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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hygienische Zustände im Krankenhaus, tolerabel?


Schokokettensäge
2016-03-23, 15:44:44
Heut stand meine Mandel-Raus-OP an, Vorbereitungen/Untersuchungen und alles drumrum liefen sauber.
Als ich dann mein Zimmer auf der HNO Abteilung bekam stellte ich fest das die Ablagen nicht geputzt waren, eine dicke Staubschicht konnte man mit dem Finger überall abwischen. Auf dem Beistellwagen wo man auch drauf isst, waren spuckeartige Flecken und an der Seite noch etwas Blut.
Also wies ich mich wieder aus, eine halbe Stunde vor der OP, ich fühlte mich richtig dreckig (im hygienischen Sinne) und konnte mich einfach nicht wohl genug fühlen mit offener Wunde im Hals eine Woche dort zu bleiben.
Die Schwester sagte nur das es ihr leid täte und sie aber nix machen könnte.
Ist sowas hinnehmbar oder stell ich mich an? Fühl mich grad nach dem ganzen Aufwand recht frustig.

derpinguin
2016-03-23, 16:09:25
Wäre vielleicht nicht direkt ein Grund zu flüchten, aber sicherlich ein Grund mal ein ernstes Wort mit dem Hausdienst zu reden.

sth
2016-03-23, 16:13:58
Hast leider nicht unrecht. Hygiene ist in vielen deutschen Krankenhäusern leider ein Problem, siehe auch die vielen Probleme mit MRSA-Infektionen, die wir hier haben. :(

Gibt ja hier im Forum ein paar Leute vom Fach, bin mal gespannt was deren Meinung dazu ist. Was ich da die letzten Jahre alles so mitbekommen habe, stimmt mich aber leider zu tiefst pessimistisch.

drdope
2016-03-23, 16:28:56
Wenn das bei "uns" im Krankenhaus passieren würde, würde ich
die zuständige Hygienefachkraft informieren und diese das mit dem externen Gebäudereinungs-Dienstleister klären lassen.
Innerhalb der Kernarbeitszeit (ca. 7:00-15:00) wird das Zimmer dann idR am gleichen Tag neu gereinigt (wenn nicht grad Sonn- oder Feiertag ist).

Tolerieren würde ich das als Patient auch nicht, wobei ich aber auch nicht geflüchtet wäre.
IdR findet man, wenn man miteinander redet, für so was eine Lösung (z.B. die Person für die Zeit bis zur erfolgten Reinigung irgendwo anders unterbringen).

Monger
2016-03-23, 16:37:13
Eine Bekannte von mir ist Ärztin, die meinte: das Reinigungspersonal ist das wichtigste Personal im Krankenhaus, hat aber halt einen niedrigen Rang. Wenn du es dir als Arzt mit denen verscherzt, hast du ein Problem.

Offensichtlich ist das deren Form des stillen Protests: wenn die Reinigungskräfte unzufrieden sind, arbeiten sie einfach nicht mehr so gewissenhaft. Ist natürlich Kacke für die Patienten, aber die kann ich auch verstehen.

Eigentlich hilft dann nur die Abstimmung mit den Füßen, ergo das Krankenhaus wechseln. Ich bin zu Hause wirklich kein reinlicher Typ, aber ein schmuddeliges Krankenhaus ist halt lebensgefährlich.

bleipumpe
2016-03-23, 16:46:46
Die Hygiene, selbst im OP bzw. OP-Gerät wird faktisch nur noch durch Dienstleister gewährleistet. Da wird für so ein armes Würstchen im Niedriglohnsektor eine Menge Arbeit für ein zu knappes Zeitbudget einkalkuliert. Das kann man nicht vernünftig schaffen. Das reicht noch nicht einmal, um das Wischwasser, geschweige den Wischlappen zwischen den Zimmern zu wechseln. Dasselbe gilt für die Desinfektion der Hände / Arbeitsgeräte des Personals. Man weiss mittlerweile, das Personalknappheit mit höheren Infektraten einhergeht. Einfach weil Zeit für Hygiene fehlt.
Aber in Zeiten, wo ein Krankenhaus oder Praxen wirtschaftlich arbeiten müssen, ist das eben die logische Konsequenz. Personal ist noch immer einer der größten Kostenfaktoren. Und da wird angesetzt.

derpinguin
2016-03-23, 16:48:51
Staub auf dem Fensterbrett im Zimmer ist keine Lebensgefahr.

