbst bezahlen muss).
Ich hab gelesen das man niemals eine ausländische Pflegekraft als "Arbeiter" anmelden darf, sonst ist man Arbeitgeber mit entsprechenden Pflichten... Deswegen wirst du alles "selbst bezahlen" müssen.

Kostentechnisch ist das dann ähnlich wie ein Pflegeheim (liegt aktuell bei ca. 3100€ für das Pflegeheim), nur dass die Krankenkassen deutlich weniger zahlen bei der Pflege zuhause (Pflegestufe 1 erhält man meine ich um die 450€ für die Pflege zuhause vs. ca. 1150€ Sachleistung im Pflegeheim). Was übersehe ich?
Da bist du aber äußerst schlecht informiert. 450€ und 1150€ sind jeweils Sachleistungen bei unterschiedlichen Pflegestufen (Stufe 1 und Stufe 2). Bei einer Geldleistung die du für polnische Pflegekraft aufwenden willst, kommt bei Stufe 2 450€ Geldleistung zusammen.

Ach und noch eine Frage: Würden Betreuer sich überhaupt um die Organisation polnischer Pflegekräfte kümmern?
Machst du Witze? Holt dir der Nachbar auch einfach so Dachdecker oder Maurer aus Polen zum schwarzarbeiten? ^^

Ab wann muss man dem Wunsch des zu Pflegenden, zuhause gepflegt zu werden, wirklich nachkommen mit Hinsicht auf die Finanzen?
Wenn seine gesundheitliche Situation es erforderlich macht ins Pflegeheim eingewiesen zu werden (wegen irgendwelcher Behandlungen die nur von Fachkräften durchgeführt werden müssen) muss er ins Pflegeheim egal wie. Es gibt zwar Behandlungspflege die von der AOK bezahlt wird aber das ist nicht viel z.B. Katheterwechsel und so.

Angenommen, er könnte sich das noch X Jahre lang leisten und dann wäre alles Geld aufgebraucht - was passiert dann? Er müsste ja glaube ich einen Sozialantrag stellen. An dem Punkt tu ich mich richtig schwer, weil ich und mein Bruder dann ja mindestens anteilig dafür aufkommen müssten...
Ab ca. 1500€ Verdienst bist du dabei bei den Pflegekosten.
Könnte man also als Bevollmächtigter / Betreuer sagen, dass man die günstigere und finanziell nachhaltigere Lösung für ihn auswählt oder darf man das eigentlich nicht?
Doch. Alle machen es doch so, wenn das Geld für's Pflegeheim nicht reicht selber pflegen und dank Sachleistung der Pflegekasse für paar Tage im Monat Sozialdienst kommen lassen. Die einzige wirkliche Gefahr ist dabei der Arzt der ein Pflegeheim verschreibt, weil du oder Sozialdienst die nötige Behandlung nicht durchführen könnt. Am günstigsten ist es die Plage bei sich zu Hause aufzunehmen und zu pflegen bis er stirbt... Aber wenn man eh nichts zu verlieren hat weil man eh bettelarm ist dann gleich Sozialantrag stellen und ab ins Pflegeheim.

PS.
Ich würde an deiner Stelle das Geld zusammenhalten bis er komplett bettlägrig und/oder dement wird. Dann hast du nämlich erst die richtige Arschkarte gezogen.

Metzler
2015-05-24, 10:51:51
Erstmal Danke für die Antwort.

Ich hab gelesen das man niemals eine ausländische Pflegekraft als "Arbeiter" anmelden darf, sonst ist man Arbeitgeber mit entsprechenden Pflichten... Deswegen wirst du alles "selbst bezahlen" müssen.

Ich weiß nicht genau, wie es sich rechtlich verhält. Aber man kann polnische Pflegekräfte "buchen", wohl auch absolut legal über die verschiedenen Vermittlungsdienste, die es da gibt. Illegal ist da nichts, so wie ich das sehe.


