skoRn
2015-10-25, 18:55:49
Gerade habe ich diese Perle gelesen (http://www.wired.com/2013/02/battle-of-hoth/). Eine strategische Analyse der Schlacht von Hoth aus das Imperium schlägt zurück. Veteran Verteidigungsexperte Spencer Ackerman argumentiert entgegen populärer Meinung, dass die Hoth offensive des Imperiums ein militärisches Debakel war, da weder die Allianz vernichtend geschlagen wurde, noch ihre Kommandostruktur zerstört werden konnte. Ackerman sieht die Niederlage des Imperiums vor allem in der Schuld von Darth Vader, dessen Hochmut und Theologie keine Substitute für Militärische Doktrin sind. Es ist ein interessantes Argument, aber es wurde von vielen Kommentatoren so sehr kritisiert, dass Wired ein Symposium aus allen Kommentaren nachreichte. (http://www.wired.com/2013/02/hoth-symposium/all/)
Obwohl die meisten zustimmen, dass Hoth kein überwältigender militärischer Sieg für das Imperium war, stören sich die meisten Kommentatoren an der Charakterisierung von Darth Vader. Viele sehen die militärischen Fehler des Sith Lords darin begründet, das seine persönliche Doktrin eigentlich nur eine ist: Die Gefangenname von Luke Skywalker. Und natürlich hatte Vader keinerlei Interesse die Rebellion auszuschalten. Vaders Hauptziel war immer der Sturz des Imperators und glaubt man Star Wars:The Force Unleashed (https://de.wikipedia.org/wiki/Star_Wars:_The_Force_Unleashed), dann war Vader direkt an der Gründung der Allianz beteiligt.
Kommen wir zu mir. Meiner Meinung nach führt weder die Verteidigung, noch eine Verdammung Vaders, nicht zu dem eigentlichen Problem der Sache, weshalb das Imperium so kläglich versagt hat. Es geht mehr um die strukturellen Defizite der Imperialen Armee. Die vertane Chance bei Hoth war nicht die Schuld einzelner Imperialer Kommendeure, sondern Ergebnis systematischer Probleme, verursacht durch die Imperialisierung der Alten Republik. Also als die Große Armee der Republik in ihrem Übergang zur Imperialen Armee, zu einer Militärischen Doktrin gewechselt ist, die völlig unzureichend war um die Rebellen Allianz zu bekämpfen. Nicht bei Vader, sondern in Imperator Palpatine liegt die Hauptschuld am Fiasko bei Hoth. Die Beweise hierfür liegen bei Star Wars:Republic Commando und den Spin Off Romanen (https://de.wikipedia.org/wiki/Star_Wars:_Republic_Commando#Romane).
Bevor wir uns weiter mit der Sache befassen, sollten wir erst einmal klären was eine Militärische Doktrin ist. Kurz gefasst ist eine Militärische Doktrin eine These wie eine militärische Macht operiert, Ziele angeht und letztendlich Kriege gewinnt. Neben der Strategie sind Doktrinen auch konzeptionelle Richtlinien die die Rolle des Militärs und ihre Möglichkeiten beschreiben. Die Doktrin der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg war der Blitzkrieg (eigentlich Gefecht der verbundenen Waffen). Der Blitzkrieg implizierte den koordinierten Einsatz mehrerer Teilstreitkräfte (Luft-, See- und Landstreitkräfte). Plötzliche, schnelle und unerwartete Vorstöße sollten dem Gegner im Idealfall keine Gelegenheit lassen, eine stabile Verteidigung zu organisieren. Die Infanterie verlor ihre Rolle als als Hauptinstrument der Kriegsführung und machte den beweglicheren Panzern im Verbund mit Taktischen Flugzeugen platz. Lasst uns also in diesem Licht die Transition der Großen Armee der Republik in die Imperialen Armee genauer beobachten.
Die Klonfabriken auf Camino haben die Republikanische Armee mit nur einem Hintergedanken erschaffen: Die Erschaffung des individuellen Supersoldaten. Geschaffen aus den Genen von Django Fett, waren die Klonsoldaten hervorragend trainiert und vor allem sehr gut ausgerüstet. Selbst die regulären Klontruppen verfügten über die Eignung und Kenntnisse für komplexe Operationen. Auf Geonosis (Star Wars:Episode II) haben Klontruppen mithilfe der Luftstreitkräfte, eine Gruppe von Jedi innerhalb von Minuten vom Gefechtsfeld extrahiert und haben danach eine Landezone auf dem Planeten ausgebaut, nur um weitere Minuten später einen gemeinsamen Angriff der Infanterie mit gepanzerten Fahrzeugen in das Herz der Geonosischen Hauptstadt zu führen.