Der grund für schlechte Reinigungsleistung liegt vor allem in den Arbeitsbedingungen des Reinigungspersonals. Die wurden praktisch überall in den letzten Jahren outgesourced und so billig wie nur irgendwie möglich gemacht. Dementsprechend gut putzen die halt auch. Früher hatten wir Reinigungskräfte, die haben für ihre Arbeit gelebt. Da wars picobello. Heute läuft da irgend eine Trulla durch, die kein Bock drauf hat und macht halt alibimäßig was.

bleipumpe
2016-03-23, 16:56:07
Ja, ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da haben Ärzt, Schwestern und die Reinigungskraft morgens zusammen gefrühstückt. Da gab es so etwas nicht. Anderfalls wurde einem dann durch die Öse ordentlich Licht ans Fahrrad gemacht.
Das wurde alles langsam aber sicher abgeschafft. Der Zusammenhalt wurde auch immer schlechter, von der Pflegedienstleitung wurde sogar das gemeinsame Früchstück als "nicht gewünscht" deklariert.
Das war einer der Punkte, wo mich der stationäre Sektor mal am Allerwertesten und so.

drdope
2016-03-23, 16:58:13
Der grund für schlechte Reinigungsleistung liegt vor allem in den Arbeitsbedingungen des Reinigungspersonals. Die wurden praktisch überall in den letzten Jahren outgesourced und so billig wie nur irgendwie möglich gemacht. Dementsprechend gut putzen die halt auch. Früher hatten wir Reinigungskräfte, die haben für ihre Arbeit gelebt. Da wars picobello. Heute läuft da irgend eine Trulla durch, die kein Bock drauf hat und macht halt alibimäßig was.

Das und die Qualifikation des Reinigungspersonals... für das was die Mädels da als Lohn bekommen, kann man leider - realistisch betrachtet - auch nicht viel erwarten.
Hinzu kommt idR auch noch eine mehr oder minder starke Sprachbarriere (böse formuliert -> wenn die "Guten Morgen" sagen können ist das schon viel).
Da Putzen halt Leute, die von KH-Hygiene idR keine Ahnung haben... traurige Realität.
:(

derpinguin
2016-03-23, 16:58:50
Das und die Qualifikation des Reinigungspersonals... für das was die Mädels da als Lohn bekommen, kann man leider - realistisch betrachtet - auch nicht viel erwarten.
Hinzu kommt idR auch noch eine mehr oder minder starke Sprachbarriere (böse formuliert -> wenn die "Guten Morgen" sagen können ist das schon viel).
Da Putzen halt Leute, die von KH-Hygiene idR keine Ahnung haben... traurige Realität.
:(
Ja, leider.

Impia
2016-03-23, 17:16:37
Als ich dann mein Zimmer auf der HNO Abteilung bekam stellte ich fest das die Ablagen nicht geputzt waren, eine dicke Staubschicht konnte man mit dem Finger überall abwischen. Auf dem Beistellwagen wo man auch drauf isst, waren spuckeartige Flecken und an der Seite noch etwas Blut.
Also wies ich mich wieder aus, eine halbe Stunde vor der OP, ich fühlte mich richtig dreckig (im hygienischen Sinne) und konnte mich einfach nicht wohl genug fühlen mit offener Wunde im Hals eine Woche dort zu bleiben.
Die Schwester sagte nur das es ihr leid täte und sie aber nix machen könnte.
Ist sowas hinnehmbar oder stell ich mich an? Fühl mich grad nach dem ganzen Aufwand recht frustig.

Du hast vollkommen richtig gehandelt, in solchen Buden fängt man sich schneller eine nosokomiale Infektion ein als man eine freie Schwester erwischt. So etwas geht gar nicht! Ich würde unbedingt die Krankenhaushygiene aufsuchen und den Fall dort schildern. Wenn die nichts unternehmen würde ich mich von dem Haus fern halten und ggf. weitere Schritte einleiten.

Staub auf dem Fensterbrett im Zimmer ist keine Lebensgefahr.

In einer Kneipe oder im Restaurant wäre es ok. Wenn es jedoch in einem Krankenhaus so aussieht gibt es offensichtliche Mängel in der Organisation der Hygieneleitlinien. MRSA ist kein Hirngespinst und wird genau durch solche Mängel verbreitet. Da denkt die Reinigungsfachkraft genauso wie du und verursacht dadurch die nächste Infektion. Gibt einige Häuser die es mit der Hygiene mal nicht so genau genommen haben (bsp. Uniklinik Münster, Bremen Mitte, Uniklinik Mannheim etc.) und dann dicke Schlagzeilen machten. Danach klappt es dann idR mit den nötigen Prozessen, dummerweise sind dann schon einige Patienten betroffen.

urpils
2016-03-23, 17:20:01
zunächst mal kann man das nicht verallgemeinern - das ist von Haus zu Haus unterschiedlich.