Da bist du aber äußerst schlecht informiert. 450€ und 1150€ sind jeweils Sachleistungen bei unterschiedlichen Pflegestufen (Stufe 1 und Stufe 2). Bei einer Geldleistung die du für polnische Pflegekraft aufwenden willst, kommt bei Stufe 2 450€ Geldleistung zusammen.

http://www.pflegestufe.info/pflege/betraege.html
Ok, Pflegestufe 1 würde einen Geldbetrag von 250€ bei häuslicher Pflege bedeuten. Bei vollstationärer Pflege (d.h. im Pflegeheim) aber immerhin 1064€ (zumindest zahlt das momentan die Pflegekasse). Und wenn ein professioneller Pflegedienst kommen würde zur mobilen Pflege, würde dieser 460€ ca. bekommen, richtig? Das würde es ja aber noch weiter in die Richtung verschieben, dass das Pflegeheim im Endeffekt günstiger ist..? Ich bin dabei, dass es billiger ist, wenn man zusammen wohnt und sich die Unterhaltskosten aufteilen kann. Aber wenn man wirklich alleine lebt mit all den Kosten, die man auch so alleine tragen muss..?


Machst du Witze? Holt dir der Nachbar auch einfach so Dachdecker oder Maurer aus Polen zum schwarzarbeiten? ^^

Wieso denn Schwarzarbeiten? Wenn eine polnische Pflegekraft sauber angemeldet wäre über einen Vermittlungsdienst - was daran ist denn schwarz? Ich dachte, das wäre nicht mehr illegal. Nochmal die Frage: Würde ein Betreuer sowas für einen zu Pflegenden zuhause organisieren, wenn der zu Pflegende sich das irgendwie finanziell leisten könnte? Der Betreuer organisiert ja auch den Umzug ins Pflegeheim. Warum dann nicht auch eine häusliche Pflegekraft?
Das ist eine ernstgemeinte Fragen.


Doch. Alle machen es doch so, wenn das Geld für's Pflegeheim nicht reicht selber pflegen und dank Sachleistung der Pflegekasse für paar Tage im Monat Sozialdienst kommen lassen. Die einzige wirkliche Gefahr ist dabei der Arzt der ein Pflegeheim verschreibt, weil du oder Sozialdienst die nötige Behandlung nicht durchführen könnt. Am günstigsten ist es die Plage bei sich zu Hause aufzunehmen und zu pflegen bis er stirbt... Aber wenn man eh nichts zu verlieren hat weil man eh bettelarm ist dann gleich Sozialantrag stellen und ab ins Pflegeheim.


1. Ich werde keine Pflege für meinen Vater machen. Weder menschlich noch aus meinem eigenen Leben heraus habe ich dafür die Zeit oder Energie ;)
2. Ich glaube, wir reden ein bisschen aneinander vorbei. Mein Vater wohnt alleine in einem EFH. Wenn er die Pflegekraft aufnehmen würde, würde es mit allen durchgerechneten Kosten und Zuschüssen von der Krankenkasse ja teurer werden, ihn zuhause zu pflegen als im Pflegeheim:

Fiktive Zahlen:
Einkommen: 2000€
Pflegestufe 1: 1064€
Pflegeheim: -3100€
Macht einen Fehlbetrag von -36€.

Dagegen Pflege zuhause:
Einkommen: 2000€
Pflegestufe 1: 250€
Pflegekraft: -1700€
Essen für 2: -500€
Strom / Energie / Versicherungen / Telefon: -650€
Betreuer: -150€
Macht einen Fehlbetrag von -750€.

Wenn im zweiten Beispiel irgendjemand das Haus führen würde, wäre das sicherlich billiger. Aber das ist halt nicht der Fall. Und jetzt nochmal die Frage: Was stimmt an meiner Rechnung nicht? Warum wird immer gesagt, das Pflege zuhause billiger ist? Geht das davon aus, dass der zu Pflegende nicht alleine zuhause ist?


PS.
Ich würde an deiner Stelle das Geld zusammenhalten bis er komplett bettlägrig und/oder dement wird. Dann hast du nämlich erst die richtige Arschkarte gezogen.
Wieso hab ich dann die richtige Arschkarte?