Nach dem Spiel: Star Wars:Republic Commando, kamen zudem spezielle Kommando Einheiten zum einsatz, die nicht nur einen Geonosischen Anführer ausschalteten, sondern auch die Evakuierung des größten Teils der Droidenarmee verhinderten. Republic Commandos waren ähnlich wie andere Spezialeinheiten in unserer Zeit, Elitesoldaten mit einem hohen Maß an Autonomie. Delta Squad, der Trupp um dem es im Spiel geht, verfügt auch über eine bessere Ausrüstung in Form von besseren Waffen, Bakta Tanks und Sprengladungen. Trainiert von Mandalorischen militärischen Beratern, lernten diese Kommandos individuelle Initiative und taktisches Verständnis. In Folge der Klonkriege begleiteten Klontruppen Jedi Kommandeure bei vielfältigen Missionen, von Planetaren Invasionen bis hin zu Infiltrationen. Im Zuge dieser Leistungsfähigkeit könnte man die Doktrin der Alten Republik folgendermaßen zusammenfassen: Überlegenheit auf dem Schlachtfeld durch verbesserter Nutzung verbundener Streitkräfte und Sondereinsatzkräfte. Natürlich war das nur ihre offensichtliche Doktrin. Ihre eigentliche Doktrin war: Die Jedi Ablenken um ihnen danach in den Rücken zu schießen. Nichtsdestotrotz war die Große Armee der Republik eine formidable Armee im Kampf gegen reguläre und irreguläre Truppen.
Order 66 und ihr Nachspiel veränderten die GAR nachhaltig. Mit der Zerstörung der Seperatisten und der Vernichtung des Jedi Ordens, veränderten sich die Einsatzbedingungen der neuen Imperialen Armee drastisch. Im Grunde ging es nur noch darum die Reste der Seperatisten aufzuwischen und die verbliebenen Jedi zu jagen. Dazu wurden alle Republik Kommandos Vaders 501. Division unterstellt. Obwohl noch immer effektiv, waren die Kommandos nur noch ein Schatten ihrer selbst. 3 Jahre Krieg und Desertationen um Order 66 hatten ihre Spuren hinterlassen. Weit unter ihren ursprünglichen 5000 Mann, waren die Klon Kommandos nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und vielleicht noch wichtiger: ihnen mangelte es an ihren Jedi Vorgesetzten. Dazu kommen noch operative Verluste durch die Jagd an den verbliebenen Jedi und Verluste biologischer Natur, da die beschleunigte Herstellung der Klone bedeutete, dass diese auch schneller alterten. Nach Star Wars Battlefront waren nur noch wenige Kommandos im Imperialen Einsatz zu Zeit der Schlacht um Hoth.
Wie auch immer. Mit der fast kompletten Auslöschung der Jedi, änderte sich die Aufgabe der Imperialen Armee - jetzt das semi autonome Sturmtruppen Korps, von der Zerschlagung der Jedi und Deserteuren in eine Galaxis umspannende Besatzungsstreitmacht. Imperator Palpatine, nun ohne jegliche öffentliche Gegner, brauchte das Sturmtruppen Korps als politisches Instrument der Angst. So wurden überall im Imperium, als Teil der Politik der "Imperialisierung", in weiten Teilen der Galaxie als Unterdrückungsstreitmacht Garnisonen von Sturmtruppen aufgestellt. Angeführt von Imperialen Governeuren, den so genannten Moffs, war das Hauptziel nicht die Kriegsführung selbst, sondern die Durchsetzung der politischen Ideologie und die Unterdrückung jeglicher Opposition. Ich nenne diese Doktrin: Besetzen und Unterdrücken. Die Idee dahinter ist folgende: Garnisonstruppen unterdrücken jeglichen Widerstand gegen das Imperium und werden von wenigen, besser ausgerüsteten mobilen, flotten basierten Eliteeinheiten wie das 501. dann unterstützt, wenn die Gefahr nicht mehr durch örtliche Einheiten einzudämmen ist. Die Fähigkeit Sturmtruppen an jede Straßenecke zu Positionieren bringt aber auch militärische Nachteile mit sich. Man braucht schlicht Milliarden an Klonsoldaten. Und die Einführung von Klonen die in den Spaarti Klontanks in einem Zehntel der Zeit ihrer originalen Vorbilder gezüchtet wurden gingen mit einer Verminderung der Qualität der Truppen einher. Sie erhielten wenig bis kaum Ausbildung und manche verfielen dem Klon Wahnsinn und schossen auf die eigenen Truppen. Die spätere Rekrutierung von menschlichen Soldaten war auch nicht viel Erfolgreicher. Ein Faktum das sich vor allem ihrer lächerlichen Zielgenauigkeit ausmachen lässt. Das veränderte Einsatzspektrum der Sturmtruppen benötigte auch eine neue Ausrüstung. So waren die benutzen Clone Trooper Mark I und II Rüstungen nicht für die Projektilwaffen der Aufständischen geschaffen, sondern mehr für die Blaster der Seperatisten Armee. Die neue Sturmtruppen Rüstung schützte zwar nicht mehr so gut gegen Blasterfeuer, war aber gegen Projektilwaffen praktisch undurchdringlich und schützte wesentlich besser gegen Umweltgifte und Toxine.