Eine Bekannte von mir ist Ärztin, die meinte: das Pflegepersonal ist das wichtigste Personal im Krankenhaus, hat aber halt einen niedrigen Rang. Wenn du es dir als Arzt mit denen verscherzt, hast du ein Problem.

Offensichtlich ist das deren Form des stillen Protests: wenn die Reinigungskräfte unzufrieden sind, arbeiten sie einfach nicht mehr so gewissenhaft. Ist natürlich Kacke für die Patienten, aber die kann ich auch verstehen.


die Pflegekräfte haben aber in der Regel nichts mit den Reinigungskräften zu tun - zumindest die Häuser die ich kenne haben das getrennt.

Staub auf dem Fensterbrett im Zimmer ist keine Lebensgefahr.
Der grund für schlechte Reinigungsleistung liegt vor allem in den Arbeitsbedingungen des Reinigungspersonals. Die wurden praktisch überall in den letzten Jahren outgesourced und so billig wie nur irgendwie möglich gemacht. Dementsprechend gut putzen die halt auch. Früher hatten wir Reinigungskräfte, die haben für ihre Arbeit gelebt. Da wars picobello. Heute läuft da irgend eine Trulla durch, die kein Bock drauf hat und macht halt alibimäßig was.

+1

in der Regel läuft das wahrscheinlich auch gut - nur die negativen Fälle, wo vielleicht vergessen wurde das Beistelltischchen auszutauschen etc. fällt einem dann wohl auf :/
wenn blut/Schmutz am Tisch wären, würd ich das aber auch nicht gerade vertrauensfördernd empfinden...

derpinguin
2016-03-23, 17:20:47
Mal ruhig bleiben. Keime springen nicht. Wer sich eine Infektion in der Klinik holt, der holt sie sich vom Personal oder von Instrumenten, aber nicht vom Staub, der irgendwo liegt. Vor allem nicht, wenn er für ne Mandel OP kommt.

Doppelposter
2016-03-23, 17:20:51
Wohl keine Seltenheit - wobei Staub auf dem Fensterbrett jetzt auch niemanden umbringt :rolleyes: Ist halt kein Hotel, das verwechseln die Leute mal schnell.

derpinguin
2016-03-23, 17:21:26
in der Regel läuft das wahrscheinlich auch gut - nur die negativen Fälle, wo vielleicht vergessen wurde das Beistelltischchen auszutauschen etc. fällt einem dann wohl auf :/
wenn blut/Schmutz am Tisch wären, würd ich das aber auch nicht gerade vertrauensfördernd empfinden...
Ich denke auch, dass da vergessen wurde den Tisch auszutauschen.

Impia
2016-03-23, 17:51:01
Mal interessehalber .. wer von der "Staub ist nicht schlimm"-Fraktion ist in diesem Bereich beruflich angesiedelt ? Ich wette (und noch mehr hoffe ich das) keiner.

Es geht ja nicht primär um den Staub sondern um die nicht gereinigten u. desinfizierten Oberflächen. Im Extremfall lag direkt vor dem TE ein infektiöser Patient auf den Zimmer (und davon muss das Krankenhaus bei jedem Patienten ausgehen) und hat munter die Erreger verteilt.

Schokokettensäge
2016-03-23, 17:53:51
Ajo, nu isses gelaufen mal sehn wann ichs nochmal angehe, warscheinlich woanders obwohl man im Netz bei umliegenden KH ähnliches liest.

Der Staub war auch auf dem ganzen Brett was direkt überm Bett hänge wo Licht, Steckdosen usw dran sind, sah so aus wie ein halbes Jahr nicht geputzt.
Der Duschvorhang war unten Geld Bräunlich verfärbt und schimmelte schon leicht. Da bin ich auch rückwärts wieder raus.

derpinguin
2016-03-23, 17:59:00
Da hat dann offensichtlich das Personal auch schon aufgegeben.
Wenn du möchtest kannst du mir gern eine PN schreiben mit deinem Ortswunsch. Wenn ich da in der Nähe eine brauchbare HNO kenne, sag ichs dir.

urpils
2016-03-23, 18:01:49
Mal interessehalber .. wer von der "Staub ist nicht schlimm"-Fraktion ist in diesem Bereich beruflich angesiedelt ? Ich wette (und noch mehr hoffe ich das) keiner.