Gouvernator
2015-05-24, 11:27:23
Fiktive Zahlen:
Einkommen: 2000€
Pflegestufe 1: 1064€
Pflegeheim: -3100€
Macht einen Fehlbetrag von -36€.
Wie gesagt du bist immer noch schlecht informiert über die Leistung der Pflegekasse. 1064€ ist Sachleistung bei Pflegestufe 2. Und er hat Pflegestufe 1 das heißt Sachleistung beträgt um die 450€. Dir fehlen nicht 36€ sondern 600€.
Wieso hab ich dann die richtige Arschkarte?
Stell dir einfach vor einen bettlägrigen... Der muss laufend gewendet werden ect. das ist schon eine ziemliche Horrorangelegenheit... Wunden wenn er Druckstellen kriegt dann Wundbehandlung.
Warum wird immer gesagt, das Pflege zuhause billiger ist? Geht das davon aus, dass der zu Pflegende nicht alleine zuhause ist?
Ja es ist deswegen billiger weil ein Angehöriger ihn kostenlos pflegt und mit ihm wohnt. Was die Pflege zu Hause angeht durch nicht-Angehörige kannst ja mal selber ausrechnen was ein Pflegedienst dafür nimmt.
Würde ein Betreuer sowas für einen zu Pflegenden zuhause organisieren, wenn der zu Pflegende sich das irgendwie finanziell leisten könnte? Der Betreuer organisiert ja auch den Umzug ins Pflegeheim. Warum dann nicht auch eine häusliche Pflegekraft?
Ein Betreuer kann das Recht bekommen "ambulante Dienste zu organisieren" oder "Entscheidungen über unterbringungsähnliche Maßnahmen zu treffen", oder "Aufenthaltsbestimmung". Eine polnische Pflegekraft gehört schon zu einem dubiosen Angebot, das sehr viel Überwachung und Kommunikation erfordert...
Wenn er sich selbst halbwegs versorgen kann, spricht eigentlich nichts gegen ambulanten Pflegedienst und Essen auf Rädern. Aber wenn er nicht gehen kann, dann kommt nur noch Angehöriger in Frage der mit ihm lebt plus Pflegedienst oder gleich Pflegeheim.
Ich meine falls er was zum vererben hat sollte man das aus Eigeninteresse schützen und kein Geld unnötig den Pflegeheimen- und Diensten in den Rachen werfen. Falls er nämlich stirbt müsst ihr dann eh seine Pflegeschulden übernehmen und das Häuschen veräußern.

Metzler
2015-05-24, 11:52:54
Wir reden aneinander vorbei.

Meinen Vater pflegt kein Angehöriger. Das wird auch nie passieren, weil er es sich zu sehr mit allen Angehörigen verscherzt hat. Deswegen geht es nur um zwei Alternativen: Er bleibt im Pflegeheim oder er geht nach Hause und irgendjemand organisiert es irgendwie, dass er zuhause durch professionelle polnische oder sonstwen Kräfte gepflegt wird.

Mir geht es jetzt um Folgendes: Wir haben eine Patientenvollmacht, nach der wir gehandelt haben und ihn in ein Pflegeheim gesteckt haben. Müssten wir es ihm ermöglichen, nach Hause zu gehen und dort irgendwie von professionellen Kräften gepflegt / umsorgt zu werden, wenn dadurch sein komplettes Ersparte innerhalb weniger Jahre (3 bis 5) komplett aufgebraucht sein wird und er anschließend einen Sozialantrag stellen muss?

Die 1064 sind die Kosten, die die Pflegekasse bei Pflegestufe 1 bei vollstationärer Behandlung im Pflegeheim übernimmt (siehe hier: http://www.pflegestufe.info/pflege/betraege.html). Das bekommt mein Vater auch schon aktuell (sehe es ja daran, was er an das Pflegeheim überweisen muss).