Nichtsdestotrotz war die Aufgabe des Sturmtrupplers nicht die Bekämpfung von Aufständen, sondern die Verhinderung von solchen durch Angst und Unterdrückung. In der Ära der Neuen Ordnung Palpatines war Besetzen und Unterdrücken ein Teil der übergreifenden Theorie bekannt als Tarkin Doktrin (http://starwars.wikia.com/wiki/Tarkin_Doctrine). Ziel dieser war das Herrschen durch Angst. Die Tarkin Doktrine hoffte die Galaxie mit der Drohung von Militärischer Stärke zu regieren, statt durch eigentliche militärische Stärke. Ein Konzept das sehr gut zu den geringen Ressourcen der Imperialen Armee passte. Doch für die Umsetzung dieses Plans brauchte es eines Symboles wie dem Todesstern. Mit der Gefahr der Zerstörung ganzer Planeten, war die Ausrüstung der Imperialen Armee irrelevant. Es ist kein Wunder das Palpatine gefallen an der Idee des Todessterns fand. Seien wir ehrlich, Palpatine war ein religiöser Mystiker und die Idee eines enormen Budget sprengenden Symbols der Zerstörung war genau sein Ding. Genau genommen war der Todesstern ja nur die Spitze des Eisbergs was verschwenderische Symbolkraft anging. So sind die Supersternzerstörer oder die in ihrer Funktion eingeschränkten, aber in Massen zu fertigenden Tie Fighter, genau die Dinge die seinen Nerv trafen.
Diese Veränderungen in Kultur und Doktrin führten zur weiteren Atrophie der militärischen Effektivität. Nach Imperialer Doktrin wurden Waffen vereinheitlicht und die individuellen Markierungen der ursprünglichen Klontruppen wich dem imperialen Weiß. Individuelle Bezeichnungen wichen Nummerierungen. Wo immer es auch nur ging, betonte die neue Militärische Doktrin Quantität über Qualität. Statt taktischer Kreativität, wie von ihren ursprünglichen Jedi Kommandeuren gelehrt, stand die wortwörtliche Erfüllung des Einsatzziels. Die Erfolgreichen Gunships und Transportfliegereinheiten wurden aufgelöst. Die generelle Einsatzbereitschaft sank dramatisch. Sprich: Der Wert des einzelnen Soldaten sank auf das Minimum. An diesen Veränderungen litten vor allem die Kommandos. Standen vorher Initiative und Kreativität an oberster Priorität für die Missionsparameter, so mussten auch diese der Imperialen Konformität weichen. Wenn ich einen Beispiel für den Zerfall der Kampfkraft angeben müsste, dann die Tatsache das Vader für die Jagd auf den Millenium Falken auf Kopfgeldjäger wie Boba Fett vertrauen musste, statt auf seine eigenen Kommandos zu setzen. In anderen Worten: Die Tarkin Doktrin tauschte reelle Kampfkraft gegen den Schein von Kampfkraft ein.
Nun was bedeutet das für Hoth? Im eigentlichen alles. Statt einer Invasion wie einer uns bekannten modernen militärischen Armee mit Luftunterstützung, musste Vader mit Soldaten vorlieb nehmen die eher Sowjetischen Wehrpflichtigen im zweiten Weltkrieg ähnelten. Der Imperiale Wahn nach Größe bedeutete das die AT-AT Walker von General Veers viel zu langsam das Gefechtsfeld erreichten. Viele davon versanken im Eis, bevor sie überhaupt einen Schuss abgeben konnten. Vor allem aber fehlte es Vader an den Spezialeinheiten die er vor 20 Jahren noch befehligt hatte.