Es geht ja nicht primär um den Staub sondern um die nicht gereinigten u. desinfizierten Oberflächen. Im Extremfall lag direkt vor dem TE ein infektiöser Patient auf den Zimmer (und davon muss das Krankenhaus bei jedem Patienten ausgehen) und hat munter die Erreger verteilt.

wir sind ja alle auf dem selben Level: in Krankenhäusern sollte gut gereinigt werden, aber wie oben schon beschrieben: die Gründe für Krankenhausinfektionen sind nicht Staub auf einem Schrank, sondern hauptsächlich Menschen die nicht hygienisch arbeiten bzw. nicht die Grundregeln der Hände/... Hygiene einhalten und dann in der Regel über ihre Hände das Zeug weitertragen.

derpinguin
2016-03-23, 18:04:25
So ist es.
Man kann im Stall operieren, solang der Patient mit sauberen Instrumenten traktiert wird, sauber abgedeckt und abgewaschen wird sowie das Tischpersonal steril eingepackt ist.

drdope
2016-03-23, 18:16:44
Mal interessehalber .. wer von der "Staub ist nicht schlimm"-Fraktion ist in diesem Bereich beruflich angesiedelt ? Ich wette (und noch mehr hoffe ich das) keiner.

Es geht ja nicht primär um den Staub sondern um die nicht gereinigten u. desinfizierten Oberflächen. Im Extremfall lag direkt vor dem TE ein infektiöser Patient auf den Zimmer (und davon muss das Krankenhaus bei jedem Patienten ausgehen) und hat munter die Erreger verteilt.

Ich arbeite im KH und würde den Staub auch noch als kleinstes Übel/Risiko der potentiellen Infektionsquellen im KH betrachten.

Grundsätzlich bin ich aber bei dir, daß so was nicht vorkommen sollte.

Als Patient hat man, wenn man nicht "vom Fach" ist, kaum eine Möglichkeit die Qualität seiner medizinischen Behandlung zu beurteilen.

Um so wichtiger ist es imho, daß die vom Patienten beurteilbaren Rahmenbedingungen (Sauberkeit, Zimmerausstattung, Freundlichkeit des Personals, das Essen etc) ein hinreichende Qualität haben.
Wenn es an den Basics schon scheitert, schwächt das das Kundenvertrauen in den "Rest" extrem, wie man in obigen Beispiel sieht.

derpinguin
2016-03-23, 18:19:36
Mal interessehalber .. wer von der "Staub ist nicht schlimm"-Fraktion ist in diesem Bereich beruflich angesiedelt ? Ich wette (und noch mehr hoffe ich das) keiner.

Die Wette verlierst du. Eben weil wir da arbeiten können wir dir versichern, dass Staub nicht schlimm ist und Keime nicht springen.

No.3
2016-03-23, 18:46:21
Die Wette verlierst du. Eben weil wir da arbeiten können wir dir versichern, dass Staub nicht schlimm ist und Keime nicht springen.

Staub ist ja nicht Nichts d.h. der muss irgendwo "produziert" werden. d.h. menschliche Zellen, "Dreck" der von draussen eingetragen wird, etc. und das alles ist voll mit Keimen - die normalerweise unproblematisch sind!

Bei einem geschwächten Organismus, einer OP-Wunde, o.ä. können diese an sich unproblematischen Keime schon problematisch werden!

anddill
2016-03-23, 19:02:50
So ist es.
Man kann im Stall operieren, solang der Patient mit sauberen Instrumenten traktiert wird, sauber abgedeckt und abgewaschen wird sowie das Tischpersonal steril eingepackt ist.

Ich kenn einen Arzt der immer mal ein paar Monate in Afrika arbeitet. Der operiert dann auch im Hühnerstall. Außer den Instrumenten ist da nichts steril. Er sagt die Komplikationsrate wg. Infektionen ist dort sogar niedriger als hier in sterilen OPs.
Die Menschen dort sind aber auch nicht so Sagrotan-geschädigt wie hier.

Impia
2016-03-23, 19:17:00
Die Wette verlierst du. Eben weil wir da arbeiten können wir dir versichern, dass Staub nicht schlimm ist und Keime nicht springen.