Und Pflege zuhause heißt für mich, dass der zu Pflegende in seinem Haus wohnt und eine Pflegekraft sich um ihn kümmert, das muss aber nicht ein Angehöriger sein. Aber ich habe es dann anscheinend schon richtig verstanden: Wenn jemand alleine ist und sich zuhause pflegen lassen möchte, ist das teurer als wie wenn er im Pflegeheim ist.

Gouvernator
2015-05-24, 12:14:45
Müssten wir es ihm ermöglichen, nach Hause zu gehen und dort irgendwie von professionellen Kräften gepflegt / umsorgt zu werden, wenn dadurch sein komplettes Ersparte innerhalb weniger Jahre (3 bis 5) komplett aufgebraucht sein wird und er anschließend einen Sozialantrag stellen muss?
Nein musst du nicht. Viele wären froh wenn sie sich ein Pflegeheim leisten könnten wie er. Die meisten haben in der Regel keine 2000€ Einkommen um mit der Pflegesachleistung auf über 3000€ Heimkosten zu kommen. Er/du soll sich gefälligst glücklich schätzen so wie es ist... Andererseits könntest du natürlich die 2000€ Differenz selber kassieren wenn er bei dir lebt.
Die 1064 sind die Kosten, die die Pflegekasse bei Pflegestufe 1 bei vollstationärer Behandlung
Ach so. Ich dachte er lebt allein in seinem Haus, sonst hätte er normal seine 450€ Sachleistung gehabt.

Metzler
2015-05-24, 12:15:42
Achso, und nochmal die Frage: Organisieren die Betreuer eine Pflege zuhause, wenn der zu Pflegende es wünscht, auch wenn dadurch das gesamte Geld des zu Pflegenden innerhalb weniger Jahre komplett aufgebraucht ist? Oder sagen Betreuer dann auch einfach nur, dass derjenige ins Heim soll?

Metzler
2015-05-24, 12:18:51
Nein musst du nicht. Viele wären froh wenn sie sich ein Pflegeheim leisten könnten wie er. Die meisten haben in der Regel keine 2000€ Einkommen um mit der Pflegesachleistung auf über 3000€ Heimkosten zu kommen. Er/du soll sich gefälligst glücklich schätzen so wie es ist... Andererseits könntest du natürlich die 2000€ Differenz selber kassieren wenn er bei dir lebt.

Ach so. Ich dachte er lebt allein in seinem Haus, sonst hätte er normal seine 450€ Sachleistung gehabt.

Ne, er lebt schon im Pflegeheim, hat sich nur jetzt noch einen zweiten Anwalt genommen und wir haben keine Ahnung, was da rauskommt. Wenn es blöd läuft, wird die Patientenvollmacht aberkannt, dann bekommt er vermutlich einen Betreuer an die Seite und dann wird man sehen... Mal schauen, sein Anwalt ist wohl immer noch am Prüfen, was er mit dem Fall machen möchte, kann also auch immer noch sein, dass er das Mandat ablegt. Wobei mir gerade eine Klärung vor dem Amtsgericht fast schon am Liebsten wäre, ich hab keine Lust mehr auf das ewige hin und her.

Und an sein Glück appellieren hat was von mit einer Mauer reden. Er überschätzt sich massiv selbst und lebt da in seiner Traumwelt, in der er eben alles kann, nie Hilfe gebraucht hat, Pflegekräfte für 800€ am Tag arbeiten und das Geld aus dem Nichts entsteht (etwas stark verallgemeinert, aber die Diskussionen mit ihm kommen mir im Nachhinein immer so vor).

Gouvernator
2015-05-24, 12:21:04
Achso, und nochmal die Frage: Organisieren die Betreuer eine Pflege zuhause, wenn der zu Pflegende es wünscht, auch wenn dadurch das gesamte Geld des zu Pflegenden innerhalb weniger Jahre komplett aufgebraucht ist? Oder sagen Betreuer dann auch einfach nur, dass derjenige ins Heim soll?
Jeder würde ein Heim der häuslichen Pflege vorziehen. Die häusliche Pflege wird gebraucht um einem Patient eine gewohnte Umgebung mit besserer Lebensqualität zu ermöglichen u.a. durch Angehörige. In diesem Fall wo keine Angehörigen zur Seite stehen und er nur noch vom Wohlwollen einer polnischen Pflegekraft abhängt, wird niemand sich drauf einlassen ihn zu Hause pflegen zu lassen.