Spencer Ackermans Wired These beschreibt einige kapitale Fehler auf Vaders Seite. Allerdings bin ich mir nicht sicher was ich an dessen Stelle anders gemacht hätte, wäre meine Mission die Extraktion von Luke Skywalker von Echo Basis. Obwohl die AT-AT zu langsam waren, haben sie letztendlich den Schildgenerator zerstören können und somit den Sternzerstörern den Weg für orbitale Bombardements geschaffen. Und obwohl man im Film nicht sehr viel davon mitbekommt, ging der Angriff der 501. mit Vader an der Spitze auf Echo Basis relativ reibungslos und mit hohen Verlusten für die Rebellen vonstatten. Die größte Kritik gilt hier der Imperialen Flotte, die durch die ineffektive Abschneidung der Hyperspace Routen zu viele Allianztransporter inklusive der kompletten Kommandoführung haben entkommen lassen. Obwohl Hoth eine strategische Niederlage war, hat die Imperiale Armee unter der Rebellen Allianz hohe Verluste angerichtet. 17 von 30 Transportschiffen der Allianz gingen verloren. Der restliche Teil der Flotte floh verstreut in unterschiedliche Richtungen. Das Imperium hat also nicht versagt. Aber es hat auch nicht wirklich einen Sieg errungen.
Was mich am meisten dabei stört ist, dass es nicht hätte so laufen müssen. Hätte das Imperium nicht ihre Kommando Einheiten aufgelöst und hätte es nicht auf Symbolkraft über Substanz bestanden, dann hätte Vader Echo Base mit minimalen Verlusten einnehmen können. Aber um das zu bewerkstelligen braucht es etwas anderem als der Tarkin Doktrin: Die Fähigkeit klein zu denken und den Einsatzkräften Vertrauen und Eigeninitiative zu schenken.
Lukes Gefangennahme ist ein generell einfaches Ziel. Mit natürlicher Neugier und Naivität ausgestattet, hatte Luke Tage vor der Invasion den Echo Basis Perimeter verlassen und wurde von einem Wampa gefangen genommen. Ich wiederhole hier noch einmal: Was Vader mit einer vollen Bodeninvasion und Orbitalen Bombardements nicht geschafft hat, wurde von einem Yeti mit blanken Armen und dem Überraschungseffekt vollbracht. Dieser "Wampa Zwischenfall" macht es eigentlich vollkommen klar, dass Imperiale Kommandos nach dem Vorbild der Republic Commandos Skywalker ohne großes Aufhaben gefangen nehmen könnten. Vader müsste nur einige 4 Mann Kommandos landen lassen und mit den E-11 Blastern auf Betäubung Luke gefangen nehmen. Das das klappen würde, wurde nach Order 66 zig mal bewiesen. Immerhin war es die Aufgabe der Kommandos Jedi aufzuspüren und zu vernichten.
Genau genommen sind Kommandos auch der Schlüssel zur Einnahme der Echo Basis. Jeder Battlefront II Spieler weiß, dass der Sieg über Echo Basis nicht im Frontalangriff liegt, sondern Infiltration entlang der Flanke, mit der Übernahme von Strategischen Zielen auf dem Weg zum Hauptziel, den Energiegeneratoren. Wenige kleine Kommandotruppen, leise abgesetzt hätten sich durch den Süden an den Energiegenerator heranmachen können. Durch die schiere Größe des Generators - immerhin handelt es sich hier um einen Generator eines Sternzerstörers der Predator Klasse, hätten tragbare Sprengsätze vielleicht nicht ausgereicht, aber die Kommandos hätten Kabel und Anschlusspunkte sabotieren können. Immerhin hängt die gesamte Energieversorgung der Basis, inklusive Schildgeneratoren und V-50 Planetenverteidungs Ionen Kanone an diesem Reaktor. Ohne ihre Energieversorgung, würden die Transportschiffe einfrieren, die meisten Verteidigungslaser nicht mehr Funktionieren und die gesamte Kommandostruktur zusammenbrechen. Wenn euch dieses Vorgehen zu hanebüchen und unglaubwürdig vorkommt, dann bedenkt folgendes: Genau so sind die Rebellen auf Endor vorgegangen und haben gesiegt...
Doch dies alles ist unmöglich und undenkbar für Vader. Unmöglich, weil die Sturmtruppen für solche Operationen nicht mehr in der Lage waren. Und undenkbar, weil die Imperiale Doktrin voraussetzt, dass Siege mit schierer militärischer Überlegenheit gewonnen werden müssen. Die Rebellion leise erfrieren zu lassen, war nicht die Message die Palpatine der Galaxie senden wollte. Und trotz der Abneigung gegen den Imperator, musste Vader den Anschein des gehorsamen Schülers wahren. In anderen Worten: Imperiale Gewalt wurde durch Politik und Symbolismus beherrscht und nicht militärischem Pragmatismus.