Das ist traurig, vom "Fach" sein und sämtliche Vorschriften und auch Empfehlungen des RKI mit Füßen treten. Staub kann genauso gut Keime binden wie jede andere unbelebte Oberfläche und somit kann bei einem schlecht gereinigten Zimmer schon eine Keimbelastung durch das simple betreten auftreten. Ein Grund warum dabei eine Naßreinigung durchzuführen ist um eine übermäßige Staubbelastung zu vermeiden. Staub bietet zudem einen idealen Nährboden. Fasst man nun den evtl. kontaminierten Staub an (durch das Anlehnen an die Fensterbank) ist es nur noch ein kurzer Schritt zum Patienten. Und genau dafür gibt es Richtlinien die einzuhalten sind. Ein Krankenhaus ist eben eine Keimfabrik.

Aber mit dieser Meinung bist du nicht allein, das erlebe ich fast täglich. IdR wird es deutlich besser wenn man Stationen oder auch mal die ganze ZSVA stilllegt um das Haus zum Umdenken zu zwingen.
Wenn du wirklich da arbeitest und das Staubproblem (was ja schon ein offensichtliches Hygieneproblem darstellt) bagatellisierst solltest du vielleicht noch einmal nachgeschult werden. Ein staubiges, ungereinigtes Zimmer mit Sekretresten an der Einrichtung finde ich schon ziemlich heftig.

drdope
2016-03-23, 19:21:49
Ich kenn einen Arzt der immer mal ein paar Monate in Afrika arbeitet. Der operiert dann auch im Hühnerstall. Außer den Instrumenten ist da nichts steril. Er sagt die Komplikationsrate wg. Infektionen ist dort sogar niedriger als hier in sterilen OPs.
Die Menschen dort sind aber auch nicht so Sagrotan-geschädigt wie hier.

Das hat eher weniger mit Sagrotan zu tun.

Durch den intensiven Einsatz von Antibiotika bei Mensch und Tier(sucht) haben wir uns selbst erst resistente Keime gezüchtet.
Im Krankenhaus hast du davon im Regelfall mehr als sonst wo.

Das hast du im afrikanischen Hühnerstall nicht in dieser Qualität/Ausprägung.

Wenn man konsequent wäre, würde man auch regelmäßig das KH-Personal testen lassen.
Aber das wäre vermutlich nicht finanzierbar, weil du 1/4-1/3 des Personals regelmäßig zum "sanieren" frei stellen mußt.

Deshalb ist Hände waschen/desinfizieren & Handschuhe tragen imho obligat, bei Tätigkeiten die man am Pat. ausführt.
Aber selbst das ist noch nicht überall angekommen.
:(

Mortalvision
2016-03-23, 19:23:18
Ugh! Denkt mal dran, was für eine Oberfläche Staub bietet, insbesondere wenn noch Haare oder Fasern dazu kommen. Dann ists im Krankenhaus immer warm, dazu oft feucht wegen falscher Lüftung => Staub mag keine Killerkeime drinnen haben, aber garantiert fangen sich da genügend Schimmelsporen und Milben ein. Inwiefern die schädlich für den menschlichen Organismus sind, kann ich nicht beurteilen.

RoNsOn Xs
2016-03-23, 19:27:59
Richtig. So hart es auch klingt, aber beim Menschen gibt es schon lange keine natürliche Auslese mehr. Wird ziemlich unterbewertet - aber ist halt nicht gesellschaftsfähig.

derpinguin
2016-03-23, 19:33:23
Das ist traurig, vom "Fach" sein und sämtliche Vorschriften und auch Empfehlungen des RKI mit Füßen treten. Staub kann genauso gut Keime binden wie jede andere unbelebte Oberfläche und somit kann bei einem schlecht gereinigten Zimmer schon eine Keimbelastung durch das simple betreten auftreten. Ein Grund warum dabei eine Naßreinigung durchzuführen ist um eine übermäßige Staubbelastung zu vermeiden. Staub bietet zudem einen idealen Nährboden. Fasst man nun den evtl. kontaminierten Staub an (durch das Anlehnen an die Fensterbank) ist es nur noch ein kurzer Schritt zum Patienten. Und genau dafür gibt es Richtlinien die einzuhalten sind. Ein Krankenhaus ist eben eine Keimfabrik.