Metzler
2015-05-24, 12:28:08
Vielen Dank! :)

Kurze Frage: Du arbeitest im Pflege-Sektor?

Gouvernator
2015-05-24, 12:36:26
Vielen Dank! :)

Kurze Frage: Du arbeitest im Pflege-Sektor?
Ne. Musste mich neulich selbst informieren wegen eigener Geschichte.

Ne, er lebt schon im Pflegeheim, hat sich nur jetzt noch einen zweiten Anwalt genommen und wir haben keine Ahnung, was da rauskommt. Wenn es blöd läuft, wird die Patientenvollmacht aberkannt, dann bekommt er vermutlich einen Betreuer an die Seite und dann wird man sehen...
Der tut also alles um aus dem Pflegeheim auszubrechen und denkt Anwälte können ihm helfen? :D Das Sagen haben eigentlich die Ärzte... und die werden kaum einem Rollstuhlfahrer die häusliche Pflege in seiner Situation genehmigen.

Metzler
2015-05-24, 12:42:51
Erstmal: Wo hast Du Dich informiert? Ich habe die Runde über Sozialamt, mehrere Ärzte, Pflegedienste, Notar, Internet, etc. gedreht. Aber ich habe nicht alle meine Fragen wirklich beantworten lassen können... Und mit einem Betreuer persönlich hatte ich noch nie Kontakt.

Der Anwalt kann halt dafür sorgen, dass die Patientenvollmacht widerrufen wird und dann kann er halt machen was er möchte (denkt er zumindest). Dass dann halt ein Betreuer sehr wahrscheinlich bestellt wird in seinem Fall, realisiert er nicht. Sein Hausarzt (sowie zwei Ärzte aus dem Klinikum) halten ihn für deutlich selbstgefährdet, aber das hält er alles für Humbug, irgendeine Erklärung findet er immer, warum es zuhause nicht funktioniert hat.

Gouvernator
2015-05-24, 12:59:23
Erstmal: Wo hast Du Dich informiert?
Ich bin/war selbst per Gerichtsbeschluss vorläufiger Betreuer für meinen Vater. Der kurz vor Entlassung als schwerer Pflegefall aus dem Krankenhaus stand. Mit allen mich betreffenden Pflichten als eingetragene Pflegeperson.

Der Anwalt kann halt dafür sorgen, dass die Patientenvollmacht widerrufen wird und dann kann er halt machen was er möchte (denkt er zumindest).
Solange er nicht nachweisen kann das er in der Lage ist um sich selbst zu kümmern, wird der Anwalt auch nicht viel machen können. Er kann ja nicht von einem Anwalt verlangen, das er ihn für gesund erklärt... Das machen in der Regel ja Ärzte. Welche Pflegeperson soll sich um ihn kümmern? Hat er ein Vertrag mit dem Pflegedienst? Das muss ja alles vom Anwalt/Ärzten berücksichtigt werden bevor sie ihn gehen lassen.
Dass dann halt ein Betreuer sehr wahrscheinlich bestellt wird in seinem Fall, realisiert er nicht.
Lass ihn doch vom Anwalt aufklären. Er wird doch sicher nicht eine Patientenvollmacht in ein für ihn viel schlechteres Betreuungsbeschluss umwandeln wollen? Und wenn, hast du immer noch die Gelegenheit die Richter zu überzeugen das du aufgrund der bestehenden Patientenvollmacht die logische Person zur weiteren Betreuung bist. Musst nur rein menschlich seriös und fürsorglich auftreten.

Desti
2015-06-09, 16:57:21
http://www.swr.de/report/berufsbetreuer-verdraengen-familienangehoerige-und-ehrenamtliche-betreuer/-/id=233454/did=15609360/nid=233454/52c321/index.html