Hoth und der Sturm auf die Echo Basis wird in der militärischen Geschichte zumindest als taktischer Sieg für das Imperium gezählt. Aber sie zeigt auch auf, dass die Flucht eines großen Teiles der Rebellion nicht auf einen einzelnen Kommandeur zurückzuführen ist, sondern eher in der kulturellen und doktrinellen Veränderungen der Imperialen Armee zu suchen ist. Als Stabilitätsstütze der Imperialen Macht, entzogen jeglicher kreativer Ideen und Initiative, um den Anschein von militärischer Stärke anzudeuten, konnte die Armee auf Hoth nur einen anscheinend großen Sieg davontragen, statt einen großen sieg davonzutragen.
TL; DR: unbedeutendes Geekzeugs
Obwohl die meisten zustimmen, dass Hoth kein überwältigender militärischer Sieg für das Imperium war, stören sich die meisten Kommentatoren an der Charakterisierung von Darth Vader. Viele sehen die militärischen Fehler des Sith Lords darin begründet, das seine persönliche Doktrin eigentlich nur eine ist: Die Gefangenname von Luke Skywalker. Und natürlich hatte Vader keinerlei Interesse die Rebellion auszuschalten. Vaders Hauptziel war immer der Sturz des Imperators und glaubt man Star Wars:The Force Unleashed (https://de.wikipedia.org/wiki/Star_Wars:_The_Force_Unleashed), dann war Vader direkt an der Gründung der Allianz beteiligt.
Kommen wir zu mir. Meiner Meinung nach führt weder die Verteidigung, noch eine Verdammung Vaders, nicht zu dem eigentlichen Problem der Sache, weshalb das Imperium so kläglich versagt hat. Es geht mehr um die strukturellen Defizite der Imperialen Armee. Die vertane Chance bei Hoth war nicht die Schuld einzelner Imperialer Kommendeure, sondern Ergebnis systematischer Probleme, verursacht durch die Imperialisierung der Alten Republik. Also als die Große Armee der Republik in ihrem Übergang zur Imperialen Armee, zu einer Militärischen Doktrin gewechselt ist, die völlig unzureichend war um die Rebellen Allianz zu bekämpfen. Nicht bei Vader, sondern in Imperator Palpatine liegt die Hauptschuld am Fiasko bei Hoth. Die Beweise hierfür liegen bei Star Wars:Republic Commando und den Spin Off Romanen (https://de.wikipedia.org/wiki/Star_Wars:_Republic_Commando#Romane).
Bevor wir uns weiter mit der Sache befassen, sollten wir erst einmal klären was eine Militärische Doktrin ist. Kurz gefasst ist eine Militärische Doktrin eine These wie eine militärische Macht operiert, Ziele angeht und letztendlich Kriege gewinnt. Neben der Strategie sind Doktrinen auch konzeptionelle Richtlinien die die Rolle des Militärs und ihre Möglichkeiten beschreiben. Die Doktrin der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg war der Blitzkrieg (eigentlich Gefecht der verbundenen Waffen). Der Blitzkrieg implizierte den koordinierten Einsatz mehrerer Teilstreitkräfte (Luft-, See- und Landstreitkräfte). Plötzliche, schnelle und unerwartete Vorstöße sollten dem Gegner im Idealfall keine Gelegenheit lassen, eine stabile Verteidigung zu organisieren. Die Infanterie verlor ihre Rolle als als Hauptinstrument der Kriegsführung und machte den beweglicheren Panzern im Verbund mit Taktischen Flugzeugen platz. Lasst uns also in diesem Licht die Transition der Großen Armee der Republik in die Imperialen Armee genauer beobachten.
Die Klonfabriken auf Camino haben die Republikanische Armee mit nur einem Hintergedanken erschaffen: Die Erschaffung des individuellen Supersoldaten. Geschaffen aus den Genen von Django Fett, waren die Klonsoldaten hervorragend trainiert und vor allem sehr gut ausgerüstet. Selbst die regulären Klontruppen verfügten über die Eignung und Kenntnisse für komplexe Operationen. Auf Geonosis (Star Wars:Episode II) haben Klontruppen mithilfe der Luftstreitkräfte, eine Gruppe von Jedi innerhalb von Minuten vom Gefechtsfeld extrahiert und haben danach eine Landezone auf dem Planeten ausgebaut, nur um weitere Minuten später einen gemeinsamen Angriff der Infanterie mit gepanzerten Fahrzeugen in das Herz der Geonosischen Hauptstadt zu führen.