Aber mit dieser Meinung bist du nicht allein, das erlebe ich fast täglich. IdR wird es deutlich besser wenn man Stationen oder auch mal die ganze ZSVA stilllegt um das Haus zum Umdenken zu zwingen.
Wenn du wirklich da arbeitest und das Staubproblem (was ja schon ein offensichtliches Hygieneproblem darstellt) bagatellisierst solltest du vielleicht noch einmal nachgeschult werden. Ein staubiges, ungereinigtes Zimmer mit Sekretresten an der Einrichtung finde ich schon ziemlich heftig.
Natürlich sollte das gereinigt sein. Das bestreitet hier doch keiner. Es geht doch lediglich darum, dass eine staubige Oberfläche keine Gefahr für Leib und Leben darstellt. Abgesehen davon: die Wand steht von alleine. Ich muss mich nirgends anlehnen. Und ich finger auch nicht über alle Oberflächen bevor ich einen Patienten berühre.
Wenn ich mir die Reinigung bei mir im OP anschaue kann ich mich nicht beklagen. Unser Haus hat eine gute Hygieneabteilung und die nosokomialen Infektionen sind deutlich unter Bundesschnitt und unter den vergleichbaren Häusern. Mir ist aber sehr wohl klar, dass das in anderen Einrichtungen anders aussieht.

drdope
2016-03-23, 19:42:28
Natürlich sollte das gereinigt sein. Das bestreitet hier doch keiner. Es geht doch lediglich darum, dass eine staubige Oberfläche keine Gefahr für Leib und Leben darstellt.

Da würde ich auch ganz andere Dinge als viel wichtiger Einstufen und das fängt wirklich bei Kleinigkeiten an:
- Waschbecken mit Drehknauf statt Fußschalter/Ellenbogenschalter -> Man wäscht sich die Hände und packt dann wieder den "siffigen" Knauf an
- Desinfektionsspender vorm Zimmer, aber nicht im Zimmer -> Vorm betreten wird fleissig desinfiziert und danach packt man die "verkeimte" Türklinke an
- Privatpatienten werden vom "Chef" in der Visite mit Handschlag begrüßt (Chefärzte sind ja eh steril)
- tw sieht man immer noch Mitarbeiter im Dienst Ringe tragen
- es werden nicht konsequent Handschuhe getragen
etc...

Das ist alles mind. 2 Zehnerpotenzen kritischer als Staub, wobei auch letzterer - wie schon geschrieben - nicht da sein sollte.

Impia
2016-03-23, 19:42:58
Ja, du lehnst dich nicht an aber spätestens der gelangweilte Besuch könnte dies tun. Worauf ich aber hinaus möchte ist: Wenn schon keine Oberflächenreinigung u. Desinfektion stattfindet, wie sieht dann der Rest der Hygiene aus? 1000:1 dass es weitere schwerwiegende Mängel gibt. In der Summe treibt man somit das Infektionsrisiko stark nach oben.
Schau dir mal die Häuser in Holland an. Die sind im Vergleich zu deutschen Häusern wie geleckt, dank strenger Hygienevorschriften und die werden da auch gelebt. MRSA ist da fast überhaupt kein Thema (solange man nicht als Deutscher eingeliefert wird) und nosokomiale Infektionen gehen im statistischen Rauschen unter. Wäre schön wenn das bei uns genauso wäre.

Monger
2016-03-23, 19:47:41
die Pflegekräfte haben aber in der Regel nichts mit den Reinigungskräften zu tun - zumindest die Häuser die ich kenne haben das getrennt.


Fixed. Sorry, meinte natürlich Reinigungskräfte.

drdope
2016-03-23, 19:55:02
Schau dir mal die Häuser in Holland an. Die sind im Vergleich zu deutschen Häusern wie geleckt, dank strenger Hygienevorschriften und die werden da auch gelebt. MRSA ist da fast überhaupt kein Thema (solange man nicht als Deutscher eingeliefert wird) und nosokomiale Infektionen gehen im statistischen Rauschen unter. Wäre schön wenn das bei uns genauso wäre.

Das ist letztendlich a) eine Kostenfrage und b) ein gesellschaftliches Problem.
Krankenhäuser haben eine schlechte Lobby und die Patienten steigen wegen der hygienischen Zustände auch nicht ihren Kassen auf den Tisch.
So lange keiner das Maul aufmacht, ändert sich nichts.
:(

Wenn ich mich recht entsinne, werden in Holland alle Patienten prophylaktisch isoliert, bis ein negativer MRSA-Test vorhanden ist und komme dann erst auf eine reguläre Station.
(Falls ich Mist schreibe -> bitte korrigieren; mein Wissenstand bezüglich holländischer KHs ist irgendwo Ende '90er).