Nach dem Spiel: Star Wars:Republic Commando, kamen zudem spezielle Kommando Einheiten zum einsatz, die nicht nur einen Geonosischen Anführer ausschalteten, sondern auch die Evakuierung des größten Teils der Droidenarmee verhinderten. Republic Commandos waren ähnlich wie andere Spezialeinheiten in unserer Zeit, Elitesoldaten mit einem hohen Maß an Autonomie. Delta Squad, der Trupp um dem es im Spiel geht, verfügt auch über eine bessere Ausrüstung in Form von besseren Waffen, Bakta Tanks und Sprengladungen. Trainiert von Mandalorischen militärischen Beratern, lernten diese Kommandos individuelle Initiative und taktisches Verständnis. In Folge der Klonkriege begleiteten Klontruppen Jedi Kommandeure bei vielfältigen Missionen, von Planetaren Invasionen bis hin zu Infiltrationen. Im Zuge dieser Leistungsfähigkeit könnte man die Doktrin der Alten Republik folgendermaßen zusammenfassen: Überlegenheit auf dem Schlachtfeld durch verbesserter Nutzung verbundener Streitkräfte und Sondereinsatzkräfte. Natürlich war das nur ihre offensichtliche Doktrin. Ihre eigentliche Doktrin war: Die Jedi Ablenken um ihnen danach in den Rücken zu schießen. Nichtsdestotrotz war die Große Armee der Republik eine formidable Armee im Kampf gegen reguläre und irreguläre Truppen.
Order 66 und ihr Nachspiel veränderten die GAR nachhaltig. Mit der Zerstörung der Seperatisten und der Vernichtung des Jedi Ordens, veränderten sich die Einsatzbedingungen der neuen Imperialen Armee drastisch. Im Grunde ging es nur noch darum die Reste der Seperatisten aufzuwischen und die verbliebenen Jedi zu jagen. Dazu wurden alle Republik Kommandos Vaders 501. Division unterstellt. Obwohl noch immer effektiv, waren die Kommandos nur noch ein Schatten ihrer selbst. 3 Jahre Krieg und Desertationen um Order 66 hatten ihre Spuren hinterlassen. Weit unter ihren ursprünglichen 5000 Mann, waren die Klon Kommandos nur noch ein Schatten ihrer selbst. Und vielleicht noch wichtiger: ihnen mangelte es an ihren Jedi Vorgesetzten. Dazu kommen noch operative Verluste durch die Jagd an den verbliebenen Jedi und Verluste biologischer Natur, da die beschleunigte Herstellung der Klone bedeutete, dass diese auch schneller alterten. Nach Star Wars Battlefront waren nur noch wenige Kommandos im Imperialen Einsatz zu Zeit der Schlacht um Hoth.
Wie auch immer. Mit der fast kompletten Auslöschung der Jedi, änderte sich die Aufgabe der Imperialen Armee - jetzt das semi autonome Sturmtruppen Korps, von der Zerschlagung der Jedi und Deserteuren in eine Galaxis umspannende Besatzungsstreitmacht. Imperator Palpatine, nun ohne jegliche öffentliche Gegner, brauchte das Sturmtruppen Korps als politisches Instrument der Angst. So wurden überall im Imperium, als Teil der Politik der "Imperialisierung", in weiten Teilen der Galaxie als Unterdrückungsstreitmacht Garnisonen von Sturmtruppen aufgestellt. Angeführt von Imperialen Governeuren, den so genannten Moffs, war das Hauptziel nicht die Kriegsführung selbst, sondern die Durchsetzung der politischen Ideologie und die Unterdrückung jeglicher Opposition. Ich nenne diese Doktrin: Besetzen und Unterdrücken. Die Idee dahinter ist folgende: Garnisonstruppen unterdrücken jeglichen Widerstand gegen das Imperium und werden von wenigen, besser ausgerüsteten mobilen, flotten basierten Eliteeinheiten wie das 501. dann unterstützt, wenn die Gefahr nicht mehr durch örtliche Einheiten einzudämmen ist. Die Fähigkeit Sturmtruppen an jede Straßenecke zu Positionieren bringt aber auch militärische Nachteile mit sich. Man braucht schlicht Milliarden an Klonsoldaten. Und die Einführung von Klonen die in den Spaarti Klontanks in einem Zehntel der Zeit ihrer originalen Vorbilder gezüchtet wurden gingen mit einer Verminderung der Qualität der Truppen einher. Sie erhielten wenig bis kaum Ausbildung und manche verfielen dem Klon Wahnsinn und schossen auf die eigenen Truppen. Die spätere Rekrutierung von menschlichen Soldaten war auch nicht viel Erfolgreicher. Ein Faktum das sich vor allem ihrer lächerlichen Zielgenauigkeit ausmachen lässt. Das veränderte Einsatzspektrum der Sturmtruppen benötigte auch eine neue Ausrüstung. So waren die benutzen Clone Trooper Mark I und II Rüstungen nicht für die Projektilwaffen der Aufständischen geschaffen, sondern mehr für die Blaster der Seperatisten Armee. Die neue Sturmtruppen Rüstung schützte zwar nicht mehr so gut gegen Blasterfeuer, war aber gegen Projektilwaffen praktisch undurchdringlich und schützte wesentlich besser gegen Umweltgifte und Toxine.
Nichtsdestotrotz war die Aufgabe des Sturmtrupplers nicht die Bekämpfung von Aufständen, sondern die Verhinderung von solchen durch Angst und Unterdrückung. In der Ära der Neuen Ordnung Palpatines war Besetzen und Unterdrücken ein Teil der übergreifenden Theorie bekannt als Tarkin Doktrin (http://starwars.wikia.com/wiki/Tarkin_Doctrine). Ziel dieser war das Herrschen durch Angst. Die Tarkin Doktrine hoffte die Galaxie mit der Drohung von Militärischer Stärke zu regieren, statt durch eigentliche militärische Stärke. Ein Konzept das sehr gut zu den geringen Ressourcen der Imperialen Armee passte. Doch für die Umsetzung dieses Plans brauchte es eines Symboles wie dem Todesstern. Mit der Gefahr der Zerstörung ganzer Planeten, war die Ausrüstung der Imperialen Armee irrelevant. Es ist kein Wunder das Palpatine gefallen an der Idee des Todessterns fand. Seien wir ehrlich, Palpatine war ein religiöser Mystiker und die Idee eines enormen Budget sprengenden Symbols der Zerstörung war genau sein Ding. Genau genommen war der Todesstern ja nur die Spitze des Eisbergs was verschwenderische Symbolkraft anging. So sind die Supersternzerstörer oder die in ihrer Funktion eingeschränkten, aber in Massen zu fertigenden Tie Fighter, genau die Dinge die seinen Nerv trafen.
Diese Veränderungen in Kultur und Doktrin führten zur weiteren Atrophie der militärischen Effektivität. Nach Imperialer Doktrin wurden Waffen vereinheitlicht und die individuellen Markierungen der ursprünglichen Klontruppen wich dem imperialen Weiß. Individuelle Bezeichnungen wichen Nummerierungen. Wo immer es auch nur ging, betonte die neue Militärische Doktrin Quantität über Qualität. Statt taktischer Kreativität, wie von ihren ursprünglichen Jedi Kommandeuren gelehrt, stand die wortwörtliche Erfüllung des Einsatzziels. Die Erfolgreichen Gunships und Transportfliegereinheiten wurden aufgelöst. Die generelle Einsatzbereitschaft sank dramatisch. Sprich: Der Wert des einzelnen Soldaten sank auf das Minimum. An diesen Veränderungen litten vor allem die Kommandos. Standen vorher Initiative und Kreativität an oberster Priorität für die Missionsparameter, so mussten auch diese der Imperialen Konformität weichen. Wenn ich einen Beispiel für den Zerfall der Kampfkraft angeben müsste, dann die Tatsache das Vader für die Jagd auf den Millenium Falken auf Kopfgeldjäger wie Boba Fett vertrauen musste, statt auf seine eigenen Kommandos zu setzen. In anderen Worten: Die Tarkin Doktrin tauschte reelle Kampfkraft gegen den Schein von Kampfkraft ein.
Nun was bedeutet das für Hoth? Im eigentlichen alles. Statt einer Invasion wie einer uns bekannten modernen militärischen Armee mit Luftunterstützung, musste Vader mit Soldaten vorlieb nehmen die eher Sowjetischen Wehrpflichtigen im zweiten Weltkrieg ähnelten. Der Imperiale Wahn nach Größe bedeutete das die AT-AT Walker von General Veers viel zu langsam das Gefechtsfeld erreichten. Viele davon versanken im Eis, bevor sie überhaupt einen Schuss abgeben konnten. Vor allem aber fehlte es Vader an den Spezialeinheiten die er vor 20 Jahren noch befehligt hatte.
Spencer Ackermans Wired These beschreibt einige kapitale Fehler auf Vaders Seite. Allerdings bin ich mir nicht sicher was ich an dessen Stelle anders gemacht hätte, wäre meine Mission die Extraktion von Luke Skywalker von Echo Basis. Obwohl die AT-AT zu langsam waren, haben sie letztendlich den Schildgenerator zerstören können und somit den Sternzerstörern den Weg für orbitale Bombardements geschaffen. Und obwohl man im Film nicht sehr viel davon mitbekommt, ging der Angriff der 501. mit Vader an der Spitze auf Echo Basis relativ reibungslos und mit hohen Verlusten für die Rebellen vonstatten. Die größte Kritik gilt hier der Imperialen Flotte, die durch die ineffektive Abschneidung der Hyperspace Routen zu viele Allianztransporter inklusive der kompletten Kommandoführung haben entkommen lassen. Obwohl Hoth eine strategische Niederlage war, hat die Imperiale Armee unter der Rebellen Allianz hohe Verluste angerichtet. 17 von 30 Transportschiffen der Allianz gingen verloren. Der restliche Teil der Flotte floh verstreut in unterschiedliche Richtungen. Das Imperium hat also nicht versagt. Aber es hat auch nicht wirklich einen Sieg errungen.