Das wird in den meisten deutschen KHs alleine aufgrund der Gebäudeinfrastruktur schwierig werden, selbiges ohne größere Renovierungsarbeiten dar zu stellen.
Den meisten Häusern fehlt dazu schlicht und ergreifend das Geld.

derpinguin
2016-03-23, 20:01:23
Ob sie immer noch jeden isolieren, weiß ich nicht, zumindest wird jeder gescreent (machen wir übrigens auch) und Risikopatienten werden prophylaktisch isoliert. Das würde in Deutschland keine Kasse bezahlen.

drdope
2016-03-23, 20:06:12
Ob sie immer noch jeden isolieren, weiß ich nicht, zumindest wird jeder gescreent (machen wir übrigens auch) und Risikopatienten werden prophylaktisch isoliert.

Wird bei uns auch so gehandhabt, wobei da definitiv noch Lücken sind.
--> http://www.mrsa-net.nl/de/oeffentlichkeit/mrsa-allgemein/was-ist-mrsa/278-welche-menschen-haben-ein-hoeheres-risiko-an-mrsa-zu-erkranken

Die Risikogruppe "Arbeitet in einem Krankenhaus/Pflegeeinrichtung" taucht da (und bei uns im KH) z.B. nicht auf.

Ein guter Indikator ob ein Krankenhaus in der eigenen Region was taugt, ist idR:
-> läßt sich das Personal dort behandeln, wenn es was hat oder geht es in eine andere Klinik.

Ich hab mir z.B. "bei uns" den Blinddarm rausnehmen lassen.
Auf der anderen Seite kenne ich auch genug Leute, die in anderen Einrichtungen unserer Region arbeiten und sich nicht in "ihre" Klinik legen würden.
Das ist imho schon eine mehr als klare Ansage.

Korfox
2016-03-23, 21:59:39
Blut am Beistelltisch muss nicht sein. Da hätte ich auch auf der Ferse kehrt gemacht. Es hätte halt auch gelangt, den Tisch auszutauschen oder zu reinigen und 30 Minuten später ist Sonnenschein.
Grundsätzlich ist Staub nicht gefährlich (für Leib und Leben), da gebe ich der Fraktion, die sagt, kann vorkommen, durchaus recht. Wie geschrieben: Woanders wird im Stall operiert.
Wo Staub gefährlich wird ist, wenn das vorher ein Isolierzimmer war - dann sollten aber sämtliche Flächen eh desinfiziert worden sein, womit kein Staub mehr übrig wäre - oder wenn infektöser Staub hinkommt, wo er nicht hinkommen sollte. Damit meine ich nicht das Gesicht, sondern z.B. in der Frischluftzufihr der Klimaanlage (http://www.krankenhaushygiene.de/informationen/presseinformationen/pressearchiv/34). Da können Keime dann nämlich plötzlich springen.

drdope
2016-03-23, 22:30:38
Wo Staub gefährlich wird ist, wenn das vorher ein Isolierzimmer war - dann sollten aber sämtliche Flächen eh desinfiziert worden sein, womit kein Staub mehr übrig wäre - oder wenn infektöser Staub hinkommt, wo er nicht hinkommen sollte. Damit meine ich nicht das Gesicht, sondern z.B. in der Frischluftzufihr der Klimaanlage (http://www.krankenhaushygiene.de/informationen/presseinformationen/pressearchiv/34). Da können Keime dann nämlich plötzlich springen.

Isolierzimmer erfahren bei uns nach Entlassung der Patienten eine "Sonderreinigung" (könnte aber nicht sagen, was da konkret gemacht wird).

Klimatisierung ist im Krankenhaus eigentlich ein NoGo, wenn man nicht für jedes Zimmer eine separate Anlage hat (Keimaustausch zwischen den Zimmern per Luft).

derpinguin
2016-03-23, 22:33:48
Bei uns je nach Keim anderes Reinigungsmittel + entsprechende Einwirkzeit und kompletter Austausch der Einrichtung.

anddill
2016-03-23, 22:35:25
Solange die Lüftungs/Klimaanlage durchläuft gibt es da keinen Keimaustausch. Und es hilft auch gegen Staub, wenn die Zuluft gut gesiebt wird.

Korfox
2016-03-23, 22:37:20
Isolierzimmer erfahren bei uns nach Entlassung der Patienten eine "Sonderreinigung" (könnte aber nicht sagen, was da konkret gemacht wird).