Was mich am meisten dabei stört ist, dass es nicht hätte so laufen müssen. Hätte das Imperium nicht ihre Kommando Einheiten aufgelöst und hätte es nicht auf Symbolkraft über Substanz bestanden, dann hätte Vader Echo Base mit minimalen Verlusten einnehmen können. Aber um das zu bewerkstelligen braucht es etwas anderem als der Tarkin Doktrin: Die Fähigkeit klein zu denken und den Einsatzkräften Vertrauen und Eigeninitiative zu schenken.
Lukes Gefangennahme ist ein generell einfaches Ziel. Mit natürlicher Neugier und Naivität ausgestattet, hatte Luke Tage vor der Invasion den Echo Basis Perimeter verlassen und wurde von einem Wampa gefangen genommen. Ich wiederhole hier noch einmal: Was Vader mit einer vollen Bodeninvasion und Orbitalen Bombardements nicht geschafft hat, wurde von einem Yeti mit blanken Armen und dem Überraschungseffekt vollbracht. Dieser "Wampa Zwischenfall" macht es eigentlich vollkommen klar, dass Imperiale Kommandos nach dem Vorbild der Republic Commandos Skywalker ohne großes Aufhaben gefangen nehmen könnten. Vader müsste nur einige 4 Mann Kommandos landen lassen und mit den E-11 Blastern auf Betäubung Luke gefangen nehmen. Das das klappen würde, wurde nach Order 66 zig mal bewiesen. Immerhin war es die Aufgabe der Kommandos Jedi aufzuspüren und zu vernichten.
Genau genommen sind Kommandos auch der Schlüssel zur Einnahme der Echo Basis. Jeder Battlefront II Spieler weiß, dass der Sieg über Echo Basis nicht im Frontalangriff liegt, sondern Infiltration entlang der Flanke, mit der Übernahme von Strategischen Zielen auf dem Weg zum Hauptziel, den Energiegeneratoren. Wenige kleine Kommandotruppen, leise abgesetzt hätten sich durch den Süden an den Energiegenerator heranmachen können. Durch die schiere Größe des Generators - immerhin handelt es sich hier um einen Generator eines Sternzerstörers der Predator Klasse, hätten tragbare Sprengsätze vielleicht nicht ausgereicht, aber die Kommandos hätten Kabel und Anschlusspunkte sabotieren können. Immerhin hängt die gesamte Energieversorgung der Basis, inklusive Schildgeneratoren und V-50 Planetenverteidungs Ionen Kanone an diesem Reaktor. Ohne ihre Energieversorgung, würden die Transportschiffe einfrieren, die meisten Verteidigungslaser nicht mehr Funktionieren und die gesamte Kommandostruktur zusammenbrechen. Wenn euch dieses Vorgehen zu hanebüchen und unglaubwürdig vorkommt, dann bedenkt folgendes: Genau so sind die Rebellen auf Endor vorgegangen und haben gesiegt...
Doch dies alles ist unmöglich und undenkbar für Vader. Unmöglich, weil die Sturmtruppen für solche Operationen nicht mehr in der Lage waren. Und undenkbar, weil die Imperiale Doktrin voraussetzt, dass Siege mit schierer militärischer Überlegenheit gewonnen werden müssen. Die Rebellion leise erfrieren zu lassen, war nicht die Message die Palpatine der Galaxie senden wollte. Und trotz der Abneigung gegen den Imperator, musste Vader den Anschein des gehorsamen Schülers wahren. In anderen Worten: Imperiale Gewalt wurde durch Politik und Symbolismus beherrscht und nicht militärischem Pragmatismus.
Hoth und der Sturm auf die Echo Basis wird in der militärischen Geschichte zumindest als taktischer Sieg für das Imperium gezählt. Aber sie zeigt auch auf, dass die Flucht eines großen Teiles der Rebellion nicht auf einen einzelnen Kommandeur zurückzuführen ist, sondern eher in der kulturellen und doktrinellen Veränderungen der Imperialen Armee zu suchen ist. Als Stabilitätsstütze der Imperialen Macht, entzogen jeglicher kreativer Ideen und Initiative, um den Anschein von militärischer Stärke anzudeuten, konnte die Armee auf Hoth nur einen anscheinend großen Sieg davontragen, statt einen großen sieg davonzutragen.
TL; DR: unbedeutendes Geekzeugs