Klimatisierung ist im Krankenhaus eigentlich ein NoGo, wenn man nicht für jedes Zimmer eine separate Anlage hat (Keimaustausch zwischen den Zimmern per Luft).
Nun, Krankenhäuser werden nunmal klimatisiert und das hat schon oft genug dazu geführt, dass sich diverse Keime verteilt haben.

Alle Oberflächen gereinigt, Gardinen weg, so noch vorhanden. Schränke ausgewischt. Alles mit Flächendesinfektion mit 4h Einwirkzeit. Interieur wird nicht komplett ausgetauscht (in dem KH, in dem meine bessere Hälfte arbeitet).

Edit: Dafür lasse ich mich belehren, dass nur der OP klimatisiert ist :). Aus hygienischen Gründen.

drdope
2016-03-23, 22:43:15
Solange die Lüftungs/Klimaanlage durchläuft gibt es da keinen Keimaustausch. Und es hilft auch gegen Staub, wenn die Zuluft gut gesiebt wird.

In "meinem" KH gibt es wegen des potentiellen Keimaustausches per Luft keine Klimatisierung (Argumentation des outgesourceten - feines deutsche Wort- Infrastrukturdienstleisters).

Magst du dazu (aus reinem Interesse) argumentativ Stellung nehmen?

derpinguin
2016-03-23, 22:50:34
Ich schätze, weil du Frischluft von draußen zuführst und die Abluft nach draußen leitest. Da gibts keine Einleitung von Zimmerluft in den Einstrom.

anddill
2016-03-23, 23:48:33
Wir haben in sämtlichen Zimmern zur Südseite eine Lüftung. Auf der Intensiv Vollklimatisierung, im Neubau von 2007 und 2012 Zuluft in allen Zimmern. Die Luft strömt dann jeweils in Richtung Naßzellen und wird dort abgesaugt.
Die Zuluft kommt von außen und wird mit einem mehrstufigen Filter aufbereitet, Endfilter ist ein F9, der größere Mikroorganismen ausfiltert.
Die neueren Anlagen arbeiten zwecks Energieeinsparung sogar mit einem Umluftanteil. Da bestünde sogar die sehr theoretische Möglichkeit daß zB. Viren aus der Abluft wieder in die Zuluft geraten.
Ich hab das mal mit unserer Hygiene diskutiert, die sah da kein Problem. Wäre nur interessant falls mal eine richtige Isolierstation für die nächste Killergrippe oder Hämorrhagisches Fieber eingerichtet werden muss, was in unserem Provinzkrankenhaus eher unwahrscheinlich ist. In dem Fall würde ich die Umluft einfach schließen und das Problem wäre gelöst.
Vergesst mal bitte nicht daß Türen etc auch nicht luftdicht sind. Durch Zugluft oä. werden sicher mehr Keime aufgewirbelt als je durch einen Klimaschacht in der Decke kriechen können.

@drdope: Ihr habt sicher auch Lüftung. Der Unterschied zu Klima ist nur ein zusätzlicher Wärmetauscher in der Zuluft. Der wahre Grund kein Klima zu haben sind einfach nur Kosten. Die Energie für die Kühlung ist für ein normales Krankenhaus in D einfach nicht bezahlbar.

@TS: Sicher daß das da Blut war? Und nicht eine dauerhafte Verfärbung des Kunststoffes durch irgendwelche Chemikalien?

urpils
2016-03-24, 06:48:11
Wäre nur interessant falls mal eine richtige Isolierstation für die nächste Killergrippe oder Hämorrhagisches Fieber eingerichtet werden muss, was in unserem Provinzkrankenhaus eher unwahrscheinlich ist. In dem Fall würde ich die Umluft einfach schließen und das Problem wäre gelöst.


ein richtige "isolierstation" richtet man mal nicht einfach so ein - vor allem nicht in "irgendeinem" Krankenhaus ;) zumindest EIN Isolierzimmer für Verdachtsfälle sollte aber auch bei euch (in der (Z)NA) vorhanden sein. nicht?

Schokokettensäge
2016-03-24, 08:20:23
@TS: Sicher daß das da Blut war? Und nicht eine dauerhafte Verfärbung des Kunststoffes durch irgendwelche Chemikalien?
Intressante Diskussion losgetreten, nun denn nun überleg ich ob ich die Dinger Ambulant Teil-weglasern lasse.
Nein bin mir nicht sicher obs Blut war, sah aber so aus, war auch zu fertig um mich weiter umzuschauen. Im Vorgespräch vor der OP waren unter dem HNO Stuhl auch echte Blutflecken vom Vorpatienten.